Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.524/2001
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1P.524/2001/bie

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                     20. September 2001

Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung,
Bundesrichter Nay, Bundesrichter Féraud und Gerichts-
schreiber Störi.

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                         In Sachen

L.________, zzt. Bezirksgefängnis Liestal, Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokat Dr. Nicolas Roulet, Rebgasse 1,
Postfach 321, Basel,

                           gegen

Besonderes Untersuchungsrichteramt des Kantons
B a s e l - L a n d s c h a f t,
Verfahrensgericht des Kantons  B a s e l -
L a n d s c h a f t,

                         betreffend
        Art. 10 und Art. 31 BV, Art. 5 Ziff. 3 EMRK
                     (Haftverlängerung)

hat sich ergeben:

     A.- Das Besondere Untersuchungsrichteramt des Kantons
Basel-Landschaft (BUR) eröffnete am 11. Oktober 2000 gegen
L.________ eine Strafuntersuchung wegen vorsätzlicher Tötung
sowie schweren Drogenhandels und liess ihn gleichentags ver-
haften. Tags darauf wurde er in Untersuchungshaft versetzt.

        Am 26. Juli 2001 beantragte das BUR dem Verfahrens-
gericht in Strafsachen des Kantons Basel-Landschaft, die Un-
tersuchungshaft gegen L.________ um 8 Wochen zu verlängern.
Dieser beantragte, er sei unter Auflage einer Kaution aus
der Untersuchungshaft zu entlassen.

        Am 7. August 2001 hiess die Präsidentin des Verfah-
rensgerichts das Haftverlängerungsgesuch des BUR gut und er-
streckte die Untersuchungshaft bis zum 4. Oktober 2001. Sie
kam zum Schluss, L.________ sei der ihm vorgeworfenen Taten
dringend verdächtig, und es bestehe Fluchtgefahr. Hingegen
lehnte sie die Auffassung des BUR, es bestehe ausserdem
Kollusionsgefahr, ausdrücklich ab.

     B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde von 15. August
2001 wegen Verletzung von Art. 10 und Art. 31 BV sowie von
Art. 5 Ziff. 3 EMRK beantragt L.________, diesen Entscheid
der Präsidentin des Verfahrensgerichts aufzuheben und ihn
unter Auferlegung einer Kaution aus der Untersuchungshaft zu
entlassen. Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Rechts-
pflege und Verbeiständung.

     C.- Die Präsidentin des Verfahrensgerichts und das BUR
beantragen in ihren Vernehmlassungen, die Beschwerde abzu-
weisen. In seiner Replik hält L.________ an seinen Anträgen
fest.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Beim angefochtenen Entscheid vom 7. August 2001,
mit welchem das Verfahrensgericht die Haft verlängerte, han-
delt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endent-
scheid, gegen den die staatsrechtliche Beschwerde zulässig
ist. Der Beschwerdeführer wirft dem Verfahrensgericht die
Verletzung von verfassungsmässigen Rechten vor, wozu er be-
fugt ist (Art. 84 und 88 OG). Die übrigen Sachurteilsvoraus-
setzungen sind ebenfalls erfüllt, sodass auf die Beschwerde
einzutreten ist.

        b) Mit einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen die
Fortsetzung von Untersuchungshaft kann, ausser der Aufhebung
des angefochtenen Entscheids, auch die sofortige Entlassung
aus der Haft verlangt werden (BGE 115 Ia 293 E. 1a). Der
weniger weit gehende Antrag des Beschwerdeführers auf Haft-
entlassung unter Auflage einer Kaution ist daher zulässig.

     2.- Der Beschwerdeführer anerkennt, dass gegen ihn ein
dringender Tatverdacht vorliegt und dass Fluchtgefahr be-
steht. Er macht einzig geltend, Anspruch auf Haftentlassung
gegen Kaution zu haben, da als besonderer Haftgrund nur
Fluchtgefahr bestehe.

        a) Untersuchungshaft kann im Kanton Basel-Land-
schaft (u.a.) angeordnet werden, wenn die angeschuldigte

Person eines Vergehens oder Verbrechens dringend verdächtig
ist und Fluchtgefahr besteht (§ 77 Abs. 1 der Strafprozess-
ordnung vom 3. Juni 1999; StPO). Anstelle der Untersuchungs-
haft kann die zuständige Behörde eine geeignete Ersatzmass-
nahme - z.B. die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung -
anordnen (§ 79 Abs. 1, 2 lit. a und 4 StPO), sofern diese
Ersatzmassnahmen ausreichen, um den Betroffenen von der
Flucht abzuhalten (vgl. § 77 Abs. 1 lit. a StPO).

        b) Der Beschwerdeführer setzt sich mit dieser Rege-
lung des kantonalen Prozessrechts nicht auseinander und legt
nicht dar, inwiefern sie verfassungs- oder konventionswid-
rig sein sollte. Das ist auch nicht ersichtlich. Weder das
Bundesgericht noch die Strassburger Organe (Urteil des
EGMR i.S. Wemhoff c. Deutschland vom 27. Juni 1968, Serie A,
Band 7, Ziff. 15) teilen die Auffassung Villigers (Mark E.
Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonven-
tion, 2. A. 1999, S. 230), wonach ein unabdingbarer Anspruch
auf Entlassung gegen Kaution bestehen soll, wenn als einzi-
ger besonderer Haftgrund Fluchtgefahr vorliegt.

        c) Es besteht kein Grund, von dieser Praxis abzu-
weichen. Nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip hat der Staat
zwar von mehreren zur Verfügung stehenden Zwangsmassnahmen
die mildeste anzuwenden, die geeignet ist, den angestrebten
Erfolg zu bewirken. Daraus ergibt sich, dass ein Angeschul-
digter, der sich wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft be-
findet, dann gegen Kaution zu entlassen ist, wenn angenommen
werden kann, er werde sich durch die Sicherheitsleistung von
einer Flucht abhalten lassen. Es verstösst indessen weder
gegen Art. 10 Abs. 2 BV noch gegen Art. 5 Ziff. 3 EMRK,
einem Angeschuldigten die Freilassung aus einer einzig wegen
Fluchtgefahr andauernden Untersuchungshaft gegen Kaution zu
verweigern, wenn im konkreten Fall die Fluchtgefahr so hoch
ist, dass sie mit einer für den Angeschuldigten erschwing-
lichen Kaution nicht gebannt werden könnte.

     3.- a) Der Beschwerdeführer wird verdächtigt, als füh-
rendes Mitglied einer international tätigen Drogenhändler-
bande grosse Mengen Kokain in die Schweiz eingeführt und im
Raum Basel abgesetzt zu haben sowie an der Erschiessung von
D.________ beteiligt gewesen zu sein. Für den Fall eines
Schuldspruchs droht ihm somit eine langjährige Freiheits-
strafe. Besondere Beziehungen zur Schweiz, die ihn von einer
Flucht abhalten könnten, hat der sich illegal im Land auf-
haltende Beschwerdeführer keine. Angesichts der für den Fall
einer Verurteilung in Aussicht stehenden hohen Strafe und
der weitgehend fehlenden Bindungen an die Schweiz hat das
Verfahrensgericht zu Recht angenommen, es bestehe eine hohe
Fluchtgefahr.

        b) Diese Fluchtgefahr kann, auch darin ist dem Ver-
fahrensgericht zuzustimmen, durch eine Kaution von 50'000
Franken oder Deutschen Mark, die der Beschwerdeführer vor-
schlägt, nicht wirksam verringert werden. Trifft der Ver-
dacht in Bezug auf den Drogenhandel zu, hat er damit mögli-
cherweise hohe, 50'000 Franken weit übersteigende Gewinne
erzielt und beiseite geschafft. Es wäre unter diesen Umstän-
den geradezu weltfremd anzunehmen, der drohende Verfall die-
ser Kaution könnte den Beschwerdeführer davon abhalten, sich
der weiteren Strafverfolgung oder gar dem Antritt einer
langjährigen Freiheitsstrafe durch Flucht zu entziehen. Da-
ran würde auch nichts ändern, wenn die Sicherheitsleistung
von seinen Eltern gestellt werden würde; auch dies könnte
die Fluchtgefahr nicht entscheidend senken, da nach den ein-
gangs gemachten Ausführungen damit zu rechnen ist, dass der
Beschwerdeführer ihnen die verfallene Kaution aus Drogenge-
winnen leicht zurückerstatten könnte. Das Verfahrensgericht
hat somit die Verfassung nicht verletzt, indem es die Unter-
suchungshaft wegen Fluchtgefahr verlängerte und die Frei-
lassung gegen Kaution ablehnte.

     4.- Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten
(Art. 156 Abs. 1 OG). Er hat zwar ein Gesuch um unentgelt-
liche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt; diese muss
jedoch abgewiesen werden, da die Beschwerde aussichtslos war
(Art. 152 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

     2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung wird abgewiesen.

     3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem
Beschwerdeführer auferlegt.

     4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Beson-
deren Untersuchungsrichteramt des Kantons Basel-Landschaft
und dem Verfahrensgericht in Strafsachen des Kantons Basel-
Landschaft schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 20. September 2001

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
         Der Präsident:      Der Gerichtsschreiber: