Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.331/2001
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2A.331/2001/ran

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                     19. September 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Müller
und Gerichtsschreiber Feller.

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                         In Sachen

X.________, Beschwerdeführer,

                           gegen

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement,

                         betreffend
                Abnahme von Vermögenswerten,

hat sich ergeben:

     A.- Der aus Äthiopien stammende X.________ reiste im
Mai 1998 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Das
Bundesamt für Flüchtlinge lehnte das Gesuch am 30. November
1999 ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz an. Die
Schweizerische Asylrekurskommission trat am 14. Februar 2000
auf die gegen die Verfügung des Bundesamtes erhobene Be-
schwerde nicht ein.

        Bei einer Personenkontrolle in der Nacht vom
20./21. November 2000 wurde X.________ in Olten angehalten.
Er trug Bargeld im Betrag von Fr. 1'010.10 auf sich; er er-
klärte, dieses Geld für eine Reise nach England gespart zu
haben. Die Kantonspolizei Solothurn nahm im eine Summe von
Fr. 900.-- ab und überwies sie dem Bundesamt für Flüchtlin-
ge. Die Restsumme von Fr. 110.10 wurde ihm belassen.

        Mit Verfügung vom 29. Dezember 2000 stellte das
Bundesamt für Flüchtlinge den X.________ abgenommenen Betrag
von Fr. 900.-- zuhanden des auf dessen Namen lautenden Si-
cherheitskontos Nr. C.________ sicher; der Betrag wurde im
Rahmen der Schlussabrechnung den Fürsorge-, Ausreise- und
Vollzugskosten sowie den Kosten des Beschwerdeverfahrens ge-
genübergestellt. Gegen diese Verfügung reichte X.________ am
25. Januar 2001 Beschwerde beim Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartement ein. Das Departement wies die Beschwerde
am 11. Juni 2001 ab und auferlegte die Verfahrenskosten von
Fr. 500.-- X.________.

     B.- Mit an das Bundesamt für Flüchtlinge adressier-
tem Schreiben vom 20. Juni 2001, bei diesem eingegangen am

9. Juli 2001, stellte X.________ die Anträge, es sei ihm
die abgenommene Summe zurückzuerstatten und es seien ihm
die Kosten des Verfahrens vor dem Departement zu erlassen.
Das Bundesamt liess die Eingabe dem Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartement zukommen, welches sie am 25. Juli
2001 zuständigkeitshalber dem Bundesgericht übermittelte.
Gestützt darauf ist ein Verfahren der Verwaltungsgerichts-
beschwerde eröffnet worden.

        Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

     C.- Mit Verfügung vom 26. Juli 2001 wurde X.________
aufgefordert, einen Kostenvorschuss von Fr. 500.-- zu leis-
ten. Am 4. August 2001 ersuchte er darum, ihm diesen Betrag
zu erlassen. Gestützt auf den Bericht der Sozialhilfekom-
mission der Gemeinde B.________ vom 8. August 2001 über die
Auszahlung von Fürsorgegeldern an X.________ wurde die Kos-
tenvorschussverfügung vom 26. Juli 2001 aufgehoben und ein
Entscheid über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege auf
einen späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Im Gegensatz zu Art. 11 Abs. 5 des Asylgesetzes
vom 5. Oktober 1979 (aAsylG; zuletzt in der Fassung des
zweimal verlängerten Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1990
[AS 1990 938; AS 1995 4356; AS 1997 2372]), der die Verwal-
tungsgerichtsbeschwerde von Flüchtlingen bzw. Asylbewerbern
gegen Verfügungen, die sich auf das Asylgesetz stützten,

auch ausserhalb des Bereichs rein asylrechtlicher Entscheide
weitgehend ausschloss (vgl. BGE 124 II 489 E. 1c S. 492 f.),
lässt das am 1. Oktober 1999 in Kraft getretene neue Asylge-
setz vom 26. Juni 1998 (AsylG; AS 1999, SR 142.31) die Ver-
waltungsgerichtsbeschwerde nun auch im Asylwesen zu, soweit
sie für die streitige Frage nicht - nach dem Asylgesetz oder
dem Bundesrechtspflegegesetz - ausdrücklich für unzulässig
erklärt wird. Für Beschwerden gegen Entscheide über die Ab-
nahme von Vermögenswerten gemäss Art. 86 Abs. 4 AsylG be-
steht kein gesetzlicher Ausschlussgrund.

     2.- a) Gemäss Art. 86 Abs. 1 AsylG sind Asylsuchende
und Schutzbedürftige verpflichtet, für die Rückerstattung
von Fürsorge-, Ausreise- und Vollzugskosten sowie für die
Kosten des Rechtsmittelverfahrens Sicherheit zu leisten. Zu
diesem Zweck richtet der Bund Sicherheitskonti ein (Art. 86
Abs. 2 AsylG). Art. 86 Abs. 4 AsylG bestimmt, dass Asylsu-
chende und Schutzbedürftige ohne Aufenthaltsbewilligung ihre
Vermögenswerte, die nicht aus ihrem Erwerbseinkommen stam-
men, offenlegen müssen; die zuständigen Behörden können sol-
che Vermögenswerte bis zum voraussichtlichen Betrag der Für-
sorge-, Ausreise- und Vollzugskosten sowie der Kosten des
Rechtsmittelverfahrens zuhanden des Sicherheitskontos sicher-
stellen und mit den aufgelaufenen Kosten verrechnen, soweit
die Asylsuchenden und Schutzbedürftigen ohne Aufenthaltsbe-
willigung die Herkunft der Vermögenswerte nicht nachweisen
(a) oder soweit die Vermögenswerte einen vom Bundesrat fest-
zusetzenden Betrag übersteigen (b). Gemäss Art. 14 Abs. 1 Satz
1 der Asylverordnung 2 vom 11. August 1999 über Finanzierungs-
fragen (AsylV 2; SR 142.312) sind Vermögenswerte nach Art. 86
Abs. 4 AsylG Geldbeträge, geldwerte Gegenstände und unkörper-
liche Werte wie Bankguthaben; gemäss Art. 14 Abs. 3 AsylV 2
beträgt der Betrag nach Art. 86 Abs. 4 lit. b AsylG 1000 Fran-
ken.

        Wie die Vorinstanz richtig festhält, sieht Art. 86
Abs. 4 (lit. a) AsylG eine Beweislastumkehr vor: Der Aus-
länder kann die Beschlagnahme der Vermögenswerte nur dadurch
verhindern, dass er deren Herkunft nachweist. Blosse dies-
bezügliche Behauptungen genügen denn auch nicht. Es dürfen
schlüssige, plausible Erklärungen verlangt werden, welche
regelmässig durch Belege zu untermauern sind. Es wird dem
Ausländer in der Regel möglich sein, bereits zu Beginn we-
nigstens in den Grundzügen handfeste Angaben zu machen und
später allenfalls noch Beweismittel nachzureichen.

        b) Das Bundesamt für Flüchtlinge sowie anschlies-
send das Departement stellen auf den Bericht der Kantons-
polizei Solothurn vom 22. November 2000 über die Anhaltung
in der Nacht vom 20./21. November 2000 ab. Ob der Beschwer-
deführer diesen Polizeibericht je zu Gesicht bekommen hat,
ist unerheblich. Er anerkennt nämlich folgende tatsächlichen
Gegebenheiten: Er hielt sich am fraglichen Ort um 2.30 Uhr
nachts auf; er bewegte sich, als die Polizei ihn wahrnahm,
auf ein Gebüsch zu. In seinem Rucksack trug er nebst einem
Barbetrag von Fr. 1010.10 in diversen Notengrössen ein Na-
tel, eine SIM-Karte Diax, eine SIM-Karte Swisscom easy und
drei Valuecards à Fr. 50.00 bei sich. Er gab der Polizei
an, das Geld für eine Reise nach England gespart zu haben.
In der mit Hilfe einer Asylbetreuerin verfassten Beschwer-
de gegen die Verfügung des Bundesamtes für Flüchtlinge vom
25. Januar 2001 machte er geltend, er habe das Geld von sei-
nen Unterhaltsauszahlungen und zu einem kleinen Teil aus dem
Lohn von für die Gemeinde geleisteten Hilfsarbeiten erspart.
Dazu führte er aus, er wohne oft bei seinem Freund in
A.________, weshalb er nicht seine ganzen Auszahlungen für
den Unterhalt verbrauche. Im als Verwaltungsgerichtsbeschwerde
entgegengenommenen Schreiben vom 20. Juni 2001 erklärte der
Beschwerdeführer zudem, dass die drei Valuecards à Fr. 50.--
nicht ihm gehörten, wofür er eine schriftliche Bestätigung von
Y.________ und Z.________ aus A.________ vom 20. Juni 2001

vorlegte. Dieselben Personen bestätigen, dass der Beschwer-
deführer gelegentlich bei ihnen übernachtet und gegessen ha-
be, um für die Ausreise nach England Geld zu sparen. Hin-
sichtlich der Geldquellen des Beschwerdeführers liegt einzig
der im Hinblick auf das Gesuch um Kostenbefreiung vor Bundes-
gericht eingeholte Bericht der Sozialhilfekommission der Ge-
meinde B.________ vom 8. August 2001 vor. Danach erhält der
Beschwerdeführer wöchentlich einen Betrag von Fr. 93.45, und
es wird ihm unentgeltlich eine Wohngelegenheit zur Verfügung
gestellt. Die Gemeinde bestätigt sodann, dass der Beschwerde-
führer eine zusätzliche Barentschädigung von Fr. 635.75 für
stundenweise Einsätze beim örtlichen Abfuhrunternehmen er-
halten habe; diese Einsätze betreffen jedoch allein den Zeit-
raum vom 27. Dezember 2000 bis 16. Juli 2001, was vorliegend
angesichts des massgeblichen Zeitpunkts der polizeilichen An-
haltung (20./21. November 2000) unerheblich ist; eine Bestäti-
gung für eine zeitweise Tätigkeit bei der Gemeinde vor diesem
Datum liegt nicht vor.

        Belegt sind somit einzig wöchentliche Bareinnnahmen
von Fr. 93.45. Selbst wenn der Beschwerdeführer gelegentlich
in A.________ bei Y.________ und Z.________ gegessen und über-
nachtet hat, wobei die Frage allfälliger Reisekosten nur teil-
weise geklärt ist, lässt sich nicht nachvollziehen, wie es ihm
bei diesen Einnahmequellen möglich gewesen sein sollte, in den
Besitz eines Barbetrags von mehr als Fr. 1'000.-- sowie eines
Natels und je einer SIM-Karte Diax und Swisscom easy zu kom-
men. Im Hinblick auf die ihm für die Herkunft dieser Vermögen-
swerte obliegende Beweislast sind seine Ausführungen darüber,
warum er diese Werte auf sich trug oder aus welchen Gründen er
sich beim Eintreffen der Polizei auf ein Gebüsch zu bewegte,
unerheblich; der Rapport der Kantonspolizei Solothurn vom
22. November 2000 ist nämlich für das vorliegende Verfahren

einzig hinsichtlich der beim Beschwerdeführer vorgefundenen
Vermögenswerte von Bedeutung. Die Behauptung des Beschwerde-
führers sodann, er habe für die Ausreise nach England ge-
spart, betrifft allein die geplante Verwendung der Mittel
und nicht die Frage, wie er sie erworben haben könnte. Der
Beschwerdeführer hat die Herkunft der Vermögenswerte nicht
im Sinne von Art. 86 Abs. 4 lit. a AsylG nachgewiesen. Der
Barbetrag von Fr. 900.-- ist daher zu Recht zuhanden des auf
seinen Namen lautenden Sicherheitskontos sichergestellt wor-
den.

        Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als
offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfah-
ren (Art. 36a OG) abzuweisen.

     3.- Der Beschwerdeführer hat um unentgeltliche Rechts-
pflege ersucht. Das Bundesgericht gewährt einer Partei auf
Antrag Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten, wenn
sie bedürftig ist und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos
erscheint (Art. 152 Abs. 1 OG).

        Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der
Beschwerdeführer nicht ernsthaft mit einer Gutheissung der
Beschwerde rechnen; diese ist im Sinne von Art. 152 Abs. 1
OG aussichtslos. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
ist somit abzuweisen, und die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens sind dem Beschwerdeführer als unterliegender Par-
tei aufzuerlegen (Art. 156 OG). Seinen finanziellen Verhält-
nissen kann bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr Rechnung
getragen werden (Art. 153 und 153a OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

     3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 400.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich
mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 19. September 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: