Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.428/2001
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2A.428/2001/sch

             II. ÖFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                       7. Januar 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter
Hungerbühler, Müller und Gerichtsschreiber Häberli.

                         ---------

                         In Sachen

Eidgenössische Oberzolldirektion, Beschwerdeführerin,

                           gegen

X.________ AG, Beschwerdegegnerin,
Eidgenössische Zollrekurskommission,

                         betreffend
                 Warenverkehrsbescheinigung
             (Grundsatz von Treu und Glauben),

hat sich ergeben:

     A.- Die X.________ AG ist in St. Gallen domiziliert und
bezweckt den Handel mit Textilien aller Art. Am 16. Dezember
1994 liess sie - gestützt auf eine Warenverkehrsbescheini-
gung für den Präferenzverkehr zwischen Ungarn und der EFTA -
eine Ladung Rohgewebe zollfrei in die Schweiz einführen. Da-
bei handelte es sich um ein Jacquard-Gewebe, das in Ungarn
aus Schweizer Zwirn und slowakischer Viskose hergestellt
worden war. In der Folge ersuchte die Eidgenössische Ober-
zolldirektion die ungarischen Zollbehörden um Nachprüfung
des betreffenden Ursprungsnachweises. Am 13. Juni 1996
teilten diese mit, das gelieferte Gewebe falle nicht in den
Anwendungsbereich des Abkommens vom 29. März 1993 zwischen
den EFTA-Staaten und Ungarn (SR 0.632.314.181; nachfolgend:
Freihandelsabkommen). Am 28. Oktober 1996 informierten die
ungarischen Behörden die Oberzolldirektion weiter darüber,
dass für den betreffenden ungarischen Lieferanten eine Viel-
zahl von Warenverkehrsbescheinigungen zu Unrecht ausgestellt
worden sei.

        Die Schweizer Zollbehörden kündigten der X.________
AG daraufhin an, dass sie - mangels Anwendbarkeit des Frei-
handelsabkommens - für 25 aus Ungarn eingeführte Sendungen
nachträglich Zoll einfordern würden. Im Anschluss an einige
Korrespondenz verfügte die Kreisdirektion Schaffhausen am
26. August 1997 einen Zollnachbezug in der Höhe von
Fr. 45'123.35, was die X.________ AG erfolglos bei der
Oberzolldirektion anfocht (Entscheid vom 7. März 2001).

     B.- Die daraufhin von der X.________ AG angerufene
Eidgenössische Zollrekurskommission hob den Entscheid der
Oberzolldirektion am 29. August 2001 auf; sie ging davon

aus, die Pflichtige habe sich auf eine unrichtige Auskunft
der Zollbehörden verlassen und sei in ihrem Vertrauen in
diese zu schützen.

     C.- Am 28. September 2001 hat die Oberzolldirektion
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht
mit dem Antrag, den Entscheid der Eidgenössischen Zollre-
kurskommission aufzuheben und ihren eigenen Entscheid in
der Sache zu bestätigen.

        Mit Formularverfügung der II. öffentlichrechtlichen
Abteilung des Bundesgerichts vom 1. Oktober 2001 wurde der
X.________ AG Gelegenheit gegeben, bis zum 31. Oktober eine
Vernehmlassung einzureichen. Sie hat sich innert Frist nicht
vernehmen lassen. Am 14. November 2001 stellte sie dann ein
Gesuch um Wiederherstellung der versäumten Vernehmlassungs-
frist (Postaufgabe am 16. November, Eingang beim Bundesge-
richt am 19. November), weil sie infolge eines Zustellungs-
fehlers der Post erst jetzt Kenntnis von der Einladung zur
Vernehmlassung erhalten habe. Mit Schreiben vom 20. November
2001 erkundigte sich der Instruktionsrichter bei der Haupt-
post St. Gallen nach dem Vorfall und wies gleichzeitig die
X.________ AG darauf hin, dass sie ihre Beschwerdeantwort
gemäss Art 35 Abs. 1 OG binnen zehn Tagen seit dem Wegfall
des behaupteten Hindernisses bzw. seit dem nachträglichen
Erhalt der Vernehmlassungsaufforderung einzureichen habe;
die Beschwerdegegnerin hat sich in der Folge nicht vernehmen
lassen.

        Die Eidgenössische Zollrekurskommission hat auf
Stellungnahme verzichtet.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Der angefochtene Entscheid der Rekurskommission
stützt sich auf öffentliches Bundesrecht und unterliegt, da
die Voraussetzungen gemäss Art. 97 ff. OG erfüllt sind - und
insbesondere keine Ausnahme nach Art. 100 Abs. 1 lit. h OG
gegeben ist - der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

        b) Das Eidgenössische Finanzdepartement steht der
Zollverwaltung vor (Art. 129 Abs. 1 des Zollgesetzes vom
1. Oktober 1925 [ZG; SR 631.0]) und ist mithin für Zoll-
streitigkeiten ohne weiteres zur Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde an das Bundesgericht legitimiert (vgl. Art. 103
lit. b OG). Art. 5 in Verbindung mit Art. 19 der Organi-
sationsverordnung vom 11. Dezember 2000 für das Eidgenös-
sische Finanzdepartement (OV-EFD; SR 172.215.1) delegiert
diese Beschwerdebefugnis an die Eidgenössische Zollverwal-
tung. Nachdem deren Leitung der Oberzolldirektion obliegt
(Art. 131 Abs. 1 ZG), ist diese vorliegend zur Anfechtung
des Entscheids der Zollrekurskommission legitimiert.

        c) Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
kann ein Verstoss gegen Bundesrecht, einschliesslich Über-
schreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrich-
tige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und lit. b OG).
An die Sachverhaltsfeststellung des angefochtenen Entscheids
ist das Bundesgericht allerdings dann gebunden, wenn es sich
- wie im vorliegenden Fall - bei der Vorinstanz um eine
richterliche Behörde handelt; vorbehalten bleibt, dass der
Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig
oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 OG).

     2.- Das erwähnte Freihandelsabkommen sieht vor, dass
die EFTA-Staaten grundsätzlich alle Einfuhrzölle auf Ur-
sprungserzeugnissen aus Ungarn beseitigen (Art. 4 Ziff. 2
lit. a; die Ausnahmen werden im Anhang zum Abkommen aufge-
führt). Der Begriff des Ursprungs und die Form des Ur-
sprungsnachweises sind im "Protokoll B über die Bestimmung
des Begriffs 'Erzeugnisse mit Ursprung in' oder 'Ursprungs-
erzeugnisse' und über die Methoden der Zusammenarbeit der
Verwaltungen" (SR 0.632.314.181.1; nachfolgend: Protokoll)
geregelt.

        a) Art. 1 Abs. 1 lit. a (der vorliegend anwend-
baren, bis zum 1. Juli 1997 gültigen [unveröffentlichten]
Fassung) des Protokolls bestimmt, dass als Erzeugnis mit
Ursprung in einem Vertragsstaat gilt, was vollständig in
diesem erzeugt worden ist. Art. 4 lit. j des Protokolls
verlangt diesbezüglich weiter, dass für die Herstellung nur
Materialien verwendet werden, die aus dem Vertragsstaat
stammen; in Art. 4 lit. a - lit. i sind die entsprechenden
Regeln für die einzelnen Warengattungen näher umschrieben.
Weiter können Produkte als Ursprungserzeugnis eines Ver-
tragsstaates gelten, die aus Vormaterialien bestehen, die
nicht vollständig im fraglichen Staat erzeugt worden sind,
sofern eine der folgenden Bedingungen gemäss Art. 1 Abs. 1
lit. b des Protokolls erfüllt ist: Die ausländischen Mate-
rialien wurden in einem Vertragsstaat ausreichend (im Sinn
von Art. 5 des Protokolls) be- oder verarbeitet (Ziff. I),
oder sie sind nach den Regeln des Protokolls Ursprungser-
zeugnisse eines anderen Vertragsstaates (Ziff. II) oder sie
sind Ursprungserzeugnisse der Slowakei, Tschechiens oder
Polens; Letzteres beurteilt sich nach den Freihandelsab-
kommen, welche die EFTA mit den fraglichen Staaten ge-
schlossen hat, wobei die anwendbaren Regeln nicht von jenen
des vorliegenden Protokolls abweichen dürfen (Ziff. III).
Für in Ungarn hergestellte Produkte ist Art. 1 Abs. 1 lit. b

Ziff. III jedoch nur anwendbar, soweit die für die Durchfüh-
rung dieser Bestimmungen notwendige Zusammenarbeit zwischen
den Verwaltungen Ungarns, der Slowakei, Tschechiens und
Polens geregelt worden ist (Art. 1 Abs. 2 des Protokolls).
Dadurch soll die Nachprüfung von Ursprungsnachweisen auch
im Verhältnis zu den letztgenannten Staaten sichergestellt
werden.

        b) Der Ursprung einer Ware ist primär mittels einer
"Warenverkehrsbescheinigung EUR.1" nachzuweisen; auf Vorlage
einer solchen gewähren die Zollbehörden des Einfuhrstaates
die Vorzugsbehandlung gemäss Freihandelsabkommen (Art. 8
Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 9 Abs. 4 und Art. 10
Abs. 2 des Protokolls). Die Warenverkehrsbescheinigung wird
von den Zollbehörden des Ausfuhrstaates auf schriftlichen
Antrag des Exportierenden ausgestellt, wenn ein Ursprungser-
zeugnis im Sinne des Protokolls vorliegt (Art. 9 Abs. 1 und
Abs. 2 sowie Art. 10 Abs. 1 des Protokolls). Bei der Über-
prüfung der Echtheit und Richtigkeit der Bescheinigungen
leisten sich die Zollverwaltungen der Vertragsstaaten gegen-
seitig Amtshilfe (Art. 17 Abs. 1 des Protokolls). Insbeson-
dere können die Zollbehörden des Einfuhrstaates bei jenen
des Ausfuhrstaates eine nachträgliche Prüfung der Warenver-
kehrsbescheinigung verlangen, wenn sie begründete Zweifel
an der Echtheit des Dokuments oder an der Richtigkeit der
Ursprungsangaben der Waren haben (Art. 18 Abs. 1 des Proto-
kolls). Die Ergebnisse dieser Prüfung sind für die Behörden
des Einfuhrstaates verbindlich (vgl. BGE 114 Ib 168 E. 1d
S. 172).

     3.- a) Das eingeführte Gewebe wurde aus schweizerischem
und slowakischem Garn gefertigt. Deshalb ist nach Art. 1
Abs. 1 lit. b des Protokolls zu beurteilen, ob es sich um
ein Erzeugnis ungarischen Ursprungs handelt; die ungarischen

Zollbehörden haben dies - für die Schweizer Behörden ver-
bindlich - verneint: Das Gewebe sei kein Erzeugnis im Sinne
von Ziff. I, weil die slowakische Viskose nicht Art. 5
Abs. 3 des Protokolls entsprechend verarbeitet worden sei,
und Ziff. III finde keine Anwendung, weil im Zeitpunkt der
Ausfuhr zwischen Ungarn und der Slowakei kein Abkommen über
die administrative Zusammenarbeit nach Art. 1 Abs. 2 des
Protokolls bestanden habe. Gestützt hierauf hat Ungarn die
streitigen Warenverkehrsbescheinigungen für ungültig er-
klärt. Mithin bleibt für die Schweizer Behörden kein Raum,
das Freihandelsabkommen anzuwenden. Die Vorinstanz hat die
Einfuhr dennoch für zollfrei erklärt: Sie ging davon aus,
dass die Beschwerdegegnerin auf eine inhaltlich falsche
(schriftliche) "Richtlinie" der Oberzolldirektion habe ver-
trauen dürfen, nachdem diese dem schweizerischen Textilver-
band zugestellt worden sei und konkrete Antworten auf die
sich hier stellenden spezifischen Fragen enthalte. Nach den
gegebenen Umständen sei die falsche schriftliche Auskunft,
welche zudem gegenüber dem Präsidenten des Schweizerischen
Textilverbands noch mündlich bestätigt worden sei, genügend
individuell gefasst gewesen, um eine Vertrauensgrundlage zu
schaffen.

        b) Nach dem aus Art. 4 aBV abgeleiteten, heute in
Art. 9 BV ausdrücklich verankerten Grundsatz von Treu und
Glauben kann eine (selbst unrichtige) Auskunft, welche eine
Behörde dem Bürger erteilt, unter gewissen Umständen Rechts-
wirkungen entfalten. Voraussetzung dafür ist, dass sich die
Auskunft der Behörde auf eine konkrete, den betreffenden
Bürger berührende Angelegenheit bezieht, dass die Amtsstel-
le, welche die Auskunft gegeben hat, hiefür zuständig war
oder der Bürger sie aus zureichenden Gründen als zuständig
betrachten durfte, dass der Bürger die Unrichtigkeit der
Auskunft nicht ohne weiteres hat erkennen können, dass er im
Vertrauen hierauf nicht ohne Nachteil rückgängig zu machende

Dispositionen getroffen hat und dass die Rechtslage zur Zeit
der Verwirklichung des Tatbestandes noch die gleiche ist wie
im Zeitpunkt der Auskunftserteilung (BGE 121 II 473 E. 2c
S. 479, mit Hinweis).

        c) Der angefochtene Entscheid wirft im Hinblick auf
die dargestellten Grundsätze verschiedene Fragen auf: Zum
einen ist zweifelhaft, ob überhaupt eine behördliche Aus-
kunft vorliegt. Bei der angesprochenen "Richtlinie" ("die
Ursprungsregeln und ihre Anwendung im textilen Bereich")
handelt es sich offenbar lediglich um die schriftliche Zu-
sammenfassung eines Referats, das Pius Tröndle als Ur-
sprungsexperte der Oberzolldirektion am 10. März 1994 an
einer Tagung des Schweizerischen Textilverbands gehalten
hat. Die Vorinstanz hat sich nicht mit der Frage auseinan-
dergesetzt, inwieweit Ausführungen, welche ein Beamter im
Rahmen eines solchen Referats macht, als verbindliche Äusse-
rung der Behörde gelten können, für welche er tätig ist. Zum
anderen ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin nie
die konkrete Zusicherung erhalten hat, Waren, die in Ungarn
aus schweizerischen und slowakischen Rohstoffen gefertigt
werden, zollfrei in die Schweiz einführen zu können. Im Do-
kument, auf welches sich die Beschwerdegegnerin berufen hat,
wird einzig abstrakt erörtert, inwiefern die Präferenzbe-
handlung für Produkte aus Vertragsstaaten mit Erzeugnissen
anderen Ursprungs "kumuliert" werden kann. Mithin ist unge-
achtet des Umstands, dass unter gewissen besonderen Umstän-
den auch andere als individuell-konkrete Äusserungen der
Verwaltung eine Vertrauenssituation begründen können (vgl.
BGE 101 Ia 116 E. 2b S. 120 ff., mit Hinweisen; Beatrice
Weber-Dürler, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, Basel
1983, S. 89 u. S. 250 ff.), fraglich, ob tatsächlich, wie es
die Vorinstanz annimmt, eine genügend konkrete und individu-
alisierte Auskunft vorliegt. Weiter hat sich die Vorinstanz
nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass die Be-

schwerdegegnerin einen nicht unwesentlichen Teil der nach-
träglich mit Zoll belegten Waren aus Ungarn importiert hat,
bevor Pius Tröndle am 10. März 1994 die vorliegend streiti-
gen Äusserungen gemacht hat. Zumindest die betreffenden Im-
porte stellen mit Sicherheit keine Dispositionen dar, welche
die Beschwerdegegnerin gestützt auf eine behördliche Zu-
sicherung getroffen hat. Unter diesen Umständen fragt sich
aber auch, inwieweit die restlichen Lieferungen durch die
streitigen Äusserungen veranlasst worden sind.

        d) Letztlich können die oben aufgeworfenen Fragen
jedoch offen bleiben. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz
ergibt sich aus dem fraglichen Text nämlich nicht (fälschli-
cherweise), dass das Freihandelsabkommen zwischen der EFTA
und Ungarn auch auf ungarische Produkte Anwendung findet, zu
deren Herstellung slowakische Materialien verwendet worden
sind:

        aa) Unter dem Titel "Zusätzliche Kumulationsmög-
lichkeiten" (Ziff. 4.51; Seite 18 unten) wird vielmehr aus-
drücklich darauf hingewiesen, dass eine "Kumulation" von
Produkten aus Vertragsstaaten und solchen anderer Herkunft,
soweit in den Freihandelsabkommen vorgesehen, den Abschluss
eines Abkommens über die administrative Zusammenarbeit zwi-
schen den betreffenden Staaten voraussetzt. Daraus war für
die Beschwerdegegnerin ersichtlich, dass in Ungarn (abgese-
hen vom Tatbestand einer ausreichenden Weiterverarbeitung;
vgl. E. 2a) aus slowakischen Materialien nur dann ein unga-
risches Ursprungserzeugnis hergestellt werden kann, wenn die
beiden Staaten ein Abkommen über die Zusammenarbeit gemäss
Art. 1 Abs. 2 des Protokolls geschlossen haben. Angesichts
dieses Hinweises lässt sich die anschliessende Darstellung
der "Kumulationsmöglichkeiten" (Seite 19 oben) nicht miss-
verstehen: Es handelt sich um eine generelle Aufzählung
jener Staaten, deren Produkte nach dem jeweiligen Freihan-

delsabkommen mit Ursprungserzeugnissen aus Vertragsstaaten
kombiniert werden können, ohne dass diese der ihnen zuste-
henden Präferenzbehandlung verlustig gehen. Dabei ist klar,
dass keine Aussagen darüber gemacht werden, welche Kombina-
tionsmöglichkeiten nach dem damaligen Stand der Dinge (insb.
im Hinblick auf das Erfordernis eines Abkommens über die
verwaltungsmässige Zusammenarbeit) tatsächlich genutzt
werden können.

        bb) Näherer Erörterung bedarf einzig der letzte
Absatz der einschlägigen Textpassage der "Richtlinie". Er
lautet wie folgt:

        "Die genannten Bedingungen zur verwaltungsmässigen
         Zusammenarbeit sind vorderhand zwischen Polen, Un-
         garn, der Tschechischen und der Slowakischen Repub-
         lik (welche untereinander ein Freihandelsabkommen,
         das Central European Free Trade Agreement 'CEFTA'
         unterzeichnet haben) und ab 1.4.94 zwischen den
         Färöer Inseln und den EFTA-Staaten gegeben."

        Der Sinn dieser Ausführungen erschliesst sich dem
Leser nicht ohne weiteres. In der Tat könnte der erste Teil
des Satzes bei oberflächlicher Lektüre so verstanden werden,
dass die genannten Staaten untereinander ein Abkommen über
die administrative Zusammenarbeit geschlossen haben. Dies-
falls wäre die Voraussetzung von Art. 1 Abs. 2 des Proto-
kolls erfüllt und eine Kombination von slowakischen Materia-
lien mit solchen von Vertragsstaaten gemäss Art. 1 Abs. 1
lit. b Ziff. III des Protokolls zulässig (vgl. E. 2a). Erst
ein genaueres Lesen des ganzen Satzes zeigt, dass lediglich
klargestellt wird, dass die verwaltungsmässige Zusammenar-
beit zwischen den EFTA-Staaten auf der einen Seite und jedem
einzelnen der aufgezählten Staaten auf der anderen Seite
geregelt ist (und in Kürze auch mit den Färöer Inseln aufge-
nommen werden wird). Darüber, ob die administrative Zusam-
menarbeit der genannten Staaten untereinander geregelt ist,

wird nichts ausgesagt, auch nicht etwa durch den - zugegebe-
nermassen an dieser Stelle etwas unglücklich plazierten -
Hinweis auf das CEFTA-Abkommen. Der Oberzolldirektion ist
zuzustimmen, wenn sie geltend macht, einziger Zweck der ent-
sprechenden, in Klammern gesetzten Bemerkung sei es, über
die Existenz des Zentraleuropäischen Freihandelsabkommens zu
informieren; dem Hinweis kommt keine weitergehende Bedeutung
zu. Insbesondere lässt er sich nicht - jedenfalls nicht ohne
Mühe - so auslegen, dass er das CEFTA-Abkommen als Vereinba-
rung über die administrative Zusammenarbeit zwischen Ungarn
und der Slowakei im Sinne des Freihandelsabkommen mit der
EFTA darstellt.

        cc) Gestützt auf die angeblich unbestrittene Argu-
mentation der Beschwerdegegnerin hat die Vorinstanz weiter
angenommen, Pius Tröndle habe die falsche Auskunft bezüglich
des slowakischen Viskosegarns nicht nur in der streitigen
"Richtlinie", sondern zusätzlich mündlich abgegeben. In der
Eingabe der Beschwerdegegnerin an die Zollrekurskommission
findet sich indessen keine entsprechende Behauptung; nur im
Verfahren vor der Oberzolldirektion - im als Beschwerde ent-
gegengenommenen Schreiben vom 11. September 1997 sowie in
einer Aktennotiz des Untersuchungsdienstes Heerbrugg vom
12. September 1997 - ist von einer mündlichen Zusicherung
die Rede: Pius Tröndle habe gegenüber dem Präsidenten des
Schweizerischen Stickereiverbands (bzw. des Verbands Schwei-
zerischer Garn- und Gewebe-Exporteure) erklärt, die Schwei-
zer Zollbehörden liessen die Einfuhr von in Ungarn mit slo-
wakischem Viskosegarn hergestellten Stoffen zollfrei zu. Die
Oberzolldirektion hat in der Folge verneint, dass eine Ver-
trauenssituation vorliege. Aus dem Umstand, dass sie dabei
nicht ausdrücklich auch auf die angebliche mündliche Zu-
sicherung eingegangen ist, lässt sich keineswegs ableiten,
sie habe die entsprechende Behauptung der Pflichtigen aner-
kannt. Im Übrigen bestritt bereits der Chef des Untersu-

chungsdienstes Heerbrugg in der erwähnten Aktennotiz vom
12. September 1997 ausdrücklich, dass die Darstellung der
Beschwerdegegnerin zutreffend sei. Diese Umstände hat die
Vorinstanz offensichtlich übersehen, als sie insoweit ohne
nähere Erörterung auf die vermeintlich unbestrittenen Aus-
führungen der Beschwerdegegnerin abgestellt hat; ihre dies-
bezügliche Sachverhaltsfeststellung ist deshalb für das
Bundesgericht nicht verbindlich (vgl. E. 1c). Zusätzliche
Abklärungen betreffend die angebliche mündliche Zusicherung
- welche im Übrigen ohnehin nicht der Beschwerdegegnerin
sondern einem Dritten erteilt worden wäre - sind jedoch
nicht erforderlich: Die Beschwerdegegnerin hatte ihre Dar-
stellung vor der Rekurskommission nicht wiederholt und sich
vor Bundesgericht überhaupt nicht vernehmen lassen; nachdem
sie ihre Vorbringen nicht durch Beweise zu bekräftigen ge-
sucht und im Übrigen gar nie Beweismittel angeboten hat,
handelt es sich dabei um eine blosse unbelegte Parteibehaup-
tung, auf die nicht weiter einzugehen ist.

     4.- a) Nach dem Gesagten waren die Voraussetzungen für
eine zollfreie Einfuhr des Rohgewebes nicht gegeben, weder
gestützt auf das Freihandelsabkommen noch auf den Grundsatz
von Treu und Glauben. Die Beschwerdegegnerin hätte als Auf-
traggeberin den geschuldeten Zoll bezahlen müssen (Art. 9 in
Verbindung mit Art. 13 ZG), weshalb sie gestützt auf Art. 12
Abs. 1 und Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über
das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) zur Nachzahlung
der Abgabe samt Zins verpflichtet ist (vgl. BGE 106 Ib 218
E. 2c S. 221). Die streitigen Importe betreffen den Zeitraum
vom Oktober 1993 bis zum Februar 1995, womit die Zollnach-
forderung am 26. August 1997 rechtzeitig vor Ablauf der
Verjährungsfrist von fünf Jahren erfolgt und demnach heute
nicht verjährt ist (Art. 12 Abs. 4 und Art. 11 Abs. 3 VStrR
in Verbindung mit Art. 74 Ziff. 9 und Art. 64 ZG; vgl.

BGE 106 Ib 218 E. 2d S. 222). In betragsmässiger Hinsicht
wird die Nachbezugsverfügung über Fr. 45'123.35 (sich zu-
sammensetzend aus Fr. 43'330.55 Zoll, Fr. 1'299.95 statis-
tische Gebühren und Fr. 492.85 Mehrwertsteuer) nicht bean-
standet. Mithin verstösst der angefochtene Entscheid gegen
Bundesrecht; er ist in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben
und der Entscheid der Oberzolldirektion zu bestätigen.

        b) Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat die
Beschwerdegegnerin die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen
(Art. 156 Abs. 1 OG). Parteientschädigung ist keine geschul-
det (vgl. Art. 159 OG). Die Kostenfolgen des vorinstanzli-
chen Verfahrens sind von der Eidgenössischen Zollrekurskom-
mission neu zu regeln.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheis-
sen, der Entscheid der Eidgenössischen Zollrekurskommission
vom 29. August 2001 aufgehoben und der Entscheid der Ober-
zolldirektion vom 7. März 2001 bestätigt.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Be-
schwerdegegnerin auferlegt.

     3.- Die Kostenfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens
sind von der Eidgenössischen Zollrekurskommission neu zu
regeln.

     4.- Dieses Urteil wird den Parteien sowie der
Eidgenössischen Rekurskommission schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 7. Januar 2002

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: