Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.724/2001
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1P.724/2001/sta

Urteil vom 20. Dezember 2001

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Catenazzi, Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Haag.

X.________, Beschwerdeführer,

gegen

Grosser Rat des Kantons Aargau, Regierungsgebäude, 5001 Aarau.

Begnadigung

(Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Begnadigungsentscheid des Grossen Rats
des Kantons Aargau vom 24. Oktober 2001)

Sachverhalt:

A.
Das Bezirksgericht Aarau sprach X.________ am 7. Juli 1999 der qualifizierten
sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz  schuldig
und bestrafte ihn mit 15 Monaten Gefängnis unbedingt. Das Obergericht des
Kantons Aargau wies die von X.________ eingereichte Berufung am 23. März 2000
ab. Auf eine staatsrechtliche Beschwerde in dieser Sache ist das
Bundesgericht am 8. Juni 2000 nicht eingetreten (1P.354/2000).

B.
Mit Schreiben an das Departement des Innern des Kantons Aargau vom 7. März
2001 ersuchte X.________ um Begnadigung. Die Begnadigungskommission des
Grossen Rats des Kantons Aargau lehnte das Begnadigungsgesuch am 4. September
2001 ab. Diesen Entscheid hat der Grosse Rat am 23. Oktober 2001 genehmigt.

C.
Mit Eingabe vom 15. November 2001 erhebt X.________ staatsrechtliche
Beschwerde gegen den ablehnenden Begnadigungsentscheid. Er beantragt die
Begnadigung, den Aufschub des Antritts des Strafvollzugs sowie die Anordnung
einer angemessenen Vollzugsform. In einer weiteren Eingabe vom 30. Novem-ber
2001 ersucht der Beschwerdeführer um die Befreiung von allfälligen
Gerichtskosten.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und
gegebenenfalls in welchem Umfang auf eine staatsrechtliche Beschwerde
einzutreten ist (BGE 126 I 81 E. 1 S. 83 mit Hinweisen).

1.1 Der Beschluss des Grossen Rats des Kantons Aargau, mit welchem das
Begnadigungsgesuch des Beschwerdeführers abgelehnt wird, ist ein
letztinstanzlicher kantonaler Hoheitsakt sui generis, gegen den weder die
eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde noch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
zulässig sind (BGE 106 Ia 131 E. 1a S. 132; 117 Ia 84 E. 1a S. 85; 118 Ia 104
E. 1a S. 106). Es stellt sich daher die Frage nach der Zulässigkeit der
staatsrechtlichen Beschwerde.

1.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist gegen einen ablehnenden
Begnadigungsentscheid auch die staatsrechtliche Beschwerde grundsätzlich
nicht gegeben. Da der Betroffene keinen Anspruch auf Begnadigung besitzt,
mangelt es ihm an einem rechtlich geschützten Interesse zur Anfechtung eines
ablehnenden Entscheids, welches gemäss Art. 88 OG Voraussetzung der
Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde ist. Hingegen kann der
Betroffene damit die Verletzung derjenigen Parteirechte rügen, die ihm
aufgrund des kantonalen Rechts oder aufgrund von Art. 9 BV im
Begnadigungsverfahren zustehen. Angesichts dessen, dass es sich bei der
Begnadigung um einen Gnadenakt handelt, auf den der Betroffene keinen
Anspruch hat, stehen diesem im Begnadigungsverfahren Parteirechte allerdings
nur in beschränktem Umfang zu (BGE 117 Ia 84 E. 1b S. 86 mit Hinweisen). Der
Beschwerdeführer rügt nicht die Verletzung solcher Parteirechte im
Begnadigungsverfahren, sondern beschwert sich über das Strafverfahren und die
ihm vom Strafrichter auferlegte Strafe. Diese Fragen können indessen nicht
zum Gegenstand der vorliegenden Beschwerde gegen den ablehnenden
Begnadigungsentscheid gemacht werden. Auf die staatsrechtliche Beschwerde
kann somit nicht eingetreten werden.

1.3 Zudem ist die staatsrechtliche Beschwerde, von hier nicht in Betracht
fallenden Ausnahmen abgesehen, rein kassatorischer Natur. Aus diesem Grund
kann das Bundesgericht auf die Beschwerde ohnehin nicht eintreten, soweit
darin mehr verlangt wird als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids (BGE
124 I 327 E. 4 S. 332 ff.; 127 II 1 E. 2c S. 5, je mit Hinweisen).

2.
Angesichts der Umstände der vorliegenden Angelegenheit kann ausnahmsweise auf
die Erhebung einer Gerichtsgebühr für das bundesgerichtliche Verfahren
verzichtet werden (Art. 156 Abs. 1 OG). Mit der Beendigung des Verfahrens
wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Grossen Rat des Kantons
Aargau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Dezember 2001

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: