Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.227/2001
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2A.227/2001/ran

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                     17. September 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Müller, Ersatzrichter
Zünd und Gerichtsschreiber Wyssmann.

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                         In Sachen

A.________, Waffen und Munition, Beschwerdeführer, vertreten
durch Dr. Hans Wüst, Rechtsanwalt, Seefeldstrasse 62,
Zürich,

                           gegen

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement,

                         betreffend
          Typenprüfung (Kalaschnikow Mod. AK 74),

hat sich ergeben:

     A.- A.________, der ein Waffen- und Munitionsgeschäft
in B.________ betreibt, hat die Absicht, abgeänderte und
deaktivierte Kalaschnikows, Mod. AK 74, aus Russland ein-
zuführen und zu verkaufen. Er stellte am 16. Oktober 1999
beim Bundesamt für Polizei den Antrag, die Kalaschnikow
einer Typenprüfung zu unterziehen. Mit Verfügung vom 1. Nov-
ember 1999 lehnte dies das Bundesamt für Polizei ab und
hielt fest, dass es sich bei der abgeänderten Kalaschnikow
Mod. AK 74 um eine Dekowaffe handle, welche unter Art. 5
Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1997 über Waffen,
Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz, WG; SR 514.54)
falle, womit der Erwerb, das Tragen, das Vermitteln und die
Einfuhr dieser Waffe verboten sei; ausnahmsweise sei eine
Bewilligung nach Massgabe von Art. 5 Abs. 3 WG zulässig.

     B.- Gegen diese Verfügung erhob A.________ Beschwerde
an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, mit
dem Antrag festzustellen, dass die abgeänderten Gewehre
Kalaschnikow Mod. AK 74 nicht unter das Waffengesetz fielen
und daher ohne Bewilligung eingeführt werden könnten. Zur
Begründung führte er aus, zwar unterstünden nach Art. 4 Abs.
1 lit. a WG dem Waffengesetz auch Gegenstände, die zu
schiesstauglichen Geräten umgebaut werden könnten, doch
komme es darauf an, mit welchem Aufwand dies möglich sei.
Dekowaffen, die nur mit grossem Aufwand wieder schiess-
tauglich gemacht werden könnten, würden nicht erfasst.

        Im weiteren Schriftenwechsel traten unterschied-
liche Auffassungen zwischen A.________ einerseits und dem
Bundesamt für Polizeiwesen darüber auf, ob nur ein Fachmann
mit Spezialwerkzeug die abgeänderte Kalaschnikow wieder

schiesstauglich machen könnte oder ob dies mit einfacheren
Mitteln zu bewerkstelligen wäre. Das Bundesamt für Polizei-
wesen beharrte jedoch zugleich darauf, dass es einzig auf
die grundsätzliche Rückbaufähigkeit ankomme.

     C.- Mit Entscheid vom 9. April 2001 wies das Eidge-
nössische Justiz- und Polizeidepartement die Beschwerde ab.

        Zur Begründung hielt es fest, bei der Kalaschnikow
Mod. AK 74 im Originalzustand handle es sich um eine Serie-
feuerwaffe, deren Erwerb, Tragen, Vermittlung und Einfuhr
gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a WG verboten sei. Die Waffe sei
wie folgt umgebaut worden: Der Lauf weise drei kalibergrosse
Löcher auf, das Patronenlager sei zugeschweisst, der Ver-
schlusskopf abgeschliffen, das Zündstiftloch verschweisst,
die Seriefeuerraste abgeschliffen und das Gasgestänge ent-
fernt. Ob eine solcherart abgeänderte Waffe noch unter den
Begriff der Waffe nach Art. 4 Abs. 1 lit. a WG falle, könne
allerdings dahinstehen, denn unter das Verbot von Art. 5
Abs. 1 lit. a WG falle nicht nur die Seriefeuerwaffe als
solche. Vielmehr würden hievon auch alle wesentlichen Waffen-
bestandteile erfasst, denn sonst wäre es ein Leichtes, die
einzelnen Teile automatischer Waffen einzuführen und sie zu
einer verbotenen Waffe zusammenzusetzen. Es sei somit für
ein Verbot ausreichend, dass vorliegend der Lauf der Waffe
durch Schliessen der Löcher mittels Schweissen oder Löten
auf einfache Weise wieder funktionstüchtig gemacht werden
könnte.

     D.- A.________ hat mit Eingabe vom 10. Mai 2001 Verwal-
tungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er
beantragt, den Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartements aufzuheben und festzustellen, dass die

abgeänderten Kalaschnikow Mod. AK 74 nicht unter das Waffen-
gesetz fielen und demgemäss keine Einfuhrbewilligung nötig
sei. Zur Begründung wird im wesentlichen vorgebracht, um-
stritten sei die technische Rückbaufähigkeit der Kalasch-
nikow und damit die Frage, ob sie als Waffe im Sinne von
Art. 4 Abs. 1 lit. a WG gelten könne. Das Departement habe
ohne Einholung einer Expertise aufgrund angeblich eigenen
Fachwissens angenommen, die Kalaschnikow könne mit ein-
fachen Mitteln wieder funktionstüchtig gemacht werden, was
nicht zutreffe. Vielmehr sei nur ein Fachmann dazu in der
Lage, wobei der Aufwand derart gross sei, dass er sich
nicht lohne. Es sei diesbezüglich eine Expertise einzuholen.
Rechtlich seien vom Waffengesetz gestützt auf Art. 4 Abs. 1
lit. a WG nur solche Dekowaffen erfasst, welche mit ein-
fachen Mitteln wieder in schiesstaugliche Waffen umgebaut
werden könnten.

        Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
beantragt in seiner Vernehmlassung vom 11. Juli 2001 die
Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

             Das Bundesgericht zieht Erwägung:

     1.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Ver-
letzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens (Art. 104 lit. a OG), sowie unrich-
tige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts gel-
tend gemacht werden (Art. 104 lit. b OG). Den Sachverhalt
überprüft das Bundesgericht hier frei, da als Vorinstanz
keine richterliche Behörde, sondern ein eidgenössisches
Departement entschieden hat (Art. 105 Abs. 2 OG). Das Bun-
desgericht wendet das Recht von Amtes wegen an, ohne an die

Begründung der Parteibegehren gebunden zu sein (Art. 114
Abs. 1 OG in fine), weshalb es die Beschwerde aus anderen
als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den Ent-
scheid mit einer von der Vorinstanz abweichenden Begründung
bestätigen kann (BGE 117 Ib 114 E. 4a; 115 Ib 55 E. 2b, mit
Hinweis).

     2.- a) Nach Art. 4 Abs. 1 lit. a WG gelten als Waffen
Geräte, mit denen durch Treibladung Geschosse abgegeben wer-
den können, oder Gegenstände, die zu solchen Geräten umge-
baut werden können (Hand- und Faustfeuerwaffen). Die Bot-
schaft des Bundesrates hält dazu fest, dass sogenannte Deko-
waffen dem Gesetz unterstellt seien. Dies seien voll funk-
tionsfähige Waffen, die derart abgeändert würden, dass sie
zum Schiessen nicht mehr geeignet seien. Sie könnten aber
"in der Regel ohne grossen Aufwand wieder schiesstauglich
gemacht werden" und seien somit als eigentliche Waffen zu
betrachten (BBl 1996 I 1058). Der Beschwerdeführer leitet
aus dieser Formulierung in der Botschaft ab, dass Dekowaffen
dem Gesetz dann nicht unterstellt seien, wenn der Aufwand
für die Wiederherstellung der Schiesstauglichkeit gross sei
und hierfür Spezialwerkzeuge und Spezialkenntnisse erfor-
derlich seien. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt
werden. Das Gesetz kennt keine derartige Unterscheidung, wie
sie der Beschwerdeführer einführen will, sondern stellt nur
darauf ab, dass die ehemals funktionsfähige Waffe wieder
funktionsfähig gemacht werden kann. Wenn der Bundesrat in
der Botschaft erwähnt hat, "in der Regel" sei dies "ohne
grossen Aufwand" möglich, so liegt darin das Motiv für die
Unterstellung der Dekowaffen, aber nicht eine Bedingung sine
qua non, die im Einzelfall erfüllt sein muss. Die Gefahr der
missbräuchlichen Verwendung besteht darin, dass ein momentan
nicht schiesstauglicher Gegenstand schiesstauglich gemacht
werden kann. Der hierfür erforderliche Aufwand ist nicht
ausschlaggebend.

        b) Damit steht allerdings erst fest, dass die abge-
änderten und deaktivierten Kalaschnikow Mod. AK 74, wie sie
der Beschwerdeführer einführen will, gestützt auf Art. 4
Abs. 1 lit. a WG als Waffen gelten und dem Waffengesetz
unterstehen. Es stellt sich weiter die Frage, ob sie auf-
grund einer Einfuhrbewilligung eingeführt (Art. 24 Abs. 1
WG) und mit Waffenerwerbsschein im Handel erworben (Art. 8
WG) werden können oder ob sie unter das Verbot von Art. 5 WG
fallen. Gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a WG sind der Erwerb, das
Tragen, das Vermitteln und die Einfuhr von Seriefeuerwaffen
und zu halbautomatischen Hand- oder Faustfeuerwaffen umge-
baute Seriefeuerwaffen verboten. Besteht Unklarheit darüber,
ob es sich bei einer Waffe um eine verbotene Seriefeuerwaffe
handelt, kann bei der Zentralstelle Waffen eine entsprechen-
de Typenprüfung beantragt werden (Art. 16 Abs. 1 der Ver-
ordnung vom 21. September 1998 über Waffen, Waffenzubehör
und Munition [Waffenverordnung, WV; SR 514.541]).

        Vorliegend steht fest, dass es sich bei der Kalasch-
nikow Mod. AK 74 im Urzustand um eine Seriefeuerwaffe han-
delt, für welche das Verbot von Art. 5 Abs. 1 WG - unter
Vorbehalt von Ausnahmebewilligungen durch die Kantone (Art. 5
Abs. 3 WG) - Geltung hat. Eine Typenprüfung ist insofern
entbehrlich. Dekowaffen können mit mehr oder weniger grossem
Aufwand wieder funktionsfähig gemacht werden. Alsdann kommt
ihnen dasselbe Gefahrenpotential zu wie der ursprünglichen
Waffe. Daher müssen Dekowaffen denselben Bestimmungen unter-
worfen sein wie die Waffe im Originalzustand. Für abgeänderte
und deaktivierte Seriefeuerwaffen bedeutet dies, dass sie dem
Verbot von Art. 5 Abs. 1 WG unterliegen und folglich - unter
Vorbehalt einer kantonalen Ausnahmebewilligung - nicht einge-
führt werden dürfen.

        c) Zu demselben Ergebnis führt auch die zutreffende
Überlegung der Vorinstanz, wonach das Verbot von Art. 5

Abs. 1 WG nach Sinn und Zweck nicht nur die Waffe als Ganzes
erfasst, sondern auch die wesentlichen Waffenbestandteile
(Art. 4 Abs. 3 WG in Verbindung mit Art. 5 WV). Wenn dies
nicht der Fall wäre, so könnten Teile automatischer Waffen
zu unterschiedlichen Zeiten eingeführt und als Einzelteile
von Privaten mit einem Erwerbsschein erworben werden. Als-
dann könnten sie zusammengesetzt werden, allenfalls erst
nach einer Übertragung der Einzelteile auf eine weitere Per-
son, wofür nicht einmal mehr ein Erwerbsschein erforderlich
ist (Art. 9 WG). Dem Missbrauch wäre Tür und Tor geöffnet,
und im Ergebnis wären Seriefeuerwaffen in der Schweiz ohne
grössere Probleme erhältlich. Das Verbot Deko-Seriefeuer-
waffen einzuführen, kann sich daher auch darauf stützen,
dass wesentliche Waffenbestandteile von Seriefeuerwaffen
ebenfalls dem Verbot unterstehen, was selbst zutrifft, wenn
diese Bestandteile abgeändert sind, aber wieder hergestellt
werden können.

        Auf die Frage, ob hierfür Spezialwerkzeuge und be-
sonderes Fachwissen erforderlich ist, kommt es nicht an,
weshalb auch eine Expertise nicht nötig ist. Der Beschwerde-
führer strebt mit der Expertise im Grunde an, dass das
Bundesgericht festlege, ab welchem Mass an Fachwissen und
Spezialwerkzeugen, die für den Rückbau der Dekowaffe zu
einer funktionsfähigen Waffe erforderlich sind, die Deko-
waffe nicht mehr unter das Gesetz falle. Nicht diese Frage
ist indes entscheidend, sondern vielmehr die Möglichkeit,
dass mit entsprechender Ausrüstung und den nötigen Kennt-
nissen die Waffe oder Teile davon wieder schiesstauglich
gemacht werden können. Damit die Waffe dem Gesetz unter-
stellt bleibt, ist auch nicht erforderlich, dass die Waffe
in den gleichen Grad von Funktionsfähigkeit und Präzision
zurückversetzt werden kann, den sie ursprünglich besass.

     3.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich
damit als unbegründet und ist abzuweisen.

        Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der
Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen
(Art. 156 Abs. 1 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich
mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 17. September 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: