Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.158/2001
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2A.158/2001/bmt

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                       25. Juni 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Müller, Ersatzrichter
Zünd und Gerichtsschreiberin Diarra.

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                         In Sachen

1. J.________, geb. 4. Juli 1970,
2. M.________,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Jürg
Federspiel, Lindenstrasse 37, Zürich,

                           gegen

Fremdenpolizei des Kantons  A a r g a u,
Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons  A a r g a u,

                         betreffend
                         Ausweisung,

hat sich ergeben:

     A.- J.________, geb. 1970, dominikanischer Staatsange-
höriger, heiratete am 9. August 1991 die Schweizer Bürgerin
M.________. Er erhielt deshalb die Aufenthaltsbewilligung
und später die Niederlassungsbewilligung. Er ist Vater eines
ausserehelichen Kindes, F.________, das am 11. Mai 1997 ge-
boren wurde.

        Das Bezirksgericht Zürich sprach J.________ mit
Urteil vom 2. Oktober 1998 der mehrfachen Widerhandlung
gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig und verurteilte
ihn zu 5 Jahren Zuchthaus. Das Obergericht des Kantons
Zürich bestätigte am 31. August 1999 den Schuldspruch,
reduzierte die Strafe jedoch auf 3 3/4 Jahre Zuchthaus.
J.________ befand sich vom 14. April 1998 bis zu seiner
bedingten Entlassung am 8. April 2000 im Strafvollzug.

     B.- Am 7. Februar 2000 verfügte die Fremdenpolizei des
Kantons Aargau die Ausweisung aus der Schweiz auf den Zeit-
punkt der Haftentlassung. Eine Einsprache gegen diese Ver-
fügung wies die Fremdenpolizei am 10. April 2000 ab.

        Mit Urteil vom 23. Februar 2001 wies das Rekurs-
gericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau die von
J.________ und seiner Ehefrau M.________ erhobene Be-
schwerde ab.

     C.- J.________ und M.________ haben mit Eingabe
vom 28. März 2001 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, das Urteil des

Rekursgerichts aufzuheben und von einer Ausweisung abzu-
sehen. Für das bundesgerichtliche Verfahren beantragen sie
die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

        Die Fremdenpolizei des Kantons Aargau hat auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Das Rekursgericht verweist auf
den angefochtenen Entscheid und beantragt die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Ohne sich ausführlich ver-
nehmen zu lassen, beantragt auch das Bundesamt für Auslän-
derfragen, die Beschwerde abzuweisen.

     D.- Der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abtei-
lung hat der Beschwerde mit Verfügung vom 7. Mai 2001 die
aufschiebende Wirkung zuerkannt.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Gegen Ausweisungsverfügungen steht gemäss Art. 97
Abs. 1 OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen. Ein Aus-
schlussgrund im Sinne der Art. 99 - 102 OG liegt nicht vor;
insbesondere fällt die Ausweisung nicht unter die in Art. 100
Abs. 1 lit. b OG genannten, von der Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde ausgenommenen Verfügungen, sofern sie - wie im
vorliegenden Fall - gestützt auf Art. 10 des Bundesgesetzes
vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Aus-
länder (ANAG; SR 142.20) angeordnet worden ist (BGE 114 Ib 1
E. 1a S. 2).

        Zur Erhebung der Beschwerde ist nicht nur der
Ausländer selbst legitimiert, sondern auch dessen Ehefrau,

die ihrerseits im Sinne von Art. 103 lit. a OG ein schutz-
würdiges Interesse an der Überprüfung des angefochtenen
Urteils hat.

     2.- a) Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann ein
Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen
eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde.
Die Ausweisung darf jedoch nur ausgesprochen werden, wenn
sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint (Art. 11
Abs. 3 ANAG). Hierbei sind vor allem die Schwere des Ver-
schuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in
der Schweiz und die ihm und seiner Familie drohenden Nach-
teile zu berücksichtigen (Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungs-
verordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt
und Niederlassung der Ausländer, ANAV; SR 142.201).

        Die Frage, ob die Ausweisung im Sinne der Art. 11
Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV "angemessen", d.h. ver-
hältnismässig sei, ist eine Rechtsfrage, die vom Bundesge-
richt im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde frei
überprüft werden kann (Art. 104 lit. a OG). Dem Bundesge-
richt ist es jedoch verwehrt, sein eigenes Ermessen - im
Sinne einer Überprüfung der Zweckmässigkeit (Opportunität;
vgl. BGE 116 Ib 353 E. 2b S. 356 f.) der Ausweisung - an
die Stelle desjenigen der zuständigen kantonalen Behörde
zu setzen (BGE 125 II 105 E. 2a S. 107; 125 II 521 E. 2a
S. 523).

        b) Der Beschwerdeführer wurde vom Obergericht des
Kantons Zürich mit einer Zuchthausstrafe von 3 3/4 Jahren
belegt, so dass der Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1
lit. a ANAG gegeben ist. Zu prüfen ist damit, ob die Aus-
weisung als verhältnismässig erscheint, d.h. insbesondere,
ob die in Art. 16 Abs. 3 ANAV genannten Gesichtspunkte von
den kantonalen Behörden bei ihrem Entscheid berücksichtigt

und richtig angewandt worden sind. Dabei ist vorab festzu-
stellen, dass der Beschwerdeführer in schwerwiegender Weise
straffällig geworden ist. Er ist als eigentlicher "Klein-
unternehmer" im Drogenhandel tätig geworden, der alle not-
wendigen Verrichtungen vom Import bis zum Verkauf der Drogen
selber organisierte. Zunächst nahm er ab Anfang/Frühjahr
1995 bis Februar 1996 in Zürich insgesamt 260 Gramm Kokain
in Kommission, welches er in und um Olten weiterverkaufte.
Ab Februar 1996 bis zur Verhaftung am 8. Oktober 1997 führte
er insgesamt 2510 Gramm Kokain durch Kuriere/Schlucker aus
Kolumbien, einmal per Briefpost, in die Schweiz ein und ver-
kaufte davon 1610 Gramm (der Rest wurde beschlagnahmt) an
Drogendealer und Drogenkonsumenten ebenfalls im Raum Olten.
Der Beschwerdeführer ist über längere Zeit mit erheblicher
krimineller Energie seiner deliktischen Tätigkeit nachge-
gangen. Es ist mithin von einem schweren Verschulden aus-
zugehen und einem grossen öffentlichen Interesse an der
Ausweisung des Beschwerdeführers, wie das Rekursgericht
zutreffend festgestellt hat.

        c) aa) Je länger ein Ausländer in der Schweiz
anwesend war, desto strengere Anforderungen sind grundsätz-
lich an die Anordnung einer Ausweisung zu stellen. Zu be-
rücksichtigen ist auch, in welchem Alter der Ausländer in
die Schweiz eingereist ist (BGE 125 II 521 E. 2b S. 523 f.).
Der Beschwerdeführer ist im August 1991 im Alter von 21 Jah-
ren in die Schweiz gekommen. Unter Abzug der in Unfreiheit
verbrachten Zeit ist von einer Aufenthaltsdauer von rund
sieben Jahren auszugehen, wobei er allerdings schon nach
vier Jahren im Drogenhandel tätig wurde. Der Beschwerdefüh-
rer lebt zwar nicht erst seit kurzer Zeit in der Schweiz,
aber auch nicht besonders lange. Von einer ausgeprägten
Integration kann aufgrund der frühen Aufnahme der kriminel-
len Tätigkeit und ihrer Fortführung über eine relativ lange
Zeitspanne nicht gesprochen werden.

        bb) Das Rekursgericht hat in seinem Entscheid be-
rücksichtigt, dass der Beschwerdeführer mit einer Schweizer
Bürgerin verheiratet ist und eine aussereheliche Tochter
hat. Für die Ehefrau, die Beschwerdeführerin 2, wäre es
äusserst schwierig, ihrem Mann in seine Heimat zu folgen.
Sie ist erwerbstätig und arbeitet als Rayonchefin in einem
Verkaufsgeschäft. Einen Bezug zur Dominikanischen Republik
scheint sie nicht zu haben. Es muss mithin davon ausgegangen
werden, dass die eheliche Beziehung nicht mehr gelebt werden
könnte, wenn der Beschwerdeführer ausgewiesen würde. Auf-
grund der grossen Distanz würde eine Ausweisung aber auch
die Beziehung des Beschwerdeführers zur ausserehelichen
Tochter schwer beeinträchtigen, wenn nicht verunmöglichen.
Der Pflege der Grosseltern der Ehefrau hat das Rekursge-
richt zu Recht kein besonderes Gewicht beigemessen. In der
Tat ist nicht ersichtlich, welchen Beitrag der Beschwerde-
führer diesbezüglich in der Vergangenheit geleistet hätte.
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dazu zwar vorge-
bracht, auf sich allein gestellt könnte sich auch die Ehe-
frau nicht mehr gut um die Grosseltern kümmern. Doch er-
scheint auch diese Behauptung umso weniger schlüssig, als
der Beschwerdeführer sich während längerer Zeit im Straf-
vollzug befand und er seiner Ehefrau folglich kaum eine
Hilfe sein konnte. In einer kurzen Bemerkung bezweifelt das
Bundesamt für Ausländerfragen, ob die Ehe der Beschwerde-
führer noch intakt sei. Die Frage stellt sich tatsächlich,
hat der Beschwerdeführer doch mit einer anderen Frau ein
Kind gezeugt und wird im Schlussbericht der Kantonspolizei
eine dritte Frau als seine aktuelle Freundin bezeichnet. Die
kantonalen Behörden haben jedoch keine weiteren Abklärungen
vorgenommen, namentlich auch nicht die Ehefrau befragt, was
umso mehr angezeigt gewesen wäre, weil es nicht nur darauf
ankommt, ob die Ehe überhaupt noch gelebt wird, sondern für
die Interessenabwägung auch die Intensität der ehelichen
Beziehung bedeutsam ist (Alfred Koller, Die Reneja-Praxis
des Bundesgerichts, in: ZBl 86/1985 S. 517).

        cc) Indessen führt dies nicht zur Rückweisung der
Sache an die Vorinstanz, denn selbst wenn unterstellt wird,
dass die eheliche Beziehung heute intakt ist und es sich
bei der im Schlussbericht erwähnten Freundin nicht um eine
intime Bekanntschaft gehandelt hat, lässt sich die Interes-
senabwägung des Rekursgerichts nicht beanstanden und zwar
auch dann nicht, wenn es der Ehefrau nicht zumutbar wäre,
mit ihrem Gatten in der Dominikanischen Republik zu leben.
Dem Beschwerdeführer selber ist zuzumuten, in seine Heimat
zurückzukehren, in welcher er aufgewachsen war und wo er
bis zum 21. Lebensjahr gelebt hatte. Die Beziehung zur Ehe-
frau und zum Kind wird durch die Ausweisung zwar erheblich
tangiert oder gar verunmöglicht. Doch wiegt das öffentliche
Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers schwerer
und kann dem Rekursgericht jedenfalls nicht eine bundes-
rechtswidrige Gewichtung der relevanten Faktoren vorgehalten
werden.

        d) Einer Ausweisung des Beschwerdeführers steht
auch der in Art. 8 EMRK (und Art. 13 BV) verankerte Anspruch
auf Achtung des Familienlebens nicht entgegen. Selbst wenn
es der Ehefrau nicht zumutbar wäre, ihrem Mann in dessen Hei-
matland zu folgen, ergäbe sich daraus - entgegen der Meinung
der Beschwerdeführer - nicht, dass die Ausweisung mit der
Garantie von Art. 8 EMRK unvereinbar wäre. Der Anspruch nach
Art. 8 EMRK kann nämlich zur Verteidigung der Ordnung und zur
Verhinderung von strafbaren Handlungen eingeschränkt werden.
Angesichts des schwerwiegenden Verschuldens des Beschwerde-
führers durfte das Rekursgericht, ohne Bundesrecht zu verlet-
zen, die einer Ausweisung entgegenstehenden Interessen der
Ehefrau und des Kindes geringer werten als das öffentliche
Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers.

     3.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist deshalb als
unbegründet abzuweisen.

        Die Beschwerdeführer haben zwar ein Gesuch um un-
entgeltliche Rechtspflege gestellt (Art. 152 OG), ohne sich
aber - trotz entsprechender Aufforderung - über ihre Be-
dürftigkeit auszuweisen, weshalb sie entsprechend dem Pro-
zessausgang die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen haben
(Art. 156 Abs. 1 und 7 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

     3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Be-
schwerdeführern auferlegt.

     4.- Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der
Fremdenpolizei und dem Rekursgericht im Ausländerrecht des
Kantons Aargau sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen
schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 25. Juni 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
      Der Präsident:          Die Gerichtsschreiberin: