Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.327/2001
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2A.327/2001/zga

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                      9. Oktober 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Müller,
Merkli und Gerichtsschreiber Hugi Yar.

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                         In Sachen

A.________ und B.________, Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt Jürg Bügler, Heimstättenweg 8, Neftenbach,

                             gegen

Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau,
Verwaltungsgericht des Kantons  T h u r g a u,

                          betreffend
                    Aufenthaltsbewilligung,

          wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

     1.- a) Der aus dem Kosovo stammende A.________ (geb.
17. Februar 1979) reiste, nachdem er 1998 an der Grenze ein
erstes Mal zurückgewiesen worden war, am 8. März 1999 in die
Schweiz ein und ersuchte hier um Asyl. Am 26. November 1999
wies das Bundesamt für Flüchtlinge sein Gesuch ab und forder-
te ihn auf, die Schweiz bis zum 31. Mai 2000 zu verlassen.
Am 26. Mai 2000 heiratete er die Schweizerin B.________ (geb.
19. Januar 1960). Die Fremdenpolizei des Kantons Thurgau
lehnte es am 20. September/27. Oktober 2000 ab, A.________
gestützt hierauf eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, da
es sich dabei um eine "Gefälligkeitsehe" handle.

        b) Das Departement für Justiz und Sicherheit sowie
das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau bestätigten die-
sen Entscheid auf Beschwerde hin am 23. Januar bzw. 4. April
2001. Hiergegen haben die Eheleute am 20. Juli 2001 Verwal-
tungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Das Departement für
Justiz und Sicherheit, das Verwaltungsgericht sowie das
Bundesamt für Ausländerfragen beantragen, diese abzuweisen.

        c) Am 21. September 2001 teilten die Eheleute mit,
dass sie tags zuvor eine Scheidungskonvention unterschrieben
hätten, welche dem Bezirksgerichtspräsidium Frauenfeld ein-
gereicht werde. Am 28. September 2001 bestätigten sie, dass
an der beantragten Aufenthaltsbewilligung für den Ehemann
kein Interesse mehr bestehe und das Verfahren deshalb inso-
fern gegenstandslos erscheine. Sie seien aber nach wie vor
überzeugt, ursprünglich eine echte Ehe eingegangen zu sein,
weshalb an der Beurteilung der Eingabe wegen der "mittler-
weile doch beträchtlichen Kostenfolgen der mehrinstanzlichen
Verfahren" festgehalten werde.

     2.- Die Beschwerdeführer stehen inzwischen in Schei-
dung und haben kein Interesse mehr an der Erteilung der Auf-
enthaltsbewilligung; ihr Ersuchen ist damit an sich insofern
gegenstandslos geworden. Ob sie wegen der in den kantonalen
Verfahren aufgelaufenen Kosten an ihrer Eingabe - wie sie
geltend machen - dennoch ein eigenständiges aktuelles Inte-
resse haben (vgl. Art. 103 lit. a OG; BGE 123 II 285 f),
kann dahingestellt bleiben, nachdem ihre Beschwerde so oder
anders unbegründet erscheint und im vereinfachten Verfahren
nach Art. 36a OG abgewiesen werden kann:

        a) Der ausländische Ehegatte eines Schweizer
Bürgers hat nach Art. 7 Abs. 2 ANAG dann keinen Anspruch auf
die ihm nach Absatz 1 dieser Bestimmung grundsätzlich zuste-
hende Bewilligung, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um
die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Aus-
ländern zu umgehen. Ob dies der Fall ist, entzieht sich in
der Regel einem direkten Beweis und kann - wie früher bei
der Bürgerrechtsehe (vgl. dazu BGE 98 II 1 ff.) - nur auf-
grund von Indizien beurteilt werden. Das Bundesgericht ist
dabei an die Feststellung des Sachverhalts gebunden, wenn
als Vorinstanz eine richterliche Behörde diesen nicht offen-
sichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung we-
sentlicher Verfahrensbestimmungen ermittelt hat (Art. 105
Abs. 2 OG). Gestützt auf die vorhandenen Indizien durften
die kantonalen Vorinstanzen hier eine "Ausländerrechtsehe"
bejahen (vgl. BGE 122 II 289 E. 2b S. 295): A.________
versuchte bereits vor seiner Ehe wiederholt, in der Schweiz
eine Aufenthaltsmöglichkeit zu erwirken. Seine Heirat er-
folgte nur wenige Tage vor Ablauf der ihm vom Bundesamt für
Flüchtlinge gesetzten Ausreisefrist, wobei sich die Ehepart-
ner kaum kannten. Sie sollen sich anfangs Februar 2000 im
Restaurant "Central" in Winterthur begegnet sein; bereits
am 6. oder 7. Februar 2000 sei die Rede dann auf eine Heirat
gekommen, nachdem - so die Aussage der Gattin - A.________

ihr gesagt habe, dass er Ende Mai die Schweiz verlassen
müsse. Gestützt hierauf seien sie, "das heisst er", auf das
"Gespräch von der Hochzeit" gekommen. In der getrennt er-
folgten Einvernahme erklärte A.________ seinerseits, seine
Frau bereits im Juli 1999 noch vor dem Asylentscheid kennen
gelernt zu haben, wobei diese zu weinen begonnen habe, als
sie dann erfuhr, dass er die Schweiz bis zum 31. Mai 2000
werde verlassen müssen. Zwar hat der Beschwerdeführer inzwi-
schen zugestanden, dass dem nicht so gewesen ist; aus seinem
Aussageverhalten, das nicht einfach mit einer Unerfahrenheit
erklärt werden kann, durfte jedoch geschlossen werden, dass
es ihm bei der Einvernahme darum ging, die wahren Umstände
des Eheschlusses zu verschleiern. Offenbar hatte er sich
diesbezüglich zuvor durch einen Kollegen entsprechend bera-
ten lassen. Zwischen den Eheleuten besteht mit 19 Jahren ein
relativ grosser Altersunterschied, was als weiteres Indiz
auf eine "Ausländerrechtsehe" hindeutet. Bei gesamthafter
Betrachtung aller Indizien erscheint deshalb die Annahme des
Verwaltungsgerichts, die Ehe sei - zumindest seitens des
ausländischen Ehegatten - lediglich zur Umgehung der aus-
länderrechtlichen Vorschriften eingegangen worden, nicht
bundesrechtswidrig.

        b) Was die Beschwerdeführer hiergegen einwenden,
überzeugt nicht: Fremdenpolizeiliche Bewilligungsverfahren
fallen nicht in den Anwendungsbereich von Art. 6 EMRK (Fro-
wein/Peukert, EMRK-Kommentar, Kehl/Strassburg/Arlington
1996, S. 190; Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Men-
schenrechte vom 7. April 1994, in: VPB 1994 (58) 99 S. 719),
weshalb das Verwaltungsgericht nicht gehalten war, eine
mündliche, öffentliche Verhandlung durchzuführen. Die Tat-
sache, dass es das Vorliegen einer "Ausländerrechtsehe" be-
jahte, tangierte die zivilrechtlichen Wirkungen der Ehe als
solche nicht. Weder aus der Europäischen Menschenrechtskon-
vention noch aus dem Verfassungsrecht des Bundes ergab sich

ein Anspruch darauf, vom Verwaltungsgericht mündlich ange-
hört zu werden (vgl. BGE 125 I 209 E. 9b S. 219; Michele
Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches
Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern
2000, S. 337), nachdem hinreichend aussagekräftige Einver-
nahmeprotokolle bei den Akten lagen und die Beschwerdeführer
sich umfassend zum Vorliegen einer "Ausländerrechtsehe" hat-
ten äussern können. Ihr Antrag, die Trauzeugen zu befragen,
durfte willkürfrei im Rahmen einer antizipierten Beweiswür-
digung (vgl. BGE 122 II 464 E. 4a S. 469) mit der Begründung
abgelehnt werden, dass diese kaum relevante Angaben würden
machen können, nachdem sie gemäss den Aussagen der Ehegattin
keine engen Bekannten oder Freunde des Paares und erst im
letzten Moment - ersatzweise - als Trauzeugen eingesprungen
waren. Die kantonalen Instanzen haben schliesslich nicht
verkannt, dass es auch Aspekte gab, die gegen eine "Auslän-
derrechtsehe" sprachen; sie durften diese im Rahmen der Be-
weiswürdigung aber anders werten, als dies die Beschwerde-
führer tun: Dass die Begründung einer wirklichen Lebensge-
meinschaft gewollt war, kann nach der Rechtsprechung nicht
schon daraus abgeleitet werden, dass die Ehegatten während
einer gewissen Zeit zusammenlebten und intime Beziehungen
unterhielten; ein derartiges Verhalten kann auch nur vorge-
spiegelt sein (BGE 121 II 1 E. 2b S. 3). Wenn die Ehefrau
darauf hinweist, dass sie sich als gebildete, beruflich an-
gesehene und reife Persönlichkeit charakterisiere, was die
kantonalen Instanzen anerkannt hätten, durften diese es umso
eher als "auffällig" erachten, dass sie kaum drei Tage nach
der Bekanntschaft eines ihr bis dahin völlig Fremden den
Entschluss fasste, diesen zu heiraten, obwohl es sich dabei
um einen erheblich jüngeren Mann aus einem ganz anderen Kul-
turkreis handelte, mit dem sie sich nur eingeschränkt ver-
ständigen konnte. Die ursprüngliche Verfügung der Fremdenpo-
lizei war schliesslich tatsächlich nur rudimentär motiviert;

die Entscheidgründe ergaben sich daraus und aus den entspre-
chenden Unterlagen indessen in verfassungsrechtlich zurei-
chender Weise (vgl. BGE 124 II 146 E. 2a). Eine damit ver-
bundene Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wäre
geheilt, nachdem das Departement für Justiz und Sicherheit
die Einwände der Beschwerdeführer seinerseits umfassend ge-
prüft und seinen Entscheid einlässlich begründet hat. Lag
somit kein grober Verfahrensfehler der Vorinstanzen des Ver-
waltungsgerichts vor, durfte dieses ohne Verfassungsverlet-
zung davon absehen, den Beschwerdeführern - trotz ihres Un-
terliegens - für das Verwaltungsverfahren eine Parteient-
schädigung zuzusprechen.

     3.- a) Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen,
soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist.

        b) Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die
unterliegenden Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG). Partei-
entschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen,
soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2000.-- wird den Beschwer-
deführern unter Solidarhaft auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Depar-
tement für Justiz und Sicherheit sowie dem Verwaltungsgericht
des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Ausländerfragen
schriftlich mitgeteilt.

                        ______________

Lausanne, 9. Oktober 2001

       Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
              des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                        Der Präsident:

                    Der Gerichtsschreiber: