Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.643/2001
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2001
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2001


1P.643/2001/bie

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                     17. Dezember 2001

Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung,
Bundesrichter Nay, Bundesrichter Favre und Gerichts-
schreiber Störi.

                         ---------

                         In Sachen

J.________, Kantonale Strafanstalt Pöschwies, Regensdorf,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Christof
Tschurr, Bellerivestrasse 59, Postfach, Zürich,

                           gegen

Direktion der kantonalen Strafanstalt  P ö s c h w i e s,
Amt für Justizvollzug des Kantons  Z ü r i c h,
Direktion der Justiz und des Innern des Kantons  Z ü r i c h,

                         betreffend
                    Urlaubsverweigerung,

hat sich ergeben:

     A.- J.________ befindet sich seit dem 10. März 1994
wegen verschiedener gegen ihn ausgesprochener Freiheitsstra-
fen im Strafvollzug; das definitive Strafende fällt auf den
14. Dezember 2001.

        Am 25. Juni 2001 wies der Sonderdienst des Amtes
für Justizvollzug das Urlaubsgesuch von J.________ vom
21. Mai 2001 ab.

        Gegen diesen Entscheid rekurrierte J.________ am
25. Juli 2001. Der Rekurs wurde von der Direktion der Justiz
und des Innern des Kantons Zürich am 3. September 2001 unter
Verweigerung der unentgeltlichen Verbeiständung abgewiesen.

     B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 8. Oktober
2001 wegen Verletzung der persönlichen Freiheit und der
Rechtsgleichheit sowie des Willkürverbotes beantragt
J.________, den Entscheid der Direktion der Justiz und des
Innern aufzuheben.

     C.- Die Direktion der Justiz und des Innern und das Amt
für Justizvollzug verzichten auf Vernehmlassung.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu
Art. 88 OG muss der Beschwerdeführer ein aktuelles prak-

tisches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Ent-
scheids beziehungsweise an der Überprüfung der von ihm er-
hobenen Rügen haben, damit auf die Beschwerde eingetreten
werden kann (BGE 116 Ia 150 E. 2a; 116 II 729 E. 6; 114 Ia
90 E. 1b). Ein aktuelles praktisches Interesse fehlt ins-
besondere dann, wenn der Nachteil auch bei Gutheissung der
Beschwerde nicht mehr behoben werden kann (BGE 118 Ia 490
E. 1a; 116 II 729 E. 6). Liegt das praktische Interesse im
Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung vor, fällt es aber nach-
träglich weg, ist die Beschwerde als gegenstandslos abzu-
schreiben (Art. 72 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG; BGE
125 II 86 E. 5b S. 97).

        Der Beschwerdeführer hat seine Strafe am 14. De-
zember 2001 verbüsst, weshalb sich für ihn die Frage eines
Hafturlaubes nicht mehr stellt. Er könnte daher mit der Gut-
heissung seiner Beschwerde nichts gewinnen, weshalb sie als
gegenstandslos geworden abzuschreiben ist.

        b) Dies gilt allerdings nicht, soweit dem Be-
schwerdeführer im angefochtenen Entscheid die unentgelt-
liche Verbeiständung verweigert wurde. In diesem Punkt ist
die Beschwerde indessen offensichtlich unbegründet. Die
Direktion der Justiz und des Innern hat dazu im angefoch-
tenen Entscheid ausgeführt, der Beschwerdeführer wäre trotz
seiner beschränkten intellektuellen Fähigkeiten auch alleine
in der Lage gewesen, darzulegen, inwiefern er die ihm hin-
länglich bekannten Voraussetzungen für einen Beziehungs-
urlaub aus seiner Sicht erfüllt.

        Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was ge-
eignet wäre, diese Auffassung als unhaltbar erscheinen zu
lassen. Die unentgeltliche Verbeiständung des Beschwerde-
führers im kantonalen Rekursverfahren war damit sachlich
nicht geboten, weshalb die Direktion der Justiz und des
Innern Art. 29 Abs. 3 Satz 2 BV nicht verletzt hat, indem

sie das Begehren um unentgeltliche Verbeiständung abwies
(BGE 125 V 32 E. 4; 119 Ia 264 E. 3a und b, je mit Hin-
weisen).

     2.- a) Die Beschwerde ist somit in der Sache gegen-
standslos geworden, weshalb die Verlegung der Prozesskosten
insoweit nach dem Ausgang zu erfolgen hat, wie er ohne Ein-
tritt des Erledigungsgrundes mutmasslich eingetreten wäre
(Art. 40 OG i.V.m. Art. 72 BZP; BGE 118 Ia 488 E. 4a). Auf
Grund einer summarischen Prüfung lässt sich dazu festhalten,
dass die Beschwerde gewisse Erfolgsaussichten hatte, da der
angefochtene kantonale Entscheid im Ergebnis keineswegs zu
befriedigen vermag, hat er doch dazu geführt, dass der Be-
schwerdeführer nach einer langjährigen Freiheitsstrafe ent-
lassen wird, ohne dass er durch die Gewährung von Urlauben
auf das Leben in Freiheit vorbereitet worden wäre. Ob der
angefochtene Entscheid deswegen bereits als verfassungswid-
rig einzustufen wäre, lässt sich bei einer bloss summari-
schen Prüfung indessen nicht beurteilen.

        In der Frage der unentgeltlichen Verbeiständung
(der in der Beschwerde allerdings fast ebenso viel Bedeu-
tung eingeräumt wird wie der Hauptsache) ist die Beschwerde
dagegen offensichtlich unbegründet.

        b) Unter Würdigung all dieser Umstände rechtfertigt
es sich, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten
und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das an die
Prozessführung weit höhere, fachliche Kenntnisse vorausset-
zende Anforderungen stellende bundesgerichtliche Verfahren
teilweise gutzuheissen. Rechtsanwalt Tschurr wird daher als
unentgeltlicher Verteidiger eingesetzt, und es wird ihm eine
reduzierte Parteientschädigung zugesprochen.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit sie nicht
als gegenstandslos abgeschrieben wird.

     2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird
teilweise gutgeheissen:

     a) Es werden keine Kosten erhoben.

     b) Rechtsanwalt Tschurr wird für das bundesgerichtliche
Verfahren als unentgeltlicher Verteidiger eingesetzt und mit
Fr. 800.-- aus der Gerichtskasse entschädigt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Direk-
tion der kantonalen Strafanstalt Pöschwies, dem Amt für
Justizvollzug und der Direktion der Justiz und des Innern
des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 17. Dezember 2001

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: