Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.449/2001
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2A.449/2001/mks

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                     14. Dezember 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Müller, Merkli und
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

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                         In Sachen

H.X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch E.X.________
c/o H.X.________,

                           gegen

Gemeinde I.________, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas
Casanova, Arcas 22, Postfach 433, Chur,
Verwaltungsgericht des Kantons  G r a u b ü n d e n,

                         betreffend
                        Sozialhilfe,

         wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

     1.- Die Gemeinde I.________ lehnte am 24. Januar 2001
ein Gesuch von H.X.________ ab, ihm rückwirkend auf fünf
Jahre (1996-2000) Fürsorgeleistungen auszurichten, da solche
grundsätzlich nur für die Gegenwart oder notfalls die Zu-
kunft geschuldet seien. Das Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden trat auf den hiergegen gerichteten Rekurs am
31. Mai 2001 nicht ein, da dem für seinen Bruder handelnden
E.X.________ keine Vertretungsbewilligung erteilt worden
sei. In der Sache selber erscheine der Rekurs unbegründet,
da sich die Sozialhilfe der öffentlichen Hand tatsächlich
"nicht auf bereits überbrückte Notsituationen" erstrecke.
E.X.________ gelangte hiergegen im Namen seines Bruders mit
einer als "Verwaltungsgerichtsbeschwerde" bezeichneten, an
das Bundesgericht adressierten Eingabe an das Verwaltungsge-
richt, das diese am 24. September 2001 zuständigkeitshalber
an das Bundesgericht weiterleitete. H.X.________ beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und ihm die unentgelt-
liche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Die
Gemeinde I.________ und das Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden beantragen, auf die Beschwerde nicht einzutreten
bzw. sie abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

     2.- a) Die Eingabe von H.X.________ richtet sich gegen
einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid über die An-
wendung des ausschliesslich kantonal geregelten Unterstüt-
zungsrechts. Hiergegen steht auf Bundesebene nur die staats-
rechtliche Beschwerde offen (Art. 84 OG; vgl. Urteil vom
20. Januar 1995 i.S. K., publiziert in: Schweizerische Zeit-
schrift für Sozialversicherung und berufliche Vorsorge, SZS
1998, S. 449 ff.). Die Eingabe ist deshalb, soweit sie den

entsprechenden formellen Voraussetzungen genügt, als solche
entgegenzunehmen; die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels
schadet dem Beschwerdeführer nicht (vgl. BGE 116 Ib 169 E. 1
S. 172; 109 II 400 E. 1d S. 402).

        b) aa) Das Verwaltungsgericht ist auf den Rekurs
von H.X.________ nicht eingetreten, weil der für ihn han-
delnde Bruder E. nicht um Zulassung als Rechtsvertreter im
Sinne von Art. 23 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO;
in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 des Verwaltungsgerichts-
gesetzes) nachgesucht habe. Dies ist verfassungsrechtlich
- wie der Beschwerdeführer zur Recht einwendet - fragwürdig:
Nachdem der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts ihm im
Rahmen der Fristansetzung zur Replik am 16. März 2001 mit-
geteilt hatte, dass nahe Verwandte einer Partei in der Regel
zu deren Vertretung zugelassen würden und kein Anlass be-
stehe, E.X.________ die entsprechende Bewilligung "nicht zu
erteilen", erscheint es widersprüchlich und überspitzt
formalistisch, wenn auf den von diesem unterzeichneten Re-
kurs in der Folge nicht eingetreten wird, ohne den Betrof-
fenen noch Gelegenheit zu geben, um die entsprechende Bewil-
ligung formell nachzusuchen. Dies führt indessen vorliegend
nicht zur Aufhebung des angefochtenen Nichteintretensent-
scheids.

        bb) Das Bundesgericht sieht von einer solchen ab,
wenn die obere kantonale Instanz das bei ihr eingereichte
Rechtsmittel - wie hier - im Eventualstandpunkt materiell
geprüft und mit haltbaren Erwägungen als unbegründet be-
zeichnet hat. In diesem Fall führte die Gutheissung der
Beschwerde wegen formeller Rechtsverweigerung bloss zu einer
unnützen Verlängerung des Verfahrens (BGE 105 Ia 115 E. 2
S. 118; 103 Ia 14 E. 1c S. 16 f., mit Hinweisen). Beruht
ein kantonaler Entscheid auf mehreren selbständigen Begrün-
dungen, ist er nur verfassungswidrig, wenn es alle sind, was

voraussetzt, dass sie je einzeln in einer Art. 90 Abs. 1
lit. b OG genügenden Weise angefochten werden (vgl. Marc
Forster, § 2 Staatsrechtliche Beschwerde, Rz. 2.60, in:
Geiser/Münch, Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl.,
Basel 1998). Widersetzt sich der Betroffene nur einer von
zwei selbständigen Begründungen, bleibt der angefochtene
Entscheid gestützt auf die unbeanstandete im Ergebnis auch
dann bestehen, wenn die in der Beschwerde erhobenen Einwände
berechtigt erscheinen (Karl Spühler, Die Praxis der staats-
rechtlichen Beschwerde, Bern 1994, Rz. 28). Es geht in die-
sem Fall um einen blossen Streit über Entscheidungsgründe,
die für sich allein keine Beschwer darstellen (Art. 88 OG;
BGE 121 IV 94 E. 1b S. 95, mit Hinweisen). Da der Beschwer-
deführer vorliegend die Eventualbegründung des Verwaltungs-
gerichts in der Sache selber nicht in einer Art. 90 Abs. 1
lit. b OG genügenden Weise angefochten hat - er insbesondere
nicht darlegt, dass und inwiefern die Auffassung, Sozial-
hilfeleistungen könnten nicht rückwirkend geleistet werden,
verfassungswidrig sei -, kann auf seine Beschwerde als
Ganzes im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG nicht
eingetreten werden.

     3.- Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung ist abzuweisen, da die Ein-
gabe - so wie sie von ihm unmittelbar vor Ablauf der Be-
schwerdefrist eingereicht wurde - keine Aussichten auf Er-
folg haben konnte (vgl. Art. 152 OG). Mit Blick auf die
Umstände rechtfertigt es sich indessen, von der Erhebung
einer Gerichtsgebühr abzusehen und keine Parteientschädi-
gungen zuzusprechen. Die Gemeinde bedurfte für das vorlie-
gende Verfahren keiner anwaltlichen Vertretung (Art. 159
Abs. 2 OG analog).

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht ein-
getreten.

     2.- a) Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung wird abgewiesen.

        b) Es werden keine Kosten erhoben und keine Ent-
schädigungen zugesprochen.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Ge-
meinde I.________ und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 14. Dezember 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: