Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.570/2001
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2A.570/2001/bie

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                       8. Januar 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Müller
und Gerichtsschreiber Feller.

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                         In Sachen

T.________, geb. 1970, alias S.________, geb. 1967,
Untersuchungsgefängnis, Wassergraben 23, Solothurn,
Beschwerdeführer,

                           gegen

Amt für öffentliche Sicherheit des Kantons
S o l o t h u r n, Abteilung Ausländerfragen,
Verwaltungsgericht des Kantons  S o l o t h u r n,

                         betreffend
          Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG,

hat sich ergeben:

     A.- T.________, libanesischer Staatsangehöriger, reiste
1994 in die Schweiz ein und stellte am 31. Juli 1995 unter
dem Namen S.________ als aus Israel stammender Palästinenser
ein Asylgesuch. Das Bundesamt für Flüchtlinge lehnte das
Begehren am 19. März 1996 ab und ordnete die Wegweisung an.
Die Schweizerische Asylrekurskommission trat am 1. Juni 1996
auf eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde nicht
ein. Die Wegweisung konnte in der Folge nicht vollzogen wer-
den.

        Nachdem T.________ im Kanton Solothurn in der Dro-
genszene angehalten worden war, verfügte das Amt für öffent-
liche Sicherheit, Abteilung Ausländerfragen, des Kantons
Solothurn (kantonale Fremdenpolizei) am 28. November 1997
gegen ihn eine Ausgrenzung im Sinne von Art. 13e des Bundes-
gesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer
(ANAG; SR 142.20); es untersagte ihm das Betreten des ganzen
Kantonsgebiets.

        Am 30. März 1999 wurde T.________ wegen Verdachts
auf Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz in Unter-
suchungshaft genommen. Am 2. März 2000 trat er in der Straf-
anstalt Lenzburg den vorzeitigen Strafvollzug an. Das Amts-
gericht Olten-Gösgen verurteilte ihn am 11. Juli 2000 unter
anderem wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäu-
bungsmittelgesetz und wegen Hehlerei zu vier Jahren Zucht-
haus und zehn Jahren Landesverweisung.

        Während dem Strafverfahren und auch während dem
vorzeitigen Strafvollzug trat T.________ vorerst nach wie
vor unter dem im Asylverfahren angegebenen Namen S.________
auf. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt gab er der
Anstaltsleitung in Lenzburg bekannt, dass er T.________

heisse; er wies am 2. Mai 2001 auch einen auf diesen Namen
lautenden, 1996 abgelaufenen libanesischen Pass vor.

        Mit Verfügung des Departements des Innern des Kan-
tons Solothurn vom 19. November 2001 wurde T.________ auf
den 8. Dezember 2001 bedingt aus der Strafanstalt Lenzburg
entlassen (Verbüssung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe);
der Vollzug der Landesverweisung wurde nicht aufgeschoben.
Da die notwendigen Reiseformulare bis zum 8. Dezember 2001
voraussichtlich nicht beschafft werden konnten, verfügte das
Amt für Sicherheit, Abteilung Ausländerfragen, des Kantons
Solothurn am 5. Dezember 2001 auf den Zeitpunkt der beding-
ten Entlassung die Ausschaffungshaft bis längstens 7. März
2002. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn geneh-
migte die Haftanordnung am 11. Dezember 2001 nach mündlicher
Verhandlung.

     B.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 17. Dezember
(Postaufgabe 19. Dezember) 2001 beantragt T.________ sinnge-
mäss, der Haftgenehmigungsentscheid sei aufzuheben und er
sei aus der Haft zu entlassen.

        Das Amt für öffentliche Sicherheit, Abteilung Aus-
länderfragen, des Kantons Solothurn stellt den Antrag, die
Beschwerde sei abzuweisen; das Verwaltungsgericht des Kan-
tons Solothurn beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden könne.

        Das Bundesamt für Ausländerfragen hat sich nicht
vernehmen lassen. Der Beschwerdeführer hat von der Gelegen-
heit, ergänzend Stellung zu nehmen, innert Frist (7. Januar
2002) nicht Gebrauch gemacht.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in
Ausschaffungshaft nehmen, sofern die Voraussetzungen von
Art. 13b ANAG erfüllt sind. Danach ist im Einzelnen unter
anderem erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht not-
wendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsent-
scheid vorliegt (vgl. BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; 125 II 369
E. 3a S. 374; 122 II 148 E. 1 S. 150), dessen Vollzug
(z.B. wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht möglich,
jedoch absehbar ist (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 2a
S. 379). Sodann muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG ge-
nannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374,
377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3) und die Ausschaffung
rechtlich und tatsächlich möglich sein (vgl. Art. 13c Abs. 5
lit. a ANAG; dazu BGE 125 II 217 E. 2 S. 220, 377 E. 5
S. 384). Auf Seiten der Behörden sind die für den Vollzug
der Wegweisung notwendigen Vorkehrungen (wie Identitäts- und
Herkunftsabklärungen, Papierbeschaffung) umgehend zu treffen
(Art. 13b Abs. 3 ANAG, Beschleunigungsgebot; vgl. BGE 124 II
49 ff.).

        b) Der Beschwerdeführer ist im Asylverfahren wegge-
wiesen worden; im Übrigen ist er rechtskräftig strafrecht-
lich des Landes verwiesen. Die gegen ihn angeordnete Aus-
schaffungshaft dient der Sicherstellung des Wegweisungsvoll-
zugs und damit dem vom Gesetz vorgesehenen Zweck. Wiewohl
die wahre Identität des Beschwerdeführers noch nicht mit
letzter Gewissheit feststeht und jedenfalls die für eine
Rückreise nach dem Libanon notwendigen Dokumente noch nicht
vorliegen, erscheint - auch nach Auffassung des Beschwerde-
führers selbst - die Heimreise tatsächlich möglich, und es
stehen dem Wegweisungsvollzug auch keine rechtlichen Hinder-
nisse entgegen. Sodann lässt sich den schweizerischen Behör-
den nicht vorwerfen, sie hätten es unterlassen, die für den

Vollzug der Wegweisung notwendigen Vorkehrungen zu treffen.
Bereits mehrere Monate vor dem absehbaren Ende des Strafvoll-
zugs sind in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Flüchtlinge
die Behörden des Heimatstaates des Beschwerdeführers kontak-
tiert und mit den nötigen Informationen versehen worden. Ob
sich die Tatsache, dass der Beschwerdeführer seine Identi-
tätsangaben erst nach langer Zeit korrigiert hat, auch heute
noch negativ auf die Ausschaffungsbemühungen auswirkt, mag
dahingestellt bleiben; jedenfalls sind die monatelangen Ver-
zögerungen allein auf die Abläufe bei den libanesischen Stel-
len zurückzuführen, wie sich aus den für das Bundesgericht
verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungs-
gerichts (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG) in E. 3 (S. 2) des ange-
fochtenen Entscheids ergibt. Unter diesen Voraussetzungen
ist das Beschleunigungsgebot nicht verletzt (vgl. dazu BGE
124 II 49 E. 3a S. 50 f.).

        Es ist nachfolgend noch zu prüfen, ob die Haft sich
auf einen der gesetzlichen Haftgründe stützen lässt.

        c) Die kantonale Fremdenpolizei und das Verwal-
tungsgericht stützen die Haft auf den Haftgrund von Art. 13b
Abs. 1 lit. c ANAG. Danach ist Ausschaffungshaft dann zu-
lässig, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass der
Ausländer sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere
weil sein bisheriges Verhalten darauf schliessen lässt, dass
er sich behördlichen Anordnungen widersetzt (Untertauchens-
gefahr). Erforderlich ist eine Prognose darüber, wie der
Ausländer sich verhalten würde, wenn er in Freiheit belas-
sen werden sollte.

        Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür,
dass die neuen Auskünfte, die der Beschwerdeführer nunmehr
zu seiner Identität gibt, zutreffen könnten. Abgesehen da-
von, dass darüber noch keine Gewissheit herrscht, ändert
dies aber nichts an der Tatsache, dass die Wegweisung nach

rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens während mehre-
ren Jahren gerade darum nicht vollzogen werden konnte, weil
der Beschwerdeführer unter einem unzutreffenden Namen ein
Asylgesuch gestellt hatte und auch in der Folge konsequent
unter dieser falschen Identität auftrat. Ein weiteres Indiz
für das Bestehen einer Untertauchensgefahr ist in der Tat-
sache zu erblicken, dass der Beschwerdeführer wegen Betäu-
bungsmitteldelikten zu einer hohen Freiheitsstrafe verur-
teilt wurde, wobei diesbezüglich zusätzlich auch der Haft-
grund von Art. 13a lit. e in Verbindung mit Art. 13b Abs. 1
lit. b ANAG gegeben wäre. Wie das im Kanton Solothurn im
Jahr 1999 anhängig gemachte Strafverfahren, insbesondere die
Anordnung von Untersuchungshaft in diesem Kanton, zeigt,
dürfte der Beschwerdeführer sich zudem nicht an das Verbot,
das Gebiet des Kantons Solothurn zu betreten, gehalten haben
(Missachtung der Ausgrenzungsverfügung vom 28. November
1997, womit im Übrigen der Haftgrund von Art. 13a lit. b in
Verbindung mit Art. 13b Abs. 1 lit. b ANAG erfüllt wäre),
was zusätzlich dafür sprechen würde, dass er nicht gewillt
ist, behördliche Anordnungen zu befolgen. Wie es sich mit
diesem letzten Punkt in tatsächlicher Hinsicht verhält, kann
aber offen bleiben. Angesichts des gesamten bisherigen Ver-
haltens des Beschwerdeführers sind jedenfalls die von der
Rechtsprechung zum einzigen von den kantonalen Behörden aus-
drücklich angerufenen Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c
ANAG entwickelten Kriterien erfüllt (vgl. BGE 122 II 49
E. 2a S. 50 f.).

        d) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich
damit als offensichtlich unbegründet, und sie ist im verein-
fachten Verfahren (Art. 36a OG) abzuweisen.

     2.- Entsprechend dem Verfahrensausgang wird der
Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 OG). Bei der Fest-
setzung der Gerichtsgebühr (Art. 153 Abs. 1 OG) ist seiner

finanziellen Lage - er verfügt nur über geringe Mittel -
Rechnung zu tragen (Art. 153a Abs. 1 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 300.-- wird dem
Beschwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt
für öffentliche Sicherheit, Abteilung für Ausländerfragen,
und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem
Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 8. Januar 2002

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: