Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.549/2001
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2A.549/2001/bie

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                     21. Dezember 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Müller, Merkli und
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

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                         In Sachen

I.________, geb. 1973, Beschwerdeführer,
zzt. Regionalgefängnis Bern, Genfergasse 22, Bern,

                           gegen

Migrationsdienst des Kantons  B e r n,
Haftgericht III  B e r n - M i t t e l l a n d,

                         betreffend
             Verlängerung der Ausschaffungshaft
                  (Art. 13b Abs. 2 ANAG),

hat sich ergeben:

     A.- Der nach eigenen Angaben aus Mauretanien stammende
I.________ (geb. 1973) ersuchte seit 1997 in der Schweiz
wiederholt um Asyl. Am 8. August 2001 trat das Bundesamt für
Flüchtlinge auf ein weiteres Gesuch nicht ein und wies ihn
weg. Dabei stellte es fest, dass er nicht aus Mauretanien,
sondern aus Gambia oder dem Senegal stammen dürfte.

     B.- Am 22. August 2001 wurde I.________ in der Thuner
Drogenszene angehalten und in Ausschaffungshaft genommen.
Die Haftrichterin 2 am Haftgericht III Bern-Mittelland
prüfte und genehmigte diese tags darauf. Am 22. November
2001 (mit schriftlicher Begründung vom 29. November 2001)
bewilligte sie eine Haftverlängerung um zwei Monate bis zum
22. Januar 2002.

     C.- I.________ gelangte hiergegen mit dem Antrag an das
Bundesgericht, ihn aus der Haft zu entlassen. Die Haftrich-
terin und der Migrationsdienst des Kantons Bern beantragen,
die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesamt für Ausländerfragen
hat sich nicht vernehmen lassen. I.________ hat von der Mög-
lichkeit, ergänzend Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch ge-
macht.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat die Begehren,
deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unter-
schrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu ent-

halten (Art. 108 Abs. 2 OG). Sie muss sich sachbezogen mit
dem angefochtenen Entscheid auseinander setzen (BGE 118 Ib
134 ff.). Bei Laienbeschwerden gegen die Genehmigung der
Ausschaffungshaft stellt das Bundesgericht indessen keine
hohen Anforderungen an die Beschwerdebegründung (vgl. BGE
122 I 275 E. 3b S. 277). Ist daraus - wie hier - ersicht-
lich, dass sich der Betroffene (zumindest auch) gegen seine
Haft wendet, nimmt es entsprechende Eingaben als Verwal-
tungsgerichtsbeschwerden entgegen.

     2.- Der Ausländer, dem ein erstinstanzlicher Weg- oder
Ausweisungsentscheid eröffnet worden ist, kann zur Sicher-
stellung von dessen Vollzug unter anderem in Ausschaffungs-
haft genommen werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten
lassen, dass er sich der Ausschaffung entziehen will, ins-
besondere weil sein bisheriges Verhalten darauf schliessen
lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt
(Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG [sog. Untertauchensgefahr]).
Die Haft darf grundsätzlich nur drei Monate dauern. Sie kann
mit Zustimmung der kantonalen richterlichen Behörde jedoch
um höchstens sechs Monate verlängert werden, falls dem Voll-
zug der Weg- oder Ausweisung besondere Hindernisse entge-
genstehen (vgl. Art. 13b Abs. 2 ANAG). Bei der Haftverlän-
gerung ist - auch wenn der Ausländer die ursprüngliche Haft-
genehmigungsverfügung nicht angefochten hat - zu prüfen, ob
der Haftgrund nach wie vor gegeben ist (vgl. Art. 13c Abs. 3
ANAG). Zudem ist abzuklären, ob die für den Vollzug der Weg-
weisung notwendigen Vorkehren umgehend getroffen wurden
(vgl. Art. 13b Abs. 3 ANAG) und die Haft an sich verhält-
nismässig erscheint, d.h. der Vollzug der Wegweisung nicht
etwa aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen als undurch-
führbar gelten muss (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG).

     3.- Der vom Bundesamt für Flüchtlinge weggewiesene
Beschwerdeführer wurde hier wiederholt straffällig (30 Mo-
nate Gefängnis und 8 Jahre Landesverweisung wegen schwerer
Körperverletzung; 10 Tage Gefängnis wegen einfacher Körper-
verletzung; 7 Tage Gefängnis wegen Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz). Er missachtete zudem gegen ihn ver-
fügte Ausgrenzungen (vgl. Art. 13e ANAG), trat in der Berner
Drogenszene als Kleindealer auf und erklärte immer wieder,
auf keinen Fall in seinen angeblichen Heimatstaat zurück-
zukehren. Damit bietet er keine Gewähr dafür, dass er sich
ohne Haft zu gegebener Zeit den Behörden für den Vollzug
der Ausschaffung zur Verfügung halten wird; es besteht Un-
tertauchensgefahr im Sinne von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG
(BGE 125 II 369 E. 3b/aa S. 375; 122 II 49 E. 2a S. 51).
Im Übrigen erfüllt der Beschwerdeführer auch die Haftgründe
von Art. 13b Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 13a lit. b
(Missachtung einer Ausgrenzung; BGE 125 II 377 E. 3) und
lit. e (Gefährdung von Leib und Leben durch seine Aktivi-
täten als Kleindealer; BGE 125 II 369 E. 3b/bb S. 375 f.)
ANAG. Dass sich diesbezüglich inzwischen etwas geändert
hätte, behauptet der Beschwerdeführer zu Recht nicht.

     4.- a) Die Ausschaffungshaft darf lediglich aufrecht-
erhalten werden, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht aus
rechtlichen oder tatsächlichen Gründen undurchführbar er-
scheint (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG); andernfalls lässt
sie sich nicht mehr mit einem hängigen Ausweisungsverfahren
rechtfertigen und verstösst sie gegen Art. 5 Ziff. 1 lit. f
EMRK. Der Umstand allein, dass die Ausreise nur schwer orga-
nisiert werden kann, lässt die Haft jedoch nicht bereits
dahinfallen oder die Ausschaffung als undurchführbar er-
scheinen. Gerade wegen solcher Schwierigkeiten und Ungewiss-
heiten hat der Gesetzgeber die Haftdauer erheblich erhöht
und die Möglichkeit der Haftverlängerung geschaffen (BBl
1994 I 305 ff. S. 316). Die Haft ist bloss unzulässig, wenn

für die Undurchführbarkeit des Vollzugs der Wegweisung
triftige Gründe sprechen oder praktisch feststeht, dass sich
die Ausschaffung innert der gesetzlichen Frist nicht wird
realisieren lassen (BGE 125 II 217 E. 2; 122 II 148 E. 3
S. 152 f.). Dies ist in der Regel nur der Fall, wenn die
Ausschaffung auch bei gesicherter Kenntnis der Identität
oder der Nationalität des Betroffenen bzw. trotz seines Mit-
wirkens bei der Papierbeschaffung mit grosser Wahrschein-
lichkeit ausgeschlossen erscheint (BGE 125 II 217 E. 2 und
3b). Lediglich die vage und rein theoretische Möglichkeit
eines Vollzugs innert absehbarer Frist genügt nicht; es muss
hierfür zumindest eine ernsthafte, wenn allenfalls auch nur
geringfügige Wahrscheinlichkeit sprechen (so unveröffent-
lichtes Urteil vom 9. August 2000 i.S. J., E. 4a).

        b) Der angefochtene Entscheid erscheint diesbezüg-
lich nicht unproblematisch, hält aber (noch) vor Bundesrecht
stand:

        aa) Der Beschwerdeführer hat sich bereits vom
9. Oktober bis zum 27. Dezember 1999 in Ausschaffungshaft
befunden. Ein Ausschaffungsversuch nach Mauretanien schei-
terte am 18. Oktober 1999 trotz eines entsprechenden
Laissez-passer-Papiers, da sich die mauretanischen Behörden
weigerten, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen. Dieser
hielt in der Folge dennoch daran fest, aus Mauretanien zu
stammen. Telefonische Abklärungen bei den Konsuln von Guinea
Conakry und Senegal blieben am 14. Dezember 1999 erfolglos.
Die Befragung durch einen westafrikanischen Sprachexperten
erhärtete am 21. Dezember 1999 die Vermutung, dass der
Beschwerdeführer nicht aus Mauretanien stammen dürfte. Am
27. Dezember 1999 wurde der Beschwerdeführer, weil zurzeit
nicht ausschaffbar, aus der Haft entlassen, worauf er erneut
um Asyl nachsuchte. Nach dem entsprechenden negativen Ent-
scheid des Bundesamts für Flüchtlinge will er die Schweiz am
18. Februar 2000 freiwillig Richtung Mauretanien verlassen

haben, bevor er hier am 4. September 2000 erneut um Asyl er-
suchte. An der Haftrichterverhandlung vom 22. November 2001
erklärte der Vertreter des Ausländer- und Bürgerrechtsdiens-
tes der Kantonspolizei Bern, dass bezüglich der Herkunftsab-
klärungen, abgesehen von einem gescheiterten Gespräch mit
einem Experten ("Osterwaldertest"), nichts weiter unternom-
men worden sei, doch stehe noch ein Gespräch mit dem senega-
lesischen Konsul aus. Eine Vorführung vor den gambischen Be-
hörden sei nicht möglich, solange der Betroffene sich nicht
selber als Angehöriger dieses Staates bezeichne. Eine Rück-
schaffung nach Mauretanien erscheine im Moment ausgeschlos-
sen, da der Beschwerdeführer nicht anerkannt werde. Es be-
stehe aber dennoch die Möglichkeit, dass er von dort stamme.

        bb) Mit Blick auf die noch ausstehenden Abklärun-
gen hinsichtlich der senegalesischen Staatsbürgerschaft des
Beschwerdeführers durfte die Haftrichterin davon ausgehen,
dass eine Ausschaffung nach wie vor in absehbarer Zeit
möglich erscheint. Das Bundesamt für Flüchtlinge hatte am
8. August 2001 erklärt, verschiedene Indizien wiesen darauf
hin, dass der Beschwerdeführer tatsächlich aus diesem Land
stamme. Eine Vorführung bei den senegalesischen Behörden war
für den 11. Dezember 2001 geplant, womit bei der Haftverlän-
gerung eine konkrete sachdienliche Massnahme unmittelbar be-
vorstand, welche durch eine Haftentlassung gefährdet worden
wäre. Im Übrigen bewilligte die Haftrichterin die Verlänge-
rung nur für zwei Monate, womit sie der unsicheren Lage an-
gemessen Rechnung trug. Sollten die entsprechenden Abklärun-
gen, welche inzwischen offenbar im letzten Moment verschoben
werden mussten, ohne Erfolg bleiben, wird sich aber ernst-
haft die Frage stellen, ob der Vollzug der Wegweisung des
Beschwerdeführers (zumindest zurzeit) nicht als undurchführ-
bar gelten muss, hätten sich in diesem Fall doch dann sowohl
die mauretanischen als auch die gambischen und senegalesi-
schen Behörden gegen eine Rückübernahme ausgesprochen. Es
wäre dann nicht weiter erkennbar, welche anderen Massnahmen

im Rahmen des Beschleunigungsgebots noch sinnvollerweise ge-
troffen werden könnten, um eine Ausschaffung im erforderli-
chen, absehbaren Zeitrahmen zu ermöglichen. Wie das Bundes-
gericht bereits in einem ähnlichen, ebenfalls den Kanton
Bern betreffenden Fall festgestellt hat, können blosse wie-
derholte Befragungen des Ausländers, der an seiner angebli-
chen Herkunft festhält, nicht als "besonders taugliches Mit-
tel" für die Erforschung seiner Nationalität gelten; sie
vermögen für sich allein deshalb auch dem Beschleunigungs-
gebot nicht zu genügen (unveröffentlichtes Urteil des Bun-
desgerichts vom 17. August 1998 i.S. S., E. 2). Die Frage
braucht im vorliegenden Zusammenhang indessen noch nicht ab-
schliessend beantwortet zu werden, da zumindest bei der hier
angefochtenen Haftverlängerung der Vollzug der Wegweisung -
wie dargelegt - noch nicht als undurchführbar gelten musste.

     5.- a) Die Beschwerde ist somit unbegründet und deshalb
abzuweisen. Der Migrationsdienst des Kantons Bern wird er-
sucht, dafür besorgt zu sein, dass das vorliegende Urteil
dem Beschwerdeführer korrekt eröffnet und verständlich ge-
macht wird.

        b) Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der
unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156
Abs. 1 OG). Es rechtfertigt sich indessen, von der Erhebung
einer Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 154 Abs. 2 OG). Partei-
entschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 Abs. 2
OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migra-
tionsdienst des Kantons Bern, dem Haftgericht III Bern-Mit-
telland (Haftrichterin II) und dem Bundesamt für Ausländer-
fragen schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 21. Dezember 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: