Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.190/2001
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2A.190/2001/bol

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                        3. Mai 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hartmann, Müller und
Gerichtsschreiberin Müller.

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                         In Sachen

A.________, geb. ****** 1964, Beschwerdeführer,

                           gegen

Einwohnerdienste des Kantons  B a s e l - S t a d t, Abtei-
lung Internationale Kundschaft als kantonale Fremdenpolizei,
Verwaltungsgericht des Kantons  B a s e l - S t a d t, Ein-
zelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht,

                         betreffend
             Verlängerung der Ausschaffungshaft
                gemäss Art. 13b Abs. 2 ANAG,

hat sich ergeben:

     A.- Der am ****** 1964 geborene, gemäss eigenen Angaben
aus Tunesien stammende A.________ stellte am 12. September
2000 unter dem Namen B.________ in der Schweiz ein Asylge-
such, auf welches das Bundesamt für Flüchtlinge mit Verfü-
gung vom 13. Oktober 2000 nicht eintrat; es wies ihn zudem
aus dem Gebiet der Schweiz weg. Am 21. September 2000 wurde
A.________ als verschwunden registriert. Am 24. Dezember
2000 nahm ihn die Kantonspolizei Basel-Stadt wegen Verdachts
auf Diebstahl fest; anschliessend wurde er in Untersuchungs-
haft versetzt. Am 30. Januar 2001 verurteilte der Strafge-
richtspräsident Basel-Stadt A.________ wegen mehrfachen
Diebstahls sowie rechtswidrigen Verweilens in der Schweiz zu
einer bedingten Gefängnisstrafe von vier Monaten sowie zu
einer unbedingten Landesverweisung von drei Jahren; glei-
chentags wurde A.________ aus der Untersuchungshaft entlas-
sen und den Einwohnerdiensten des Kantons Basel-Stadt, Ab-
teilung Internationale Kundschaft, als kantonaler Fremden-
polizei (im Folgenden: Fremdenpolizei) zugeführt. Am
31. Januar 2001 verfügte die Fremdenpolizei über A.________
die Ausschaffungshaft. Am 2. Februar 2001 prüfte und ge-
nehmigte die Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Auslän-
derrecht des Verwaltungsgerichts des Kantons Basel-Stadt (im
Folgenden: Haftrichterin) die Ausschaffungshaft für einen
Monat bis zum 1. März 2001. Mit Entscheid vom 26. Februar
2001 genehmigte die Haftrichterin eine Haftverlängerung bis
zum 31. März 2001. Am 22. März 2001 ersuchte A.________
unter dem Namen C.________ bei der Fremdenpolizei um Asyl;
diese leitete das Gesuch tags darauf an das Bundesamt für
Flüchtlinge weiter.

        Am 28. März 2001 verfügte die Haftrichterin eine
weitere Haftverlängerung bis zum 30. Juni 2001. Am 20. April
2001 wurde A.________ in das Inselspital Bern (Bewachungs-
station U1) eingeliefert.

     B.- Gegen die Verfügung vom 28. März 2001 hat
A.________ mit Schreiben vom 17. April (Postaufgabe:
19. April) 2001 und vom 18. April (Postaufgabe: 20. April)
2001 beim Bundesgericht Beschwerde erhoben. Er beantragt, in
ein Asylbewerberzentrum verlegt zu werden. Er hat zudem zwei
Schreiben (datiert vom 10. und vom 18. April 2001) verfasst,
die dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zuge-
gangen und an das Bundesgericht weitergeleitet worden sind.

        Die Fremdenpolizei beantragt, die Beschwerde abzu-
weisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Haftrichterin
schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Ausländerfragen hat sich nicht vernehmen lassen. Der Be-
schwerdeführer hat sich nicht mehr zur Sache geäussert.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat die Begehren,
deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unter-
schrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu ent-
halten (Art. 108 Abs. 2 OG). Sie muss sich sachbezogen mit
dem angefochtenen Entscheid auseinandersetzen (BGE 118 Ib
134 ff.). Bei Laienbeschwerden gegen die Genehmigung der
Ausschaffungshaft stellt das Bundesgericht indessen keine
hohen Anforderungen an die Beschwerdebegründung (vgl.
BGE 122 I 275 E. 3b S. 277). Ist daraus ersichtlich, dass

sich der Betroffene - wie hier - (zumindest auch) gegen
seine Haft wendet, nimmt es entsprechende Eingaben als Ver-
waltungsgerichtsbeschwerden entgegen.

     2.- Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Aus-
schaffungshaft nehmen bzw. in dieser belassen, wenn die Vo-
raussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes vom 26. März
1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG;
SR 142.20) erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein
erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräfti-
ger, Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt (vgl. BGE 121
II 59 E. 2a S. 61), dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender
Reisepapiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist. Zudem
muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe
bestehen (BGE 124 II 1 E. 1 S. 3), die Ausschaffung recht-
lich und tatsächlich möglich sein (Art. 13c Abs. 5 lit. a
ANAG; vgl. BGE 122 II 148 E. 3 S. 152 ff.) und die Papierbe-
schaffung mit dem nötigen Nachdruck verfolgt werden (Art. 13b
Abs. 3 ANAG; Beschleunigungsgebot; BGE 124 II 49 ff.). Die
Haft darf höchstens drei Monate dauern; stehen dem Vollzug
der Wegweisung besondere Hindernisse entgegen, so kann die
Haft mit Zustimmung der kantonalen richterlichen Behörde um
höchstens sechs Monate verlängert werden (Art. 13b Abs. 2
ANAG).

     3.- a) Das Bundesamt für Flüchtlinge hat den Beschwer-
deführer am 13. Oktober 2000 aus dem Gebiet der Schweiz weg-
gewiesen. Dem Vollzug der Wegweisung stehen besondere Hin-
dernisse entgegen, da die Identität des Beschwerdeführers
nach wie vor nicht feststeht. Der Haftgrund der Untertau-
chensgefahr (Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG) ist gegeben, ist
doch der Beschwerdeführer in der Schweiz unter verschiedenen
Namen aufgetreten und hat sich zudem strafbar gemacht (vgl.
BGE 122 II 49 E. 2a S. 50/51).

        b) Dem Beschleunigungsgebot sind die Behörden nach-
gekommen: Mit Schreiben vom 15. Februar 2001 ersuchte die
Fremdenpolizei die Tunesische Botschaft in Bern darum, die
Identität des Beschwerdeführers festzustellen und gegebenen-
falls einen Laissez-Passer auszustellen. Am 21. Februar 2001
wandte sich das Bundesamt für Flüchtlinge an die Schweizer
Vertretung in Tunis. Für den 22. Februar 2001 wurde veran-
lasst, dass der Beschwerdeführer mit der tunesischen Bot-
schaft telephonisch Kontakt aufnehmen konnte. Dieser verwei-
gerte jedoch das Gespräch. Mit Schreiben vom 1. März 2001
ersuchte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
die tunesische Botschaft um die Ausstellung eines Laissez-
Passer für den Beschwerdeführer.

        c) Im vorliegenden Fall ist über das neue Asylge-
such des Beschwerdeführers noch nicht entschieden worden. Es
bestehen aber keine triftigen Gründe dafür, dass das Bundes-
amt für Flüchtlinge bzw. in zweiter Instanz die Schweizeri-
sche Asylrekurskommission den Asylentscheid nicht innert der
gesetzlich vorgesehenen Haftdauer fällen würde. Aufgrund der
Sachlage, wie sie vor der Haftrichterin bestanden hat, kann
demnach gegenwärtig nicht davon ausgegangen werden, der
Vollzug der Wegweisung sei angesichts des hängigen Asylge-
suchs nicht innert absehbarer Frist möglich (vgl. BGE 125 II
377 E. 5b S. 384).

        d) Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe seit
dem 24. Dezember 2000 nicht mehr essen können, und habe
seither über 25 kg an Gewicht verloren.

        Die Behörden sind dem Erfordernis, die Haft in ge-
eigneten Räumlichkeiten zu vollziehen (Art. 13d Abs. 2
erster Satz ANAG) nachgekommen, indem sie den Beschwerde-
führer mehrmals, zuletzt ins Inselspital in Bern, verlegt
haben. Damit ist seine medizinische Versorgung sicherge-
stellt. Dass er sich durch den Hungerstreik allenfalls kör-

perlich schädigt, lässt die Haftbelassung - soweit in deren
Rahmen alle gebotenen und erforderlichen medizinischen Vor-
kehrungen getroffen wurden - nicht zum Vornherein als
rechtswidrig erscheinen. Ein Hungerstreik bildet grundsätz-
lich keinen Grund, die Ausschaffungshaft zu beenden. Die
Fremdenpolizei bzw. der Haftrichter haben sich lediglich im
Rahmen der ordentlichen Haftprüfungen zu vergewissern, ob
und wieweit aufgrund allfällig eingetretener körperlicher
Beeinträchtigungen des Betroffenen eine Ausschaffung (auch
bei Vorliegen allfälliger Reisepapiere) mittel- und länger-
fristig aus gesundheitlichen - d.h. tatsächlichen Gründen im
Sinne von Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG - nicht möglich sein
könnte (BGE 124 II 1 E. 3b S. 7, mit Hinweisen); nötigen-
falls ist eine solche Überprüfung auch ausserhalb der or-
dentlichen Haftprüfungen vorzunehmen.

        e) Der Beschwerdeführer ist möglicherweise psy-
chisch angeschlagen, musste er doch mehrmals in die Psychia-
trische Universitätsklinik Basel (PUK) bzw. ins Inselspital
Bern eingewiesen werden, letztmals am 20. April 2001. In
welchem Umfang sein psychischer Zustand abgeklärt wurde, ist
aber nicht bekannt.

        Einen psychisch Kranken im ordentlichen Haftregime
zu belassen, kann ebenfalls gegen das Gebot verstossen, wo-
nach die Haft in geeigneten Räumlichkeiten zu vollziehen ist
(unveröffentlichtes Urteil vom 29. August 1997 i.S. Hassouna,
E. 1b/bb). Im vorliegenden Fall ist anzunehmen, dass zurzeit
dem Beschwerdeführer im Inselspital neben der körperlichen
auch die nötige psychische Betreuung zukommt.

        Hingegen fragt sich, ob aufgrund des psychischen
Zustandes des Beschwerdeführers eine Ausschaffung zumutbar
und zulässig ist (vgl. Art. 14a ANAG und Art. 3 EMRK). In
besonderen Fällen kann die Verhältnismässigkeit der Aus-
schaffungshaft auch fraglich sein, wenn zwar nicht bleibende

Unzumutbarkeit der Ausschaffung vorliegt, wohl aber vorüber-
gehende Unzumutbarkeit oder Transportunfähigkeit von einer
Dauer, welche die maximale Haftdauer von vornherein über-
steigt (vgl. BGE 122 II 148 E. 3 sowie unveröffentlichtes
Urteil vom 29. August 1997 i.S. Hassouna, E. 1b/cc). Eine
nähere Abklärung drängt sich daher für den weiteren Verlauf
der Haft - d.h. nötigenfalls schon vor einer zusätzlichen
Verlängerung der Haft - auf; dabei genügt - da psychiatri-
sche Gutachten erfahrungsgemäss viel Zeit in Anspruch neh-
men - vorderhand eine vorläufige Beurteilung des Geistes-
zustandes des Beschwerdeführers aus psychiatrischer Sicht.
Es wird anschliessend der Fremdenpolizei und dem Haftrichter
obliegen, daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen.

     4.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach dem Ge-
sagten abzuweisen. Der Beschwerdeführer würde damit grund-
sätzlich kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Angesichts
seiner finanziellen Verhältnisse ist jedoch von der Erhebung
einer Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 153 Abs. 1 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, den Ein-
wohnerdiensten des Kantons Basel-Stadt, Abteilung Interna-
tionale Kundschaft als kantonale Fremdenpolizei, dem Verwal-

tungsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelrichterin für
Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, und dem Bundesamt für
Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

                       _____________

Lausanne, 3. Mai 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                  Die Gerichtsschreiberin: