Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.272/2001
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2A.272/2001/leb

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                       19. Juni 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter
Hungerbühler, Bundesrichterin Yersin und Gerichtsschreiber
Klopfenstein.

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                         In Sachen

A.________, Beschwerdeführer,

                           gegen

Fremdenpolizei des Kantons  Z ü r i c h,
Bezirksgericht  Z ü r i c h, Haftrichter,

                         betreffend
             Ausschaffungshaft (Art. 13b ANAG),

                   wird festgestellt und
                    in Erwägung gezogen:

     1.- Am 20. Mai 2001 meldete sich A.________,
nach eigenen Angaben Palästinenser aus Gaza, ohne gültige
Reisepapiere (aber mit einem verfälschten und zerstückelten
jemenitischen Reisepass) bei der Passkontrolle im Flughafen
Zürich und stellte ein Asylgesuch. Für die Dauer des Asyl-
verfahrens wurde ihm bis längstens zum 3. Juni 2001 der
Transitbereich des Flughafens Zürich-Kloten als Aufenthalts-
ort zugewiesen. Das Bundesamt für Flüchtlinge wies das Asyl-
gesuch mit Verfügung vom 25. Mai 2001 ab und wies A.________
aus der Schweiz weg. Einer allfälligen Beschwerde gegen
diese Verfügung entzog das Bundesamt die aufschiebende
Wirkung und erklärte die Wegweisung für sofort vollstreck-
bar.

        Am 28. Mai 2001 wurde A.________ von der Kan-
tonspolizei Zürich angehalten; zur beabsichtigten Ergreifung
fremdenpolizeilicher Massnahmen wurde ihm das rechtliche Ge-
hör gewährt. A.________ gab an, keine Ausweise zu besitzen.
Am 29. Mai 2001 nahm ihn die Fremdenpolizei des Kantons
Zürich in Ausschaffungshaft. Am 31. Mai prüfte und be-
stätigte der Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich die Aus-
schaffungshaft bis zum 28. August 2001.

        Hiergegen hat A.________ mit undatierter, in
arabischer Sprache verfasster Eingabe (beim Bundesgericht
eingegangen am 6. Juni 2001) Beschwerde erhoben. Die Eingabe
wurde von Amtes wegen übersetzt. A.________ macht geltend,
er sei ein palästinensischer Flüchtling aus Gaza und habe
nicht das Recht, im Libanon oder in Syrien zu leben. Auch
ein ägyptisches Dokument für palästinensische Flüchtlinge,
in dessen Besitz er sei, erlaube ihm nicht, nach

Ägypten einzureisen. Sinngemäss ("Ich bin zu Euch gekommen,
um frei und würdevoll zu leben") verlangt A.________, aus
der Haft entlassen zu werden.

        Die Fremdenpolizei des Kantons Zürich beantragt,
die Beschwerde abzuweisen. Der Haftrichter des Bezirksge-
richts Zürich hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das
Bundesamt für Ausländerfragen hat sich innert Frist nicht
geäussert. Der Beschwerdeführer hat von der Möglichkeit,
sich ergänzend vernehmen zu lassen, nicht Gebrauch gemacht.

     2.- a) Die zuständige kantonale Behörde kann einen Aus-
länder in Ausschaffungshaft nehmen bzw. in dieser belassen,
sofern die Voraussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG;
SR 142.20; in der Fassung des Bundesgesetzes vom 18. März
1994 über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht [Zwangsmass-
nahmengesetz; AS 1995 146 ff.]) erfüllt sind. Danach ist
erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendiger-
weise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid
vorliegt (vgl. BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; 122 II 148 E. 1
S. 150), dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reisepapiere)
noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (BGE 125 II 369
E. 3a S. 374, 377 E. 2a S. 379). Zudem muss einer der in
Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125
II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3),
die Ausschaffung rechtlich und tatsächlich möglich sein
(vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; dazu BGE 125 II 217 E. 2
S. 220), und es sind die für den Vollzug der Wegweisung
notwendigen Vorkehrungen umgehend zu treffen (Art. 13b
Abs. 3 ANAG, Beschleunigungsgebot; vgl. BGE 124 II 49 ff.).
Die Haft darf - vorerst - für höchstens drei Monate ange-
ordnet werden (Art. 13b Abs. 2 ANAG).

        b) Der Beschwerdeführer ist vom Bundesamt für
Flüchtlinge aus der Schweiz weggewiesen worden. Dieses hat
in seinem Entscheid festgehalten, es sprächen keine Gründe
gegen die Zumutbarkeit des sofortigen Vollzugs der Wegwei-
sung in den Heimat- oder Herkunftsstaat. Der Haftrichter ist
grundsätzlich an den Wegweisungsentscheid der zuständigen
Instanzen gebunden; er hat die Haftgenehmigung nur zu ver-
weigern, wenn sich der zu sichernde Wegweisungsentscheid
geradezu als offensichtlich unzulässig erweist (BGE 121 II
59 ff.). Dies ist in der Regel nicht der Fall, wenn gegen
den erstinstanzlichen Wegweisungsentscheid noch der Be-
schwerdeweg an die Asylrekurskommission offensteht (Urteil
vom 5. Oktober 1998 i.S. Salihi, E. 3a/aa). Es ist dem Be-
schwerdeführer unbenommen, den Entscheid des Bundesamtes
gemäss der Rechtsmittelbelehrung bei der hierfür zuständigen
Asylrekurskommission anzufechten, was er offenbar auch beab-
sichtigt (vgl. Protokoll der Haftrichterverhandlung, S. 5).
Für den Haftrichter bestand deshalb keine Veranlassung, den
erstinstanzlichen, noch nicht rechtskräftigen Wegweisungs-
entscheid seinerseits als offensichtlich unzulässig zu beur-
teilen. Die gegen den Beschwerdeführer angeordnete Ausschaf-
fungshaft dient somit zur Sicherstellung des Vollzugs einer
für das vorliegende Verfahren verbindlichen Wegweisungsver-
fügung. Der Vollzug der Wegweisung ist (wegen der Ungewiss-
heit über die Identität des Beschwerdeführers und wegen
Fehlens von Reisepapieren) noch nicht möglich; es bestehen
aber keine Anzeichen dafür, dass er nicht doch in absehbarer
Zeit bewerkstelligt werden könnte. Es sind sodann keine Ver-
zögerungen hinsichtlich der für die Wegweisung notwendigen
Vorkehrungen ersichtlich. Zu prüfen bleibt somit einzig, ob
der von den kantonalen Behörden geltend gemachte Haftgrund
von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG erfüllt ist.

        c) Gemäss Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG ist die Aus-
schaffungshaft zulässig, wenn konkrete Anzeichen befürchten

lassen, dass der Ausländer sich der Ausschaffung entziehen
will, insbesondere weil sein bisheriges Verhalten darauf
schliessen lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen wi-
dersetzt (Untertauchensgefahr). Dabei muss der Vollzug der
Wegweisung erheblich gefährdet erscheinen. Die Tatsache,
dass der Betroffene keine Papiere besitzt und nur mangelhaft
an deren Beschaffung mitwirkt, sowie das Fehlen eines festen
Aufenthaltsorts oder Mittellosigkeit genügen für sich allein
nicht für die Annahme von Untertauchensgefahr, können diese
jedoch gegebenenfalls zusammen mit anderen Hinweisen indi-
zieren (vgl. BGE 122 II 49 E. 2a S. 50 ff.). Solches trifft
vorliegend zu:

         Der Beschwerdeführer hat keinen festen Aufent-
haltsort in der Schweiz. Familienangehörige leben keine
hier. Er ist, nachdem er 5'000 Dollar an einen Schlepper
bezahlt haben will, heute völlig mittellos. Seine Identität
steht sodann nicht fest. Vor der Einreise in die Schweiz
will er alle relevanten Papiere vernichtet haben, weil ihm
"ein Somalier" dies "empfohlen" habe. Andere mitgeführte
Papiere (libanesischer Reisepass, ägyptischer Flüchtlings-
ausweis) sind entweder offenbar gefälscht bzw. beschädigt
oder berechtigen nicht zur Einreise in den Heimat- bzw.
Herkunftsstaat.

        Für die Gefahr des Untertauchens spricht auch,
dass der Beschwerdeführer klar zu erkennen gab, weder nach
Syrien, noch nach dem Libanon, noch nach Gaza oder Ägypten
ausreisen zu wollen. Zwar werden nach der bundesgerichtli-
chen Rechtsprechung bei Ausländern mit hängigem Asylgesuch
bzw. nicht rechtskräftig abgeschlossenem Asylverfahren Aus-
sagen, wonach sie die Schweiz nicht verlassen wollen, bei
der Beurteilung der Untertauchensgefahr nicht berücksichtigt
(Urteile vom 4. Oktober 1999 i.S. Jobouri, E. 3b/bb, bzw.
vom 6. Februar 1998 i.S. Pajaziti, E. 3b/dd). Doch hatte der

Beschwerdeführer sein Asylgesuch erst nach 14 Tagen Aufent-
halt im Transitbereich des Flughafens Zürich gestellt und
auf die Frage, was er hierzu sage, geantwortet, er suche
"einen Ort hier im Flughafen", wo er "abhauen" könne. Weiter
gab er an, die erste Möglichkeit nutzen zu wollen, um aus
dem Transitbereich verschwinden zu können ("Ich würde mich
selber schmuggeln. Vielleicht finde ich Araber, die mir
helfen würden"). Unter diesen Umständen aber bestehen ernst-
hafte Anzeichen dafür, dass der Beschwerdeführer, sollte er
aus der Haft entlassen werden, sich den Behörden für nähere
Abklärungen und die Ausschaffung nicht zur Verfügung halten
würde. Der Vollzug der Wegweisung erscheint erheblich ge-
fährdet, und der Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG
ist klarerweise erfüllt (vgl. BGE 122 II 49 E. 2a S. 50 f.).

        d) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich
damit als offensichtlich unbegründet, und sie ist - im ver-
einfachten Verfahren (Art. 36a OG) - abzuweisen.

     3.- Entsprechend dem Ausgang würde der Beschwerdeführer
für das bundesgerichtliche Verfahren an sich kostenpflichtig
(Art. 156 OG). In Fällen der vorliegenden Art (dem Beschwer-
deführer fehlen offensichtlich jegliche finanziellen Mittel)
rechtfertigt es sich jedoch, von der Erhebung einer Ge-
richtsgebühr abzusehen (vgl. Art. 154 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Frem-
denpolizei des Kantons Zürich, dem Bezirksgericht Zürich,
Haftrichter, sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen
schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 19. Juni 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: