Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.665/2001
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1P.665/2001 /sta

Beschluss vom 24. Mai 2002

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Nay, Aeschlimann,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Kreis,
Kornhausstrasse 3, Postfach 1149, 9001 St. Gallen,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell A.Rh., Rathaus, 9043 Trogen,
Obergericht von Appenzell A.Rh., 2. Abteilung, Dorf 7, Fünfeckpalast,
Postfach, 9043 Trogen.

Haftentschädigung

(Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts von Appenzell
A.Rh., 2. Abteilung, vom 26. Juni 2001)

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Obergericht von Appenzell Ausserrhoden sprach X.________ mit Urteil vom
26. Juni 2001 von der Anklage der versuchten Vergewaltigung und der sexuellen
Nötigung frei. Dagegen sprach es ihn des mehrfachen Führens eines
Personenwagens in angetrunkenem Zustand und des Nichtbeachtens eines
Nachtfahrverbots schuldig und verurteilte ihn, unter Anrechnung der
erstandenen Untersuchungshaft von 21 Tagen, zu fünf Wochen Gefängnis, bedingt
aufgeschoben bei einer Probezeit von drei Jahren, und Fr. 1'500.-- Busse.

Bezüglich der Frage der Haftentschädigung führte das Obergericht in Ziffer 8
seiner Erwägungen aus, dass der Angeklagte, wie schon vor Kantonsgericht, den
Antrag gestellt habe, es sei davon Vormerk zu nehmen, dass er sich die
Geltendmachung einer Haftentschädigung vorbehalte. Die prozessualen
Bestimmungen würden jedoch eine derartige Vormerknahme nicht vorsehen. Die
Frage der Haftentschädigung werde mit dem Sachurteil geregelt. Der Angeklagte
habe an der mündlichen Appellationsverhandlung keinen konkreten Antrag auf
eine Entschädigung für die erstandene Untersuchungshaft gestellt, so dass
hievon Umgang zu nehmen sei.

2.
Gegen das Urteil des Obergerichts von Appenzell Ausserrhoden führt X.________
mit Eingabe vom 12. Oktober 2001 staatsrechtliche Beschwerde. Er beanstandet
die Verweigerung einer Haftentschädigung.
Da X.________ bereits am 19. September 2001 ein Gesuch um Erläuterung des
obergerichtlichen Urteils gestellt hatte, sistierte das Bundesgericht
antragsge-mäss das bundesgerichtliche Verfahren bis zum Entscheid des
Obergerichts von Appenzell Ausserrhoden über das bei ihm hängige
Erläuterungsgesuch.

3.
Das Obergericht hiess am 30. Oktober 2001 das Erläuterungsgesuch gut und
sprach X.________ für die zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft eine
Haftentschädigung von Fr. 5'000.-- zu. Daraufhin teilte X.________ dem
Bundesgericht mit, dass die staatsrechtliche Beschwerde gegen das
obergerichtliche Urteil vom 26. Juni 2001 wohl gegenstandslos geworden sei.
Er stellte den Antrag, die staatsrechtliche Beschwerde als gegenstandslos
geworden abzuschreiben. Dabei seien ihm keine Kosten aufzuerlegen und ihm sei
eine Parteientschädigung nach Ermessen festzusetzen bzw. die unentgeltliche
Rechtspflege zu gewähren.
Die kantonalen Behörden haben sich dazu nicht vernehmen lassen.

4.
Die staatsrechtliche Beschwerde richtet sich gegen die Abweisung bzw.
Nichtbeurteilung der Haftentschädigungsforderung. Mit der Zusprechung einer
Haftentschädigung im obergerichtlichen Urteil vom 30. Oktober 2001 ist das
vorlie-gende Beschwerdeverfahren gegenstandslos geworden.

Bei gegenstandslos gewordener Beschwerde hat das Bundesgericht über die
Kostenfolgen des bei ihm anhängig gemachten Verfahrens mit summarischer
Begründung zu entscheiden (Art. 72 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG). Danach
sind die Kosten derjenigen Partei aufzuerlegen, die sich bei der Beurteilung
des Rechtsstreites materiell im Unrecht befunden hätte.

5.
Das Obergericht hat mit der Zusprechung einer Haftentschädigung im
Erläuterungsverfahren dem Antrag des Beschwerdeführers entsprochen. Die
sinngemässe Abweisung eines entsprechenden Antrages im obergerichtlichen
Urteil vom 26. Juni 2001 (vgl. Ziffer 8 der Urteilserwägungen) führte
letztlich zum vorliegenden Beschwerdeverfahren. Unter diesen Umständen ist
der Beschwerdeführer der Sache nach als obsiegend im Sinne von Art. 156 bzw.
159 OG zu erachten, ohne dass seine Rügen noch einer näheren Prüfung
bedürften.

Dementsprechend hat der Kanton Appenzell Ausserrhoden dem Beschwerdeführer
eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 OG).
Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Bei diesem Ausgang
des Verfahrens wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.

Demnach beschliesst das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 72 BZP i.V.m. Art. 40 OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird als gegenstandslos geworden
abgeschrieben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Appenzell Ausserrhoden hat den Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieser Beschluss wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des
Kantons Appenzell A.Rh. und dem Obergericht von Appenzell A.Rh., 2.
Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Mai 2002

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: