II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.140/2001
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2A.140/2001/sch II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG *********************************** 18. Januar 2002 Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Müller, Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Merkli und Gerichts- schreiber Fux. --------- In Sachen Versicherungs-Gesellschaft X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Steiner, Asyl- strasse 77, Zürich, gegen Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, Eidgenössische Steuerrekurskommission, betreffend Stempelabgabe auf Versicherungsprämien, hat sich ergeben: A.- Die Versicherungs-Gesellschaft X.________ bietet das Versicherungsprodukt "A.________" und "B.________" an. Dieses setzt sich aus einem Sparteil, bestehend aus einer Versicherung auf den Erlebensfall mit Rückgewähr, und einem Risikoteil, bestehend aus einer Versicherung auf den Todes- fall und bei Erwerbsunfähigkeit, zusammen. Erlebt die versi- cherte Person den vertraglich vereinbarten Termin, so hat sie Anspruch auf Auszahlung dieses Sparteils, der während der Laufzeit der Versicherung durch die Zahlungen der Spar- prämien gebildet wird. Im Todesfall zahlt die Versicherungs- gesellschaft eine bestimmte, vertraglich festgesetzte Ver- sicherungssumme zuzüglich des zur Bildung dieses Sparteils verwendeten rückgewährberechtigten Betrages aus. Im Fall einer vorzeitigen Vertragsauflösung erhält die versicherte Person das Deckungskapital dieses Sparteils. B.- Mit Schreiben vom 1. April 1999 stellte die Ver- sicherungs-Gesellschaft X.________ bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung das Gesuch, es sei festzustellen, dass die Versicherungen "A.________" und "B.________" rückkaufsfähige Lebensversicherungen mit periodischer Prämienzahlung im Sinne von Art. 22 lit. a des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG; SR 641.10) darstellten. Gleichzeitig verlangte sie die Rückerstattung der jeweils unter Vorbehalt bezahlten Stempelabgaben. Mit Verfügung vom 4. August 1999 entschied die Eid- genössische Steuerverwaltung, die A.________-Versicherungen der Versicherungs-Gesellschaft X.________ seien stempel- rechtlich als rückkaufsfähige Lebensversicherungen zu be- trachten. Bei den Sparprämien für diese Versicherung handle es sich nicht um eine periodische Bezahlung von "Jahresprä- mien" im Sinne von Art. 26b Abs. 1 der Verordnung vom 3. De- zember 1973 über die Stempelabgaben (StV; SR 641.101), son- dern um eine Folge von mehreren "Einmalprämien". Die Abgabe von 2,5 Prozent auf der Prämie sei daher gemäss Art. 24 StG weiterhin zu entrichten. Eine dagegen erhobene Einsprache wurde mit Entscheid vom 9. März 2000 abgewiesen. C.- Gegen den Einspracheentscheid führte die Versiche- rungs-Gesellschaft X.________ Beschwerde an die Eidgenössi- sche Steuerrekurskommission. Mit Entscheid vom 13. Februar 2001 wies diese die Beschwerde ab. D.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundes- gericht stellt die Versicherungs-Gesellschaft X.________ folgende Anträge: "1. Der Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurs- kommission vom 13. Februar 2001 sei aufzuheben und es sei festzustellen, a) dass die Versicherungen A.________ und B.________ gemäss den Vertragsbedingungen Ausgabe 1/1998 rückkaufsfähige Lebensver- sicherungen mit periodischer Prämienzahlung im Sinne von Art. 22 lit. a StG darstellen und daher von der Stempelabgabe ausgenommen sind. b) dass die Versicherungen A.________ und B.________ gemäss den Vertragsbedingungen Ausgabe 1999 rückkaufsfähige Lebensversiche- rungen mit periodischer Prämienzahlung im Sinne von Art. 22 lit. a StG darstellen und daher von der Stempelabgabe ausgenommen sind. 2. Eventualiter sei festzustellen, dass die Versi- cherungen A.________ und B.________ gemäss Ver- tragsbedingungen Ausgabe 1/1998 bzw. Vertragsbedin- gungen Ausgabe 1999 rückkaufsfähige Lebensversiche- rungen mit periodischer Prämienzahlung im Sinne von Art. 22 lit. a StG darstellen und daher von der Stempelabgabe ausgenommen sind, sofern bei Nichtbe- zahlung der Sparprämie (wie bei Nichtbezahlung der Risikoprämie) eine Mahnung erfolgt. 3. Für den Fall einer Gutheissung der Anträge unter Ziffer 1 lit. a und/oder unter Ziffer 1 lit. b und/ oder unter Ziffer 2 sei die Eidgenössische Steuer- verwaltung anzuweisen, die Stempelabgaben, die unter Vorbehalt seit 1. April 1998 auf Prämien für die Versicherungsprodukte A.________ und B.________ an die Eidgenössische Steuerverwaltung abgeführt worden sind, der Beschwerdeführerin zuhanden der Prämienzahler zurückzuerstatten." Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt die Abweisung der Beschwerde, während die Eidgenössische Steuer- rekurskommission auf Vernehmlassung verzichtet hat. Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1.- Gegen Beschwerdeentscheide der Eidgenössischen Steuerrekurskommission auf dem Gebiet der Stempelabgaben ist nach Art. 40 StG und Art. 97 ff. OG die Verwaltungsgerichts- beschwerde an das Bundesgericht zulässig. Auf die im Übrigen frist- und formgerechte Beschwerde ist daher einzutreten. 2.- Nach Art. 1 Abs. 1 lit. c StG erhebt der Bund Stem- pelabgaben unter anderem auf der Zahlung von Versicherungs- prämien. Gegenstand der Abgabe sind nach der Regel des Art. 21 StG die Prämienzahlungen von Versicherungen, die zum inländischen Bestand eines der Aufsicht des Bundes unterstellten oder eines inländischen öffentlichrechtlichen Versicherers gehören (lit. a) oder die ein inländischer Ver- sicherungsnehmer mit einem nicht der Bundesaufsicht unter- stellten ausländischen Versicherer abgeschlossen hat (lit. b). Von der Abgabe ausgenommen sind gemäss Art. 22 lit. a StG (in der Fassung vom 10. Oktober 1997) die Prä- mienzahlungen für die nichtrückkaufsfähige Lebensversiche- rung sowie die rückkaufsfähige Lebensversicherung mit perio- discher Prämienzahlung; der Bundesrat legt in einer Verord- nung die notwendigen Abgrenzungen fest. Als rückkaufsfähig gelten Lebensversicherungen, bei denen der Eintritt des ver- sicherten Ereignisses gewiss ist. Darunter fallen insbeson- dere die gemischte Versicherung, die lebenslängliche Todes- fallversicherung und die Rentenversicherung mit Prämienrück- gewähr (Art. 26a Abs. 1 StV). Als rückkaufsfähige Lebensver- sicherungen mit periodischer Prämienzahlung im Sinne von Art. 22 lit. a StG gelten Versicherungen, die mit im Wesent- lichen gleich hohen, über die gesamte Vertragslaufzeit ver- teilten Jahresprämien finanziert werden (Art. 26b Abs. 1 StV). Streitig ist, ob die umschriebenen Versicherungs- produkte "A.________" und "B.________" rückkaufsfähige Lebensversicherungen mit periodischer Prämienzahlung dar- stellen, insbesondere ob die Sparprämie als Jahresprämie im Sinne von Art. 26b Abs. 1 StV zu betrachten ist. 3.- Soweit die streitigen Versicherungsprodukte auf- grund der Vertragsbedingungen Ausgabe 1/1998 zu beurteilen sind, hat die Vorinstanz diese Frage zu Recht verneint: Nach diesen Bedingungen enthalten die "A.________" und "B.________"-Versicherungen einen Sparteil, auf den die Versicherungsnehmer "flexibel" einzahlen können. Die hiefür zu leistende Prämie wird als "Zielsparprämie" bezeichnet; sie wird ausdrücklich als Einzahlungsmaximum definiert, wobei die entsprechenden Einzahlungen "flexibel und zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb eines Versicherungsjahres möglich" sind (Ziff. FL8 der Bedingungen). Daraus folgt, dass die für den Sparteil geschuldete Prämie nicht zum Vornherein feststeht, sondern der Versicherungsnehmer frei über deren Höhe entscheiden kann, solange er das Ein- zahlungsmaximum nicht überschreitet. In den bei den Akten liegenden Musterofferten wird denn auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Sparprämien "bis zur vereinbarten Höhe" einbezahlt werden könnten. Dementsprechend kann die im Erlebensfall geschuldete Leistung bei Vertragsabschluss nicht beziffert werden; sie ergibt sich vielmehr aus den tatsächlich einbezahlten Sparprämien. Liegt es aber grund- sätzlich in der Hand des Versicherungsnehmers, bis zu wel- cher Höhe er einen Sparteil aufbauen will, kann nicht mehr von einer Versicherung, die im Sinne von Art. 26b Abs. 1 StV "mit im Wesentlichen gleich hohen, über die gesamte Ver- tragslaufzeit verteilten Jahresprämien finanziert" wird, gesprochen werden. Eine Befreiung von der Stempelabgabe kommt daher für die Prämien auf dem Sparteil nicht in Frage. Dass der Sparteil der A.________-Versicherung untrennbar mit dem Risikoteil verbunden ist und dass auch für die Spar- prämie zusätzlich eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung ab- geschlossen werden kann, vermag nichts daran zu ändern, dass die vereinbarte Sparprämie nur als Zielgrösse zu verstehen ist und demzufolge keine eigentliche Jahresprämie darstellt. Das gilt auch, wenn im Einzelfall im Nachhinein festgestellt würde, dass die Sparprämie tatsächlich über mehrere Jahre hinweg in im Wesentlichen gleichbleibender Höhe geleistet worden ist; die Beschwerdeführerin kann in solchen Fällen nicht nachträglich die Rückerstattung der bereits geleiste- ten Abgaben verlangen. 4.- In den Vertragsbedingungen Ausgabe 1999 hat die Be- schwerdeführerin gewisse Klauseln betreffend die A.________- Versicherungen abgeändert. So wird im Ingress nicht mehr ge- sagt, dass auf den Sparteil "flexibel" einbezahlt werden könne. Auch wird nicht mehr von "Zielsparprämie", sondern bloss noch von "Sparprämie" gesprochen (Ziff. FL8 der Bedin- gungen). Neu wird sodann auch für die Sparprämie ein Fällig- keitsdatum festgelegt, wobei jedoch im Unterschied zur Risi- koprämie eine Zahlungsfrist von 12 Monaten gewährt wird. Weiterhin wird aber die Leistung im Erlebensfall nicht zum Voraus beziffert, sondern als "Sparteil, der während der Laufzeit der Versicherung durch die (tatsächlich) einbe- zahlten Sparprämien gebildet wurde", definiert. Auch wird das streitige Produkt immer noch als "flexible Lebensver- sicherung" bezeichnet, was angesichts des fixen Charakters des Risikoteils nichts anderes heissen kann, als dass der Sparteil flexibel ausgestaltet ist, d.h. die Sparprämie Schwankungen unterliegen darf. In der Beschwerde an die Vor- instanz hat die Beschwerdeführerin sodann eingeräumt, dass sie den Versicherungsnehmer - anders als bei der Risiko- prämie - nicht mahne, wenn er die Sparprämie ganz oder teil- weise nicht einzahle. Die Vorinstanz hat daraus geschlossen, dass der Versicherungsnehmer trotz der formellen Abänderung der Vertragsbedingungen in Wirklichkeit weiterhin bis zur Höhe der jährlichen Sparprämie einseitig festlegen könne, welchen Betrag er auf den Sparteil einzahlt, weshalb auch für die unter die neuen Bedingungen fallenden Verträge die Abgabebefreiung nicht gewährt werden könne. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, dringt nicht durch. So vermag nicht zu überzeugen, dass die Flexibilität der A.________-Versicherung einzig darin bestehen soll, dass die Zahlungsfrist für die Sparprämie mit 12 Monaten länger sei als bei der Prämie einer klassi- schen Lebensversicherung, und der Versicherungsnehmer sie in einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb des Versicherungsjahres und allenfalls auch in Raten bezahlen könne. Diese Erleich- terung würde es für sich allein kaum rechtfertigen, die Ver- sicherung als "flexibel" zu bezeichnen, zumal auch die Risi- koprämie - allerdings gegen einen entsprechenden Zuschlag - in Raten bezahlt werden kann (Ziff. R5 der Bedingungen). Die Beschwerdeführerin kann auch daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten, dass die gemäss den Vertragsbedingungen Ausgabe 1999 vereinbarte Sparprämie stets in vollem Umfang geschul- det sei und dass sich der Versicherungsnehmer, der die Prä- mie nicht oder nicht vollumfänglich bezahle, vertragswidrig verhalte, bleibt doch die Verletzung dieser Vertragspflicht weitgehend sanktionslos. Der mit der Bezahlung der Sparprä- mie säumige Versicherungsnehmer hat praktisch einzig zu be- fürchten, dass die im Erlebensfall geschuldete Leistung, die durch die während der Laufzeit der Versicherung einbezahlten Sparprämien gebildet wird, entsprechend niedriger ausfällt. Zwar ist richtig, dass auch bei der klassischen Lebensver- sicherung die ausstehenden Prämien regelmässig nicht in Be- treibung gesetzt werden. Vielmehr treten die besonderen Ver- zugsfolgen des Versicherungsvertragsrechts ein: Wird die Prämie zur Verfallzeit oder während der im Vertrag einge- räumten Nachfrist nicht entrichtet, so ist der Schuldner unter Androhung der Säumnisfolgen aufzufordern, binnen 14 Tagen Zahlung zu leisten (Art. 20 Abs. 1 des Bundesge- setzes vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag [VVG; SR 221.229.1]); bleibt die Mahnung ohne Erfolg, so ruht die Leistungspflicht des Versicherers vom Ablauf der Mahnfrist an (Art. 20 Abs. 3 VVG); allenfalls wird die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt (Art. 90, 93 VVG; vgl. auch Ziffn. R7 und R9 der Vertragsbedingungen). Diese Säumnisfolgen haben aber hinsichtlich des Sparteils der vor- liegenden Versicherungen zum Vornherein keinen Sinn, da we- der für den Erlebens- noch für den Todesfall die Pflicht zur Erbringung einer zum Voraus bestimmten Versicherungssumme besteht, die allenfalls ruhen oder umgewandelt werden könn- te. Man kann sich deshalb fragen, ob bezüglich des Sparteils überhaupt eine Versicherung vorliegt, ist doch nicht erkenn- bar, welches Risiko die Beschwerdeführerin mit den empfange- nen Sparprämien abdeckt. Zwar ist die Garantie einer be- stimmten Erlebensfallsumme nicht unter den in Art. 26b StV aufgezählten Voraussetzungen für die Ausnahme von der Stem- pelabgabe auf Versicherungsprämien aufgeführt. Das schliesst es aber nicht aus, im Fehlen der Garantie einer vertraglich festgelegten Erlebensfallsumme ein Indiz dafür zu erblicken, dass es sich beim Sparteil dieser Versicherungen nicht um eine abgabebefreite Lebensversicherung mit periodischer Prä- mienzahlung handelt. Im Übrigen gilt auch für die Vertrags- bedingungen Ausgabe 1999, dass die Möglichkeit des Abschlus- ses einer Zusatzversicherung, die im Fall der Erwerbsunfä- higkeit von der Bezahlung der Sparprämie befreit, am Charak- ter dieser Prämie nichts ändert. 5.- In ihrem Eventualbegehren ersucht die Beschwerde- führerin um Feststellung, dass die A.________-Versicherungen jedenfalls dann von der Stempelabgabe auszunehmen seien, wenn bei Nichtbezahlung der Sparprämie eine Mahnung erfolgt. Indessen hat eine Mahnung bezüglich der Sparprämie beim streitigen Versicherungsprodukt nach dem soeben Gesagten keinen vernünftigen Sinn. Die Beschwerdeführerin sagt denn auch nicht, welche Säumnisfolgen sie den mit der Bezahlung der Sparprämie säumigen Versicherungsnehmern androhen will. Eine nicht mit weiteren Folgen verbundene Mahnung vermöchte aber nichts daran zu ändern, dass es sich bei den Sparprä- mien nicht um periodische Lebensversicherungsprämien han- delt, die gemäss Art. 22 lit. a StG von der Stempelabgabe ausgenommen sind. 6.- Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 153, 153a und 156 Abs. 1 OG). Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Be- schwerdeführerin auferlegt. 3.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und der Eidgenössischen Steuerverwaltung (Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben) sowie der Eidgenössischen Steuerrekurskommission schriftlich mitge- teilt. ______________ Lausanne, 18. Januar 2002 Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: