Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.413/2001
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2A.413/2001 /zga

Urteil vom 13. März 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Ersatzrichter Zweifel,
Gerichtsschreiber Uebersax.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Bern,
Münstergasse 3, 3011 Bern,
Steuerrekurskommission des Kantons Bern, Chutzenstrasse 68, 3007 Bern.

Direkte Bundessteuer 1999/2000

(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheid der Steuerrekurskommission des
Kantons Bern vom 14. August 2001)

Sachverhalt:

A.
Die Eheleute X.________ reichten trotz Mahnung keine Steuererklärung für die
Steuerperiode 1999/2000 ein. Sie wurden deshalb von der Steuerverwaltung des
Kantons Bern am 1. März 2000 für die direkte Bundessteuer nach Ermessen mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 105'000.-- veranlagt. Mit
Einspracheverfügung vom 21. Juni 2000 setzte die Steuerverwaltung das
Einkommen auf Fr. 89'100.-- herab. Von der nachträglich eingereichten
Steuererklärung wich sie jedoch insoweit ab, als sie davon ausging,
X.________ habe im Jahr 1997 einen steuerbaren Vermögensertrag von Fr.
146'535.55 erzielt. Die A.________ AG habe von ihm im Jahr 1994 20 Aktien
dieser Gesellschaft mit einem Nennwert von insgesamt Fr. 20'000.- zum Preis
von Fr. 51'535.55 und im Jahr 1996 30 weitere Aktien mit einem gesamten
Nennwert von Fr. 30'000.- zum Preis von Fr. 145'000.- gekauft. Diese Aktien
habe die Gesellschaft mit Beschluss vom 24. November 1997 vernichtet bzw. das
Aktienkapital um deren Nennwert herabgesetzt. Im Differenzbetrag von (Fr.
196'535.55 ./. Fr. 50'000.-- =) Fr. 146'535.55 zwischen dem Kaufpreis und dem
Nennwert der Aktien liege daher ein steuerbarer Vermögensertrag aus
(direkter) Teilliquidation der A.________ AG vor.

B.
Mit Entscheid vom 14. August 2001 wies die Steuerrekurskommission des Kantons
Bern eine Beschwerde der Eheleute X.________ ab.

C.
Gegen diesen Entscheid führt X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Bundesgericht mit dem Antrag, der Entscheid der Steuerrekurskommission sei
aufzuheben und die Sache sei "zur Korrektur der Steuerveranlagungen 1999/00"
an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Steuerrekurskommission und die
Steuerverwaltung des Kantons Bern sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung,
Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben,
schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
(DBG; SR 642.11) in der vorliegend anwendbaren ursprünglichen Fassung vom 14.
Dezember 1990 sind als Erträge aus beweglichem Vermögen unter anderem
Liquidationsüberschüsse steuerbar. Hierzu gehören Leistungen, die den
Aktionären im Zusammenhang mit der (Teil-)Liquidation der Aktiengesellschaft
gewährt werden, soweit es sich nicht um die Rückzahlung des statutarischen
Grundkapitals handelt. Eine (Teil-)Liquidation liegt unter anderem dann vor,
wenn eine Aktiengesellschaft ihre eigenen Aktien gestützt auf einen
Kapitalherabsetzungsbeschluss oder im Hinblick auf eine Kapitalherabsetzung
zurückkauft (vgl. den Entscheid des Bundesgerichts vom 4. Mai 1999 zur
Verrechnungssteuer, in ASA 68 S. 739 ff. E. 4 S. 743).

Gehörten die Aktien zum Privatvermögen des Aktionärs, so besteht der nach
Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG steuerbare Liquidationsüberschuss im
Differenzbetrag zwischen dem Rückkaufpreis und dem Nennwert der Aktien
(Entscheid des Bundesgerichts vom 13. Februar 1995, in StE 1995 B 24.4 Nr.
38, E. 4; Markus Reich, in: Martin Zweifel/Peter Athanas (Hrsg.), Kommentar
zum Schweizerischen Steuerrecht I/2a, Bundesgesetz über die direkte
Bundessteuer (DBG), Basel/Genf/München 2000, Art. 20 N 66, 67 und 69; ferner
Peter Locher, Kommentar zum DBG. Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer,
Therwil/Basel 2001, Art. 18 N 120 und Art. 20 N 91 und 97).

2.
2.1Die in Frage stehenden 50 Aktien der A.________ AG mit einem gesamten
Nennwert von Fr. 50'000.-, welche diese Gesellschaft in den Jahren 1994 und
1996 zum Preis von insgesamt Fr. 196'535.55 gekauft hat, befanden sich
unstreitig im Privatvermögen des Beschwerdeführers. Dieser anerkennt sodann,
dass die von der A.________ AG erworbenen Aktien im Rahmen einer
Kapitalherabsetzung vernichtet worden sind und das Grundkapital um den
erwähnten Nennwert herabgesetzt worden ist.

2.2  Der Beschwerdeführer macht jedoch geltend, es sei keine Teilliquidation
der A.________ AG in der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Nennwert
der Aktien von (Fr. 196'535.55 ./. Fr. 50'000.- =) Fr. 146'535.55 erfolgt.
Durch den Aktienrückkauf werde nämlich der Unternehmenswert nicht im gleichen
Ausmass geschmälert, da in der steuerlichen Bewertung der Substanzwert nur
mit einem Drittel gewichtet werde.

Der Beschwerdeführer übersieht indessen, dass es bei der Beurteilung der
Frage, ob eine Teilliquidation vorliegt, nicht auf das Ausmass der
Verminderung des hauptsächlich durch den Ertragswert bestimmten
Unternehmenswerts durch den Aktienrückkauf ankommt. Massgebend ist einzig und
allein, ob die Gesellschaft durch den Erwerb der zurückgekauften
Beteiligungsrechte in ihrer Substanz entreichert wird (Entscheid des
Bundesgerichts vom 13. Februar 1995, in StE 1995 B 24.4 Nr. 38, E. 4b). Das
ist offenkundig der Fall. Der Kaufpreisleistung der A.________ AG von Fr.
196'535.55 stand keine gleichwertige Gegenleistung des Beschwerdeführers
gegenüber. Denn die Gesellschaft erwarb keine neuen Rechte, die den
Mittelabfluss ausgeglichen hätten, der durch die Kaufpreisleistung bewirkt
worden war (vgl. Reich, a.a.O., Art. 20 N 67). Welche Motive die A.________
AG zum Aktienrückkauf und zur Kapitalherabsetzung bewogen hat, ist entgegen
der Auffassung des Beschwerdeführers aus einkommenssteuerrechtlicher Sicht
unerheblich. Wie das Bundesgericht erkannt hat, ist insoweit einzig
entscheidend, dass tatsächlich, d.h. wirtschaftlich ("économiquement"), durch
den Aktienrückkauf und die Kapitalherabsetzung eine Liquidation oder
Teilliquidation der Gesellschaft stattgefunden hat (Entscheid des
Bundesgerichts vom 13. Februar 1995, in StE 1995 B 24.4 Nr. 38, E. 4b).

2.3  Was der Beschwerdeführer mit seinem Einwand, er habe durch den Verkauf
in der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem von der Steuerverwaltung
festgesetzten bisherigen Vermögenssteuerwert der Aktien Verluste erlitten,
genau geltend machen will, ist nicht ersichtlich. Ihm ist allerdings darin
zuzustimmen, dass diese auf Privatvermögen eingetretenen Verluste nicht
abzugsfähig sind, fehlt doch hierfür eine gesetzliche Grundlage.

2.4  Unbegründet ist schliesslich die Rüge des Beschwerdeführers, die im
Kreisschreiben Nr. 5 (Ziff. 4.2) der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 19.
August 1999 (veröffentlicht in ASA 68 S. 300 ff.) niedergelegte Praxis, auf
welche sich die Steuerrekurskommission berufe, sei gesetzwidrig, willkürlich
und verstosse gegen das Gleichbehandlungsgebot. Erstens entspricht die
beanstandete Praxis der oben (E. 1) wiedergegebenen bundesgerichtlichen
Auslegung von Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG; zweitens bleibt der Beschwerdeführer
Ausführungen darüber schuldig, inwiefern diese Gesetzesauslegung willkürlich
und rechtsungleich sein soll. Auf die pauschal erhobene Kritik ist daher
nicht weiter einzugehen.

2.5  Damit ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen.

3.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1, Art. 153 und 153a OG), und es steht ihm keine
Parteientschädigung zu (Art. 159 OG)

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Steuerverwaltung und der
Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie der Eidgenössischen
Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer,
Stempelabgaben, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. März 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: