Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.379/2001
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2A.379/2001/sch

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                      6. November 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter
Hungerbühler, Müller und Gerichtsschreiber Albertini.

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                         In Sachen

X.________, geboren 1954, Beschwerdeführer,

                           gegen

Regierungsrat des Kantons  Z ü r i c h,
Verwaltungsgericht des Kantons  Z ü r i c h, 4. Kammer,

                         betreffend
        Niederlassungsbewilligung (Familiennachzug),

hat sich ergeben:

     A.- Der aus der Bundesrepublik Jugoslawien stammende
X.________, hielt sich in den Jahren 1982 bis 1991 als
Saisonarbeiter in der Schweiz auf. Am 22. August 1991 wurde
ihm eine Aufenthaltsbewilligung zur Erwerbstätigkeit und am
11. Dezember 1996 die Niederlassungsbewilligung für den
Kanton Zürich erteilt. Spätestens seit Anfang 1998 ist er
nicht mehr erwerbstätig und bestreitet seinen Lebensunter-
halt mit Invalidenrenten.

        X.________ heiratete am 3. September 1982 im Heimat-
land seine Landsfrau Y.________. Aus dieser Beziehung ent-
stammen der voreheliche Sohn A.________, geboren am 8. Juli
1980, die Tochter B.________, geboren am 10. August 1982,
sowie der Sohn C.________, geboren am 16. Oktober 1985. Die
Ehe wurde am 5. August 1993 geschieden und das Sorgerecht
über die Kinder dem Vater zugesprochen, wobei die Kinder
weiterhin im Heimatland lebten. X.________ heiratete am
31. Dezember 1993 in Kiew die ukrainische Staatsangehörige
Z.________. Diese reiste am 15. November 1995 in die Schweiz
ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib
beim Ehemann. Seit Februar 2000 leben die Eheleute getrennt
voneinander.

        Am 9. Oktober 1998 reisten Y.________ sowie die
drei Kinder in die Schweiz ein und ersuchten um Asyl. Bis
Mitte August 1999 wohnten die Kinder mit ihrer Mutter zu-
sammen, nachher beim Vater. Am 22. Februar 2000 wies das
Bundesamt für Flüchtlinge die Asylgesuche ab und verfügte
die Wegweisung der Gesuchsteller aus der Schweiz. Die Mutter
reiste mit dem Sohn A.________ am 20. Juli 2000 aus der
Schweiz aus. Ein Wiedererwägungsgesuch von B.________ und
C.________ gegen die Verfügung vom 22. Februar 2000 blieb

erfolglos. Die dagegen bei der Schweizerischen Asylrekurs-
kommission eingereichte Beschwerde wurde am 24. August 2000
abgewiesen.

     B.- Am 5. Dezember 2000 wies die Fremdenpolizei des
Kantons Zürich ein Gesuch vom 14. Juli 2000 von X.________
um Erteilung von Niederlassungsbewilligungen an seine Kinder
B.________ und C.________ zum Verbleib bei ihm im Sinne des
Familiennachzugs ab und setzte ihnen eine Frist zum Verlas-
sen des Kantonsgebiets bis zum 31. Januar 2001. Die hiegegen
beim Regierungsrat sowie anschliessend beim Verwaltungsge-
richt des Kantons Zürich erhobenen Rechtsmittel blieben
erfolglos (Entscheide vom 4. April 2001 bzw. 18. Juli 2001).

     C.- Mit als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegen-
zunehmender Eingabe vom 5. September 2001 beantragt
X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons
Zürich sei aufzuheben und die Kinder seien ordnungsgemäss
in seine Niederlassungsbewilligung einzubeziehen.

        Die Staatskanzlei des Kantons Zürich (für den
Regierungsrat) und das Bundesamt für Ausländerfragen
schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungs-
gericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei.

     D.- Dem vom Beschwerdeführer gestellten Gesuch um auf-
schiebende Wirkung wurde mit Verfügung des Abteilungspräsi-
denten vom 2. Oktober 2001 entsprochen.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Nach Art. 17 Abs. 2 Satz 3 ANAG haben ledige Kinder
unter 18 Jahren Anspruch auf Einbezug in die Niederlassungs-
bewilligung eines Ausländers, wenn sie mit ihren Eltern zu-
sammen wohnen. Der beschwerdeführende Vater ist im Besitz
der Niederlassungsbewilligung. Die beiden Kinder B.________
und C.________ leben zurzeit mit ihm zusammen und waren im
Zeitpunkt der Gesuchseinreichung, auf den es mit Blick auf
die genannte Bestimmung ankommt (BGE 120 Ib 257 E. 1f, mit
Hinweis), noch nicht 18 Jahre alt. Gestützt auf Art. 17
Abs. 2 ANAG steht somit den Kindern grundsätzlich ein An-
spruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung zu. Da
die Beziehung des Vaters zum minderjährigen Sohn C.________
intakt ist und im Rahmen des Möglichen tatsächlich gelebt
wird, kann sich der Beschwerdeführer zusätzlich auf Art. 8
Ziff. 1 EMRK berufen, damit der Sohn zu einer Anwesenheits-
bewilligung in der Schweiz gelangt. Insoweit kommt der Aus-
schlussgrund von Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG nicht zur
Anwendung, weshalb auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
einzutreten ist (BGE 122 II 289 E. 1; 119 Ib 81 E. 1d, mit
Hinweisen). Der Beschwerdeführer kann indessen Art. 8 EMRK
für die inzwischen volljährig gewordene Tochter B.________
nicht anrufen: Mit Eintritt des Mündigkeitsalters erlischt
in der Regel ein Anspruch aus dieser Konventionsgarantie, es
sei denn, es liege ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu
ihrem Vater vor, was vorliegend nicht zutrifft (vgl. BGE 120
Ib 257 E. 1f), wie bereits die Vorinstanzen zu Recht festge-
stellt haben.

     2.- a) Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Über-
schreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrich-
tige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). An

den ermittelten Sachverhalt ist das Bundesgericht allerdings
gebunden, wenn es sich - wie vorliegend - bei der Vorinstanz
um eine richterliche Behörde handelt; vorbehalten bleibt,
dass der Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvoll-
ständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestim-
mungen festgestellt wurde (Art. 105 Abs. 2 OG).

        b) Das Bundesgericht wendet im verwaltungsgericht-
lichen Beschwerdeverfahren das Recht von Amtes wegen an; es
ist gemäss Art. 114 Abs. 1 OG an die von den Parteien vor-
gebrachten Begründungen nicht gebunden und kann die Be-
schwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen
gutheissen oder abweisen (BGE 117 Ib 114 E. 4a mit Hinweis).

     3.- a) Art. 17 Abs. 2 dritter Satz ANAG gewährleistet
keinen bedingungslosen Anspruch auf nachträglichen Nachzug
von Kindern geschiedener ausländischer Eltern (BGE 125 II
585 E. 2). Ein Nachzugsrecht setzt generell voraus, dass
das Kind zu dem in der Schweiz lebenden Elternteil die vor-
rangige familiäre Beziehung unterhält. Die Bewilligung des
nachträglichen Familiennachzugs setzt zusätzlich voraus,
dass er sich als zur Pflege der Kinder notwendig erweisen
muss. Jedenfalls ist die Bewilligung zu verweigern, wenn die
Ansprüche aus Art. 17 ANAG zweckwidrig für die blosse Ver-
schaffung einer Niederlassungsbewilligung geltend gemacht
werden oder wenn damit nicht wirklich die Herstellung der
Familiengemeinschaft beabsichtigt ist, was umso eher ange-
nommen werden kann, je länger mit der Ausübung des Nach-
zugsrechtes ohne sachlichen Grund zugewartet wird und je
weniger Zeit bis zur Volljährigkeit des Kindes verbleibt
(BGE 126 II 329 E. 3b, mit Hinweisen). Bei solchen Fällen
liegt der Verdacht nahe, es gehe nicht um das familiäre
Zusammenleben, sondern vielmehr darum, auf möglichst ein-
fache Weise in den Genuss einer Niederlassungsbewilligung
zu gelangen (BGE 115 Ib 97 E. 3a). Eine Ausnahme kann nur

gelten, wenn es gute Gründe gibt, aus denen die Familienge-
meinschaft in der Schweiz erst nach Jahren hergestellt wird;
solche Gründe müssen sich aus den Umständen des Einzelfalls
ergeben (BGE 125 II 585 E. 2a, mit Hinweisen).

        b) Im Lichte dieser Grundsätze ist das angefochtene
Urteil nicht zu beanstanden. Der von der Vorinstanz erhobene
Sachverhalt ist für das Bundesgericht verbindlich, da er
nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt
wurde (Art. 105 Abs. 2 OG). Soweit der Beschwerdeführer an-
deres behauptet, erbringt er die nach der Praxis (BGE 124 II
361 E. 2b und 4c, mit Hinweisen) erforderlichen, in der Mit-
wirkungspflicht der Parteien gründenden Nachweise nicht.

        Eine vorrangige Beziehung der Kinder zum Vater im
Sinne der Rechtsprechung liegt vorliegend nicht vor. Es
trifft zwar zu, dass das Sorgerecht für die Kinder gemäss
Scheidungsurteil vom 5. August 1993 dem Vater übertragen
wurde; die faktische Pflege - und das ist entscheidend -
wurde aber stets im Heimatland von der Mutter der Kinder
ausgeübt, während der Beschwerdeführer sich seit 1982 über-
wiegend in der Schweiz aufhielt. Entgegen der Auffassung
des Beschwerdeführers lässt sich weder aus den Akten noch
insbesondere aus der Übersetzung des genannten Scheidungs-
urteils - deren Richtigkeit nie bestritten wurde - ableiten,
das jugoslawische Zivilgericht habe die Übertragung des Sor-
gerechts an die leibliche Mutter deswegen verhindern wollen,
weil diese nicht fähig sei, die notwendige elterliche Erzie-
hung und Pflege korrekt zu gewährleisten. Das Scheidungs-
urteil besagt im Gegenteil nur, dass die Eheleute gemeinsam
die Übertragung des Sorgerechts an den Vater vereinbart
hätten, weil dieser den Kindern bessere Bedingungen für ein
normales Leben bieten könne. Der von seiner Familie freiwil-
lig getrennte Beschwerdeführer lebt seit 1982 in der Schweiz
und verfügt seit 1991 über eine Aufenthaltsbewilligung und

seit 1996 über eine Niederlassungsbewilligung: Die Kinder
sind erst am 9. Oktober 1998, d.h. 5 Jahre nach der Schei-
dung, zusammen mit der Mutter in die Schweiz eingereist, und
zwar nicht im Rahmen des Familiennachzugs, sondern als Asyl-
bewerber. Erst am 14. Juli 2000 wurden die Nachzugsgesuche
zum ersten Mal eingereicht. Dass der Beschwerdeführer erst
kurz vor dem achtzehnten Geburtstag der Tochter - als sie
bereits ein Alter erreicht hatte, in welchem sie nicht mehr
ständig einer persönlichen Betreuung bedurfte (vgl. BGE 124
II 361 E. 4b) - bzw. dem fünfzehnten des jüngeren Sohnes
ein Nachzugsgesuch stellte und nicht vorher, lässt darauf
schliessen, dass es ihm nicht primär um den Zusammenschluss
der Familie, sondern um bessere wirtschaftliche Entfaltungs-
möglichkeiten der Kinder in der Schweiz ging, zumal die
Mutter und der älteste Sohn die Schweiz bereits verlassen
haben. Belegte Angaben, welche den Willen, die Gemeinschaft
erst im Sommer 2000 herzustellen, erklären könnten, liegen
nicht vor. Jedenfalls hat der Beschwerdeführer sich nicht
bemüht, nach dem Scheidungsurteil Nachzugsgesuche für die
Kinder einzureichen, sondern er hat seinem neuen Eheleben
den Vorzug gegeben und seine zweite Ehefrau im Jahr 1995 in
die Schweiz kommen lassen. Unter diesen Umständen kann nicht
gesagt werden, für den Beschwerdeführer stehe das Familien-
leben mit seinen in Jugoslawien geborenen und aufgewachsenen
Kindern im Vordergrund. Dass er vorher regelmässig mit ihnen
telefoniert, ihnen geschrieben, sie besucht und ihnen den
gesamten Lebensunterhalt finanziert hatte, weist zwar auf
ein bestehendes Verhältnis zu den Kindern hin, kann aber der
Beziehung der Kinder zur Mutter, welche deren Betreuung,
Pflege und Erziehung persönlich seit der Geburt wahrnahm,
nicht gleichgesetzt werden. Dass sich die Kinder seit mehr
als zwei Jahren beim Vater in der Schweiz aufhalten, ist im
Übrigen nicht entscheidend, denn sie sind nicht in Rahmen
einer Nachzugsbewilligung zwecks Verbleib bei ihm in der
Schweiz eingereist, sondern um hier um Asyl nachzusuchen.
Der Vater kann die familiäre Beziehung zu seinen Kindern

selbst ohne deren Nachzug weiterhin pflegen: Es kann nicht
gesagt werden, dass sie sich wegen der Distanz zwischen der
Schweiz und dem Land, wo die Kinder leben würden, praktisch
nicht aufrechterhalten liesse. Schliesslich ist weder aus
den Akten noch aus den Vorbringen des Beschwerdeführers er-
sichtlich, dass eine Rückkehr der Kinder zu der Mutter und
dem volljährigen Bruder in ihr Heimatland unzumutbar wäre.

        c) Aus Art. 8 EMRK lassen sich vorliegend keine
weitergehenden Ansprüche ableiten (vgl. BGE 125 II 585
E. 2f). Die Vorinstanz hat somit weder Bundesrecht noch
Art. 8 EMRK verletzt.

     4.- Der Beschwerdeführer rügt schliesslich eine Un-
gleichbehandlung mit einem angeblich gleich gelagerten Fall.
Er legt aber nicht dar, dass dieser in allen wesentlichen
Punkten mit seinem eigenen Fall übereinstimmt. Die Rüge ist
nicht hinreichend substantiiert (vgl. BGE 125 I 417 E. 6b).
Des Weiteren gibt der Umstand, dass das Gesetz in einem
einzigen oder in einigen wenigen Fällen nicht oder nicht
richtig angewendet wurde, dem Rechtsuchenden, der sich in
der gleichen Lage befindet, grundsätzlich keinen Anspruch
darauf, ebenfalls abweichend von der Norm behandelt zu wer-
den (vgl. dazu BGE 123 II 248 E. 3c, mit Hinweisen). Mithin
liegt auch keine Verletzung von Art. 8 BV vor.

     5.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich
damit als unbegründet und ist demzufolge abzuweisen. Bei
diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Be-
schwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 153 und Art. 153a OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem
Regierungsrat des Kantons Zürich, dem Verwaltungsgericht
(4. Kammer) des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für
Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

                      ________________

Lausanne, 6. November 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: