Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.390/2001
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2A.390/2001/leb

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                     24. September 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Müller,
Bundesrichterin Yersin und Gerichtsschreiber Feller.

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                         In Sachen

A.________, (alias B.________, alias C.________),
Beschwerdeführer,

                           gegen

Migrationsdienst des Kantons  B e r n,
Haftgericht III  B e r n - Mittelland, Haftrichter 3,

                         betreffend
                   Haftentlassungsgesuch,
            Verlängerung der Ausschaffungshaft,

hat sich ergeben:

     A.- Am 10. Mai 2000 lehnte das Bundesamt für Flücht-
linge ein Asylgesuch des pakistanischen Staatsangehörigen
A.________ ab und wies ihn aus der Schweiz weg. Mit Urteil
vom 18. August 2000 wies die Schweizerische Asylrekurskom-
mission die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde ab.
A.________, der auch unter den Namen B.________ und
C.________ auftrat, leistete der im Anschluss an dieses
Urteil ergangenen Anordnung, die Schweiz bis zum 20. Septem-
ber 2000 zu verlassen, keine Folge.

        Am 20. Juni 2001 nahm der Migrationsdienst des
Kantons Bern A.________ in Ausschaffungshaft. Der Haft-
richter 3 des Haftgerichts III Bern-Mittelland (nachfol-
gend auch: Haftrichter) prüfte und bestätigte die Haft am
21. Juni 2001 (schriftliche Ausfertigung des Entscheids
vom 25. Juni 2001). Mit Urteil vom 10. Juli 2001 wies das
Bundesgericht die gegen den Haftbestätigungsentscheid er-
hobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, soweit es darauf
eintrat (Verfahren 2A.300/2001). Die am 17. Juli 2001 von
einem Rechtsanwalt eingereichte zweite Verwaltungsgerichts-
beschwerde gegen denselben Haftbestätigungsentscheid wurde
am 25. Juli 2001 zurückgezogen, sodass das gestützt darauf
eröffnete bundesgerichtliche Verfahren (2A.329/2001) mit
Verfügung vom 26. Juli 2001 abgeschrieben werden konnte.

     B.- Am 6. August 2001 stellte A.________ ein Haftent-
lassungsgesuch. An der Verhandlung vor dem Haftrichter vom
14. August 2001 beantragte der Vertreter des Ausländer- und
Bürgerrechtsdienstes der Kantonspolizei Bern, die Haft sei
um weitere drei Monate zu verlängern. Unmittelbar im An-

schluss an die Verhandlung erkannte der Haftrichter, das
Haftentlassungsgesuch werde abgewiesen und die seit 20. Juni
2001 dauernde Ausschaffungshaft werde verlängert bis zum
13. November 2001 (mündliche Eröffnung des Entscheids am
14. August, schriftliche Ausfertigung vom 16. August 2001).

     C.- Mit als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegen-
genommenem Schreiben vom 12. September 2001 beantragt
A.________, er sei freizulassen.

        Der Haftrichter beantragt Abweisung der Verwal-
tungsgerichtsbeschwerde; der Migrationsdienst des Kantons
Bern hält fest, dass "die Beschwerde gegen Haftentlassungs-
gesuch unbegründet" sei.

        Das Bundesamt für Ausländerfragen hat sich nicht
vernehmen lassen.

        Der Beschwerdeführer hat von der Gelegenheit, er-
gänzend Stellung zu nehmen, innert Frist nicht Gebrauch ge-
macht.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Die zuständige Behörde kann einen Ausländer
in Ausschaffungshaft nehmen, sofern die Voraussetzungen
von Art. 13b des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Nie-
derlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20; in der Fassung
des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über Zwangsmassnahmen
im Ausländerrecht [Zwangsmassnahmengesetz; AS 1995 146 ff.])
erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstin-

stanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger
Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt (vgl. BGE 121 II
59 E. 2 S. 61; 125 II 369 E. 3a S. 374; 122 II 148 E. 1
S. 150), dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reisepapiere)
noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (BGE 125 II 369
E. 3a S. 374, 377 E. 2a S. 379). Sodann muss einer der in
Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125
II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3)
und die Ausschaffung rechtlich und tatsächlich möglich sein
(vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; dazu BGE 125 II 217 E. 2
S. 220, 377 E. 5 S. 384); zudem sind die für den Vollzug der
Wegweisung notwendigen Vorkehrungen (wie Papierbeschaffung)
umgehend zu treffen (Art. 13b Abs. 3 ANAG, Beschleunigungs-
gebot; vgl. BGE 124 II 49 ff.). Die Haft (bzw. deren Dauer)
muss verhältnismässig sein (BGE 125 II 377 E. 4 S. 383;
119 Ib 193 E. 2c S. 198; vgl. auch BGE 122 II 148 E. 3
S. 152 ff.).

        Die Haft darf höchstens drei Monate dauern; stehen
dem Vollzug der Weg- oder Ausweisung besondere Hindernisse
entgegen, so kann die Haft mit Zustimmung der kantonalen
richterlichen Behörde um höchstens sechs Monate verlängert
werden (Art. 13b Abs. 2 ANAG). Gemäss Art. 13c Abs. 4 ANAG
kann der inhaftierte Ausländer einen Monat nach der Haft-
überprüfung ein Haftentlassungsgesuch einreichen. Über das
Gesuch hat die richterliche Behörde innert acht Arbeitstagen
aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Ein
erneutes Gesuch um Entlassung aus der Ausschaffungshaft kann
erst nach zwei Monaten gestellt werden.

        b) Was die Voraussetzungen zur Anordnung der Aus-
schaffungshaft betrifft, kann auf das bundesgerichtliche Ur-
teil vom 10. Juli 2001 verwiesen werden. Im Haftentlassungs-
verfahren haben sich diesbezüglich keine neuen Anhaltspunkte

ergeben. Es ist hingegen zu prüfen, ob sich die Aufrechter-
haltung der Haft nach knapp zwei Monaten (Abweisung des
Haftentlassungsgesuch) rechtfertigt und ob zudem, in verfah-
rens- wie in materiellrechtlicher Hinsicht, die Vorausset-
zungen für eine Verlängerung der Ausschaffungshaft erfüllt
sind.

        c/aa) Der Haftrichterentscheid vom 21./25. Juni
2001, womit die erstmalige Anordnung der Ausschaffungshaft
bestätigt worden war, äusserte sich nicht darüber, ob die
Haft für die volle Höchstdauer von (vorerst) drei Monaten
genehmigt werden sollte. Der Haftrichter hat am 14. August
2001 nicht nur über das Haftentlassungsgesuch, sondern auch
über eine Verlängerung der Haft bis 13. November 2001 ent-
schieden. Jedenfalls wird damit die Dauer von drei Mona-
ten, welche für die erstmalige Haftanordnung vorgesehen
ist, überschritten. Ein derartiger Entscheid nach knapp
zwei Monaten Haftdauer ist, selbst wenn davon auszugehen
wäre, dass die Haft mit dem ersten Haftrichterentscheid
für drei Monate bewilligt wurde, zulässig, wenn die Vor-
aussetzungen einer entsprechenden Verlängerung erfüllt
erscheinen (Urteile des Bundesgerichts vom 26. März 1997
i.S. Njego, E. 2d, und vom 6. Januar 1998 i.S. Keita,
E. 3a, ferner auch Urteil vom 29. August 1997 i.S. Hassouna,
E. 3b). Sicherzustellen ist in einem solchen Fall jedoch,
dass der Inhaftierte, gegebenenfalls unabhängig von der
Sperrfrist gemäss Art. 13c Abs. 4 letzter Satz ANAG, nach
drei Monaten Haftdauer ein Haftentlassungsgesuch stellen
kann (vorstehend erwähnte Urteile).

        bb) Der Haftrichter hat in seiner Vorladungsverfü-
gung für die Verhandlung vom 14. August 2001 als Verfahrens-
gegenstand einzig das Haftentlassungsgesuch erwähnt. Den An-
trag auf Haftverlängerung stellte der Vertreter der zustän-
digen Behörde erst an der Verhandlung selber.

        Das (Bundes-)Gesetz schreibt nicht vor, in welcher
Form um die erforderliche Zustimmung des Haftrichters zur
Haftverlängerung ersucht werden muss. Die Stellung eines
derartigen Begehrens an der mündlichen Verhandlung vor dem
Haftrichter über ein Haftentlassungsgesuch muss grundsätz-
lich zulässig sein: Im Hinblick auf eine Haftverlängerung
sind, obwohl zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sein müs-
sen, ähnliche Fragen zu beurteilen wie für den Entscheid
über das Haftentlassungsgesuch. In beiden Fällen ist, aus-
geprägter als im ersten Haftanordnungsentscheid, zu prüfen,
ob dem Beschleunigungsgebot nachgelebt wurde und ob die Aus-
schaffung nach wie vor rechtlich und tatsächlich möglich er-
scheint. Regelmässig wird daher für den Ausländer kein Nach-
teil dadurch erwachsen, dass er erst vor dem Richter mit der
Frage der Haftverlängerung konfrontiert wird. So ist insbe-
sondere im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass der
Beschwerdeführer davon abgehalten worden sein könnte, seine
Rechte wirksam wahrzunehmen. In diesem Zusammenhang ist be-
sonders wichtig, dass er die Möglichkeit hat, nach Ablauf
von insgesamt drei Monaten Haftdauer (vorliegend ab 20. Sep-
tember 2001) ein Haftentlassungsgesuch zu stellen (vorne
E. 1c/aa). In verfahrensrechtlicher Hinsicht besteht damit
für das Bundesgericht kein Anlass, korrigierend einzugrei-
fen, umso mehr, als der Beschwerdeführer sich in der Verwal-
tungsgerichtsbeschwerde in keiner Weise über das Verfahren
als solches beschwert.

        An dieser Stelle ist aber hervorzuheben, dass die
für fremdenpolizeirechtliche Haft zuständige Behörde sich
frühzeitig darüber Klarheit verschaffen muss, welche Anträge
sie dem Richter zu stellen gedenkt. Es darf von ihr in der
Regel verlangt werden, ein Haftverlängerungsbegehren so
frühzeitig anzumelden, dass der Ausländer gegebenenfalls
noch vor der Gerichtsverhandlung davon Kenntnis erhält.

        d) Nach der Aktenlage haben die zuständigen Behör-
den im Hinblick auf den Wegweisungsvollzug notwendige Vor-
kehrungen getroffen. Dass die Papierbeschaffung in Pakistan
einige Zeit in Anspruch nimmt, haben sie nicht zu verantwor-
ten. Dabei ist auch zu beachten, dass der Beschwerdeführer
unzutreffende Angaben über seine Person gemacht hat (vgl.
zum Beschleunigungsgebot BGE 124 II 49 E. 3 S. 50 f.). Dass
die Ausschaffung in absehbarer Zeit nicht bewerkstelligt
werden könnte, lässt sich nicht sagen. Damit erweist sich
einerseits die Abweisung des Haftentlassungsgesuch als
rechtmässig. Andererseits lässt sich auch die Verlängerung
der Ausschaffungshaft in keinerlei Hinsicht beanstanden;
angesichts der Begrenzung der Haftdauer bis - vorläufig -
zum 13. November 2001 ist die Haftverlängerung insbesondere
verhältnismässig.

        e) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich
damit als unbegründet und ist abzuweisen.

        Entsprechend diesem Ausgang würde der Beschwerde-
führer für das bundesgerichtliche Verfahren an sich kos-
tenpflichtig (Art. 156 OG). In Fällen der vorliegenden Art
(unter anderem scheinen dem Beschwerdeführer weitgehend
die finanziellen Mittel zu fehlen) rechtfertigt es sich
jedoch, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen
(vgl. Art. 154 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem
Migrationsdienst des Kantons Bern, dem Haftgericht III Bern-
Mittelland, Haftrichter 3, sowie dem Bundesamt für Auslän-
derfragen schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 24. September 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: