Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.346/2001
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2A.346/2001/leb

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
            ***********************************

                      20. August 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Hartmann, präsidierendes Mit-
glied der II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter
Wiprächtiger, Bundesrichterin Yersin und Gerichtsschreiber
Feller.

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                         In Sachen

A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Susanne
Flum-Wilke, Rütiring 95, Riehen,

                           gegen

Fremdenpolizei des Kantons Basel-Landschaft,
Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft,

                         betreffend
             Verlängerung der Ausschaffungshaft
                  (Art. 13b Abs. 2 ANAG),

hat sich ergeben:

     A.- A.________ reiste am 26. Dezember 2000 in die
Schweiz ein und stellte gleichentags bei der Empfangsstelle
Vallorbe ein Asylgesuch, wobei er angab, er stamme aus Gui-
nea-Conakry. In der Folge wurde er für den weiteren Verlauf
des Asylverfahrens dem Kanton Basel-Landschaft zugewiesen.

        Nachdem A.________ am 10. und 22. Januar 2001 in
Basel wegen Verdachts auf Widerhandlung gegen das Betäu-
bungsmittelgesetz angehalten worden war, verfügten die Ein-
wohnerdienste des Kantons Basel-Stadt (kantonale Fremdenpo-
lizei) am 23. Januar 2001 gegen ihn eine Ausgrenzung, womit
ihm das Betreten des Kantons Basel-Stadt untersagt wurde.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt wies am
13. März 2001 die gegen die Ausgrenzungsverfügung erhobene
Beschwerde, welcher gemäss ausdrücklicher Anordnung in der
Verfügung selber nicht aufschiebende Wirkung zukam, ab.

        A.________ wurde am 25. Januar sowie am 4. und
14. März 2001 in Basel-Stadt angehalten. Am 15. März 2001
bestrafte ihn das Strafgericht Basel-Stadt wegen mehrfacher
Widerhandlung gegen eine Ausgrenzungsverfügung (begangen am
4. und 14. März 2001) mit 14 Tagen Gefängnis bedingt. Die
Fremdenpolizei des Kantons Basel-Landschaft, welcher
A.________ nach Eröffnung des Strafurteils zugeführt worden
war, erliess noch am 15. März 2001 eine Eingrenzungsverfü-
gung, womit sie diesem mit sofortiger Wirkung das Verlassen
des Kantons Basel-Landschaft untersagte. Diese Verfügung
blieb unangefochten.

        Mit Verfügung vom 2. März 2001 verneinte das Bundes-
amt für Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft von
A.________ wegen widersprüchlicher und unglaubhafter Vor-

bringen über die behauptete Verfolgungssituation; es lehnte
das Asylgesuch ab und wies A.________ aus der Schweiz weg,
unter Ansetzung einer Ausreisefrist bis 17. April 2001.

        Am späten Abend des 18. April 2001 wurde A.________
in Olten von der Kantonspolizei Solothurn in der Nähe eines
Drogenumschlagsplatzes festgenommen. Nach seiner Rücküber-
führung nach Liestal ordnete die Fremdenpolizei des Kantons
Basel-Landschaft am 19. April 2001 zur Sicherstellung der
asylrechtlichen Wegweisung gegen ihn die Ausschaffungshaft
an. Der Einzelrichter für Zwangsmassnahmen des Verwaltungs-
gerichts des Kantons Basel-Landschaft (nachfolgend: Haft-
richter) stellte am 20. April 2001 nach mündlicher Verhand-
lung fest, dass die Anordnung der Ausschaffungshaft für
längstens drei Monate, d.h. bis zum 17. Juli 2001, recht-
mässig und angemessen sei.

        Da die Wegweisung bis zu diesem Zeitpunkt nicht
hatte vollzogen werden können, beantragte die Fremdenpolizei
des Kantons Basel-Landschaft dem Haftrichter am 9. Juli 2001
die Verlängerung der Ausschaffungshaft. Dieser stellte am
9. Juli 2001 nach mündlicher Verhandlung fest, dass die Ver-
längerung der Ausschaffungshaft um drei Monate bis längstens
16. Oktober 2001 rechtmässig und angemessen sei.

     B.- Mit Schreiben vom 6. August (Postaufgabe 7. August)
2001 hat A.________ gegen das Urteil des Haftrichters vom
9. Juli 2001 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben.

        Die Fremdenpolizei des Kantons Basel-Landschaft so-
wie der Haftrichter haben die Akten eingereicht. Die Frem-
denpolizei beantragt vollumfängliche Abweisung der Beschwer-
de; der Haftrichter verzichtet ausdrücklich auf Vernehmlas-
sung. Das Bundesamt für Ausländerfragen hat sich innert
Frist nicht vernehmen lassen.

        Der Beschwerdeführer hat innert der ihm hiezu ange-
setzten Frist eine Stellungnahme eingereicht.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in
Ausschaffungshaft nehmen bzw. in dieser belassen, sofern
die Voraussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20;
in der Fassung des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über
Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht [Zwangsmassnahmengesetz;
AS 1995 146 ff.]) erfüllt sind. Danach ist erforderlich,
dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch
rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt
(vgl. BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; 125 II 369 E. 3a S. 374;
122 II 148 E. 1 S. 150), dessen Vollzug (z.B. wegen feh-
lender Reisepapiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar
ist (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 2a S. 379). Zudem
muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe
bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381;
124 II 1 E. 1 S. 3), die Ausschaffung rechtlich und tatsäch-
lich möglich sein (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; dazu
BGE 125 II 217 E. 2 S. 220, 377 E. 5 S. 384), und es sind
die für den Vollzug der Wegweisung notwendigen Vorkehrungen
(wie Papierbeschaffung) umgehend zu treffen (Art. 13b Abs. 3
ANAG, Beschleunigungsgebot; vgl. BGE 124 II 49 ff.). Die
Haft darf höchstens drei Monate dauern; stehen dem Vollzug
der Wegweisung besondere Hindernisse entgegen, so kann die
Haft mit Zustimmung der kantonalen richterlichen Behörde um
höchstens sechs Monate verlängert werden (Art. 13b Abs. 2
ANAG). Die Haft (bzw. deren Dauer) muss verhältnismässig
sein (BGE 125 II 377 E. 4 S. 383; 119 Ib 193 E. 2c S. 198;
vgl. auch BGE 122 II 148 E. 3 S. 152 ff.).

     2.- a) Der Beschwerdeführer wurde im Asylverfahren weg-
gewiesen. Die Ausschaffungshaft ist zur Sicherstellung des
Vollzugs dieser Wegweisung angeordnet worden. Da ein erst-
instanzlicher Wegweisungsentscheid genügt, ist unerheblich,
ob der Beschwerdeführer die Verfügung des Bundesamtes für
Flüchtlinge tatsächlich angefochten hat, wie er den kanto-
nalen Behörden gegenüber vorerst geltend machte; nach der
Aktenlage ist aber der Asylentscheid wohl ohnehin in Rechts-
kraft erwachsen.

        b) Der Beschwerdeführer hat den ursprünglichen
Haftrichterentscheid vom 20. April 2001, welcher sich auf
den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. b in Verbindung mit
Art. 13a lit. b ANAG (Verlassen eines dem Ausländer zuge-
wiesenen Gebiets bzw. Betreten eines ihm verbotenen Gebiets
[vgl. Art. 13e]) stützt, nicht angefochten. Auch vor Bundes-
gericht bestreitet der Beschwerdeführer diesen Haftgrund
- zu Recht - nicht:

        Am 15. März 2001 wurde ihm die Eingrenzungsverfü-
gung der Fremdenpolizei des Kantons Basel-Landschaft eröff-
net; damit war ihm das Verlassen des Kantonsgebiets unter-
sagt. Am 18. April 2001 hielt er sich in Olten, im Kanton
Solothurn, auf; er hat damit die Eingrenzungsverfügung miss-
achtet. Dass er nicht bereit ist, entsprechenden behörd-
lichen Anordnungen Folge zu leisten, zeigt der Umstand, dass
er zuvor schon mehrmals die für den Kanton Basel-Stadt gel-
tende Ausgrenzung, wissentlich, missachtet hatte, wofür er
strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurde. Der geltend
gemachte Haftgrund ist aber jedenfalls allein schon mit der
Missachtung der Eingrenzungsverfügung des Kantons Basel-
Landschaft erfüllt.

        Der Beschwerdeführer macht, insbesondere in der
ergänzenden Stellungnahme, geltend, er habe sich - entgegen

der Darstellung der kantonalen Behörden - um Beschaffung von
Reisepapieren bemüht; mehr sei ihm angesichts des Verhaltens
des Personals der Botschaft von Guinea in Paris nicht mög-
lich gewesen; ferner treffe es nicht zu, dass er in der von
den Behörden behaupteten Häufigkeit von Mitarbeitern der
Fremdenpolizei besucht worden sei. Diese Ausführungen sind
im Hinblick auf den vorliegend massgeblichen Haftgrund nicht
erheblich. Hingegen sind damit das Beschleunigungsgebot und
die Frage der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit der
Ausschaffung angesprochen.

        c) Das Beschleunigungsgebot gemäss Art. 13b Abs. 3
ANAG gebietet den kantonalen Behörden zu versuchen, die
Identität des Ausländers so schnell wie möglich festzustel-
len und die für seine Ausschaffung erforderlichen Papiere
zu beschaffen. Alle zur Verfügung stehenden Massnahmen sind
zu ergreifen, die geeignet erscheinen, den Vollzug der Aus-
schaffung zu beschleunigen. So kann es sich in vielen Fällen
als zweckmässig erweisen, den Ausländer der Vertretung sei-
nes Landes vorzuführen, oder es kann bei den Bundesbehörden
um Vollzugsunterstützung ersucht werden. Umgekehrt besteht
keine Pflicht der Behörden, in jedem Fall schematisch be-
stimmte Handlungen vorzunehmen. Das Beschleunigungsgebot ge-
bietet bloss Vorkehrungen, die unter den konkreten Umständen
des Einzelfalles die Ausschaffungsbemühungen überhaupt zu
beschleunigen vermögen. Im Hinblick auf die Anforderungen an
das behördliche Vorgehen ist insbesondere auch dem Umstand
Rechnung zu tragen, dass die Hilfe ausländischer Behörden
bisweilen schleppend vor sich geht (vgl. BGE 124 II 49 E. 3a
S. 50 f.). Jedenfalls lässt sich den Behörden dann nicht
vorhalten, sie lebten dem Beschleunigungsgebot nicht nach,
wenn die Verzögerungen bei der Papierbeschaffung allein auf
die ungenügende Kooperation einer ausländischen Botschaft
zurückzuführen sind.

        Der Beschwerdeführer gab im Asyl- wie auch im Haft-
verfahren durchwegs an, er stamme aus Guinea-Conakry. Die
für den Ausschaffungsvollzug zuständigen Behörden bemühten
sich denn auch, mit den Behörden dieses Landes in Kontakt zu
kommen. Aus dem mit "Haftchronologie" bezeichneten Dokument
der Fremdenpolizei ergibt sich, dass zu verschiedenen Malen
(Ende April, 21. Mai und 19. Juni 2001) Kontakt mit der Bot-
schaft Guineas in Paris aufgenommen wurde, wobei erst am
4. Juli 2001 ein Termin per 24. Juli 2001 für ein Telefonge-
spräch zwischen einem Verantwortlichen der Botschaft und dem
Beschwerdeführer vereinbart werden konnte. Diese Verzögerung
scheint durch die Verhältnisse bzw. die Prioritätsordnung
bei der Botschaft bedingt zu sein und lässt sich jedenfalls
nicht der Fremdenpolizei vorwerfen. Der Beschwerdeführer
hebt selber hervor, dass die Kommunikation mit der Botschaft
äusserst schleppend vor sich geht. Ferner hat der Haftrich-
ter festgestellt, dass die Fremdenpolizei den Beschwerdefüh-
rer in regelmässigen Abständen kontaktiert habe. Er konnte
sich dazu auf das erwähnte Dokument der Fremdenpolizei
("Haftchronologie") stützen, sodass diese Tatsachenfest-
stellung der im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG beschränkten
bundesgerichtlichen Überprüfung standhält. Wenn erst nach-
träglich, nachdem das Telefoninterview vom 24. Juli 2001
ergeben hatte, dass der Beschwerdeführer nicht aus Guinea
stamme, umgehend Vorkehrungen für eine Sprachanalyse ge-
troffen wurden, ist dies allein darauf zurückzuführen, dass
die Behörden dem Beschwerdeführer bis zu jenem Zeitpunkt
bezüglich seiner immer gleichen Herkunftsbezeichnung ver-
traut hatten. Es lässt sich unter diesen Umständen nicht
sagen, die Fremdenpolizei habe konkrete Massnahmen versäumt,
die geeignet gewesen wären, die Papierbeschaffung und den
Vollzug der Ausschaffung zu beschleunigen. Dabei ist uner-
heblich, ob die durch das Ergebnis des Telefoninterviews
erweckten Zweifel an der Ernsthaftigkeit der vom Beschwerde-
führer behaupteten Kooperationsbereitschaft berechtigt sind.

Unabhängig davon ist festzuhalten, dass dem Beschleunigungs-
gebot in ausreichendem Ausmass nachgelebt worden ist.

        Die kantonalen Behörden werden jedoch darauf hinge-
wiesen, dass nach Durchführung der Sprachanalyse unverzüg-
lich die entsprechend deren Ergebnis notwendigen weiteren
Schritte, unter Inanspruchnahme der Vollzugsunterstützung
des Bundes (vgl. Verordnung vom 11. August 1999 über den
Vollzug der Weg- und Ausweisung von ausländischen Personen
[VVWA; SR 142.281]), zu ergreifen sind. Diesbezügliche Be-
mühungen sind klar zu dokumentieren.

        d) Trotz der offenkundigen Schwierigkeiten, Papiere
erhältlich machen zu können, liegen schliesslich aus heuti-
ger Sicht, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, noch
keine genügenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Ausschaf-
fung rechtlich oder tatsächlich unmöglich wäre und nicht
doch noch innert absehbarer Frist bewerkstelligt werden
könnte. Damit sind die Voraussetzungen für eine Haftver-
längerung in jeder Hinsicht erfüllt.

        e) Die Haft darf höchstens um sechs Monate verlän-
gert werden. Der Haftrichter hat die Verlängerung auf drei
Monate beschränkt. Zu berücksichtigen ist, dass nun vorerst
die Ergebnisse der neuen Herkunftsabklärungen abzuwarten
sind, bevor die Papierbeschaffung erfolgversprechend voran-
getrieben werden kann. Unter diesen Umständen erscheint eine
Verlängerung der Haft im vom Haftrichter bewilligten Ausmass
verhältnismässig.

     3.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als
in jeder Hinsicht unbegründet, und sie ist demzufolge voll-
umfänglich abzuweisen.

        Entsprechend diesem Ausgang würde der Beschwerde-
führer für das bundesgerichtliche Verfahren an sich kosten-
pflichtig (Art. 156 OG). In Fällen der vorliegenden Art
(unter anderem fehlen dem Beschwerdeführer weitgehend die
finanziellen Mittel) rechtfertigt es sich jedoch, von der
Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (vgl. Art. 154 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Frem-
denpolizei und dem Verwaltungsgericht, Einzelrichter für
Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, des Kantons Basel-Land-
schaft sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich
mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 20. August 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                Das präsidierende Mitglied:

                   Der Gerichtsschreiber: