Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.26/2001
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2001
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2001


2A.26/2001/bol

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
            ***********************************

                        1. Mai 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hartmann, Betschart,
Hungerbühler, Müller und Gerichtsschreiberin Marantelli.

                         ---------

                         In Sachen

P.________, Beschwerdeführer,

                           gegen

Regierungsrat des Kantons  B a s e l - L a n d s c h a f t,
Verwaltungsgericht des Kantons  B a s e l -
L a n d s c h a f t,

                         betreffend
                   Waffentragbewilligung,

hat sich ergeben:

     A.- Rechtsanwalt Dr. iur. P.________ war im Besitz
eines vom Kanton Basel-Stadt am 30. Juni 1997 ausgestellten
Waffentragscheines. Dessen Gültigkeit lief am 30. Juni 1999
ab. Mit Gesuchen vom 25. Juni und 17. Juli 1999 beantragte
P.________ deshalb bei der Polizei Basel-Landschaft eine
Waffentragbewilligung für Pistole und Revolver. Die Polizei
wies das Gesuch mit Verfügung vom 29. September 1999 ab. Ei-
ne Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Basel-Land-
schaft blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht des Kantons
Basel-Landschaft (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wies die
gegen den regierungsrätlichen Entscheid erhobene Beschwerde
mit Urteil vom 18. Oktober 2000, zugestellt am 4. Dezember
2000, ab.

     B.- Dagegen hat P.________ am 15. Januar 2001 beim Bun-
desgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben mit dem An-
trag, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Oktober
2000 sei aufzuheben und ihm sei nach vorgängiger Zulassung
zur vorgeschriebenen Prüfung und Bestehen derselben die Be-
willigung zum Tragen einer Pistole und/oder eines Revolvers
zu erteilen. Eventualiter wird beantragt, das Urteil des
Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurtei-
lung an die erste Instanz, sub-eventualiter an die zweite
Instanz, sub-sub-eventualiter an das Verwaltungsgericht zu-
rückzuweisen.

     C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft
schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsge-
richt des Kantons Basel-Landschaft hat auf eine Vernehmlas-
sung verzichtet. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeide-
partement beantragt sinngemäss, die Beschwerde abzuweisen.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Der angefochtene Entscheid ist eine kantonal
letztinstanzliche Verfügung, die sich auf das Bundesgesetz
vom 20. Juni 1997 über Waffen, Waffenzubehör und Munition
(Waffengesetz, WG; SR 514.54) stützt. Die Verwaltungsge-
richtsbeschwerde ist damit zulässig (vgl. Art. 97 ff. OG).

        b) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die
Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung
oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder
unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachver-
halts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Zum Bundes-
recht im Sinne von Art. 104 lit. a OG ist auch das Bundes-
verfassungsrecht zu zählen (BGE 125 II 508 E. 3a S. 509, mit
Hinweis). An die Sachverhaltsfeststellung ist das Bundesge-
richt indessen gebunden, wenn - wie hier - eine richterliche
Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht
offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verlet-
zung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 2 OG).

        c) Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht im Ver-
fahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Amtes wegen an,
ohne an die Begründung der Parteibegehren gebunden zu sein
(Art. 114 Abs. 1 in fine OG). Es kann die Beschwerde daher
auch aus andern als den geltend gemachten Gründen gutheissen
oder den Entscheid mit einer Begründung bestätigen, die von
jener der Vorinstanz abweicht (BGE 123 II 385 II E. 3 S. 388;
121 II 473 E. 1b S. 477, mit Hinweis).

     2.- Gemäss Art. 27 Abs. 1 WG benötigt, wer in der Öf-
fentlichkeit eine Waffe tragen will, eine Waffentragbewil-
ligung. Nach Art. 27 Abs. 2 WG erhält eine solche, wer:

        a) die Voraussetzungen für die Erteilung des
               Waffenerwerbsscheins erfüllt (Art. 8 Abs. 2);

        b) glaubhaft macht, dass er oder sie eine Waffe
               benötigt, um sich selbst, andere Personen
               oder Sachen vor einer tatsächlichen Gefähr-
               dung zu schützen;

        c) eine Prüfung über die Handhabung von Waffen
               und über die Kenntnis der rechtlichen Voraus-
               setzungen des Waffengebrauchs bestanden hat.
               Das zuständige Departement erlässt ein Prü-
               fungsreglement.

        Art. 27 Abs. 2 lit. b WG enthält eine Bedürfnis-
klausel, wie sie zwölf Kantone kannten, als noch keine bun-
desrechtliche Regelung vorlag. Die Aufnahme eines solchen
Bedürfnisnachweises in die eidgenössische Gesetzgebung hat
zwar anlässlich der parlamentarischen Beratungen einige
Diskussionen ausgelöst (AB 1996 S 521 bis 524 sowie AB 1997
N 42 bis 50). Indessen haben die Eidgenössischen Räte den
Text von Art. 27 Abs. 2 lit. b WG in der Form verabschiedet,
wie ihn der Bundesrat vorgeschlagen hatte.

     3.- Im vorliegenden Fall ist streitig, ob die in
Art. 27 Abs. 2 lit. b WG umschriebenen Voraussetzungen für
den Erhalt einer Waffentragbewilligung erfüllt sind.

        a) Von jemandem, der um eine Waffentragbewilligung
ersucht, darf verlangt werden, dass er glaubhaft macht, das
Tragen einer Waffe sei für ihn das am besten geeignete Mit-

tel, um diesen Gefahren vorzubeugen (unveröffentlichtes Ur-
teil des Bundesgerichts vom 11. Dezember 2000 i.S. A.). Der
Bundesrat hatte dazu in seiner Botschaft ausgeführt, der Ge-
suchsteller habe glaubhaft zu machen, dass nur durch das
Tragen einer Waffe einer Gefährdung, die im Einzelnen darge-
tan werden muss, begegnet werden könne (BBl 1996 I S. 1071).

        b) Eine Waffentragbewilligung wird zudem nur dann
erteilt, wenn der Bewerber die Waffe zum Schutz vor einer
"tatsächlichen Gefährdung" (französisch: "danger tangible";
italienisch: "pericolo reale") benötigt. Eine tatsächliche
Gefährdung bedeutet dabei, dass für den Bewerber auf Grund
der konkreten Umstände ein besonderes Risiko bzw. eine we-
sentlich erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass er
einer wirklichen Gefahr ausgesetzt ist, die das Tragen einer
Waffe als geboten erscheinen lässt. Eine solche tatsächliche
Gefährdung liegt bei der mit der Ausübung des Anwaltsberufes
allenfalls verbundenen erhöhten potentiellen Gefährdung
nicht vor. Allein daraus lässt sich deshalb entgegen der
Meinung des Beschwerdeführers kein Anspruch auf eine Waffen-
tragbewilligung begründen.

        c) Der Beschwerdeführer macht geltend, das Glaub-
haftmachen einer tatsächlichen Gefährdung sei ihm als Anwalt
auf Grund des Berufsgeheimnisses nicht möglich - schon gar
nicht in schriftlicher Form. Er hätte deshalb vor allen kan-
tonalen Instanzen, insbesondere auch vor dem Regierungsrat,
mündlich angehört werden müssen. Das Verwaltungsgericht wäre
daher verpflichtet gewesen, den Entscheid des Regierungsra-
tes bereits aus formellen Gründen wegen Verletzung des An-
spruchs auf rechtliches Gehör aufzuheben (Art. 29 Abs. 2
BV).

        Das Berufsgeheimnis verbietet es dem Anwalt, Ge-
heimnisse zu offenbaren, die ihm infolge seines Berufes an-
vertraut wurden oder die er in dessen Ausübung wahrgenommen
hat (siehe dazu statt vieler: Felix Wolffers, Der Rechtsan-
walt in der Schweiz, Zürich 1986, S. 133 ff.). Verpönt ist
jedes - also auch das mündliche - Zugänglich-Machen der ge-
heimzuhaltenden Tatsachen an Unberufene (Felix Wolffers,
a.a.O., S. 137 f.). Dennoch macht das Anwaltsgeheimnis das
Glaubhaftmachen einer tatsächlichen Gefährdung im Sinne von
Art. 27 Abs. 2 lit. b WG nicht generell unmöglich: Zum einen
kann der Anwalt unter bestimmten Umständen durch Einwilli-
gung des Klienten oder - nach Vornahme einer Güterabwägung -
durch Bewilligung der zuständigen Behörde von seiner Geheim-
haltungspflicht entbunden werden (Felix Wolffers, a.a.O.,
S. 138). Zum anderen ist nicht ersichtlich, warum eine Ge-
fährdung nicht ohne Verletzung des Berufsgeheimnisses - etwa
durch Schilderung der gefährlichen Ereignisse in anonymi-
sierter Form usw. - glaubhaft gemacht werden kann. Ein un-
bedingter, auf das Berufsgeheimnis gestützter Anspruch auf
eine mündliche Anhörung besteht somit nicht.

        Das Verwaltungsgericht durfte daher - ohne gegen
die Verfassung zu verstossen - davon ausgehen, eine allfäl-
lige Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV durch ungenügende Be-
gründung des erstinstanzlichen Entscheides, sei im Verfahren
vor dem Regierungsrat geheilt worden, auch wenn der Be-
schwerdeführer sich zur Stellungnahme der Vorinstanz bzw. zu
der von ihr nachgeschobenen Begründung nur schriftlich und
nicht auch mündlich hatte äussern können. Vor dem Verwal-
tungsgericht wurde der Beschwerdeführer im Übrigen persön-
lich angehört.

        d) Es bleibt somit zu prüfen, ob für den Beschwer-
deführer auf Grund der effektiv ausgeübten Funktion sowie
der konkreten Umstände ein besonderes Risiko bzw. eine we-

sentlich erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, in eine Ge-
fahrensituation zu gelangen, in der er zu seinem Schutz oder
demjenigen anderer Personen oder von Sachen eine Waffe be-
nötigt.

        aa) Der Beschwerdeführer weist darauf hin, er führe
als Anwalt und Notar öfter bedeutende Wertgegenstände sowie
brisante Akten mit sich; dabei sei er immer wieder auch
abends und nachts allein zwischen Büro und Autoeinstellhalle
bzw. Büro und Wohnung unterwegs.

        Dass der Beschwerdeführer als Anwalt und Notar -
oft auch abends und nachts - Wertgegenstände und Akten mit
sich trägt, ist nicht bestritten. Inwiefern er dabei jedoch
mehr gefährdet sein soll als seine Berufskollegen oder an-
dere Personen, die ebenfalls wichtige Akten und Wertgegen-
stände mit sich führen, ist nicht ersichtlich, zumal er vor
Verwaltungsgericht selber ausdrücklich erklärte, er sei auf
dem Weg zwischen Büro und Autoeinstellhalle noch nie beläs-
tigt worden. Es würde aber zu weit gehen und dem Zweck des
neuen Waffengesetzes widersprechen, allen Personen, die bri-
sante Akten und Wertgegenstände mit sich tragen, eine Waf-
fentragbewilligung zu erteilen. Eine tatsächliche Gefährdung
im Sinne von Art. 27 Abs. 2 lit. b WG ist insofern nicht
glaubhaft gemacht.

        bb) Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, er
sei besonders gefährdet, da er als Miteigentümer und Ver-
walter einer Liegenschaft in Basel, in der eine Disco, eine
Bar und ein Billard-Center eingemietet seien, immer wieder
persönlich eingreifen müsse. Als Eigentümer von elf Liegen-
schaften und Miteigentümer von drei Familienliegenschaften

sei er zudem auch wegen seiner Stellung innerhalb seiner
Familie einem beachtlichen Gefahrenpotential ausgesetzt: So
sei er zum Beispiel bei einem nächtlichen Kontrollgang in
einem leerstehenden Gebäude auf einen schlafenden Eindring-
ling gestossen; dieser habe allerdings auf seine Aufforde-
rung hin das Gebäude wieder verlassen. Auch sonst behauptet
der Beschwerdeführer, schon mehrmals tatsächliche Gefahren-
situationen erlebt zu haben. Zwei dieser Erlebnisse schil-
derte er dem Verwaltungsgericht mündlich: Einmal habe sich
ein Klient erst, nachdem er um die Waffe wusste, die der Be-
schwerdeführer bei sich trug, sicher genug gefühlt, an einen
bestimmten Ort zu gehen. In einem anderen Fall sei er von
einem Klienten darauf aufmerksam gemacht worden, er sei auf
Grund der Akten, die er mit sich trage, seines Lebens nicht
mehr sicher; daraufhin habe er auf seine jährlichen Ferien
auf der Insel Elba verzichtet.

        Ob der Beschwerdeführer in den von ihm erwähnten
Funktionen als Eigentümer und Verwalter, auf Grund seiner
Stellung innerhalb der Familie oder in den soeben geschil-
derten Situationen besonders gefährdet ist bzw. war, kann
offen bleiben. Wer einen Waffentragschein beanspruchen will,
muss nämlich, wie erwähnt, nicht nur das Vorliegen einer
tatsächlichen Gefahr glaubhaft machen, sondern auch, dass er
dieser Bedrohung nur durch das Tragen einer Waffe begegnen
kann (vgl. vorangehende E. 3a).

        Der Beschwerdeführer benötigt, wie vorangehend dar-
gelegt, zur Ausübung seines Berufes grundsätzlich keine Waf-
fe. Der Schutz von Personen gehört nicht zu den Aufgaben
eines Anwaltes oder Notars, selbst dann nicht, wenn er mit
seinen, allenfalls bedrohten Klienten unterwegs oder im Be-
sitz brisanter Akten ist. Das Tragen einer Waffe ist auch
bei den übrigen Aktivitäten des Beschwerdeführers nicht un-

bedingt notwendig: Einer dabei auftretenden allfälligen Be-
drohung kann ebenso mit anderen Mitteln, etwa einem Pfeffer-
spray oder ähnlichem, begegnet werden, die bewilligungsfrei
mit geführt werden dürfen. Dies drängt sich umso mehr auf,
als allgemein bekannt ist, dass das Tragen bzw. der Einsatz
einer Schusswaffe bei Streitigkeiten zu fatalen Folgen füh-
ren kann. Dass der Beschwerdeführer, wie er ausführt, eine
Waffe gleich gut zu bedienen weiss wie die Angehörigen des
Polizeikorps oder eines Schutzdienstes, spielt dabei keine
Rolle. Eine Waffe kann auch in den Händen eines ehrlichen
und rechtschaffenen Bürgers eine Gefahr für die öffentliche
Sicherheit darstellen (E. 2d des unveröffentlichten Urteils
des Bundesgerichts vom 11. Dezember 2000 i.S. A.). Im Inte-
resse dieser Sicherheit ist daher die Zahl der Personen, die
dazu berechtigt sind, in der Öffentlichkeit eine Waffe zu
tragen, klein zu halten und auf solche Personen zu beschrän-
ken, für die das Tragen einer Waffe effektiv das geeignetste
Mittel darstellt, um sich vor einer tatsächlichen Gefahr
wirksam zu schützen (vgl. vorangehende E. 3a und b). Die
Voraussetzungen von Art. 27 Abs. 2 lit. b WG sind somit auch
hier nicht glaubhaft dargetan.

     4.- Die Verweigerung einer Waffentragbewilligung für
den Beschwerdeführer erweist sich demnach als bundesrechts-
konform. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher abzu-
weisen.

        Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichts-
kosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen
(Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regie-
rungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Land-
schaft sowie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeideparte-
ment schriftlich mitgeteilt.

                       _____________

Lausanne, 1. Mai 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                  Die Gerichtsschreiberin: