Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.524/2001
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2A.524/2001/mks

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                      26. Februar 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Merkli
und Gerichtsschreiber Hugi Yar.

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                         In Sachen

X.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Hans Baumgartner, Sihlporte 3, Postfach,
Zürich,

                           gegen

Eidgenössische Bankenkommission,

                         betreffend
                       Akteneinsicht,

hat sich ergeben:

     A.- Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) entzog
der Bank Y.________ AG am 15. Dezember 1998 die Geschäfts-
bewilligung. Am 16. Februar 1999 eröffnete sie gegen die
X.________ AG als deren Revisionsstelle ein Administrativ-
verfahren, um abzuklären, ob diese ihren bankengesetzlichen
Pflichten mit der nötigen Sorgfalt nachgekommen ist (vgl.
Art. 20 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über
die Banken und Sparkassen; SR 952.0). In diesem Zusammenhang
gab sie am 4. Juni 2001 bei A.________ ein Gutachten in Auf-
trag. Nach dessen Eingang ersuchte die X.________ AG am
31. August 2001 darum, in sämtliche von A.________ konsul-
tierte Akten und nicht nur in die seinem Bericht beigelegten
Unterlagen Einsicht nehmen zu können. Am 7. September 2001
teilte die Bankenkommission der X.________ AG mit, dass dem
grundsätzlich nichts entgegenstehe, doch befänden sich die
Akten bei der ausserordentlichen Konkursverwalterin der Bank
Y.________ AG, der B.________ AG Zürich, mit der sie hierfür
direkt Verbindung aufnehmen wolle. Die Aktenkonsultation
scheiterte in der Folge an den unterschiedlichen Vorstel-
lungen der X.________ AG und der B.________ AG über deren
Modalitäten und Umfang.

     B.- Nach einer erfolglosen Aussprache vom 5. November
2001 informierte die Bankenkommission die X.________ AG am
15. November 2001, dass ihr nach wie vor "vollständige Ak-
teneinsicht in sämtliche Akten der EBK im vorliegenden Ver-
fahren" gewährt werde. Die Unterlagen, die sich im Besitze
von B.________ befänden, zählten jedoch nicht hierzu. Alle
für das Gutachten relevanten Aktenstücke seien diesem
beigelegt und der X.________ AG zugestellt worden. Die EBK

werde sich nur auf die bei ihr vorhandenen Unterlagen
stützen und das Gutachten A.________ bloss soweit verwenden,
als sich die darin enthaltenen Aussagen ohne Zweifel belegen
liessen. Die X.________ AG ersuchte die EBK am 19. November
2001 um Erlass einer entsprechenden anfechtbaren Verfügung,
worauf die Bankenkommission ihr am 21. November 2001 tele-
fonisch mitteilte, dass eine solche nicht vorgesehen sei, da
Ausführungen zur Akteneinsichtsproblematik im Entscheid
selber erfolgen könnten.

     C.- Die X.________ AG hat am 3. Dezember 2001 hiergegen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit folgenden
Anträgen:

        "1. Die in einer Weigerung eine Verfügung betr.
            Akteneinsicht in die Akten der Bank Y.________
            in Liquidation/in Konkurs zu erlassen bestehende
            Verfügung der Eidgenössischen Bankenkommission,
            mitgeteilt am 21. November 2001, sei aufzuheben.

         2. Die Eidgenössische Bankenkommission sei zu ver-
            pflichten, im Verfahren betr. Revisionstätigkeit
            X.________/Bank Y.________, Referenz 99-10/17-4,
            eine rechtsmittelfähige Verfügung betr. Gewäh-
            rung der Akteneinsicht betr. Akten der Bank
            Y.________ in Liquidation/in Konkurs zu
            erlassen.

         Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen
         zulasten der Beschwerdegegnerin."

        Die X.________ AG macht geltend, sie habe "einen
Anspruch auf Erlass einer Verfügung, weil der mit der Wei-
gerung auf Erlass einer Verfügung von der EBK neu und in Wi-
derspruch zu früherer Darstellung eingenommene Standpunkt,
nur Teile der Akten der Bank Y.________ seien Verfahrens-
akten, eine Verweigerung des Akteneinsichtsrechts" bedeute.

        Die Bankenkommission beantragt, auf die Beschwerde
nicht einzutreten bzw. sie abzuweisen.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Eine Zwischenverfügung ist mit Verwaltungsgerichts-
beschwerde selbständig nur anfechtbar, wenn sie einen nicht
wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 97 OG in
Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 und Art. 45 Abs. 1 VwVG). Dies
gilt auch für die in Art. 45 Abs. 2 VwVG ausdrücklich als
mögliche Anfechtungsobjekte genannten verfahrensleitenden
Anordnungen (BGE 122 II 211 E. 1c S. 213; 120 Ib 97 E. 1c
S. 99 f.; 116 Ib 344 E. 1c). Anders als bei der staatsrecht-
lichen Beschwerde muss der nicht wiedergutzumachende Nach-
teil dabei aber nicht rechtlicher Natur sein; es genügt ein
wirtschaftliches Interesse, sofern es dem Beschwerdeführer
nicht lediglich darum geht, eine Verlängerung oder Verteu-
erung des Verfahrens zu verhindern (BGE 120 Ib 97 E. 1c
S. 100; 116 Ib 344 E. 1c S. 347 f.).

     2.- Entgegen ihren Ausführungen erleidet die Beschwer-
deführerin durch die beanstandete Beschränkung der Aktenein-
sicht keinen solchen Nachteil, weshalb auf ihre Eingabe
unabhängig davon nicht einzutreten ist, ob ein anfechtbarer
Hoheitsakt vorliegt und die Beschwerde rechtzeitig erfolgt
ist (Art. 106 Abs. 1 OG):

        a) aa) Die Frage, wieweit es mit Art. 26 ff. VwVG
vereinbar erscheint, dass ihr nicht in den ganzen Akten-
bestand der Bank Y.________, sondern nur in die vom Gut-
achter kopierten und seinem Bericht beigelegten Unterlagen
Einblick gegeben wird, kann dem Bundesgericht ohne weiteres
noch im Anschluss an den Endentscheid unterbreitet werden.
Soweit ein allfälliger prozessualer Mangel in jenem Ver-
fahren nicht geheilt werden könnte, müsste ein für die
Beschwerdeführerin nachteiliger Entscheid aufgehoben und die

Sache zur Gewährung der Akteneinsicht und zu neuem Entscheid
an die Vorinstanz zurückgewiesen werden. Abgesehen von der
damit verbundenen Verfahrensverzögerung ist kein Nachteil
ersichtlich, der sich durch dieses Vorgehen nicht nachträg-
lich beheben liesse. Ein solcher liegt insbesondere auch
nicht darin, dass die ausseramtliche Konkursverwalterin
inzwischen offenbar eine Klage gegen die Beschwerdeführerin
plant. Die Haftungsfrage bildet nicht Gegenstand des vorin-
stanzlichen Verfahrens; in diesem geht es lediglich darum,
aufsichtsrechtlich abzuklären, ob die Beschwerdeführerin
ihren gesetzlichen Sorgfaltspflichten als Bankenrevisorin
nachgekommen ist. Die Gefahr, dass Akten ohne die beantragte
sofortige Einsichtnahme verschwinden könnten, wie die Be-
schwerdeführerin in diesem Zusammenhang weiter einwendet,
erscheint gering, nachdem die ausseramtliche Konkursverwal-
terin mit deren sorgfältigen Aufbewahrung betraut ist, der
Experte sowie offenbar auch die Strafverfolgungsbehörden
darin bereits Einblick genommen haben und das Verfahren bei
der EBK im Übrigen nunmehr auch schon seit über drei Jahren
hängig ist.

        bb) Eine selbständige Anfechtungsmöglichkeit des
Entscheids über den relevanten Aktenbestand drängt sich vor-
liegend umso weniger auf, als eine Verletzung des Aktenein-
sichtsrechts letztlich nur zusammen mit dem Sachentscheid
abschliessend wird beurteilt werden können. Vor dessen Er-
lass steht nicht fest, ob und wieweit die Bankenkommission
auf Aktenstücke zurückgreifen wird, zu denen die Beschwerde-
führerin keinen Zugang hatte, aufgrund ihrer Relevanz für
den Endentscheid aber hätte haben müssen. Der Anspruch auf
rechtliches Gehör umfasst das Recht, Einsicht in alle Akten
zu nehmen, die geeignet sind, Grundlage des späteren Ent-
scheids zu bilden (vgl. BGE 121 I 225 E. 2a S. 227, mit

Hinweisen). Das Einsichtsrecht bezieht sich auf sämtliche
beweiserheblichen Unterlagen, die zum betreffenden Verfahren
gehören, d.h. in diesem erstellt oder beigezogen werden. Die
Einsicht ist in jene Akten zu gewähren, die den Entscheid in
der Sache mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit beeinflussen
können. Die Bankenkommission wird sich diese Grundsätze bei
ihrer Entscheidfindung vor Augen halten und berücksichtigen
müssen, dass der von ihr eingesetzte Experte sämtliche Akten
der Bank Y.________ konsultieren konnte, obwohl sich die
entsprechenden Unterlagen bereits damals in der Obhut der
ausseramtlichen Konkursverwalterin B.________ befanden. Je
nach Inhalt und Schwerpunkt des Endentscheids wird der Be-
schwerdeführerin Gelegenheit zu geben sein, sich davon zu
überzeugen, dass der Gutachter tatsächlich alle relevanten
Unterlagen erhoben und nicht gewisse entscheidwesentliche
Dokumente übersehen hat.

        b) Nach Art. 97 Abs. 2 OG ist einer mit Verwal-
tungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügung das "unrecht-
mässige" Verweigern einer solchen gleichgesetzt. Nachdem der
Beschwerdeführerin durch das Vorgehen der Bankenkommission
kein nicht wiedergutzumachender Nachteil drohte, hatte sie
kein schutzwürdiges Interesse am Erlass einer entsprechenden
Zwischenverfügung und fehlt ihr ein solches heute auch, um
diesbezüglich eine Rechtsverweigerung geltend zu machen; auf
ihre Eingabe ist deshalb auch insofern nicht einzutreten
(vgl. Art. 103 lit. a OG).

     3.- Bei diesem Verfahrensausgang wird die unterliegende
Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Ver-
bindung mit Art. 153 und Art. 153a OG). Parteientschädigun-
gen sind nicht geschuldet (Art. 159 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht
eingetreten.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Be-
schwerdeführerin auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und der
Eidgenössischen Bankenkommission schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 26. Februar 2002

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: