Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.729/2001
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2001
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2001


1P.729/2001/bie

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                     22. November 2001

Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung,
Bundesrichter Catenazzi, Ersatzrichterin Pont Veuthey
und Gerichtsschreiber Pfäffli.

                         ---------

                         In Sachen

M.________, A.________, Beschwerdeführer,

                           gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons  T h u r g a u,
Obergericht des Kantons  T h u r g a u,

                         betreffend
  Strafverfahren; unentschuldigtes Nichterscheinen an der
                    Berufungsverhandlung,

            zieht das Bundesgericht in Erwägung:

     1.- Das Obergericht des Kantons Thurgau lud M.________
am 22. Mai 2001 zur Berufungsverhandlung vom 5. Juli 2001,
15.00 Uhr, vor. M.________ versuchte vergeblich mit Telefon-
anrufen vom 29. Juni 2001 und 2. Juli 2001 die Berufungs-
verhandlung kurzfristig zu verschieben. Am 5. Juli 2001 um
14.30 Uhr teilte er der Obergerichtskanzlei telefonisch mit,
er stehe mit seinem Wagen in Immendingen D und habe eine
Panne. Er fragte an, ob er mit dem Zug oder mit einem Taxi
kommen solle. Auf die Frage, wie er in den nächsten zehn
Minuten telefonisch erreichbar sei, nannte er eine Natel-
nummer; der Rückruf der Obergerichtskanzlei von 14.40 Uhr
erreichte ihn nicht, doch wurde ihm über die Combox mit-
geteilt, er solle so schnell wie möglich zum Obergericht
kommen. M.________ erschien in der Folge nicht.

        Das Obergerichtspräsidium setzte M.________ am
9. Juli 2001 (mit eingeschriebener Post) bzw. am 23. Juli
2001 (mit gewöhnlicher Post) eine Frist von sieben Tagen,
um Belege darüber einzureichen, aus welchen Gründen er nicht
pünktlich bzw. in der Folge überhaupt nicht zur Berufungsver-
handlung erschienen sei. M.________ liess sich jedoch nicht
vernehmen.

     2.- Das Obergericht des Kantons Thurgau schrieb mit
Beschluss vom 2. Oktober 2001 die Berufung zufolge Rückzugs
als erledigt ab. Zur Begründung führte es zusammenfassend
aus, dass gemäss § 207 der kantonalen Strafprozessordnung
(StPO) die Berufung als zurückgezogen gelte, wenn die Beru-
fungspartei zu Beginn der Verhandlung unentschuldbar aus-
bleibe. Für die Frage der Entschuldbarkeit gelte ein stren-

ger Massstab. Eine Motorfahrzeugpanne könne unter Umständen
eine Verspätung entschuldigen. Vorliegend bestünden jedoch
gewisse Zweifel, ob tatsächlich eine Panne vorlag. Trotz
entsprechender schriftlicher Aufforderung habe es der Beru-
fungskläger unterlassen, einen Beleg einzureichen oder sich
vernehmen zu lassen. Ausserdem hätte eine Panne lediglich
als Entschuldigungsgrund für eine Verspätung gelten können,
nicht jedoch dafür, zum angesetzten Termin überhaupt nicht
zu erscheinen.

     3.- M.________ führt gegen den Beschluss des Oberge-
richts des Kantons Thurgau staatsrechtliche Beschwerde mit
dem Antrag, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben.

        Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von
Vernehmlassungen.

     4.- Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staats-
rechtliche Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine
kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfas-
sungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern
sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind.
Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundes-
gericht nur klar und detailliert erhobene Rügen (BGE 127 I
38 E. 3c mit Hinweisen).

        Der Beschwerdeführer beanstandet die ihm vom Ober-
gerichtspräsidium angesetzte Frist von sieben Tagen als zu
kurz; ausserdem beruft er sich auf die Gerichtsferien. Aus
seiner Beschwerde ergibt sich jedoch nicht - und ist auch
nicht ersichtlich -, weshalb ihm die Obergerichtskanzlei

eine längere Frist hätte ansetzen müssen. Mit dem Beschwer-
deführer ist zwar davon auszugehen, dass gemäss § 45 StPO
vom 15. Juli bis 31. August die Gerichtsferien dauern. Er
legt jedoch nicht dar, dass er unter Berücksichtigung der
Gerichtsferien dem Obergericht rechtzeitig mitgeteilt habe,
aus welchen Gründen er überhaupt nicht mehr zur Berufungs-
verhandlung erschienen sei. Es ist vielmehr davon auszuge-
hen, dass er sich zu der vom Obergerichtspräsidium verfüg-
ten Einladung zur Vernehmlassung überhaupt nicht vernehmen
liess. Schliesslich legt der Beschwerdeführer auch nicht
rechtsgenüglich dar, inwiefern das Obergericht - nachdem
sich wie gesagt der Beschwerdeführer nicht mehr vernehmen
liess - in verfassungs- oder konventionswidriger Weise die
Berufung zufolge Rückzugs als erledigt abgeschrieben haben
sollte. Auf die Beschwerde ist demnach mangels einer genü-
genden Begründung nicht einzutreten.

     5.- Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Be-
schwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen
(Art. 156 Abs. 1 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht
eingetreten.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem
Beschwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der
Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 22. November 2001

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: