Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.243/2001
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2A.243/2001/leb

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                        29. Mai 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Müller
und Gerichtsschreiber Feller.

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                         In Sachen

A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch lic. en droit
Denise Graf, case postale 7, Chaumont,

                           gegen

Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons  B e r n,
Rekurskommission des Kantons  B e r n  für Massnahmen
gegenüber Fahrzeugführern

                         betreffend
Aberkennung des Rechts, von einem ausländischen Führerschein
    in der Schweiz Gebrauch zu machen; Verweigerung des
       schweizerischen Führerausweises ohne Prüfung,

                   wird festgestellt und
                    in Erwägung gezogen:

     1.- Der türkische Staatsangehörige A.________ kam als
Asylbewerber in die Schweiz. Er verfügt über einen 1993 in
der Türkei ausgestellten Führerausweis. Am 26. September
2000 stellte er ein Gesuch um prüfungsfreie Erteilung eines
schweizerischen Führerausweises. Das Strassenverkehrs- und
Schifffahrtsamt des Kantons Bern aberkannte A.________ am
15. November 2000 das Recht, von seinem ausländischen Füh-
rerausweis in der Schweiz Gebrauch zu machen, und lehnte die
prüfungsfreie Erteilung eines schweizerischen Führerauswei-
ses der Kategorie B ab. Die Behörde stützte sich auf die
Beurteilung des Kriminal-Technischen Dienstes der Kantons-
polizei Bern, welcher die Echtheit des zum Umtausch vorge-
legten türkischen Ausweises nicht bestätigen konnte.

        A.________ erhob gegen die Verfügung des Strassen-
verkehrs- und Schifffahrtsamtes Beschwerde bei der Rekurs-
kommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahr-
zeugführern (nachfolgend Rekurskommission), welche die
Beschwerde am 14. Februar 2001 abwies.

        A.________ hat am 22. Mai (Datum der Rechtsschrift
17. Mai) 2001 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde erhoben. Er stellt insbesondere die Anträge, der
Entscheid der Rekurskommission sei aufzuheben und die kan-
tonalen Behörden seien anzuweisen, der Untersuchungspflicht
nachzukommen und in der Türkei Abklärungen über die Echtheit
des eingereichten Führerscheins durchzuführen.

     2.- a) Die Rekurskommission hat die Rechtsgrundlagen,
die für die prüfungsfreie Erteilung des schweizerischen

Führerausweises gestützt auf einen ausländischen Ausweis
bzw. für die Aberkennung eines ausländischen Führerausweises
massgeblich sind, zutreffend dargestellt. Insbesondere liegt
auf der Hand, dass ein unechter ausländischer Ausweis nicht
anerkannt und gestützt darauf auch kein schweizerischer Füh-
rerausweis erworben werden kann. Streitig ist einzig, ob die
kantonalen Behörden zu Recht angenommen haben, der türkische
Führerausweis des Beschwerdeführers sei unecht.

        b) Ob der vom Beschwerdeführer vorgelegte Ausweis
echt sei, ist Sachverhaltsfrage. Damit aber ist Art. 105
Abs. 2 OG massgeblich. Danach ist das Bundesgericht durch
die von einer richterlichen Vorinstanz, wie sie die Rekurs-
kommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahr-
zeugführern darstellt, getroffenen Sachverhaltsfeststellun-
gen gebunden, sofern diese den Sachverhalt nicht offensicht-
lich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesent-
licher Verfahrensbestimmungen ermittelt hat. Dies schliesst
das Vorbringen von neuen tatsächlichen Behauptungen und Be-
weismitteln weitgehend aus (BGE 114 Ib 27 E. 8b S. 33; Fritz
Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983,
S. 286/287). Insbesondere können nachträgliche Veränderungen
des Sachverhalts in der Regel nicht mehr berücksichtigt wer-
den, denn einer Behörde ist nicht vorzuwerfen, sie habe den
Sachverhalt im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG fehlerhaft fest-
gestellt, wenn sich dieser nach ihrem Entscheid verändert
hat (BGE 121 II 97 E. 1c S. 99 f.; 107 Ib 167 E. 1b S. 169).
Das Bundesgericht prüft den von einer richterlichen Behörde
getroffenen Entscheid deshalb grundsätzlich lediglich auf-
grund der Sachlage, wie sie sich dieser präsentierte. Was
der Beschwerdeführer dort nicht ausdrücklich vortrug oder
was sich nicht offensichtlich aus den damals bekannten Akten
ergab, darf es bei seinem Entscheid an sich nicht berück-
sichtigen. Neue Sachvorbringen hat eine Partei vielmehr,
unter Berücksichtigung der hierfür geltenden Voraussetzun-

gen, in einem Wiedererwägungs- oder allenfalls Revisions-
verfahren bei den kantonalen Behörden geltend zu machen
(grundlegend zum Novenverbot im Zusammenhang mit Art. 105
Abs. 2: BGE 125 II 217 E. 3a S. 221).

        c) Der Beschwerdeführer wirft der Rekurskommission
vor, sie habe die Bedeutung der Untersuchungspflicht der Be-
hörde und der Mitwirkungspflicht der Partei bzw. das Ver-
hältnis zwischen diesen beiden Prinzipien verkannt und durch
Verletzung der Offizialmaxime den Sachverhalt nicht genügend
abgeklärt. Sie hätte Erkundigungen einerseits beim Bundesamt
für Flüchtlinge, andererseits bei den für die Ausstellung
von Führerausweisen zuständigen türkischen Behörden einholen
müssen.

        Gemäss Art. 18 Abs. 1 des bernischen Gesetzes vom
23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) stellen
die Behörden den Sachverhalt von Amtes wegen fest. Anderer-
seits ist gemäss Art. 20 Abs. 1 VRPG derjenige, der ein Be-
gehren stellt und daraus eigene Rechte ableitet, verpflich-
tet, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken.

        Ob der Beschwerdeführer seinerseits den Behörden,
zuletzt der Rekurskommission, konkret umfassendere Informa-
tionen hätte geben können, steht nicht fest, da er gerade
als Asylbewerber möglicherweise nicht alle notwendigen In-
formationen bei türkischen Behörden beschaffen konnte. Wie
es sich damit verhält, ist aber für die Frage, ob die Behör-
den ihrer Abklärungspflicht nachgekommen sind, letztlich
nicht massgeblich und mag daher dahingestellt bleiben. Die
Rekurskommission hat, in Berücksichtigung des Berichts des
Kriminal-Technischen Dienstes der Kantonspolizei Bern, dar-
gelegt, dass der türkische Führerausweis des Beschwerde-
führers stark denaturiert sei; der Kunststoffüberzug sei zum
Teil lose, das Lichtbild im vorgesehenen ausgestanzten Rah-

men sei verschoben. Die Rekurskommission hat darüber hinaus
durch eigene Wahrnehmung festgestellt, dass die Unterschrift
des Beschwerdeführers auf seinem Gesuch vom 26. September
2000 keine Ähnlichkeiten mit der Unterschrift auf dem tür-
kischen Ausweis habe. Sodann ergaben sich für sie im Ver-
gleich zwischen dem von 1993 datierenden Ausweis des Be-
schwerdeführers und einem der Rekurskommission zur Verfügung
stehenden echten, ebenfalls im Jahr 1993 ausgestellten tür-
kischen Führerausweis erhebliche Unterschiede.

        Wenn die Rekurskommission bei dieser Ausgangslage
in antizipierter Beweiswürdigung davon abgesehen hat, beim
Bundesamt für Flüchtlinge Auskünfte über die Identität des
Beschwerdeführers einzuholen, ist dies nicht zu beanstanden,
war doch der Umstand, dass dessen Angaben über seine Perso-
nalien zutreffen könnten, angesichts der beschriebenen Män-
gel des Ausweises nicht geeignet, dieses Papier als echt er-
scheinen zu lassen. Insofern ist dem Beschwerdeführer das
rechtliche Gehör nicht verweigert worden. Was die Rückfrage
bei türkischen Behörden betrifft, so hat die Rekurskommis-
sion dieses Beweisbegehren mit dem Hinweis darauf abgelehnt,
dass der Beschwerdeführer Asylbewerber war und im Falle von
Asylbewerbern gemäss konstanter Praxis keine Nachforschungen
bei Behörden in deren Heimatland angestellt würden. Diese
Argumentation ist stichhaltig, und schon aus diesem Grunde
hat die Rekurskommission mit dem Verzicht auf eine Kontakt-
aufnahme mit türkischen Behörden dem Beschwerdeführer unter
den vorliegenden Umständen das rechtliche Gehör nicht ver-
weigert. Dass der Beschwerdeführer zwischenzeitlich offenbar
als Flüchtling anerkannt worden ist, kann nach den vorste-
henden Erwägungen zur Bedeutung von Art. 105 Abs. 2 OG
(E. 2b) für die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde
keine Berücksichtigung finden. Selbst wenn aber auf dieses
Novum abgestellt würde, müsste es angesichts der beschrie-
benen handfesten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines un-

echten Ausweises noch als vertretbar erachtet werden, dass
die Rekurskommission im Sinne einer antizipierten Beweis-
würdigung auf entsprechende Abklärungen verzichtete, selbst
wenn sie diesbezüglich völlig freie Hand gehabt hätte, was
unter dem Gesichtspunkt des Schutzes von Angehörigen des
Beschwerdeführers in der Türkei aber ohnehin nicht mit aller
Klarheit feststeht.

        d) Die tatsächliche Feststellung der Rekurskommis-
sion, dass der türkische Ausweis nicht echt sei, hält jeden-
falls der im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG beschränkten Prü-
fung stand. Es ist unter den gegebenen Umständen auszu-
schliessen, dass weitere Unterlagen des Beschwerdeführers,
für deren Einreichung er um Fristerstreckung ersucht, geeig-
net sein könnten, zu einem anderen Ergebnis zu führen, wobei
ohnehin fraglich erscheint, ob für den Verfahrensausgang
massgebliche Beweismittel erst nach Ablauf der grundsätzlich
nicht erstreckbaren Beschwerdefrist (vgl. Art. 33 Abs. 1 OG)
eingereicht werden können, sofern sie nicht zumindest schon
innert der Beschwerdefrist konkret bezeichnet worden sind.

        Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich da-
mit als offensichtlich unbegründet, und sie ist im verein-
fachten Verfahren (Art. 36a OG), ohne Schriftenwechsel oder
andere Weiterungen (Einholen der kantonalen Akten), abzuwei-
sen.

        e) Entsprechend dem Verfahrensausgang wird der Be-
schwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren kosten-
pflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Er hat unter Hinweis auf
seine finanzielle Lage ausdrücklich nur um Befreiung von der
Pflicht, einen Kostenvorschuss zu bezahlen, ersucht, nicht
auch um definitive Kostenbefreiung. Ein derartiges Gesuch
wäre ohnehin wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzu-
weisen gewesen (vgl. Art. 152 Abs. 1 OG). Der finanziellen

Lage des Beschwerdeführers kann bei der Festsetzung der Ge-
richtsgebühr Rechnung getragen werden (Art. 153 und 153a
Abs. 1 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Stras-
senverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, der Re-
kurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber
Fahrzeugführern sowie dem Bundesamt für Strassen schriftlich
mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 29. Mai 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: