Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.425/2001
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2A.425/2001 /kil

Urteil vom 12. November 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichter Müller,
Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Merkli,
Gerichtsschreiber Fux.

Steuerverwaltung des Kantons Bern, Abteilung Recht
und Gesetz, 3011 Bern,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher Toni Amonn, Postfach 490, 3000
Bern 7,
Steuerrekurskommission des Kantons Bern,
Chutzenstrasse 68, 3007 Bern.

Direkte Bundessteuer pro 1995/96 und 1997/98,

(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid
der Steuerrekurskommission des Kantons Bern
vom 14. August 2001).

Sachverhalt:

A.
X. ________ ist von Beruf Kaufmann ("Privatier", nach eigener Bezeichnung).
In der Steuererklärung 1995/96 deklarierte er für die direkte Bundessteuer
ein durchschnittliches Einkommen von Fr. 425'062.--, überwiegend aus
Wertschriftenerträgen. Das steuerbare Vermögen am 1. Januar 1995 gab er mit
Fr. 17'560'691.-- an, wovon Fr. 15'859'036.-- "Wertschriften und andere
Kapitalanlagen". Der Veranlagung vom 21. Oktober 1996 liegt das deklarierte
Einkommen zugrunde.

Die Steuerverwaltung des Kantons Bern nahm mit Verfügung vom 1. März 2000
eine Zwischenveranlagung per 1. Januar 1996 vor. Sie ging davon aus, dass der
Steuerpflichtige eine selbständige Erwerbstätigkeit (gewerbsmässiger
Wertschriftenhandel) aufgenommen habe, und setzte das steuerbare Einkommen
für die direkte Bundessteuer 1996 auf Fr. 1'928'814.-- fest, wovon Fr.
1'503'752.-- aus Wertschriftenhandel. In der Einspracheverfügung vom 22. Mai
2000 liess die Steuerverwaltung eine Anrechnung der AHV-Beiträge in der Höhe
von Fr. 150'000.-- zu, setzte das steuerbare Einkommen entsprechend auf Fr.
1'778'814.-- herab und bestätigte im Übrigen die Veranlagung für 1996.

In der Steuererklärung 1997/98 deklarierte X.________ für die direkte
Bundessteuer ein durchschnittliches Einkommen von Fr. 460'386.--. Das
steuerbare Vermögen am 1. Januar 1997 gab er mit Fr. 20'953'453.-- an, wovon
Fr. 18'425'875.-- "Wertschriften und andere Kapitalanlagen". Die
Steuerverwaltung des Kantons Bern veranlagte ihn demgegenüber mit Verfügung
vom 1. März 2000 mit einem steuerbaren Einkommen von durchschnittlich Fr.
1'644'755.--, wovon Fr. 1'503'752.-- aus Wertschriftenhandel. In der
Einspracheverfügung vom 22. Mai 2000 liess die Steuerverwaltung eine
Rückstellung für AHV-Beiträge in der Höhe von Fr. 150'000.-- zu, setzte das
steuerbare Einkommen entsprechend auf Fr. 1'494'755.-- herab und bestätigte
im Übrigen die Veranlagung für 1997/98.

B.
X.________ focht die Einspracheentscheide mit Beschwerde vom 20. Juni 2000
bei der Steuerrekurskommission des Kantons Bern an. Er beantragte im
Hauptbegehren, es sei die Nichtigkeit der Einspracheverfügungen vom 22. Mai
2000 festzustellen; eventuell: die Steuerverwaltung habe die von ihm gerügten
Verfahrensfehler zu korrigieren und neu zu verfügen; subeventuell: die
angefochtenen Entscheide (betreffend die direkte Bundessteuer 1996 bis 1998)
seien aufzuheben, und er sei gemäss Selbstdeklaration zu veranlagen.

Die Steuerverwaltung des Kantons Bern nahm mit Eingabe vom 30. Oktober 2000
zur Beschwerde Stellung. Sie beantragte eine reformatio in peius in dem Sinn,
dass die erzielten Gewinne aus dem gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel
(recte: Wertschriftenhandel), entgegen der vorgenommenen Zwischenveranlagung
per 1. Januar 1996, bereits ab 1. Januar 1995 zu erfassen seien.
Die Steuerrekurskommission hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 14. August
2001 gut. Sie stellte fest, der Rekurrent habe im Jahr 1967 ein Vermögen von
rund neun Millionen Franken geerbt, vorwiegend bewegliche Vermögenswerte, und
in den folgenden 25 Jahren selber verwaltet. Sie erwog, der Rekurrent besitze
nach eigenen Angaben keine besonderen Kenntnisse im Bereich der
Vermögensverwaltung, nehme aber aktiv Einfluss auf die Verwaltungstätigkeit
der von ihm als Vermögensverwalterinnen beauftragten Banken und sei
anscheinend "fast täglich selbst mit der Verwaltung seines Vermögens
beschäftigt". Die Merkmale einer selbständigen Erwerbstätigkeit seien
insofern nicht gegeben, als der Rekurrent bewusst nur von einer privaten
Vermögensverwaltung spreche. Er wolle demnach nicht ein Unternehmen, etwa in
der Form einer Einzelfirma, betreiben, selbst am Markt auftreten und jede
sich bietende Gelegenheit wahrnehmen, um sein Vermögen zu vermehren. Gerade
die teilweisen laienhaften Investitionsentscheide, die verschiedentlich zu
"Verlustsituationen" geführt hätten, sprächen gegen eine gewerbsmässige
Erwerbstätigkeit. Andernfalls hätte der Rekurrent den beiden
Vermögensverwalterinnen einen Generalvermögensverwaltungsauftrag erteilen
müssen mit dem Zusatz, auch risikohafte bis hochrisikohafte Geschäfte zu
tätigen. Gegen eine selbständige Erwerbstätigkeit spreche, dass es keinen
direkten Zusammenhang mit der angestammten beruflichen Tätigkeit des
Rekurrenten gebe und dass praktisch keine fremden Finanzmittel eingesetzt
worden seien. Die gesamten Umstände liessen darauf schliessen, dass es sich
vorliegend um einen Grenzfall handle, bei dem gerade noch keine selbständige
Erwerbstätigkeit gegeben sei. Für dieses Resultat spreche auch, dass die
Transaktionsanzahl im Jahr 1996 unter 200 Bewegungen liege, so dass nach der
Praxisfestlegung der bernischen Steuerverwaltung nicht zwingend von einer
Gewerbsmässigkeit gesprochen werden müsse. Schliesslich habe auch der Handel
mit Optionen im vorliegenden Fall kein ungewöhnliches und dominierendes
Ausmass angenommen. Aufgrund dieser Erwägungen wies die
Steuerrekurskommission die Akten zur Vornahme der Veranlagungen im Sinne der
Erwägungen an die Steuerverwaltung zurück und sprach dem Rekurrenten eine
Parteientschädigung zu.

C.
Die Steuerverwaltung des Kantons Bern hat am 21. September 2001
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der
Beschwerdeentscheid vom 14. August 2001 sei aufzuheben und die
Einspracheverfügungen vom 22. Juni (recte: Mai) 2000 (pro 1995/96 und pro
1997/98) seien zu bestätigen. Die Kosten des bundesgerichtlichen und jene des
vorinstanzlichen Verfahrens seien dem Beschwerdegegner aufzuerlegen.

D.
Der Beschwerdegegner beantragt, es sei die Nichtigkeit der
Einspracheverfügungen vom 22. Mai 2000 festzustellen; eventuell: die
Beschwerde sei abzuweisen; subeventuell: die Beschwerdeführerin sei
anzuweisen, ihre Einspracheverfügungen im Sinne der Erwägungen zu
korrigieren. Die Steuerrekurskommission beantragt, die Beschwerde abzuweisen,
während die Eidgenössische Steuerverwaltung auf Gutheissung schliesst.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer ist legitimiert,
den Entscheid der kantonalen Steuerrekurskommission mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht anzufechten (Art. 146 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer, DBG; SR
642.11).

1.2 Der Beschwerdegegner bezweifelt (aufgrund des Eingangsstempels: 26.
September 2001) die Rechtzeitigkeit der Beschwerde. Der angefochtene
Entscheid wurde der beschwerdeführenden Steuerverwaltung am 22. August 2001
eröffnet. Abklärungen haben ergeben, dass die Beschwerdeschrift am 21.
September 2001, und damit rechtzeitig (vgl. Art. 106 in Verbindung mit Art.
32 OG), eingereicht wurde.

1.3 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von
Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens,
sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Das Bundesgericht ist
allerdings an die Sachverhaltsfeststellung gebunden, wenn, wie hier, eine
richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht
offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen festgestellt hat (Art. 105 Abs. 2 OG). Im Verfahren
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wendet das Bundesgericht das Bundesrecht
von Amtes wegen an. In Abgabestreitigkeiten ist es weder an die Begehren noch
an deren Begründung gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG); es kann die Beschwerde
auch aus andern als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen
(BGE 117 Ib 114 E. 4a S. 117 mit Hinweis).

2.
Der Beschwerdegegner hatte im kantonalen Beschwerdeverfahren verlangt, es sei
festzustellen, dass die Einspracheverfügungen betreffend die Steuerjahre 1996
bis 1998 nichtig seien.

Die Nichtigkeit im Sinn der absoluten Unwirksamkeit eines Verwaltungsakts ist
jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu
beachten (BGE 115 Ia 1 E. 3 S. 4 mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat die
betreffenden Verfügungen bzw. Veranlagungen überprüft und damit die Einrede
der Nichtigkeit stillschweigend verworfen. In der Tat kann keine Rede davon
sein, dass die Verfügungen vom 22. Mai 2000 nichtig im Rechtssinn gewesen
wären (vgl. BGE 118 Ia 336 E. 2a S. 340; 113 IV 123 ff. je mit Hinweisen;
Häfelin/Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. Aufl., Zürich
1998, N. 768 ff.; Schwarzenbach-Hanhart, Grundriss des allgemeinen
Verwaltungsrechts, 11. Aufl., Bern 1997, S. 138; Blaise Knapp, Précis de
droit administratif, 4e édition, Bâle et Francfort-sur-le-Main 1991, No. 1192
ss.; Rhinow/Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung,
Ergänzungsband, Basel/Frankfurt am Main 1990, Nr. 40 B; Fritz Gygi,
Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 306; Andre Grisel, Traité de droit
administratif, Neuchâtel 1984, Vol. I, p. 422; Max Imboden, Der nichtige
Staatsakt: Eine verwaltungsrechtliche Studie, Habil. Zürich 1944, S. 119 ff.,
137 ff.). Ob die angeblichen Verfahrensfehler, welche die
Einspracheverfügungen allenfalls anfechtbar machten, im vorinstanzlichen
Verfahren geheilt wurden, kann im Übrigen dahingestellt bleiben: Der
Beschwerdegegner hat den Rekursentscheid nicht mit einer eigenen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten. Die Möglichkeit einer
Anschlussbeschwerde besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur, wo
dies gesetzlich besonders vorgesehen ist; das ist hinsichtlich der direkten
Bundessteuer nicht der Fall (BGE 117 Ib 20 E. 3d S. 24 f.; 123 V 156 E. 3c S.
157 je mit Hinweisen; ASA 68 715 E. 2a; vgl. auch BGE 122 I 253). Soweit der
Beschwerdegegner in der Vernehmlassung verlangt, die Steuerverwaltung sei
anzuweisen, ihre Einspracheverfügungen in seinem Sinn zu korrigieren, sind
seine Begehren daher unzulässig; seine Vorbringen können nur im Rahmen von
Art. 114 Abs. 1 OG mit berücksichtigt werden.

3.
Streitig ist, ob die vom Beschwerdegegner in den Jahren 1996 bis 1998
erzielten Gewinne aus dem Handel mit Wertschriften steuerbares
Erwerbseinkommen im Sinne von Art. 18 DBG oder steuerfreie private
Kapitalgewinne im Sinne von Art. 16 Abs. 3 DBG darstellen.

3.1 Der Gesetzgeber hat in Art. 16 Abs. 1 DBG "alle wiederkehrenden und
einmaligen Einkünfte" für steuerbar erklärt. Er hat damit - wie bereits in
Art. 21 Abs. 1 Ingress des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über
die Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt), der ebenfalls das "gesamte
Einkommen des Steuerpflichtigen aus Erwerbstätigkeit, Vermögensertrag oder
anderen Einnahmequellen" als steuerbar qualifizierte - den Grundsatz der
Gesamtreineinkommensbesteuerung aufgestellt. Steuerfrei sind nach Art. 16
Abs. 3 DBG die Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen. Damit
wird im Gesetz ausdrücklich festgehalten, was schon unter dem
Bundesratsbeschluss über die Erhebung einer direkten Bundessteuer Gültigkeit
hatte. Art. 18 Abs. 1 DBG bestimmt, dass alle Einkünfte aus einem Handels-,
Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien
Beruf sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit steuerbar sind.
Zu den Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit gehören nach Art. 18
Abs. 2 DBG auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder
buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen. Wie das Bundesgericht erkannt
hat, wollte der Gesetzgeber die Besteuerung der Einkünfte aus
Erwerbstätigkeit (namentlich aus Liegenschaften- oder Wertpapierhandel) im
Vergleich zum früheren Recht nicht einschränken. Der Botschaft (BBl 1983 III
S. 162) ist vielmehr zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bewusst eine
Erweiterung gegenüber dem bisherigen Recht vorgenommen hat, indem er die
Kapitalgewinnsteuerpflicht (mit Art. 18 Abs. 2 DBG) auf den gesamten Bereich
der selbständigen Erwerbstätigkeit, d.h. auf alle Gegenstände des
Geschäftsvermögens, ausgedehnt hat, währenddem sie nach bisherigem Recht
(Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt) auf buchführungspflichtige Unternehmen
beschränkt war (BGE 125 II 113 E. 5c S. 121 f. mit Hinweis).

3.2 Das Bundesgericht hat unter der Geltung des Bundesratsbeschlusses vom 9.
Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer in ständiger
Praxis erkannt, dass Gewinne aus der Veräusserung von Vermögensgegenständen -
namentlich Liegenschaften, Wertpapieren, Edelmetallen und Devisen - nach Art.
21 Abs. 1 lit. a BdBSt als Erwerbseinkommen der direkten Bundessteuer
unterliegen, wenn eine Tätigkeit entfaltet wird, die in ihrer Gesamtheit auf
Erwerb gerichtet ist. Steuerfrei sind nur Gewinne, die bei der privaten
Verwaltung eigenen Vermögens oder bei einer sich zufällig bietenden
Gelegenheit erzielt werden (statt vieler: BGE 122 II 446 E. 3 mit Hinweisen).
Diese Praxis gilt unter der Geltung des Bundesgesetzes über die direkte
Bundessteuer (DBG) grundsätzlich weiter (BGE 125 II 113 ff.). Demnach sind
steuerfreie private Kapitalgewinne im Sinn von Art. 16 Abs. 3 DBG (nur)
diejenigen Gewinne, die im Rahmen der blossen Vermögensverwaltung entstehen,
also ohne besondere, auf Erwerb gerichtete Aktivität, oder bei einer sich
zufällig bietenden Gelegenheit. Dagegen erzielt die pflichtige Person
steuerbares Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, wenn sie An- und
Verkäufe von Vermögensgegenständen in einer Art und Weise tätigt, die über
die schlichte Verwaltung von Privatvermögen hinausgeht, auch wenn dabei keine
in einem eigentlichen Unternehmen organisierte Aktivität vorliegt (BGE 125 II
113 E. 5e S. 123; ASA 69 788 E. 2a je mit Hinweisen).

3.3 Ob einfache Vermögensverwaltung oder auf Erwerb gerichtete Tätigkeit
vorliegt, ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu
beurteilen. Als Indizien für eine selbständige Erwerbstätigkeit können nach
der Praxis etwa in Betracht fallen: systematische oder planmässige Art und
Weise des Vorgehens, Häufigkeit der Transaktionen, kurze Besitzdauer, enger
Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person,
Einsatz spezieller Fachkenntnisse oder erheblicher fremder Mittel zur
Finanzierung der Geschäfte, Verwendung der erzielten Gewinne bzw. deren
Wiederanlage in gleichartigen Vermögensgegenstände (vgl. dazu ASA 69 788 E.
2a mit Hinweisen). Jedes dieser Indizien kann zusammen mit andern, unter
Umständen jedoch auch allein, zur Annahme einer selbständigen
Erwerbstätigkeit im Sinn von Art. 18 DBG ausreichen. Dass einzelne typische
Elemente einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Einzelfall nicht erfüllt
sind, kann durch andere Elemente kompensiert werden, die mit besonderer
Intensität vorliegen. Entscheidend ist, dass die Tätigkeit in ihrem gesamten
Erscheinungsbild auf Erwerb ausgerichtet ist (BGE 125 II 113 E. 3c S. 118 f.;
ASA 69 788 E. 2a; Urteil 2A.205/2001 vom 12. Dezember 2001 E. 2; vgl. Martin
Arnold, Nichts Neues unter der Steuersonne? Zur Besteuerung von
Liegenschaftsgewinnen nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer,
in: ASA 67 598; vgl. auch Danielle Yersin, Les gains en capital considérés
comme le revenu d'une activité lucrative, in: ASA 59 137 ff., und die dort
umfassend dargestellte Praxis). Die erwähnten, von der Praxis ursprünglich
für den Bereich des Liegenschaftenhandels entwickelten Abgrenzungskriterien
sind, angepasst auf die entsprechenden Besonderheiten, auch beim
Wertschriftenhandel anwendbar. Ob die steuerpflichtige Person die
Wertschriftengeschäfte selber oder durch einen bevollmächtigten Dritten
abwickelt, ist nicht von entscheidender Bedeutung; das Wertschriftengeschäft
erfordert in der Regel ohnehin den Beizug fachkundiger Personen, deren
Verhalten der pflichtigen Person zugerechnet wird (BGE 122 II 446 E. 3b S.
450 mit Hinweis).

3.4 Die Vorinstanz kritisiert die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum
gewerbsmässigen Wertpapierhandel als "uneinheitlich bzw. diffus"; das
Bundesgericht habe es insbesondere unterlassen, den "offenen Gesetzesbegriff"
von Art. 18 Abs. 1 DBG messbar und nachvollziehbar zu konkretisieren. Die
beschwerdeführende Steuerverwaltung bemängelt ihrerseits, aus der Sicht der
Praxis ergebe sich eine "grosse Rechtsunsicherheit".

Die Einwände sind weder neu noch überzeugend; sie geben keinen Anlass, auf
die langjährige, gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichts zurückzukommen
(vgl. etwa die Stellungnahme zur Kritik in: ASA 66 224 E. 5; zum Begriff der
"selbständigen Erwerbstätigkeit" gemäss Art. 18 Abs. 1 DBG vgl. BGE 125 II
113 E. 5 S. 120 ff. mit Hinweisen). Im Übrigen hat der Gesetzgeber noch
anlässlich der Beratungen zum Bundesgesetz vom 19. März 1999 über das
Stabilisierungsprogramm 1998 (AS 1999 2374 Ziffn. 5 u. 6) unter
ausdrücklichem Hinweis auf BGE 125 II 113 ff. darauf verzichtet, den
"gewerbsmässigen Wertpapierhandel" zu definieren oder besonders zu regeln; es
sollte vielmehr erklärtermassen die bisherige Rechtsprechung des
Bundesgerichts in diesem Bereich fortgeführt werden (vgl. AB 1999 S 46 [Votum
Schüle], 48 [Votum Bundesrat Villiger], 138 [Votum Delalay], 139 f. [Votum
Bundesrat Villiger]; AB 1999 N 231 f. [Votum Bundesrat Villiger], 335 [Votum
Marti]). Die Frage, ob schlichte Verwaltung des privaten Vermögens oder
gewerbsmässiger Wertschriftenhandel vorliegt, ist somit weiterhin, und auch
vorliegend, aufgrund der vom Bundesgericht als massgeblich erachteten
Indizien und unter Würdigung sämtlicher konkreter Umstände des Einzelfalls zu
beantworten. Das schematische Vorgehen verschiedener kantonaler
Steuerverwaltungen, so der bernischen, wonach beim Vorliegen bestimmter
Kennzahlen auf eine Gesamtwürdigung verzichtet werden könne und selbständige
Erwerbstätigkeit als ausgeschlossen gelten könne, führt nur in denjenigen
Fällen zu einem sachgerechten Ergebnis, bei denen die Verhältnisse klar und
eindeutig sind. In den übrigen Fällen, und namentlich in Grenzfällen, ist wie
gesagt die Tätigkeit jeweils in ihrem gesamten Erscheinungsbild rechtlich zu
beurteilen.

4.
Der Beschwerdegegner besass gemäss Selbstdeklaration am 1. Januar 1995 ein
Wertschriftenvermögen von Fr. 15'859'036.--. Umfang und Ergebnis der im Jahr
1996 getätigten Wertschriftentransaktionen wurden von den Steuerbehörden
aufgrund der eingereichten Bankbelege wie folgt ermittelt: Aus 165
Transaktionen (83 Käufe und 82 Verkäufe) wurde ein Gesamtumsatz von Fr.
54'634'905.80 erzielt. Zusätzlich resultierte aus dem Handel mit Optionen
(total 35 Transaktionen) ein Ertrag von Fr. 90'424.90. Der Beschwerdegegner
bestritt im kantonalen Verfahren die Berechnung der Anzahl Transaktionen; er
behauptet, im Jahr 1996 seien "jedenfalls weniger als 200" getätigt worden.
Die Vorinstanz geht davon aus, dass die Anzahl unter 200 Bewegungen liege,
ohne in diesem Punkt jedoch eine präzise Feststellung zu treffen. Die von den
Steuerbehörden ermittelte Anzahl (200) lässt sich indessen anhand der Akten
belegen. Selbst wenn aufgrund einer andern Berechnungsart, namentlich bei
gestaffelten Käufen und Verkäufen, die Anzahl von 200 Transaktionen nicht
erreicht würde, vermöchte das am Transaktionsvolumen insgesamt nichts zu
ändern. Wird dieses in Beziehung gesetzt zum massgeblichen
Wertschriftenvermögen von knapp 16 Millionen Franken, so ergibt sich, dass
der Beschwerdegegner im Jahr 1996 seine Wertpapiere fast dreieinhalb-mal
umgeschichtet hat. Das geht aber eindeutig über eine blosse Verwaltung
privaten Vermögens hinaus (vgl. etwa ASA 69 788), auch wenn der Vorinstanz
zuzustimmen ist, dass die Anzahl Transaktionen, seien es nun 200 oder
weniger, bei einem Wertschriftenvermögen der vorliegenden Grösse für sich
allein nicht auf Gewerbsmässigkeit schliessen lassen.

Aus den Akten ergibt sich weiter, dass die Besitzdauer bei vielen Titeln
äusserst kurz gewesen ist; beispielsweise betrug sie bei den Käufen/Verkäufen
1996 der Sandoz-Aktien unbestrittenermassen lediglich zwischen 6 und 45 Tage.
Die erzielten Gewinne wurden jeweils in Wertpapiere reinvestiert, wobei der
Beschwerdegegner und seine Hilfspersonen planmässig vorgingen und auch sehr
geringe Kursschwankungen in oftmals sehr kurzer Zeit zur Gewinnerzielung
ausnützten. Dass der Beschwerdegegner mit dem Einsatz von Optionen "bewusst
hochriskante Geschäfte unter Inkaufnahme von Totalverlusten" eingegangen sei,
wie die Beschwerdeführerin behauptet, trifft zwar nicht zu, und dass es sich
dabei um "in Millionenhöhe eingegangene Verpflichtungen" gehandelt habe, wird
zumindest durch die Akten nicht belegt. Hingegen deutet der Optionshandel
allgemein auf gewerbsmässiges Vorgehen hin, weil dafür gewisse Fachkenntnisse
und eine ständige Marktbeobachtung vorausgesetzt sind; zudem ist insbesondere
der Verkauf von Put-Optionen mit besonderen Risiken verbunden und müssen für
Optionsgeschäfte jeweils Sicherheiten geleistet werden (vgl. Urteil
2A.205/2001 vom 12. November 2001, E. 3a mit Hinweis auf die Fachliteratur).
Die Optionsgeschäfte des Beschwerdegegners, namentlich im Jahr 1996, lassen
wohl für sich allein noch nicht auf gewerbsmässigen Wertpapierhandel
schliessen (total 35 Transaktionen bei einem Ertrag von Fr. 90'424.90; nur
wenige risikohafte Verkäufe von Put-Optionen im Jahr 1995); sie zeigen aber
zusammen mit den erwähnten Indizien (insbesondere: hohes Transaktionsvolumen,
kurze Besitzdauer, planmässiges Vorgehen, Wiederanlage der erzielten
Gewinne), dass der Beschwerdegegner seine Wertschriften nicht bloss im Rahmen
einer privaten Vermögensverwaltung dynamisch bewirtschaftet hat, sondern dass
er eine Tätigkeit entwickelt hat, die in ihrer Gesamtheit auf Erwerb
gerichtet ist. Dass Fremdmittel nur in einem zu vernachlässigenden Ausmass
eingesetzt wurden, ändert an dieser Beurteilung nichts; ebenso wenig, dass
der Beschwerdegegner angeblich selber keine besonderen Kenntnisse im Bereich
der Vermögensverwaltung besitzt, zumal er sich die Fachkenntnisse der ihn
beratenden Anlagespezialisten der beauftragten Banken anrechnen lassen muss.
Im Übrigen kann der Beschwerdegegner als Kaufmann und mit 25-jähriger
Erfahrung in der Verwaltung eines grossen eigenen Wertschriftenvermögens
jedenfalls nicht als Laie bezeichnet werden. Nicht entscheidend und deshalb
auch nicht zu prüfen ist schliesslich, ob die von der Steuerverwaltung des
Kantons Bern aufgestellten "Bedingungen" erfüllt wären, bei deren Vorliegen
immer blosse Vermögensverwaltung gegeben sein soll (sog.
"safe-haven-Klausel"). Bei der direkten Bundessteuer jedenfalls ist die
Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerbsmässiger
Erwerbstätigkeit anhand der vom Bundesgericht entwickelten Kriterien im
Rahmen einer Gesamtwürdigung vorzunehmen und nicht schematisch nach
bestimmten Kennzahlen (vgl. oben E. 3.3).

5.
5.1 Unter Würdigung der gesamten konkreten Umstände ist somit das Vorgehen des
Beschwerdegegners - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - als
gewerbsmässiger Wertschriftenhandel zu qualifizieren. Die in den Jahren 1996
bis 1998 erzielten Gewinne sind steuerbares Erwerbseinkommen im Sinne von
Art. 18 DBG und die fraglichen Vermögensgegenstände demnach grundsätzlich
Geschäftsvermögen.

5.2 Die Beschwerdeführerin beantragt die Bestätigung ihrer
Einspracheverfügungen vom 22. Juni (rechte: Mai) 2000 für die Jahre 1995/96
und 1997/98. Für den Fall, dass das Bundesgericht diesem Antrag entsprechen
und gewerbsmässigen Wertschriftenhandel bejahen sollte, beantragt der
Beschwerdegegner, "dass die Einspracheverfügungen inhaltlich (betragsmässig)
zu korrigieren wären". Zudem macht er geltend, für die direkte Bundessteuer
pro 1995 liege weder eine Veranlagungs- noch eine Einspracheverfügung vor,
die bestätigt werden könnte; die Zwischenveranlagungen für Bund und Kanton
seien per 1. Januar 1996 vorgenommen worden, weshalb das Jahr 1995 gar nicht
Streitgegenstand sei.

5.3 Der Einwand betreffend das Steuerjahr 1995 ist berechtigt: Die
Steuerverwaltung nahm eine Zwischenveranlagung ausdrücklich auf den 1. Januar
1996 vor und erliess für 1995 keine entsprechende Verfügung. Ihr Antrag im
vorinstanzlichen Verfahren, die Gewinne aus dem gewerbsmässigen
Wertschriftenhandel seien im Sinn einer reformatio in peius bereits ab 1.
Januar 1995 zu erfassen, vermag die fehlende Veranlagungs- und
Einspracheverfügung nicht zu ersetzen. Insoweit ist auf die Beschwerde nicht
einzutreten. Ob allenfalls die Voraussetzungen für eine Zwischenveranlagung
gemäss Art. 45 lit. b DBG (Aufnahme der Erwerbstätigkeit) gegeben wären, ist
im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.

Der Beschwerdegegner hat die Einspracheentscheide betreffend die Steuerjahre
1996, 1997 und 1998 im kantonalen Beschwerdeverfahren auch im Quantitativ
bestritten. Die Vorinstanz brauchte sich dazu im angefochtenen Entscheid
nicht zu äussern, weil sie die Beschwerde in der Sache ohnehin guthiess. Der
Beschwerdegegner bringt gegen die Einspracheverfügungen insbesondere vor,
verschiedene Titel seien zum Handelsbestand gezählt worden, obwohl sie
klarerweise zum Privatvermögen gehörten; ferner müsse ihm die Möglichkeit
eingeräumt werden, allfällige Vorsorgebeiträge bzw. -einkäufe (BVG) sowie die
tatsächlichen Gewinnungskosten (anstatt die pauschal angerechneten) noch
rückwirkend steuerlich geltend zu machen; schliesslich seien die deklarierten
und versteuerten Wertschriftenerträge 1996 aus der Veranlagung 1996
auszuscheiden. Wie es sich mit diesen Einwänden im Einzelnen verhält, wird
zunächst die Vorinstanz zu prüfen und zu entscheiden haben. Dabei ist davon
auszugehen, dass das Wertschriftenportefeuille steuerrechtlich grundsätzlich
als Geschäftsvermögen zu qualifizieren ist. Eine Aufteilung in einen privaten
und einen geschäftlichen Teil ist nur unter besonderen, vom Steuerpflichtigen
detailliert nachzuweisenden Umständen denkbar (vgl. dazu Othmar Huber,
Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom Wertschriftenhandel, in: StR
1998 S. 20 ff., 24). Blosse Behauptungen, wie: gewisse Titel würden "aus
familiären Gründen behalten" oder seien aus "rein privaten Überlegungen"
verkauft worden oder würden "allein zwecks Teilnahme an der GV" gehalten
(sog. Fressaktien), genügen für einen solchen Nachweis jedenfalls nicht.

6.
Die Beschwerde der Kantonalen Steuerverwaltung ist demnach im Sinne der
Erwägungen gutzuheissen, soweit darauf eingetreten wird, und der angefochtene
Entscheid sowie die Einspracheentscheide vom 22. Mai 2000 betreffend die
direkten Bundessteuern 1996, 1997 und 1998 sind aufzuheben. Die Sache wird zu
neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Diese hat ebenfalls über die Verfahrens- und Parteikosten für das
vorangegangene kantonale Verfahren neu zu befinden.

Da keine Partei vollständig obsiegt, sind die Gerichtskosten für das
bundesgerichtliche Verfahren verhältnismässig zu verlegen (Art. 156 Abs. 3,
153 und 153a OG). Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner im Rahmen
seines teilweisen Obsiegens angemessen zu entschädigen. Der
Beschwerdeführerin wird keine Parteientschädigung zugesprochen (Art. 159 Abs.
2 und 3 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Steuerverwaltung des Kantons Bern wird
im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der
angefochtene Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 14.
August 2001 sowie die Einspracheentscheide der Steuerverwaltung des Kantons
Bern vom 22. Mai 2000 betreffend die direkte Bundessteuer 1996, 1997 und 1998
werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen
an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird zu einem Viertel dem Kanton Bern und
zu drei Vierteln dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Der Kanton Bern hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren
mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

4.
Die Steuerrekurskommission des Kantons Bern hat über die Kosten- und
Entschädigungsfolgen im kantonalen Verfahren neu zu entscheiden.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Steuerrekurskommission des Kantons Bern
sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. November 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: