II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.498/2001
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2A.498/2001/bie II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG *********************************** 27. November 2001 Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Müller, Merkli und Gerichtsschreiber Hugi Yar. --------- In Sachen O.________, geb. 1977, z.Zt. Regionalgefängnis, Genfergasse 22, Bern, Beschwerdeführer, gegen Regierungsstatthalter I von B e r n, Haftgericht III B e r n - Mittelland, Haftrichter 4, betreffend Ausschaffungshaft (Art. 13b ANAG), hat sich ergeben: A.- Der ursprünglich nach eigenen Angaben aus Uganda stammende nigerianische Staatsangehörige O.________ (geb. 1977) reiste am 14. September 2000 illegal in die Schweiz ein und ersuchte hier um Asyl. Am 22. August 2001 verur- teilte ihn das Strafeinzelgericht 13 des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen wegen mehrfacher Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu 60 Tagen Gefängnis (unbedingt); gleichzeitig verwies es ihn für fünf Jahre des Landes (eben- falls unbedingt). B.- Am 15. Oktober 2001 verfügte der Regierungsstatt- halter I von Bern, dass die gegen O.________ angeordnete Landesverweisung auf dessen Entlassung aus dem Strafvollzug hin vollstreckt werde. Für den Fall, dass dies nicht frist- gerecht geschehen könne, nahm er O.________ in Ausschaf- fungshaft. Das Haftgericht III Bern-Mittelland (Haftrich- ter 4) prüfte und bestätigte diese an seiner Sitzung vom 22. Oktober 2001 (mit schriftlicher Begründung vom 26. Ok- tober 2001). C.- O.________ hat hiergegen am 17. November 2001 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, ihn freizulassen. Die Haft sei unverhältnismäs- sig und entbehre eines Haftgrunds; im Übrigen entsprächen die Haftbedingungen nicht den gesetzlichen Anforderungen. Das Haftgericht III Bern-Mittelland (Haftrichter 4) und der Regierungsstatthalter I von Bern beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesamt für Ausländerfragen hat sich nicht vernehmen lassen. O.________ hat von der Möglichkeit, ergänzend Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht. Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1.- Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Aus- schaffungshaft nehmen bzw. in dieser belassen, soweit die Voraussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes über Aufent- halt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) er- füllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzli- cher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid bzw. eine strafrechtliche Landesverwei- sung vorliegt (Urteil des Bundesgerichts vom 28. Januar 1999 i.S. Sara, E. 2), deren Vollzug noch nicht möglich, jedoch absehbar ist. Zudem muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3). Die Ausschaffung hat rechtlich und tatsächlich möglich zu sein (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; vgl. dazu BGE 125 II 217 E. 2 S. 220, 377 E. 5 S. 384; 122 II 148 E. 3 S. 152 ff.). Ihr Vollzug muss mit dem nötigen Nachdruck verfolgt werden (Art. 13b Abs. 3 ANAG; Beschleunigungsgebot; BGE 124 II 49 ff.) und die Haft als Ganzes verhältnismässig erscheinen (vgl. BGE 126 II 439 E. 4; 125 II 377 E. 4 S. 383; 119 Ib 193 E. 2c S. 198 f.). 2.- a) Der Beschwerdeführer ist am 22. August 2001 in Anwendung von Art. 55 StGB des Landes verwiesen worden. Der Regierungsstatthalter I von Bern hat diese Entfernungs- und Fernhaltemassnahme am 15. Oktober 2001 für vollstreck- bar erklärt (vgl. hierzu BGE 121 IV 345 ff.; 116 IV 105 E. 4 S. 112 ff. insb. S. 115). Deren Durchsetzung konnte trotz des hängigen Asylverfahrens mit Ausschaffungshaft sichergestellt werden, da sie absehbar war (unveröffent- lichte Urteile vom 23. Januar 1998 i.S. Simic, E. 2, und vom 30. Januar 1997 i.S. Sy, E. 2b; Philip Grant, Les mesu- res de contrainte en droit des étrangers, Bern 2001, S. 13). Das Bundesamt für Flüchtlinge hatte dem Beschwerdeführer bereits am 9. Oktober 2001 mitgeteilt, dass es sich bei ihm nicht um einen ugandischen, sondern einen nigerianischen Staatsangehörigen handeln dürfte und er somit falsche Anga- ben gemacht habe. Am 19. Oktober 2001 trat es dementspre- chend auf das Asylgesuch nicht ein, womit bei der Haftprü- fung auch insofern ein erstinstanzlicher Wegweisungsent- scheid vorlag und eine Vorbereitungshaft nicht mehr in Frage kam (vgl. BGE 125 II 377 E. 2b S. 380). Hieran ändert nichts, dass der Asylentscheid dem Haftrichter erst unmit- telbar nach der Verhandlung zuging bzw. dass er am 15. Ok- tober 2001 bei Anordnung der Ausschaffungshaft durch den zu- ständigen Regierungsstatthalter (vgl. das unveröffentlichte Urteil vom 19. September 2001 i.S. Bouderbala, E. 2) noch nicht ergangen war. Der Beschwerdeführer befand sich - trotz der missverständlichen Formulierung in der Vollstreckungs- verfügung, wonach der "Verwiesene in Ausschaffungshaft ver- setzt" werde, wenn die "Landesverweisung am 17. Oktober 2001" nicht vollzogen werden könne - bis zum 21. Oktober 2001 im Strafvollzug (vgl. die entsprechenden Mitteilungen der Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug vom 29. August und 7. September 2001). Die am 15. Oktober 2001 angeordnete Ausschaffungshaft entfaltete ihre Wirkung erst ab diesem Zeitpunkt (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. c ANAG; unveröffent- lichtes Urteil vom 29. Mai 1997 i.S. Alatrash, E. 3; Grant, a.a.O., S. 48), womit auch die haftrichterliche Prüfung innerhalb der vom Gesetz vorgeschriebenen 96 Stunden er- folgte (Art. 13c Abs. 2 ANAG). b) Nach Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG kann Ausschaf- fungshaft verfügt werden, wenn konkrete Anzeichen befürch- ten lassen, dass sich der Ausländer der Ausschaffung ent- ziehen will (Untertauchensgefahr). Dies ist hier der Fall: Der Beschwerdeführer hat falsche Angaben zu seiner Herkunft gemacht, indem er sowohl vor dem Bundesamt für Flüchtlinge als auch noch vor dem Haftrichter behauptete, aus Uganda zu stammen. Er ist zudem hier straffällig geworden. Am 17. Feb- ruar 2001 wurde er von der Kantonspolizei Aargau wegen Wider- handlung gegen das Betäubungsmittelgesetz verzeigt und mit Strafbefehl des Bezirksamts Lenzburg vom 23. April 2001 zu einer Gefängnisstrafe von 30 Tagen (bedingt) verurteilt. Am 17. April 2001 grenzte ihn das Amt für öffentliche Sicher- heit des Kantons Solothurn aus dem Kanton aus, nachdem er in der dortigen Drogenszene aufgegriffen worden war. Am 22. Au- gust 2001 wurde er vom Strafeinzelgericht 13 des Gerichts- kreises VIII Bern-Laupen wegen mehrfacher Widerhandlung ge- gen das Betäubungsmittelgesetz (Handel mit Kokain, begangen am 21. August 2001) zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von 60 Tagen sowie einer unbedingten Landesverweisung von fünf Jahren verurteilt. Am 10. Oktober 2001 grenzte ihn schliess- lich der Migrationsdienst des Kantons Bern ebenfalls aus dem Kantonsgebiet aus. Mit Blick auf sein bisheriges Verhalten und die Tatsache, dass inzwischen auf sein Asylgesuch nicht eingetreten wurde, bietet der Beschwerdeführer damit keine Gewähr dafür, dass er sich ohne Haft zu gegebener Zeit den Behörden für den Vollzug der Ausschaffung zur Verfügung halten wird (BGE 122 II 49 E. 2a; 119 Ib 193 E. 2b S. 198; Grant, a.a.O., S. 14 ff.). Hieran ändert seine Zusicherung nichts, bis zur Ausschaffung bei einer Freundin zu wohnen, macht er doch gleichzeitig geltend, sich allenfalls auch illegal in ein anderes Land absetzen zu wollen. Im Übrigen wäre der Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 13a lit. e ANAG (Gefährdung von Leib und Leben durch Aktivitäten als Kleindealer) ebenfalls erfüllt (BGE 125 II 369 E. 3b/bb S. 375 f.). c) Nach Art. 13b Abs. 3 ANAG sind die für den Voll- zug der Weg- oder Ausweisung erforderlichen Vorkehrungen umgehend zu treffen. Befindet sich der Ausländer in Unter- suchungshaft oder im Strafvollzug, müssen bei klarer frem- denpolizeilicher Ausgangslage bereits während dieser Zeit Abklärungen mit Blick auf die Ausschaffung erfolgen. Das Bundesgericht geht davon aus, dass das Beschleunigungsge- bot verletzt ist, wenn während rund zwei Monaten keinerlei Vorkehren getroffen werden, ohne dass die Verzögerung in erster Linie auf das Verhalten ausländischer Behörden oder des Betroffenen selber zurückzuführen ist (BGE 124 II 49 E. 3a S. 51). Der Beschwerdeführer wurde zu einer Gefängnis- strafe von 60 Tagen und einer unbedingten Landesverweisung von fünf Jahren verurteilt. Die Papierbeschaffung ist erst nach Abschluss des Strafvollzugs eingeleitet worden. Hierin liegt dennoch keine Verletzung des Beschleunigungsgebots: Einerseits stand der Papierbeschaffung während des Strafvoll- zugs das noch hängige Asylverfahren entgegen (Art. 97 AsylG; SR 142.31; Mario Gattiker, Das Asyl- und Wegweisungsverfah- ren, Bern 1999, S. 29), anderseits behauptete der Beschwerde- führer, aus Uganda zu stammen, womit er die Abklärungen nach Vorliegen des Entscheids des Bundesamts für Flüchtlinge sei- nerseits erschwerte; im Übrigen erging der Entscheid über die Vollstreckung der Landesverweisung erst am 15. Oktober 2001. Die Abklärungen bei der nigerianischen Botschaft ver- zögerten sich, da diese ihre Zusammenarbeit mit den schwei- zerischen Behörden nach dem Tod eines Auszuschaffenden vorü- bergehend eingestellt hatte. Inzwischen ist dem Beschwerde- führer ein Laissez-passer erteilt worden. Sein Rückflug ist für den 2. Dezember 2001 geplant. d) Der Beschwerdeführer wendet erstmals vor Bundes- gericht ein, seine Haftbedingungen genügten in verschiedener Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Auf die ent- sprechenden Vorbringen kann nicht eingegangen werden: Das Bundesgericht prüft den Haftentscheid aufgrund der Sachlage, wie sie sich dem Haftrichter präsentiert hat. Was der Aus- länder dort nicht ausdrücklich vortrug oder was sich nicht offensichtlich aus den dannzumal bekannten Akten ergab, kann es bei seinem Entscheid nicht berücksichtigen (BGE 125 II 217 E. 3a S. 221, mit Hinweisen). Soweit der Beschwerde- führer kritisiert, er sitze in einer zu kleinen Zelle, habe keinen Kontakt zur Aussenwelt und könne nicht telefonieren, hat er dies im Rahmen eines Haftentlassungsgesuchs zu rügen (BGE 125 II 217 E. 3a S. 221). Es wird auf ein entsprechen- des Gesuch hin gegebenenfalls am Haftrichter sein, dafür zu sorgen, dass den bundesrechtlichen Minimalanforderungen an den Vollzug der Ausschaffungshaft (vgl. BGE 123 I 221 ff.; 122 II 299 ff.) nachgelebt wird, andernfalls der Betroffene aus der Haft zu entlassen ist. 3.- a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist deshalb abzuweisen, soweit da- rauf eingetreten wird. Der Regierungsstatthalter I von Bern wird ersucht, dafür besorgt zu sein, dass das vorliegende Urteil dem Beschwerdeführer korrekt eröffnet und verständ- lich gemacht wird. b) Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Es rechtfertigt sich indessen, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 154 Abs. 2 OG). Partei- entschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 OG). Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2.- Es werden keine Kosten erhoben. 3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regie- rungsstatthalter I von Bern, dem Haftgericht III Bern-Mittel- land (Haftrichter 4) sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt. ______________ Lausanne, 27. November 2001 Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: