Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.513/2001
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1P.513/2001/sta

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                      30. August 2001

Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundes-
richter Féraud, Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichts-
schreiber Kölliker.

                         ---------

                         In Sachen

S.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher
Marcel Chr. Grass, Effingerstrasse 16, Bern,

                           gegen

Untersuchungsrichteramt IV  B e r n e r  O b e r l a n d,
a.o. Untersuchungsrichter 4,
Haftgericht IV  B e r n e r  O b e r l a n d, Haftrichter 1,
Prokurator der Staatsanwaltschaft IV  B e r n e r
O b e r l a n d,
Obergericht des Kantons  B e r n, Anklagekammer,

                         betreffend
     Art. 9 und 10 Abs. 2 BV; Art. 5 Ziff. 1 und 3 EMRK
                     (Haftentlassung),

hat sich ergeben:

     A.- Das Untersuchungsrichteramt IV Berner Oberland
führt gegen S.________ eine Strafuntersuchung unter anderem
wegen des Verdachts auf qualifizierte Widerhandlung gegen
das Betäubungsmittelgesetz. Am 9. November 1999 wurde
S.________ erstmals inhaftiert. Ihm wurde vorgeworfen, durch
den Betrieb mehrerer Hanfläden in der Deutschschweiz zusam-
men mit einem weiteren Angeschuldigten von April 1995 bis
Dezember 1998 mehrere hundert Kilogramm Cannabispflanzen
verkauft zu haben. Das Haftgericht IV Berner Oberland wies
den Haftantrag mit Entscheid vom 11. November 1999 ab und
ordnete die unverzügliche Freilassung von S.________ an,
nachdem dieser sich bereit erklärt hatte, "bis zu einem
Freispruch oder bis zu einer Gesetzesänderung" in seinen Lä-
den kein Hanfkraut mehr zu verkaufen.

        Am 11. Juli 2000 stellte die Stadtpolizei Bern in
einem von S.________ geführten Hanfladen rund 26 kg Hanf-
kraut bzw. -blüten sicher. Analysen von Hanfproben ergaben
mit wenigen Ausnahmen einen THC-Gehalt zwischen 2 und 12 %.
Am 15. März 2001 wurde S.________ erneut inhaftiert. Den im
Haftantrag erhobenen Vorwurf, er habe seit März 2000 in sei-
nen Geschäften wiederum Hanfkraut verkauft, bestritt er vor
dem Haftgericht nicht. Mit Entscheid vom 19. März 2001 wurde
S.________ wegen Wiederholungsgefahr in Untersuchungshaft
versetzt.

        Ein Haftentlassungsgesuch vom 19. April 2001 wies
das Haftgericht IV Berner Oberland am 30. April 2001 ab.

     B.- Mit Gesuch vom 18. Juni 2001 beantragte S.________
erneut seine Entlassung aus der Untersuchungshaft, eventuell
unter gleichzeitiger Anordnung geeigneter Ersatzmassnahmen.

Er machte namentlich geltend, dass im Jahre 2000 keine we-
sentlichen Untersuchungshandlungen getroffen worden seien.
Am 30. August 2000 habe er diverse Beweisanträge einge-
reicht, über welche erst nach Einreichung einer Rechtsverzö-
gerungsbeschwerde am 23. März 2001 entschieden worden sei.
Wegen des Rücktritts des bisher zuständigen Untersuchungs-
richters per 1. Juli 2001 sei mit einer weiteren Verzögerung
des Verfahrens zu rechnen. Ein dringender Tatverdacht liege
zwar grundsätzlich vor, dieser sei aber abhängig von der
Festsetzung des zulässigen THC-Gehalts in Hanfprodukten und
werde angesichts der einschlägigen bundesgerichtlichen
Rechtsprechung und aktueller politischer Bestrebungen stark
relativiert. Die bisherige Haftdauer sei zudem unverhältnis-
mässig.

        Das Haftgericht IV Berner Oberland wies das Haft-
entlassungsgesuch mit Entscheid vom 26. Juni 2001 ab. Es
hielt unter anderem fest, der Vorwurf, das Verfahren sei
nicht genügend beförderlich vorangetrieben worden, habe "be-
züglich des Jahres 2000 sicherlich etwas für sich", doch ha-
be der Angeschuldigte sich zu jener Zeit noch nicht in Haft
befunden und durch die eingetretene Verzögerung habe er kei-
ne Nachteile erlitten. Mit der Wiederaufnahme des Verkaufs
von Hanfkraut und -blüten habe er selber dazu beigetragen,
dass umfangreiche neue Ermittlungen erforderlich geworden
seien. Derzeit durchgeführte polizeiliche Abklärungen seien
zweckmässig und teilweise erst wegen des Aussageverhaltens
des Angeschuldigten notwendig geworden. Sodann sei der drin-
gende Tatverdacht aufgrund der heutigen Rechtslage klar er-
stellt. Zudem sei die hier drohende Mindeststrafe von Zucht-
haus oder Gefängnis nicht unter einem Jahr noch längst nicht
erreicht; auf Spekulationen über die zukünftige Rechtslage
könne nicht eingegangen werden. Schliesslich sei auch der
Haftgrund der Wiederholungsgefahr weiterhin gegeben und sei-
en keine Ersatzmassnahmen ersichtlich, welche den Angeschul-
digten am erneuten Delinquieren hindern könnten.

     C.- Am 28. Juni 2001 erhob S.________ Rekurs bei der
Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern. Zusätzlich
zu seinen bisherigen Vorbringen machte er eine Verletzung
seiner Verteidigungsrechte geltend.

        Die Anklagekammer wies das Rechtsmittel in ihrem
Beschluss vom 19. Juli 2001 ab. Sie erwog im Wesentlichen,
die Analysen der in den Läden des Angeschuldigten verkauften
Hanfprodukte hätten mehrheitlich einen THC-Gehalt von mehr
als 0,3 % ergeben, weshalb diese Produkte nach der jüngeren
Praxis des Bundesgerichts als Betäubungsmittel gälten. Das
Haftgericht habe den dringenden Tatverdacht zu Recht bejaht.
Da der Angeschuldigte sein Handeln nach wie vor für recht-
mässig halte, sei auch nicht zu beanstanden, dass das Haft-
gericht Wiederholungsgefahr angenommen und von der Anordnung
einer milderen Massnahme als der Untersuchungshaft abgesehen
habe. Deren bisherige Dauer sei angesichts der drohenden
Mindeststrafe nicht unverhältnismässig. Seit der erneuten
Verhaftung des Angeschuldigten werde die Voruntersuchung mit
der gebotenen Beschleunigung weiter geführt und es liege we-
der eine Verschleppung des Verfahrens durch die Untersu-
chungsbehörden vor, noch seien die Parteirechte des Ange-
schuldigten verletzt worden.

     D.- S.________ hat gegen den Beschluss der Anklage-
kammer des Obergerichts am 8. August 2001 eine staatsrecht-
liche Beschwerde eingereicht. Er beantragt, der Beschluss
vom 19. Juli 2001 sei aufzuheben. Mit der staatsrechtlichen
Beschwerde rügt er einen Verstoss gegen Art. 9 und 10 Abs. 2
BV sowie Art. 5 Ziff. 1 lit. c bzw. Ziff. 3 EMRK. Auch vor
Bundesgericht behauptet der Beschwerdeführer eine Verletzung
des Beschleunigungsgebots, eine Relativierung des dringenden
Tatverdachts sowie die Unverhältnismässigkeit der bisherigen
Haftdauer.

     E.- Die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern
hat die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde bean-
tragt. Die übrigen Verfahrensbeteiligten haben auf eine Ver-
nehmlassung verzichtet.

        In der Replik vom 23. August 2001 hält S.________
an seinen Ausführungen fest.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Der Beschwerdeführer beantragt neben der Aufhebung
des angefochtenen Entscheides seine Haftentlassung. Dieses
Begehren ist in Abweichung vom Grundsatz der kassatorischen
Natur der staatsrechtlichen Beschwerde zulässig, da im Falle
einer nicht gerechtfertigten strafprozessualen Haft der ver-
fassungsmässige Zustand nicht schon mit der Aufhebung des
angefochtenen Entscheids, sondern erst durch eine positive
Anordnung hergestellt werden kann (BGE 124 I 327 E. 4b/aa
S. 332 f.; 115 Ia 293 E. 1a S. 297, je mit Hinweisen).

     2.- a) Der Freiheitsentzug stellt einen Eingriff in das
verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit gemäss
Art. 10 Abs. 2 BV dar. Ein solcher Eingriff ist nur zuläs-
sig, wenn er auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage
beruht, im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig
ist. Zudem darf die persönliche Freiheit weder völlig unter-
drückt noch ihres Gehalts als Institution der Rechtsordnung
entleert werden (BGE 124 I 80 E. 2c S. 81, mit Hinweis).

        Bei staatsrechtlichen Beschwerden, die gestützt auf
das verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit wegen
der Ablehnung eines Haftentlassungsgesuches erhoben werden,

prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Ein-
griffes die Auslegung und Anwendung des entsprechenden kan-
tonalen Rechts frei. Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen
und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind,
greift es nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der
kantonalen Instanz willkürlich sind (BGE 123 I 268 E. 2d
S. 271, mit Hinweis).

        b) Nach Art. 176 Abs. 2 des bernischen Gesetzes
über das Strafverfahren vom 15. März 1995 (StrV) kann eine
angeschuldigte Person unter anderem dann in Untersuchungs-
haft versetzt werden, wenn sie eines Verbrechens oder Ver-
gehens dringend verdächtig ist und zudem ernsthafte Gründe
zur Annahme bestehen, sie werde weitere Verbrechen oder Ver-
gehen begehen, wenn sie während der Dauer des Verfahrens
dies bereits mindestens einmal getan hat (Ziff. 3).

        c) Der Beschwerdeführer stellt das Vorliegen eines
dringenden Tatverdachts nicht grundsätzlich in Abrede, macht
jedoch geltend, dieser sei zu relativieren. Ein Tatverdacht
bestehe nur, wenn von einem zulässigen THC-Gehalt in Hanf-
produkten von 0,3 % ausgegangen werde. Dieser von der Recht-
sprechung festgesetzte Grenzwert sei zu tief. In diesem Be-
reich bestehe für die Justizbehörden eine gewisser "Spiel-
raum" bzw. ein "erhebliches Potential ..., um gewisse Hand-
lungen dem Betäubungsmittelgesetz zu unterstellen oder eben
nicht".

        aa) Im Gegensatz zum erkennenden Sachrichter haben
Haftrichter und Bundesgericht bei der Überprüfung des allge-
meinen Haftgrundes des dringenden Tatverdachts keine er-
schöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender
Beweisergebnisse vorzunehmen. Macht ein Inhaftierter gel-
tend, es bestehe kein ausreichender Tatverdacht, ist viel-
mehr allein zu prüfen, ob genügend konkrete Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer eine Straftat be-

gangen hat und das Bestehen eines dringenden Tatverdachts
mit vertretbaren Gründen bejaht werden kann. Dazu gehört
auch die summarische Prüfung der Frage, ob die vorgeworfenen
Handlungen rechtlich überhaupt als Straftat qualifiziert
werden können.

        bb) Hanfkraut fällt als Rohmaterial grundsätzlich
unter die vom Betäubungsmittelgesetz erfassten Substanzen
(Art. 1 Abs. 2 lit. a Ziff. 4 BetmG; BGE 124 IV 44 E. 2b
S. 46), dies unabhängig vom Gehalt an psychoaktiven Substan-
zen, namentlich Delta-Tetrahydrocannabinol (THC). Dient das
Hanfkraut der Gewinnung von Betäubungsmitteln, so verbietet
Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG ausnahmslos Anbau und Inverkehr-
bringen, wobei das Verbot die ganze Pflanze und nicht bloss
Teile mit hohem THC-Gehalt betrifft (BGE 126 IV 60 E. 2a
S. 62 f.). Wann Hanfkraut als gebrauchsfertiges Betäubungs-
mittel zu gelten hat, lässt sich nach der Rechtsprechung des
Kassationshofs des Bundesgerichts aus der Gesetzgebung zu
den Lebensmitteln und der Landwirtschaft herleiten. Der Kas-
sationshof hat festgestellt, der Anbau und Verkauf von Hanf
sei in bestimmten Fällen gestattet. Hanf und Hanfprodukte
könnten zugelassene Bestandteile von Lebensmitteln sein und
der Anbau einiger namentlich aufgeführter Hanfsorten sei zu
landwirtschaftlichen Zwecken erlaubt. Die von den jeweils
zuständigen Bundesämtern festgesetzten Grenzwerte für den
Gehalt an THC, die nicht überschritten werden dürften, um
einen Missbrauch der zugelassenen Produkte und Hanfsorten
als Betäubungsmittel zu vermeiden, könnten auch als Massstab
dafür dienen, ab welchem Gehalt an THC ein Hanfprodukt als
Betäubungsmittel gelten müsse und nach Art. 8 Abs. 1 lit. d
BetmG nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfe. Danach
liege der Grenzwert für Industriehanf bei einem THC-Gehalt
von 0,3 %, jener bei Lebensmitteln zwischen 0,00002 und
0,005 % (BGE 126 IV 198 E. 1 S. 199 f.).

        Der Haftrichter hat sich an dieser Rechtsprechung
zu orientieren. Über die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen
Fragen zur Kriminalisierung des Verkaufs von Hanfprodukten
hat er nicht zu befinden.

        cc) Der Beschwerdeführer soll angeblich Handel mit
Hanfprodukten mit einem THC-Gehalt von mehr als 0,3 % be-
trieben haben. Es wird ihm deshalb der Verkauf von Betäu-
bungsmitteln im Sinne von Art. 1 BetmG vorgeworfen. Dieses
Verhalten wird gemäss Art. 19 Ziff. 1 BetmG mit Gefängnis
oder Busse bestraft, in schweren Fällen mit Zuchthaus oder
Gefängnis nicht unter einem Jahr, womit eine Busse bis zu
einer Million Franken verbunden werden kann. Vorliegend fal-
len die Qualifikationsgründe des banden- und gewerbsmässigen
Handels (Art. 19 Ziff. 2 lit. b und c BetmG) in Betracht.
Die kantonalen Behörden haben bei dieser Sach- und Rechtsla-
ge zu Recht angenommen, dass der Beschwerdeführer unter
dringendem Verdacht steht, ein Vergehen oder ein Verbrechen
begangen zu haben.

        d) In Zusammenhang mit dem Haftgrund der Wiederho-
lungsgefahr bestreitet der Beschwerdeführer sodann die Ver-
hältnismässigkeit einer weiteren Inhaftierung.

        aa) Nach der Rechtsprechung kann die Anordnung von
Haft wegen Wiederholungsgefahr dem strafprozessualen Ziel
der Beschleunigung dienen, indem verhindert wird, dass sich
das Verfahren durch immer neue Delikte kompliziert und in
die Länge zieht (BGE 105 Ia 26 E. 3c S. 31). Gleichzeitig
wird damit das Interesse an der Verhütung weiterer Delikte
gewahrt. Die Haftanordnung wegen Wiederholungsgefahr ist in
verfassungs- und grundrechtlicher Hinsicht zulässig, wenn
sie sich unter den konkreten Umständen als erforderlich er-
weist (Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK; BGE 123 I 268 E. 2c;
vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 7. Oktober 1992 in Sachen

R.B., E. 4c = EuGRZ 1992 S. 553 ff.). Bei der Annahme, dass
der Angeschuldigte weitere Verbrechen oder Vergehen begehen
könnte, ist allerdings Zurückhaltung geboten. Da Präventiv-
haft einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht der persön-
lichen Freiheit darstellt, muss sie auf einer hinreichenden
gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse
liegen und verhältnismässig sein (BGE 123 I 221 E. 4
S. 226). Die Anordnung von Untersuchungshaft wegen Wiederho-
lungsgefahr ist verhältnismässig, wenn einerseits die Rück-
fallsprognose sehr ungünstig ist und andererseits die zu be-
fürchtenden Delikte schwer wiegen. Die rein theoretische
Möglichkeit der Verübung weiterer Delikte sowie die Wahr-
scheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt wer-
den, vermögen hingegen eine Präventivhaft nicht zu begründen
(BGE 125 I 60 E. 3a S. 62). Schliesslich darf auch diese Art
von Haft nur angeordnet und aufrechterhalten werden, wenn
keine mildere Massnahme in Betracht fällt (BGE 124 I 208
E. 5 S. 213 f.; 123 I 268 E. 2c S. 270 f.).

        bb) Die kantonalen Behörden haben übereinstimmend
eine schlechte Rückfallsprognose gestellt.

        Der Beschwerdeführer macht nun geltend, eine Fort-
führung seiner bisherigen Tätigkeit stehe nicht mehr zur
Diskussion, er habe keinen Kontakt mehr zur kommerziellen
Hanfszene und werde sich eines solchen bis zu einer verbind-
lichen Änderung der Rechtsgrundlagen auch enthalten. Darauf
kann aber nicht unbesehen abgestellt werden. Im angefoch-
tenen Entscheid wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der
Beschwerdeführer im Verlauf des Verfahrens zwei Mal rückfäl-
lig geworden sei. Weil er sein Handeln nach wie vor für
rechtmässig halte, sei die Gefahr weiterer Delinquenz sehr
konkret. Zudem habe der Beschwerdeführer bereits anlässlich
der Verhandlung vom 11. November 1999 vor dem Haftrichter
versichert, nach der Haftentlassung in seinen Geschäften

kein Hanfkraut mehr zu verkaufen, doch habe er dessen unge-
achtet den Verkauf im März 2000 wieder aufgenommen. Wenn die
Anklagekammer unter diesen Umständen den Ausführungen des
Beschwerdeführers keinen Glauben geschenkt und im angefoch-
tenen Entscheid eine Wiederholungsgefahr bejaht hat, ist
dies nicht willkürlich.

        cc) Somit ist zu prüfen, ob die zu befürchtenden
Delikte derart gravierend sind, dass sie den mit der Prä-
ventivhaft verbundenen schweren Eingriff in die persönliche
Freiheit zu rechtfertigen vermögen. Es muss ein Schutzbe-
dürfnis der Öffentlichkeit bestehen, welches es rechtfer-
tigt, dem noch nicht verurteilten, sondern lediglich ver-
dächtigten Angeschuldigten die Freiheit zu entziehen.

        Der Beschwerdeführer hat bisher mit Betäubungsmit-
teln gehandelt, die ein vergleichsweise geringes Gefähr-
dungspotential aufweisen. In diesem Sinne hat der Kassati-
onshof des Bundesgerichts festgestellt, der Genuss von Dro-
genhanf sei in gesundheitlicher Hinsicht zwar nicht geradezu
unbedenklich, doch sei das Hanfkraut und das daraus gewon-
nene Harz auch in grossen Mengen nicht geeignet, die körper-
liche und seelische Gesundheit vieler Menschen in eine nahe-
liegende und ernstliche Gefahr zu bringen (BGE 120 IV 256
E. 2 S. 258 ff.; 117 IV 314 E. 2 S. 315 ff. betr. Cannabis;
Urteil des Bundesgerichts vom 29. August 1991 i.S. M.,
E. 2b, veröffentlicht in SJ 1992 S. 90, betr. Marihuana).
Andererseits ist zu bedenken, dass der Beschwerdeführer den
Verkauf von Betäubungsmitteln nicht nur gelegentlich und in
kleinen Mengen betrieben, sondern geschäftsmässig organi-
siert haben soll. Nach geltendem Recht, an welches der Rich-
ter gebunden ist (BGE 126 IV 198 E. 1 S. 200, mit Hinwei-
sen), fällt somit eine qualifizierte Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz mit einer Strafandrohung von Zucht-
haus oder Gefängnis von mindestens einem Jahr in Betracht.

Dieser Strafdrohung ist bei der Auslegung des fraglichen
Tatbestandes Rechnung zu tragen (BGE 117 IV 314 E. 2d
S. 318, mit Hinweisen). Entgegen der Auffassung des Be-
schwerdeführers handelt es sich deshalb bei den zu befürch-
tenden Delikten nicht um geringfügige Straftaten; vielmehr
geht es nach der Entscheidung des Gesetzgebers um Delikte
schwerer Natur, welche die Anordnung von Präventivhaft
rechtfertigen. An diesem Schluss vermag die anstehende Revi-
sion des Betäubungsmittelgesetzes (vgl. die bundesrätliche
Botschaft vom 9. März 2001, in BBl 2001 IV S. 3715 ff.)
nichts zu ändern, zumal das Ergebnis dieser Revision noch
nicht feststeht.

        dd) Mildere Massnahmen als die Inhaftierung fallen
angesichts des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers
und dessen fehlender Einsicht in die Unrechtmässigkeit sei-
nes Handelns ausser Betracht.

     3.- Der Beschwerdeführer rügt auch eine Verletzung des
Beschleunigungsgebots, weil das Verfahren nicht mit der ge-
botenen Raschheit vorangetrieben worden sei.

        a) Gemäss Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat die inhaftierte
Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist
abgeurteilt oder während des Verfahrens aus der Haft entlas-
sen zu werden. Eine übermässige Haftdauer liegt zum einen
vor, wenn die Haftfrist in grosse Nähe der konkret zu erwar-
tenden Strafe rückt oder gar die mutmassliche Dauer der zu
erwartenden Freiheitsstrafe übersteigt. Zum anderen kann die
Untersuchungshaft die zulässige Dauer auch dann überschrei-
ten, wenn das Untersuchungsverfahren - wie der Beschwerde-
führer geltend macht - nicht genügend vorangetrieben wird.
Dies ist aufgrund der konkreten Verhältnisse des einzelnen
Falles zu beurteilen, auch unter Berücksichtigung der Kom-

plexität der Sache und des Verhaltens des Inhaftierten. Die
von den Justizbehörden geleistete Arbeit ist grundsätzlich
einer Gesamtwürdigung zu unterziehen: Zeiten, in denen das
Verfahren stillsteht, sind unumgänglich und solange keine
einzelne solche Zeitspanne stossend wirkt, greift die Ge-
samtbetrachtung. Perioden intensiver Aktivität können somit
den Umstand ausgleichen, dass das betreffende Dossier wegen
anderer Fälle zeitweise auf die Seite gelegt wurde (BGE 124
I 139 E. 2c S. 142).

        Diese Gesamtbetrachtung kann in der Regel erst der
Sachrichter vornehmen, der das gesamte Untersuchungs- und
Strafverfahren überblickt. Er ist verpflichtet, eine allfäl-
lige Konventionsverletzung festzustellen und die sich daraus
ergebenden Konsequenzen zu ziehen (z.B. Anrechnung der Un-
tersuchungshaft auf die Strafe, Berücksichtigung bei der
Strafzumessung oder Einstellung des Verfahrens). Im Haftprü-
fungsverfahren ist die Rüge, das Strafverfahren werde nicht
mit der verfassungs- und konventionsrechtlich gebotenen Be-
schleunigung geführt, nur soweit von Bedeutung, als die Ver-
fahrensverzögerung geeignet ist, die Rechtmässigkeit der Un-
tersuchungshaft in Frage zu stellen und zu einer Haftentlas-
sung zu führen. Dies ist nur der Fall, wenn die Verzögerung
besonders schwer wiegt und von den Strafverfolgungsbehörden
auch bei einer besonders beförderlichen Weiterführung des
Verfahrens nicht mehr ausgeglichen werden kann bzw. die
Strafverfolgungsbehörden erkennen lassen, dass sie nicht ge-
willt oder nicht in der Lage sind, das Verfahren nunmehr mit
der für Haftfälle gebotenen Beschleunigung voranzutreiben
und zum Abschluss zu bringen. Ist die gerügte Verzögerung
des Verfahrens weniger gravierend, kann offen bleiben, ob
eine Verletzung des Beschleunigungsgebots vorliegt. Es ge-
nügt diesfalls, die zuständige Behörde zur besonders beför-
derlichen Weiterführung des Verfahrens anzuhalten und die
Haft gegebenenfalls allein unter der Bedingung der Einhal-
tung bestimmter Fristen zu bestätigen.

        b) aa) Der Beschwerdeführer ist seit gut fünf Mona-
ten in Haft. Es kann nicht gesagt werden, dass die Haftdauer
in grosse Nähe der konkret zu erwartenden Strafe rückt oder
gar die zu erwartende Freiheitsstrafe übersteigt. Ob dem Be-
schwerdeführer allenfalls der bedingte Strafvollzug gewährt
werden wird, ist hier unerheblich (BGE 125 I 60 E. 3d
S. 64).

        bb) Der Beschwerdeführer macht geltend, es seien im
Jahre 2000 keine wesentlichen Untersuchungshandlungen ge-
troffen worden und der zuständige Untersuchungsrichter habe
das Verfahren ab Ende August 2000 während sieben Monaten
vollständig ruhen lassen. Daraus resultierende Verfahrens-
verzögerungen fanden jedoch vor der erneuten Inhaftierung
des Beschwerdeführers statt und wirkten sich dementsprechend
nicht unmittelbar auf die Dauer der Untersuchungshaft aus.
Der Beschwerdeführer kann deshalb aus dem seinerzeitigen
Vorgehen der Untersuchungsbehörden nichts zu seinen Gunsten
ableiten (vgl. auch nicht publizierter Entscheid des Bundes-
gerichts vom 20. April 1999 i.S. O. [1P.152/1999], E. 3b).

        cc) Vorliegend sind demnach einzig seit der Inhaf-
tierung vom 15. März 2001 eingetretene Verzögerungen von Be-
lang. In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer
vor, die Untersuchungsbehörden hätten Ende März 2001 weitere
Beweismassnahmen angeordnet und per 1. Juli 2001 einen neuen
Untersuchungsrichter eingesetzt; das Verfahren stehe in kei-
ner Weise vor dem Abschluss.

        Es ist dem Beschwerdeführer grundsätzlich beizu-
pflichten, dass die laufende Strafuntersuchung bis anhin
nicht sehr speditiv geführt worden ist und die Einarbeitung
eines neu mit dem Fall betrauten Untersuchungsrichters un-
weigerlich eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Festzustel-
len ist aber auch, dass der Untersuchungsrichter nach der

Inhaftierung des Beschwerdeführers immerhin die Ausdehnung
des Verfahrens, die Edition von Buchhaltungsunterlagen und
Kontensperrungen verfügte und zudem die Analyse von Betäu-
bungsmitteln sowie verschiedene Hausdurchsuchungen anordne-
te, in deren Zusammenhang auch polizeiliche Befragungen
durchgeführt wurden (Untersuchungsakten, Fasz. 34 ff.). In
einem ähnlich gelagerten Fall hat das Bundesgericht unlängst
eine schwere Verletzung des Beschleunigungsgebots bejaht und
ausgeführt, (auch) in umfangreichen Fällen dürften die Un-
tersuchungsbehörden nicht bis zum vollständigen Abschluss
der polizeilichen Ermittlungen untätig bleiben, um erst dann
die Ermittlungsakten auszuwerten und allfällige untersu-
chungsrichterliche Einvernahmen etc. anzuordnen. Befinde
sich der Angeschuldigte in Untersuchungshaft, müsse das Un-
tersuchungsverfahren vielmehr beschleunigt zum Abschluss ge-
bracht werden, indem der Untersuchungsrichter die polizeili-
chen Ermittlungen mitverfolge und seinerseits die je nach
dem Ermittlungsstand möglichen und notwendigen Massnahmen
durchführe (nicht publiziertes Urteil vom 30. Mai 2001 i.S.
B. [1P.324/2001], E. 2f). In jenem Fall waren indes die Un-
tersuchungsbehörden weitgehend untätig geblieben, während
der Angeschuldigte fast ein Jahr in Haft verbracht hatte und
die Voruntersuchung noch gar nicht eröffnet worden war; bei-
des trifft hier nicht zu. Vorliegend ist sodann zu bedenken,
dass nicht nur das Vorgehen der Untersuchungsbehörden, son-
dern auch das Verhalten des Beschwerdeführers Verfahrensver-
zögerungen mit sich gebracht hat. So drängten sich neue um-
fangreiche Ermittlungen auf, nachdem der Beschwerdeführer
seinen eigenen Angaben zufolge im März 2000 den Verkauf von
Betäubungsmitteln wieder aufgenommen haben soll. Zusätzliche
Beweiserhebungen wurden auch notwendig, weil der Beschwerde-
führer gegenüber dem bis Ende Juni 2001 zuständigen Untersu-
chungsrichter jegliche sachdienlichen Aussagen verweigerte.

        Der per 1. Juli 2001 eingesetzte a.o. Untersu-
chungsrichter 4 hat in seiner Vernehmlassung an das Bundes-
gericht festgehalten, dass so schnell als möglich ein poli-
zeilicher Schlussbericht erstellt werde und die Fristanset-
zung gemäss Art. 249 StrV nach Durchführung der noch notwen-
digen Einvernahmen im Monat Oktober 2001 erfolgen könne; da-
rauf ist abzustellen. Es ist davon auszugehen, dass die bis-
her eingetretenen Verfahrensverzögerungen durch die Untersu-
chungsbehörden mit einer besonders beförderlichen Bearbei-
tung der Sache noch ausgeglichen werden können.

        dd) Nach dem oben (Erw. 3a) Erwähnten kann damit
offen bleiben, ob das Beschleunigungsgebot verletzt worden
ist. Einer Verletzung könnte gegebenenfalls der Sachrichter
Rechnung tragen.

        Eine Haftentlassung des Beschwerdeführers vermag
der Verfahrensgang derzeit zwar nicht zu begründen. Ange-
sichts der bisherigen Dauer der Untersuchungshaft des Be-
schwerdeführers ist der Untersuchungsrichter aber gehalten,
das Verfahren nun zügig voranzutreiben, zumal sich in be-
weismässiger Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten mehr
stellen dürften. Die zuständigen Behörden haben sodann mög-
lichst rasch die Überweisung an das urteilende Gericht vor-
zunehmen und Termin zur Hauptverhandlung anzusetzen. Im Fal-
le weiterer Verzögerungen ist der Beschwerdeführer aus der
Haft zu entlassen.

     4.- Aus den dargestellten Gründen ist die Beschwerde
abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der
Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen
(Art. 156 Abs. 1 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Unter-
suchungsrichteramt IV Berner Oberland, a.o. Untersuchungs-
richter 4, dem Haftgericht IV Berner Oberland, Haftrich-
ter 1, dem Prokurator der Staatsanwaltschaft IV Berner Ober-
land sowie dem Obergericht des Kantons Bern, Anklagekammer,
schriftlich mitgeteilt.

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Lausanne, 30. August 2001

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: