Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.494/2001
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1P.494/2001 /mks

Urteil vom 14. August 2002

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Nay, Aeschlimann, Reeb, Féraud,
Catenazzi und Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Elisabeth Gilgen-Müller, Winkelweg 18, 3072 Ostermundigen,
Peter J. Aebi, Dorfweg 7, Rüplisried, 3204 Rosshäusern,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Fürsprecher Urs Eymann,
Monbijoustrasse 36, 3011 Bern,

gegen

Regierungsrat des Kantons Bern, Postgasse 68, 3011 Bern, vertreten durch die
Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern, Münstergasse 2,
3011 Bern,
Grosser Rat des Kantons Bern, Staatskanzlei, Postfach, 3000 Bern 8.

Art. 84 Abs. 1 des Berner Baugesetzes (Gesetzesänderung)

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Grossen Rates des Kantons
Bern vom 4. April 2001

Sachverhalt:

A.
Am 4. April 2001 beschloss der Grosse Rat des Kantons Bern eine Änderung des
bernischen Baugesetzes vom 9. Juni 1985 (BauG). Die Revision diente in erster
Linie der Anpassung des kantonalen Rechts an das revidierte Bundesgesetz über
die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (in der Fassung vom 20. März 1998 [RPG; SR
700]) und der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1), die
beide am 1. September 2000 in Kraft getreten waren.
Art. 84 des geänderten Baugesetzes lautet:
1. Der Regierungsstatthalter entscheidet über die Zonenkonformität in der
Landwirtschaftszone und über Ausnahmegesuche nach den Artikeln 24 bis 24d
RPG. Er holt Amts- und Fachberichte von den betroffenen kantonalen
Amtsstellen ein.

2.  Er teilt die Ausnahmeentscheide der zuständigen Stelle der Justiz-,
Gemeinde- und Kirchendirektion mit.

3.  Die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion und die
Volkswirtschaftsdirektion erlassen Richtlinien über die Zonenkonformität von
Vorhaben in der Landwirtschaftszone und über Ausnahmen nach den Artikeln 24
bis 24d RPG. Die zuständigen Stellen der Justiz-, Gemeinde- und
Kirchendirektion sowie der Volkswirtschaftsdirektion beraten den
Regierungsstatthalter in diesen Fragen.

4.  [Unverändert.]

B.
Am 26. Juli 2001 erhoben Elisabeth Gilgen-Müller und Peter Aebi
staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag, Art. 84 Abs. 1
BauG sei aufzuheben wegen Verletzung von Art. 25 Abs. 2 RPG als
bundesrechtlicher Zuständigkeitsvorschrift und Verstosses gegen das
Willkürverbot (Art. 9 BV). Der Regierungsrat des Kantons Bern beantragt, die
Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Der Grosse
Rat des Kantons Bern hat sich nicht vernehmen lassen.

C.
Auf Antrag der Beschwerdeführer holte das Bundesgericht einen Amtsbericht des
Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) ein. Das Bundesamt kommt zum Ergebnis,
dass es mit dem Bundesrecht nicht vereinbar sei, die Zuständigkeit gemäss
Art. 25 Abs. 2 RPG auf mehrere, bloss für Teilgebiete des Kantons zuständige
Behörden aufzuteilen. Die Verfahrensbeteiligten erhielten Gelegenheit, sich
hierzu zu äussern.

D.
Am 12. September 2001 stellte der Regierungsrat des Kantons Bern fest, dass
gegen die Teilrevision des bernischen Baugesetzes vom 4. April 2001 kein
Referendum ergriffen worden war und setzte die Gesetzesrevision auf den 1.
November 2001 in Kraft.

E.
Mit Beschwerdeergänzung vom 14. Januar 2002 hielten die Beschwerdeführer an
ihrem Antrag fest und erhoben ausdrücklich die Rüge der Verletzung von Art.
49 Abs. 1 BV. Auch der Regierungsrat hielt in seiner Replik vom 13. März 2002
an seinem bisherigen Antrag samt Begründung fest.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Beschwerdeführer wollen ihre Beschwerde in erster Linie als
Zuständigkeitsbeschwerde nach Art. 84 Abs. 1 lit. d OG verstanden wissen.
Danach kann Beschwerde geführt werden wegen Verletzung bundesrechtlicher
Vorschriften über die Abgrenzung der sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit
der Behörden. Nach der bundesgerichtlichen Praxis ist diese Bestimmung jedoch
eng auszulegen: Zuständigkeitsbestimmungen i.S. von Art. 84 Abs. 1 lit. d OG
sind nicht alle Bestimmungen, aus welchen sich auf irgend eine Weise die
Zuständigkeit einer Behörde ableiten lässt, sondern nur solche, die -
ausdrücklich oder sinngemäss (BGE 116 II 721 E. 3 S. 723 mit Hinweisen) -
einen kompetenzbegründenden Teiltatbestand ausscheiden (z.B.
Anfechtungsobjekt, Streitwert, Ort der gelegenen Sache oder der begangenen
Tat), d.h. bestimmen, nach welchem Kriterium im Konfliktfall die Kompetenzen
zweier Behörden voneinander abzugrenzen sind (BGE 97 I 55 E. 2 S. 56 f.;
Walter Kälin, Staatsrechtliche Beschwerde, 2. Auflage, S. 95).

Art. 25 Abs. 2 RPG bestimmt, dass "die zuständige kantonale Behörde" bei
allen Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen entscheidet, ob sie zonenkonform
sind oder ob für sie eine Ausnahmebewilligung erteilt werden kann. Damit ist
es grundsätzlich Sache des kantonalen Rechts, die zuständige Behörde zu
bezeichnen. Die Beschwerdeführer verstehen Art. 25 Abs. 2 RPG allerdings als
Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit in dem Sinne, dass eine einzige
kantonale Behörde für das gesamte Kantonsgebiet zuständig sein müsse, es dem
Kanton also verwehrt sei, die Kompetenz auf mehrere, je für ein Teilgebiet
zuständige Behörden zu verteilen.

Ob eine derartige Vorgabe an den kantonalen Gesetzgeber eine bundesrechtliche
Vorschrift über die Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit der Behörden
i.S.v. Art. 84 Abs. 1 lit. d OG darstellt, erscheint zweifelhaft. Die Frage
kann jedoch offen bleiben, weil die Beschwerde jedenfalls als
staatsrechtliche Beschwerde i.S.v. Art. 84 Abs. 1 lit. a OG wegen Verletzung
des Vorrangs von Bundesrecht (Art. 49 Abs. 1 BV) zulässig ist und auch in
diesem Verfahren mit freier Kognition geprüft werden kann.

1.2 Angefochten ist ein kantonaler Erlass (Art. 84 Abs. 1 OG), gegen den kein
anderes Rechtsmittel zur Verfügung steht, weder auf Bundes- noch auf
kantonaler Ebene (Art. 84 Abs. 2 OG). Die Beschwerdeführer haben in ihrer
Beschwerdeergänzung ausdrücklich die Verletzung des Grundsatzes der
derogatorischen Kraft des Bundesrechts gerügt (Art. 49 Abs. 1 BV; früher:
Art. 2 Übergangsbest. aBV), der auch unter der Herrschaft der neuen
Bundesverfassung als verfassungsmässiges Individualrecht angerufen werden
kann (BGE 127 I 60 E. 4a S. 86). Schon in der Beschwerdeschrift hatten sie
sinngemäss diese Rüge erhoben, indem sie geltend machten, Art. 84 Abs. 1 BauG
widerspreche Art. 25 Abs. 2 RPG. Sie begründen diese Auffassung ausführlich,
weshalb die Beschwerde den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügt.

1.3 Zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen kantonalen Erlass ist
legitimiert, wer durch die angefochtene Bestimmung unmittelbar oder virtuell
(d.h. mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit früher oder später einmal) in
seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen ist (BGE 119 Ia 197 E. 1c
S. 200 f. mit Hinweisen). Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von
Liegenschaften ausserhalb der Bauzone im Kanton Bern, weshalb sie durch die
Erteilung oder Verweigerung einer Ausnahmebewilligung auf ihrem oder einem
benachbarten Grundstück betroffen sein könnten. Sie hätten diesfalls ein
rechtlich geschütztes Interesse daran, nicht von einer unzuständigen Behörde
ins Recht gefasst zu werden (Urteil des Bundesgerichts 1A.204/1998 vom 23.
August 1999 E. 1b, unter Berufung auf Hans Marti, Die staatsrechtliche
Beschwerde, 4. Auflage, S. 66 Rz. 95). Dann aber sind sie schon heute zur
Beschwerde gegen die angefochtene Zuständigkeitsregelung legitimiert.

1.4 Die Beschwerde ist binnen 30 Tagen nach der gemäss kantonalem Recht
massgebenden Eröffnung oder Mitteilung des Erlasses dem Bundesgericht
einzureichen. Im Kanton Bern ist insoweit die Veröffentlichung des
Regierungsratsbeschlusses massgeblich, mit dem die Inkraftsetzung des
Erlasses angeordnet wird (BGE 103 Ia 191 E. 1 S. 194; Art. 59 Abs. 2 und 3
des Berner Gesetzes über die politischen Rechte vom 5. Mai 1980). Im
vorliegenden Fall wurde die Beschwerde noch vor diesem Zeitpunkt und damit
verfrüht erhoben, was jedoch unschädlich ist (BGE 117 Ia 328 E. 1a S. 330 mit
Hinweisen).

Zwar übernimmt Art. 84 Abs. 1 BauG im Wesentlichen die bereits vorher
geltende Zuständigkeitsordnung: Schon die Revision des BauG vom 22. März 1994
hatte die Zuständigkeit, über die Zonenkonformität in der Landwirtschaftszone
und über Ausnahmegesuche nach Art. 24 aRPG zu entscheiden, den
Regierungsstatthaltern übertragen. Diese Zuständigkeitsfrage wurde jedoch
anlässlich der Revision vom 4. April 2001 erneut aufgerollt. Im Grossen Rat
war beantragt worden, die Zuständigkeit dem kantonalen Amt für Gemeinden und
Raumordnung zu übertragen. Nach ausführlicher Diskussion in beiden Lesungen
(Tagblatt des Grossen Rates vom 30. Januar 2001 S. 31 ff. und vom 4. April
2001 S. 228 ff.) hielt die Mehrheit des Grossen Rates an der bisherigen
Lösung fest. Insofern ist Art. 84 Abs. 1 BauG i.d.F. vom 4. April 2000 nicht
eine blosse Anpassung der bereits bestehenden Norm an das revidierte RPG,
sondern ein erneuter Grundsatzentscheid über die Zuständigkeitsfrage, der vom
Bundesgericht überprüft werden kann.

1.5 Nach dem Gesagten ist auf die staatsrechtliche Beschwerde einzutreten.

2.
2.1 Gemäss Art. 49 Abs. 1 BV geht Bundesrecht entgegenstehendem kantonalem
Recht vor. Dieser Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts, der
bisher aus Art. 2 Übergangsbest. aBV abgeleitet wurde, schliesst in
Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, eine
Rechtsetzung der Kantone aus (BGE 128 I 46 E. 4a S. 54; 127 I 60 E. 4a S. 68,
je mit Hinweisen). In Sachgebieten, die das Bundesrecht nicht abschliessend
ordnet, dürfen die Kantone nur solche Vorschriften erlassen, die nicht gegen
den Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht
beeinträchtigen oder vereiteln (BGE 128 I 46 E. 5a S. 54; 127 I 60 E. 4a S.
68; 124 I 107 E. 2a S. 109; 123 I 313 E. 2b S. 316).

2.2 Wird mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung von Art. 49 BV
gerügt, prüft das Bundesgericht frei, ob die beanstandete kantonale Norm mit
dem Bundesrecht vereinbar ist (BGE 126 I 76 E. 1 S. 78 mit Hinweisen). Der
von den Beschwerdeführern ebenfalls erhobenen Willkürbeschwerde kommt somit
keine Bedeutung zu. Das Bundesgericht hebt die angefochtene kantonale
Bestimmung im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nur auf, wenn sie sich
jeder verfassungskonformen Auslegung entzieht (BGE 125 II 440 E. 1d S. 443,
123 I 313 E. 2b S. 317; 122 I 343 E. 3a S. 345).

2.3 Angefochten ist eine Zuständigkeitsbestimmung des Berner Baugesetzes für
Entscheide über die Zonenkonformität in der Landwirtschaftszone und über
Ausnahmegesuche nach den Art. 24 bis 24d RPG. Da das Raumplanungsrecht
bundesrechtlich nicht abschliessend geordnet ist (vgl. Art. 75 BV), ist zu
prüfen, ob Art. 84 Abs. 1 BauG gegen den Sinn und Geist des Bundesrechts
verstösst und dessen Zweck beeinträchtigt oder vereitelt. Hierfür ist
zunächst die einschlägige bundesrechtliche Bestimmung (Art. 25 Abs. 2 RPG)
auszulegen (siehe unten E. 3) um anschliessend zu prüfen, ob die angefochtene
kantonale Norm den bundesrechtlichen Vorgaben entspricht bzw. einer
bundesrechtskonformen Auslegung zugänglich ist (siehe unten E. 4).

3.
Art. 25 RPG (in der Fassung des Gesetzes vom 20. März 1998) lautet:
Art. 25  Kantonale Zuständigkeiten

1. Die Kantone ordnen Zuständigkeiten und Verfahren.
1bis Sie legen für alle Verfahren zur Errichtung, Änderung oder Zweckänderung
von Bauten und Anlagen Fristen und deren Wirkungen fest.

2.  Die zuständige kantonale Behörde entscheidet bei allen Bauvorhaben
ausserhalb der Bauzonen, ob sie zonenkonform sind oder ob für sie eine
Ausnahmebewilligung erteilt werden kann.
Dies entspricht materiell der bereits zuvor geltenden Regelung: Bis zum 1.
September 2000 bestimmte Art. 25 Abs. 2 aRPG: "Ausnahmen nach Art. 24 werden
durch eine kantonale Behörde oder mit deren Zustimmung bewilligt." Diese
Regelung wurde durch Art. 25 Abs. 1 der Raumplanungsverordnung vom 2. Oktober
1989 (AS 1989 1985) wie folgt ergänzt: "Die zuständige kantonale Behörde
(Art. 25 Abs. 2 RPG) prüft bei allen Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen, ob
sie eine Ausnahmebewilligung (Art. 24 RPG) benötigen." Dieselbe Regelung
enthielt bereits Art. 16 der Raumplanungsverordnung vom 26. März 1986 (AS
1986 626).

3.1 Art. 25 Abs. 1 RPG statuiert den Grundsatz der Organisationsautonomie der
Kantone. Dieser Grundsatz wird in Abs. 2 insofern eingeschränkt, als die
Zuständigkeit einer kantonalen Behörde vorgeschrieben wird: Während es den
Kantonen üblicherweise freisteht, ihre Aufgaben an die Gemeinden zu
delegieren, verlangt Art. 25 Abs. 2 RPG (wie schon Art. 25 Abs. 2 aRPG) nach
einhelliger Rechtsprechung und Lehre, dass Ausnahmebewilligungen für
Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen entweder durch eine kantonale Behörde
oder mit deren Zustimmung zu erteilen sind (BGE 109 Ib 125 E. 2c S. 129; 111
Ib 213 E. 5a S. 220; 115 Ib 302 E. 5d/bb S. 308, 400 E. 4a S. 405; Alexander
Ruch, Kommentar-RPG, Art. 25 Rz. 25 ff.; Walter Haller/Peter Karlen,
Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht, Bd. I, 3. Auflage, Rz. 786 S. 216; Leo
Schürmann/ Peter Hänni, Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, 3.
Auflage, S. 176; Christoph Bandli, Bauen ausserhalb der Bauzonen, Diss. Bern
1989, Rz. 152 S. 112 f.; Thomas Müller, Die erleichterte Ausnahmebewilligung,
Diss. Zürich 1990, S. 164 f.; Peter Heer, Die raumplanungsrechtliche
Erfassung von Bauten und Anlagen im Nichtbaugebiet, Diss. Zürich 1995, S.
72). Das Bundesgericht hat mehrfach entschieden, dass Ausnahmebewilligungen,
die ohne Mitwirkung einer kantonalen Behörde von der Gemeinde erteilt werden,
rechtswidrig und u.U. sogar nichtig sind (BGE 111 Ib 213 E. 5 S. 220 f.).

Fraglich ist jedoch, ob Art. 25 Abs. 2 RPG weitergehende Anforderungen stellt
und verlangt, dass eine einzige kantonale Behörde über sämtliche Bauvorhaben
ausserhalb der Bauzone entscheidet, d.h. eine Delegation an eine Mehrzahl
dezentralisierter Kantonsbehörden verbietet. Diese Auffassung vertreten die
Beschwerdeführer und das Amt für Raumentwicklung; sie wird vom Regierungsrat
des Kantons Bern bestritten.

3.2 Der Wortlaut von Art. 25 Abs. 2 RPG ist nicht eindeutig: "die kantonale
Behörde" kann sich auf eine einzige kantonale Behörde wie auch auf die im
jeweiligen Fall örtlich zuständige kantonale Behörde beziehen.

3.2.1 Der Regierungsrat macht in diesem Zusammenhang geltend, dass der
Gesetzgeber, hätte er bewusst nur eine einzige kantonale Behörde für
zuständig erklären wollen, die Möglichkeit gehabt hätte, eine klare
Formulierung zu wählen, wie z.B. in Art. 76 des Bundesgesetzes vom 25. Juni
1954 über die Erfindungspatente (PatG; SR 232.14), wonach die Kantone eine
Gerichtsstelle bezeichnen, "welche für das ganze Kantonsgebiet als einzige
kantonale Instanz entscheidet". Dagegen ist allerdings einzuwenden, dass
erstinstanzliche Gerichte - im Gegensatz zu kantonalen Verwaltungsbehörden -
typischerweise nur für einen Teil des Kantonsgebiets zuständig sind, weshalb
sich die Klarstellung "für das ganze Kantonsgebiet" eher aufdrängt als im
Kontext des Raumplanungsgesetzes.

3.2.2 Auch in Art. 26 RPG hat der Gesetzgeber die Formulierung "eine
kantonale Behörde" (Abs. 1) bzw. "die kantonale Behörde" (Abs. 3) verwendet.
In diesem Zusammenhang (Genehmigung der Nutzungspläne und ihrer Anpassung)
wird jedoch - soweit ersichtlich einhellig - die Auffassung vertreten, es
müsse sich um eine kantonale Zentralbehörde handeln, wie z.B. das
Baudepartement, die kantonale Raumplanungsfachstelle, den Regierungsrat oder
den Grossen Rat (Ruch, RPG-Kommentar Art. 26 Rz. 9; EJPD/BRP, Erläuterungen
zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Bern 1981, Art. 26 Rz. 6: "die Spitze
des beaufsichtigenden Gemeinwesens"; für den Kanton Bern vgl. Art. 61 Abs. 1
BauG: zuständig ist die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion). Davon geht
auch Art. 47 Abs. 1 RPV aus ("erstattet der kantonalen Genehmigungsbehörde
... Bericht"). Es liegt nahe, Art. 25 Abs. 2 RPG im gleichen Sinne zu
interpretieren wie Art. 26 RPG (so ausdrücklich Ruch, a.a.O., Art. 25 RPG Rz.
25; zur grundsätzlichen Beziehung von Nutzungsplan und Ausnahmebewilligung
vgl. Peter Heer, a.a.O., S. 61 ff.).
3.3 Im Folgenden ist daher zu prüfen, welche Regelungsabsicht der Gesetzgeber
mit der streitigen Bestimmung verfolgte (zur Methodik vgl. BGE 128 I 34 E. 3b
S. 40 f.). Hierüber kann die Entstehungsgeschichte von Art. 25 Abs. 2 RPG und
seinen Vorgängerbestimmungen (Art. 25 Abs. 2 aRPG; Art. 29 Abs. 5
Raumplanungsgesetz vom 4. Oktober 1974 [BBl 1974 II 816]) Aufschluss geben.

3.3.1 Art. 29 Abs. 5 des in der Volksabstimmung verworfenen
Raumplanungsgesetzes 1974 sah erstmals vor, dass Ausnahmebewilligungen "der
Zustimmung der zuständigen kantonalen Behörde" bedürfen. Dieser Eingriff in
die kantonale Verfahrenshoheit war im Parlament sehr umstritten.

Die Befürworter der Vorlage hielten die kantonale Zustimmung für
erforderlich, um eine für den ganzen Kanton einheitliche Rechtspraxis zu
gewährleisten (BR Furgler, Amtl. Bull. SR 1973 S. 117; SR Bodenmann, Amtl.
Bull. SR 1974 S. 454; NR Muheim, Amtl. Bull. NR 1974 S. 1336 zu Art. 35 des
Gesetzesentwurfs). Sie befürchteten, dass die Gemeindebehörden Pressionen
ausgesetzt sein würden und nicht in aller Freiheit und Unabhängigkeit
entscheiden könnten (NR König, Amtl. Bull. NR 1974 S. 102; NR Kloter, Amtl.
Bull. NR 1974 S. 103 und S. 1137; NR Müller, Amtl. Bull. NR 1974 S. 1136).
Die kantonale Behörde habe dagegen den Überblick über die Praxis und werde
sich an diese Praxis halten wollen und halten müssen, um sich nicht dem
Vorwurf einer willkürlichen Entscheidung auszusetzen; ihre Entscheide würden
auch in viel grösserem Umfang publik gemacht und unterlägen in viel grösserem
Umfang der politischen Kontrolle durch die kantonalen Regierungen bzw. die
kantonalen Parlamente (NR König, Amtl. Bull. NR 1974 S. 102).
Die Gegner der Vorlage verwiesen dagegen auf die guten Erfahrungen mit
kommunalen Baubewilligungsbehörden in ihrem Kanton und hielten eine
zentralistische Lösung für unpraktikabel (vgl. Voten SR Vincenz, Amtl. Bull.
SR 1973 S. 120; SR Krauchthaler, Amtl. Bull. SR 1973 S. 120; NR Schlumpf,
Amtl. Bull. NR 1974 S. 103 f.). Eine kantonale Behörde, die unzählige
Augenscheine im ganzen Kantonsgebiet vornehmen müsse, wäre überfordert (NR
Brosi, Amtl. Bull. NR 1974 S. 1136; SR Vincenz, Amtl. Bull. SR 1974 S. 455:
"Beamtentourismus auf Rechnung des Steuerzahlers"). Es sei Sache der Kantone
zu entscheiden, wie sie die Einhaltung der bundesrechtlichen Vorgaben durch
die Gemeinden sicherstellen wollten (NR Bonnard, Amtl. Bull. NR 1974 S. 105).
Für die Gewährleistung einer einheitlichen Praxis genüge der Erlass von
Richtlinien (SR Vincenz, Amtl. Bull. SR 1974 S. 455).

In einzelnen Voten wurde auf die Möglichkeit der Delegation an dezentrale
Kantonsbehörden, z.B. auf Bezirksämter, hingewiesen, um auch in grossen
Kantonen eine praktikable Lösung zu erreichen (NR Weber, Amtl. Bull NR 1974
S. 106; BR Furgler; Amtl. Bull. NR 1974 S. 109; SR Urech, Amtl. Bull. SR 1974
S. 456). Diesem Vorschlag wurde widersprochen, weil es in den meisten
Kantonen keine dezentralisierte Organisation gebe (Voten SR Schlumpf, Amtl.
Bull. SR 1974 S. 456; NR Brosi, Amtl. Bull. NR 1974 S. 1135/1136). Andere
Parlamentarier vertraten die grundsätzliche Auffassung, die neue Bestimmung
verpflichte die Kantone, eine einzige kantonale Behörde für die Erteilung von
Bewilligungen neuer Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen für zuständig
zu erklären (so der Berichterstatter der ständerätlichen Kommission, SR
Bodenmann, Amtl. Bull SR 1974 S. 200; vgl. auch NR König, Amtl. Bull. NR 1974
S. 105: Kantonsregierung als Genehmigungs- bzw. Zustimmungsbehörde).

Den Beratungen zum RPG 1974 lässt sich somit keine eindeutige Stellungnahme
zur Zulässigkeit der Delegation an dezentrale Behörden entnehmen.

3.3.21978  legte der Bundesrat einen neuen Gesetzesentwurf vor (Botschaft des
Bundesrates vom 27. Februar 1978 zum Bundesgesetz über die Raumplanung, BBl
1978 I 1006 ff.). Art. 25 Abs. 2 des Entwurfs sah vor, dass Ausnahmen nach
Art. 24 "durch eine kantonale Behörde oder mit deren Zustimmung bewilligt"
werden. In der Botschaft (S. 1029) wird hierzu ausgeführt:
"Bei der Ordnung der Zuständigkeiten haben die Kantone dafür zu sorgen, dass
Ausnahmen nach Art. 24 durch eine Behörde des Kantons oder wenigstens mit
deren Zustimmung bewilligt werden".
Der Wortlaut der Bestimmung ("eine kantonale Behörde") wie auch die
Erläuterung in der Botschaft ("eine Behörde des Kantons") sprechen eher für
die Zuständigkeit einer einzigen kantonalen Behörde.

Dieses Verständnis wird durch die Erläuterungen zum Bundesgesetz über die
Raumplanung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements und des
Bundesamts für Raumplanung bestätigt, die von Mitarbeitern des Bundesamts und
Fachleuten verfasst wurden, die an der Erarbeitung und Beratung des RPG
beteiligt gewesen waren. Dort heisst es (a.a.O., Rz. 5 zu Art. 25, S. 311
f.):
"Baubewilligungen für zonenwidrige Bauten und Anlagen ausserhalb des
Baugebietes rühren an heikle Fragen: Wann sind Bauwerke standortgebunden? Was
sind überwiegende Interessen? Welche Anliegen der Raumplanung sind uns
wichtig? Mit schlichter Gesetzesauslegung von Fall zu Fall ist ihnen nicht
beizukommen. Alle diese Fragen wollen für das gesamte Kantonsgebiet mit
gewisser Einheitlichkeit beantwortet werden: Ausnahmen ausserhalb der
Bauzonen sind oft ein Politikum; rechtsgleiche Behandlung der Gesuche ist
deshalb oberstes Gebot. Solcher Anspruch litte aber unheilvollen Schaden,
wenn Bewilligungen nach Art. 24 ausschliesslich in der Hand von Gemeinde oder
Bezirk lägen. Also muss eine Behörde, die für den ganzen Kanton zuständig
ist, mitwirken können. Für solche Regelung spricht weiter, dass Bewilligungen
für Ausnahmen ausserhalb der Bauzonen mit mehr Eigenständigkeit und Überblick
erteilt werden, weil dann sämtliche Gesuche dafür an einer einzigen Stelle
zusammenlaufen. Der Nachteil - zentrale Behörden arbeiten häufig nach festen,
einfachen Kriterien - wiegt bei den angeführten Vorteilen nicht schwer."
[Hervorhebungen im Original]
Hier wird somit eindeutig gegen die Delegation der Entscheidbefugnis an
Behörden Stellung genommen, die - wie die Regierungsstatthalter - nur für ein
Teilgebiet des Kantons zuständig sind.

Art. 25 Abs. 2 aRPG wurde im Parlament ohne Diskussion angenommen (vgl. Amtl.
Bull. SR 1978 471 und Amtl. Bull. NR 1979 338), d.h. auch mit Zustimmung der
ehemaligen Gegner einer einzigen kantonalen Bewilligungsbehörde, die ihre
Opposition offensichtlich aufgegeben hatten.

3.3.3 Durch die neuste Revision des Raumplanungsgesetzes wurde zwar der
Wortlaut der Bestimmung modifiziert, ohne aber deren Inhalt verändern zu
wollen. In der Botschaft des Bundesrates vom 22. Mai 1996 zu einer
Teilrevision des Bundesgesetzes über die Raumplanung (BBl 1996 III 513 ff.,
insbes. S. 546 Ziff. 209) heisst es:
"Angesichts des Umstandes, dass die Zonenkonformität von Bauten und Anlagen
in der Landwirtschaftszone künftig in einem erweiterten Sinn verstanden
werden soll [...], kann sich die Beantwortung der Frage, ob ein konkretes
Vorhaben zonenkonform sei, mitunter schwierig gestalten. Gerade kleinere
Gemeinden dürften von der Komplexität der in diesem Zusammenhang zu
treffenden Abklärungen in der Regel überfordert sein. Die Frage, ob ein
konkretes Vorhaben ausserhalb der Bauzone zonenkonform sei, muss daher -
nicht zuletzt im Interesse einer gesamtkantonal einheitlichen Rechtsanwendung
- von einer kantonalen Behörde beantwortet werden. Dies ist jedoch nicht neu.
Bereits heute hat sich die zuständige kantonale Behörde mit sämtlichen
Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen zu befassen."
Die Zuständigkeit einer kantonalen Behörde rechtfertigt sich danach zum einen
aufgrund der Komplexität der Materie, zum anderen im Interesse einer
"gesamtkantonal einheitlichen Rechtsanwendung". Dabei unterstellt die
Botschaft, dass die zuständige Behörde - wie bisher - "mit sämtlichen
Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen" befasst ist. Der Bundesrat geht somit
von der Zuständigkeit einer einzigen kantonalen Behörde aus, die für den
ganzen Kanton zuständig ist. Die eidgenössischen Räte stimmten dem Entwurf
des Bundesrats zu Art. 25 Abs. 2 RPG ohne Diskussion zu (Amtl. Bull. N 1997
1870; Amtl. Bull. S 1997 221).

3.4 Der Regierungsrat macht geltend, weder in der Botschaft noch in den
Beratungen des Parlaments sei die angeblich bundesrechtswidrige bernische
Zuständigkeitsordnung erwähnt worden. Dies trifft zu, lässt aber keine
Rückschlüsse auf den Willen des Gesetzgebers zu.

Die Botschaften des Bundesrats richten sich an die eidgenössischen Räte. In
diesem Zusammenhang sind Hinweise auf bundesrechtswidrige Praktiken einzelner
Kantone zumindest ungewöhnlich. Zwar wird die Auffassung des Berner
Regierungsrats nicht ausdrücklich desavouiert; der Bundesrat distanziert sich
aber auch nicht von der gegenteiligen Auffassung des Bundesamts für
Raumplanung (heute: Bundesamt für Raumentwicklung), das schon unter der
Herrschaft des alten Rechts (Art. 25 aRPG) die Auffassung vertreten hatte,
die Berner Zuständigkeitsordnung, welche die Kompetenz auf 26
Regierungsstatthalter verteile, sei bundesrechtswidrig, weil sie eine
einheitliche und rechtsgleiche Anwendung von Art. 24 RPG im Kanton gefährde
(vgl. Schreiben des Bundesamts für Raumplanung vom 29. Januar 1991 und vom
12. Juli 1988). Es liesse sich daher ebenso gut argumentieren, der Bundesrat
hätte, in Kenntnis der vom zuständigen Bundesamt vertretenen Auslegung von
Art. 25 Abs. 2 aRPG, dessen Auffassung korrigieren und darauf hinweisen
müssen, dass eine Delegation an dezentralisierte kantonale Behörden zulässig
sei. Die Botschaft des Bundesrates weist jedoch, wie oben (E. 3.3.3)
dargelegt worden ist, in die entgegengesetzte Richtung.

3.5 Betrachtet man die zitierten Stellen, von der parlamentarischen Debatte
zum Raumplanungsgesetz 1974 über die Erläuterungen zu Art. 25 Abs. 2 aRPG bis
zur Botschaft des Bundesrates zum heutigen Art. 25 Abs. 2 RPG, weisen sie
eine gemeinsame Leitidee auf: Hauptzweck der Bestimmung ist eine einheitliche
und rechtsgleiche Behandlung von Ausnahmegesuchen innerhalb des
Kantonsgebiets (so auch BGE 109 Ib 125 E. 2c S. 129; 115 Ib 400 E. 4a und b
S. 405; Thomas Müller, Die erleichterte Ausnahmebewilligung, Diss. Zürich
1990, S. 165; Ruch, RPG-Kommentar, Art. 25 Rz. 25; Walter Haller/Peter
Karlen, Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht, Bd. I, 3. Auflage, Rz. 786 S.
216; Peter Ludwig, Die Wirkungen der Zuweisung zur Landwirtschaftszone, in:
Blätter für Agrarrecht 14 (1980) S. 87-102, insbes. S. 94; Arnold Marti, Die
Koordination der Bewilligungsverfahren für Bauten und Anlagen nach dem Bau-,
Planungs- und Umweltschutzrecht, in: Informationsblatt - RPG-NO 1989 H. 1/2
S. 34-87, insbes. S. 39). Überdies sollen Ausnahmebewilligungen von einer
fachlich kompetenten Behörde, unabhängig von Pressionen und persönlichen
Abhängigkeiten erteilt werden. Aus diesen Gründen sollen sämtliche Gesuche
bei einer übergeordneten Behörde mit entsprechender Eigenständigkeit und
entsprechendem Überblick zusammenlaufen (Haller/Karlen Rz. 786 S. 216).

3.6 Diese Auslegung wird durch die kantonale Gesetzgebung bestätigt: Mit
Ausnahme des Kantons Bern haben alle Kantone die Zuständigkeit gemäss Art. 25
Abs. 2 RPG an eine kantonale Zentralbehörde übertragen, die für das gesamte
Kantonsgebiet zuständig ist (vgl. §§ 63 lit. e und 64 des Aargauer Gesetzes
über Raumplanung, Umweltschutz und Bauwesen vom 19. Januar 1993 [zuständiges
Departement bzw. Koordinationsstelle]; Art. 82 Abs. 2 lit. a des Gesetzes vom
28. April 1985 über die Einführung des Bundesgesetzes über die Raumplanung
des Kantons Appenzell-Ausserrhoden [Baudirektion]; Art. 63 des Baugesetzes
vom 28. April 1985 des Kantons Appenzell-Innerrhoden [Baudepartement]; § 117
Abs. 1 des Baselbieter Raumplanungs- und Baugesetzes vom 8. Januar 1998 [Bau-
und Umweltschutzdirektion]; § 33 der Bau- und Planungsverordnung des Kantons
Basel-Stadt vom 19. Dezember 2000 [Bauinspektorat ist generell für Entscheide
über Bauvorhaben zuständig]; Art. 59 Abs. 1 des freiburgischen Raumplanungs-
und Baugesetzes vom 9. Mai 1983 [zuständige Direktion]; Art. 2 ff. der Genfer
Loi sur les constructions et les installations diverses vom 14. April 1988
[das Baudepartement ist generell Baubewilligungsbehörde]; Art. 35 f. des
Glarner Raumplanungs- und Baugesetzes vom 1. Mai 1988 [Zustimmung der
Baudirektion]; Art. 2 der Raumplanungsverordnung für den Kanton Graubünden
vom 26. November 1986 [Departement]; Art. 29 Abs. 5 Loi sur les constructions
et l'aménagement du territoire des Kantons Jura vom 25. Juni 1987
[Departement]; § 58 der Luzerner Planungs- und Bauverordnung vom 27. November
2001 [Raumplanungsamt]; Art. 62 der Neuenburger Loi cantonale sur
l'aménagement du territoire vom 2. Oktober 1991 [Departement]; Art. 209 des
Nidwaldner Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 24.
April 1988 [zuständige Direktion]; Art. 23 Abs. 4 des Obwaldner Baugesetzes
vom 12. Juni 1994 [Departement]; Art. 87bis des St. Galler Gesetzes über die
Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 6. Juni 1972 i.V.m. Art. 2 des
Regierungsbeschlusses über den Vollzug von Art. 77 Abs. 2 und Art. 87bis des
Baugesetzes vom 25. Juni 1996 [Planungsamt]; Art. 57 des Gesetzes über die
Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen vom 1.
Dezember 1997 [Baudepartement]; § 76 Abs. 2 des schwyzerischen Planungs- und
Baugesetzes vom 14. Mai 1987 [das vom Regierungsrat bezeichnete Amt]; § 38bis
Abs. 1 des solothurnischen Planungs- und Baugesetzes vom 3. Dezember 1978
[Bau- und Justizdepartement]; Art. 3 Abs. 1 Legge edilizia cantonale vom 13.
März 1991 und Art. 2 i.V.m. Anh. 1 Ziff. 1 Regolamento di applicazione della
Legge edilizia des Kantons Tessin vom 9. Dezember 1992 [verbindliche
Stellungnahme des Dipartimento del Territorio]; § 20 der Verordnung des
Regierungsrates des Kantons Thurgau zum Planungs- und Baugesetz vom 26. März
1996 [Amt für Raumplanung]; Art. 30c Abs. 4 des Baugesetzes des Kantons Uri
vom 10. Mai 1970 [Zustimmung der Direktion]; Art. 121 lit. a i.V.m. Art. 120
lit. a Loi sur l'aménagement du territoire et les constructions vom 4.
Dezember 1985 des Kantons Waadt [département des travaux publics]; Art. 2
Abs. 2 Loi sur les constructions vom 8. Februar 1996 des Kantons Wallis
[commission cantonale des constructions]; § 10 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 lit.
b des Zuger Planungs- und Baugesetz vom 26. November 1988 [Baudirektion];
Ziff. 1.2. des Anhangs zur Bauverfahrensverordnung des Kantons Zürich vom 3.
Dezember 1997 [Baudirektion]).

3.7 Es finden sich nur wenige Literaturstellen zur Zulässigkeit einer
Dezentralisierung. Im RPG-Kommentar der Schweizerischen Vereinigung für
Landesplanung wird die Auffassung vertreten, die den Kantonen zugewiesene
Kompetenz dürfe nicht an dezentralisierte Behörden wie Bezirksräte,
Regierungsstatthalter, Préfets usw. delegiert werden, weil dadurch der
Gesetzeszweck vereitelt werde (Ruch, RPG-Kommentar, N 26 zu Art. 25). Thomas
Müller (a.a.O., S. 165) verlangt die Zustimmung "der kantonalen Fachbehörde",
geht also von der Zuständigkeit einer für das gesamte Kantonsgebiet
zuständigen Behörde aus. Auch Haller/Karlen verlangen, dass sämtliche Gesuche
bei einer übergeordneten Behörde zusammenlaufen sollen (a.a.O., Rz. 786 S.
216). Dieser Rechtsauffassung stimmt Walter Kälin in seinem vom Berner
Regierungsrat in Auftrag gegebenen Gutachten vom 25. September 1991 zu,
weshalb er die Berner Zuständigkeitsordnung für bundesrechtswidrig hält.
Dagegen kommt Ulrich Zimmerli in seinem Bericht vom 7. Oktober 2001 zuhanden
des Regierungspräsidenten zum Ergebnis, die Delegation an mehrere
dezentralisierte Kantonsbehörden sei mit Bundesrecht vereinbar.

3.8 Der Regierungsrat beruft sich für seine Auslegung von Art. 25 Abs. 2 RPG
auf den Grundsatz der kantonalen Organisationsautonomie: Art. 75 BV (Art.
22quater aBV) räume dem Bund auf dem Gebiet der Raumplanung nur eine
Grundsatzgesetzgebungskompetenz ein. Er habe sich deshalb bei Eingriffen in
die Organisationsautonomie der Kantone Zurückhaltung aufzuerlegen (so auch
Ulrich Zimmerli, Stellungnahme zuhanden des Regierungsrats vom 7. Oktober
2001 S. 2). Dies ergebe sich auch aus Art. 46 Abs. 2 BV.

3.8.1 Gemäss Art. 191 BV sind die Bundesgesetze für das Bundesgericht
massgebend. Das Bundesgericht muss mithin die in den Bundesgesetzen
enthaltenen Bestimmungen anwenden, selbst wenn sie der Verfassung
widersprechen sollten. Es muss sie aber verfassungskonform auslegen, soweit
ein Auslegungsspielraum besteht (BGE 126 IV 236 E. 4b S. 248; 116 Ia 368 f.;
115 II 129 E. 6 S. 132; Walter Kälin, Staatsrechtliche Beschwerde, 2.
Auflage, S. 15 ff.). Im Folgenden ist deshalb zu prüfen, ob mit Rücksicht auf
die Organisationsautonomie der Kantone und im Hinblick auf die beschränkte
Regelungskompetenz des Bundes eine andere Auslegung von Art. 25 Abs. 2 RPG
geboten ist.

3.8.2 Die kantonale Organisationshoheit ist ein zentrales Element des
schweizerischen Föderalismus. Sie wird in der neuen Bundesverfassung zwar
nicht explizit festgehalten, wird aber aus Art. 47 BV ("Der Bund wahrt die
Eigenständigkeit der Kantone") abgeleitet. Auch wo die Kantone Bundesrecht
umzusetzen haben, belässt der Bund ihnen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit
und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung (Art. 46 Abs. 2 BV). In
dieser Rücksichtnahme spiegelt sich der Respekt vor der Aufgaben- und
Organisationsautonomie der Kantone (Kurt Nuspliger, Grundzüge der
Behördenstruktur im Verfassungsrecht der Kantone, in: Daniel
Thürer/Jean-François Aubert/Jörg Paul Müller [Hrsg.], Verfassungsrecht der
Schweiz, Zürich 2001, S. 1084 f.; vgl. auch Peter Saladin, BV-Kommentar, N
104 zu Art. 3; Urs Steimen, Die Umsetzung von Bundesrecht durch die Kantone
gemäss Art. 46 Abs. 1 und 2 BV, in: Thomas Gächter/Martin Bertschi [Hrsg.],
Neue Akzente in der "nachgeführten" Bundesverfassung, Zürich 2000, S. 170
ff., Andreas Auer/Giorgio Malinverni/Michel Hottelier, Droit constitutionnel
suisse, vol. I, Bern 2000, S. 63 f. Rz. 185 ff.; Ulrich Zimmerli, Bund -
Kantone - Gemeinden, in: Die neue Bundesverfassung, Konsequenzen für Praxis
und Wissenschaft, Berner Tage für die Juristische Praxis 1999, Bern 2000, S.
51 f.). Eingriffe in die kantonale Organisationsautonomie sind nur zulässig,
wenn sie für die Sicherstellung einer richtigen und rechtzeitigen Umsetzung
des Bundesrechts durch die Kantone notwendig und verhältnismässig sind. Dies
setzt eine Abwägung zwischen der Verpflichtung des Bundes, für eine adäquate
Aufgabenerfüllung zu sorgen, einerseits und der Organisations- und
Verfahrenshoheit der Kantone andererseits voraus (Peter Saladin, Bund und
Kantone, Autonomie und Zusammenwirken im schweizerischen Bundesstaat, ZSR
103/1984 II S. 433 ff., insbes. S. 504 f.; derselbe, BV-Kommentar, N 104 zu
Art. 3; Yvo Hangartner, Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen,
Habilschrift St. Gallen 1972, Bern 1974, S. 158 f.; Steimen, a.a.O. S. 170
f.).
3.8.3 Eingriffe des Bundesgesetzgebers in die kantonale
Organisationsautonomie sind auch bei einer Grundsatz- oder
Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes nicht von vornherein ausgeschlossen:
Es ist anerkannt, dass der Bundesgesetzgeber, wo besonders wichtige Probleme
zu entscheiden sind oder klare Abgrenzungen auf eidgenössischer Ebene
vorgenommen werden müssen, auch detaillierte Regeln erlassen darf (Riccardo
Jagmetti, BV-Kommentar, N 106 und 116 zu Art. 22quater aBV; Peter Saladin,
BV-Kommentar, N 198 zu Art. 3; August Mächler, Rahmengesetzgebung als
Instrument der Aufgabenteilung, Diss. Zürich 1987, S. 67 ff., insbes. S. 127
f.). Dazu können auch Verfahrensbestimmungen gehören, wenn dies zur
Durchsetzung des Bundesrechts geboten ist (Mächler, a.a.O. S. 132 f.).
3.8.4 Die Einschränkung der Siedlungstätigkeit ausserhalb der Bauzonen ist
ein zentrales Anliegen des RPG. Dementsprechend sind die Zonenkonformität von
Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen und die Erteilung von
Ausnahmebewilligungen bundesrechtlich geregelt (Art. 16a RPG i.V.m. Art. 34
ff. RPV und Art. 24 ff. RPG i.V.m. Art. 39 ff. RPV); die Anwendung dieser
Bestimmungen kann im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom
Bundesgericht frei geprüft werden (Art. 34 Abs. 1 RPG). Aufgrund der
herausragenden Bedeutung dieser Entscheide für die Trennung von Bau- und
Nichtbaugebiet sind auch organisatorische Vorgaben des Bundes zulässig (BGE
115 Ib 302 E. 5d/bb S. 308; 400 E. 4a S. 405; 109 Ib 125 E. 2c S. 129). Zur
Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs in den für die geordnete
Besiedlung des Landes entscheidenden Fragen der Zonenkonformität und der
Erteilung von Ausnahmebewilligungen erachtete der Bundesgesetzgeber die
Zuständigkeit einer einzigen kantonalen Behörde für erforderlich (vgl. oben
E. 3.5). Es handelt sich hierbei um ein wichtiges Vollzugsanliegen in einer
Grundsatzfrage der Raumplanung, das eine Einschränkung der kantonalen
Organisationsautonomie rechtfertigt. Den Kantonen verbleibt ein - wenn auch
beschränkter - Gestaltungsspielraum bei der Bezeichnung der zuständigen
kantonalen Behörde und deren Ausgestaltung (vgl. unten E. 4.2), der es ihnen
erlaubt, den kantonalen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Insofern besteht
keine Veranlassung, das bisherige Ergebnis der Auslegung von Art. 25 Abs. 2
RPG unter dem Blickwinkel von Art. 46 Abs. 2 und Art. 47 BV in Frage zu
stellen.

4.
Nach dem Gesagten ist zu prüfen, ob Art. 84 Abs. 1 BauG, der die
Zuständigkeit zur Prüfung der Zonenkonformität und zur Erteilung von
Ausnahmebewilligungen ausserhalb der Bauzone auf die Regierungsstatthalter
überträgt, mit Art. 25 Abs. 2 RPG vereinbar ist.

4.1 Die Beschwerdeführer bezweifeln, dass der Regierungsstatthalter eine
"kantonale" Behörde sei: Er werde nicht vom Kanton, sondern von den
Stimmberechtigten des Amtsbezirks gewählt (Art. 93 Abs. 2 KV/BE) und sei
daher eine Bezirksbehörde.

Dies schliesst allerdings eine Qualifikation als kantonale Behörde nicht aus:
Gemäss Art. 93 Abs. 1 KV/BE sind die Amtsbezirke die Verwaltungseinheiten des
Kantons. Es handelt sich nicht um eigenständige Gebietskörperschaften wie
Kanton und Gemeinden, sondern um dezentralisierte Verwaltungseinheiten zur
Erfüllung kantonaler Aufgaben. Die Bezirksverwaltung ist damit Teil der
kantonalen Verwaltung (Urs Bolz in: Walter Kälin/Urs Bolz [Hrsg.], Handbuch
des bernischen Verfassungsrechts, Bern 1994, S. 494, Anm. 1a zu Art. 93). Die
Regierungsstatthalterinnen und Regierungsstatthalter vertreten in ihrem
Amtsbezirk die Regierung (Art. 93 Abs. 3 lit. a KV/BE; Art. 9 Abs. 1 lit. a
des Gesetzes vom 16. März 1995 über die Regierungsstatthalterinnen und
Regierungsstatthalter [RstG]). Insofern verstösst die Bezeichnung der
Regierungsstatthalter als zuständige Behörde in Art. 84 Abs. 1 BauG nicht
gegen das Gebot einer kantonalen Zuständigkeit.

4.2 Art. 25 Abs. 2 RPG verlangt jedoch weiter, dass im Interesse einer
gesamtkantonal einheitlichen Rechtsanwendung sämtliche Gesuche von einer
übergeordneten Behörde mit entsprechender Eigenständigkeit und entsprechendem
Überblick behandelt werden. Die kantonale Behörde entscheidet über die
Bewilligungsfähigkeit eines Gesuches, indem sie den Entscheid direkt selber
trifft oder indem sie einen Bewilligungsentscheid der örtlichen Baubehörde
genehmigt bzw. diese zur Bewilligungserteilung ermächtigt.

Wie das ARE überzeugend darlegt, schliesst dies - in Bezug auf den kantonalen
Entscheidungsträger - eine gewisse Dezentralisierung, z.B. durch die Bildung
von Aussenstellen innerhalb einer Behörde, nicht aus, solange die
Aussenstellen hierarchisch und weisungsmässig der Zentrale unterstellt
bleiben, also nicht über autonome Entscheidungsbefugnisse verfügen, und
mittels geeigneter organisatorischer Vorkehren dafür gesorgt wird, dass die
einheitliche und rechtsgleiche kantonale Rechtsanwendung trotz der räumlichen
Ausgliederung gewahrt bleibt. Diese Voraussetzungen wären beispielsweise bei
einer Zuständigkeit des Berner Amts für Gemeinden und Raumordnung (AGR)
erfüllt, das neben der Amtszentrale und der Abteilung Kantonsplanung in Bern
über vier Aussenstellen für die Kreise Bern, Biel, Thun und Burgdorf verfügt.
Die Mitarbeiter der Aussenstellen sind in die Verwaltungshierarchie
eingebunden und einer gemeinsamen, zentralen Behördenleitung unterstellt, die
für die Einheitlichkeit und Rechtsgleichheit der Entscheide ihrer Mitarbeiter
verantwortlich ist.

4.3 Die Regierungsstatthalter sind für das Gebiet eines Amtsbezirks
zuständig. Derzeit gibt es im Kanton Bern 26 Amtsbezirke. Art. 84 Abs. 1 BauG
bewirkt somit, dass es insgesamt 26 "kantonale" Bewilligungsbehörden gibt.
Eine derartige Aufsplitterung der Zuständigkeit ist mit dem durch Art. 25
Abs. 2 RPG verfolgten Zweck einer einheitlichen und rechtsgleichen Praxis im
gesamten Kantonsgebiet von vornherein schlecht vereinbar. Es ist zwar
einzuräumen, dass Rechtseinheit auf verschiedene Weise sichergestellt werden
kann. Der Bundesgesetzgeber hat indessen nicht nur das Ziel, sondern auch den
Weg, wie das Ziel erreicht werden soll, festgelegt. Demgemäss muss die
Entscheidungsbefugnis grundsätzlich bei einer einzigen kantonalen Instanz
gebündelt sein.

4.4 Der Regierungsrat macht geltend, eine einheitliche Praxis werde durch die
für die Regierungsstatthalter verbindlichen Richtlinien der zuständigen
Direktion gewährleistet. Zudem sei ein enger Austausch und eine intensive
Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) und den
Regierungsstatthaltern sichergestellt: Es fänden regelmässig gemeinsame
Tagungen statt, in denen die Praxis besprochen und festgelegt werde; zudem
würden die Regierungsstatthalter von den Juristen und den Bauinspektoren des
AGR beraten (Art. 84 Abs. 3 BauG). Die Justiz-, Gemeinde- und
Kirchendirektion sorge für eine zweckmässige Aus- und Weiterbildung der
Regierungsstatthalter (Art. 8 RStG). Bei der Bewilligungs- und
Vollzugstätigkeit seien die Regierungsstatthalter nur gegenüber den
Nachbarbezirken autonom, nicht aber gegenüber dem Regierungsrat: Sie
unterlägen der Aufsicht des Regierungsrats (Art. 7 Abs. 1 RStG; Art. 1 Abs. 2
Verordnung über die Obliegenheiten der Regierungsstatthalter), die
naturgemäss mit einem Weisungsrecht verbunden sei.

Die Beschwerdeführer und das ARE bestreiten dies: Die Regierungsstatthalter
entschieden autonom, ohne Weisungen seitens einer zentralen Behörde. Die
Richtlinien der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion könnten die
Einheitlichkeit der Rechtsanwendung nicht im erforderlichen Masse sichern, da
es ihnen an der notwendigen Verbindlichkeit und Durchsetzbarkeit im
Einzelfall fehle.

4.5 Gemäss Art. 7 Abs. 1 RStG stehen die Regierungsstatthalter unter der
Aufsicht des Regierungsrates; diese wird durch die Justiz-, Gemeinde- und
Kirchendirektion ausgeübt (Art. 7 Abs. 2 RStG).

Das Aufsichtsrecht umfasst das Recht, allgemeine Weisungen, z.B. in Form von
Verwaltungsanordnungen, zu erteilen (André Grisel, Traité de droit
administratif vol. I, Neuchâtel 1984, S. 197, Blaise Knapp, Précis de droit
administratif, 4. Auflage, Basel 1991, Rz. 13 S. 5; ; Fritz Gygi,
Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 74; Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss
des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Auflage, Rz. 987). Dies bestätigt Art.
20 der Verordnung über die Regierungsstatthalter, wonach die Justiz-,
Gemeinde- und Kirchendirektion eine Dienstinstruktion erlässt, in welcher die
hauptsächlichsten Obliegenheiten der Regierungsstatthalter aufgeführt werden.
Die von den zuständigen Direktionen erlassenen Richtlinien sind damit für die
Regierungsstatthalter verbindlich. Dies ergibt sich auch aus Art. 84 Abs. 3
BauG.

Dagegen ist in der Literatur und Rechtsprechung streitig, ob mit dem
Aufsichtsrecht generell auch ein Weisungsrecht im Einzelfall verbunden ist
(dafür: Häfelin/ Müller, a.a.O. Rz. 987 S. 235 i.V.m. Rz 998 f. S. 237; a.A.
Knapp, a.a.O. Rz. 18 S. 6; Grisel, a.a.O. S. 197). Die Frage braucht jedoch
nicht generell entschieden zu werden. Massgeblich ist die jeweilige
spezialgesetzliche Ausgestaltung des Aufsichtsrechts und der mit der
Dezentralisierung verfolgte Zweck: Sollen lokale Verwaltungsbehörden ohne
Autonomie geschaffen werden, die vollständig in die Hierarchie der
Zentralverwaltung eingebunden sind, oder soll der Behörde eine gewisse
selbständige, weisungsungebundene Beurteilungs- oder Entscheidungsbefugnis
zukommen?

Während die Befugnis zur Erteilung genereller Weisungen in Art. 20 der
Verordnung über die Regierungsstatthalter ausdrücklich festgehalten ist,
fehlt eine entsprechende Regelung für die Einzelweisungsbefugnis. Immerhin
spricht die Stellung der Amtsbezirke als Verwaltungseinheiten des Kantons
ohne eigene Rechtspersönlichkeit (Art. 93 Abs. 1 KV/BE) und diejenige des
Regierungsstatthalters als Vertreter des Regierungsrats (Art. 93 Abs. 3 lit.
a KV/BE) für die Auffassung des Regierungsrats, wonach Weisungen der
zuständigen Direktion gegenüber dem Regierungsstatthalter auch im Einzelfall
möglich sind (so auch Gygi, a.a.O. S. 67, der die Berner Bezirksverwaltung
als "vertikale Dekonzentration" qualifiziert, d.h. als Dezentralisierung ohne
Autonomie).
Allerdings erfolgte die Delegation der Zuständigkeit gemäss Art. 84 Abs. 1
BauG an die Regierungsstatthalter in der Absicht, Entscheide über das Bauen
ausserhalb der Bauzone einer bürgernahen, mit den lokalen Verhältnissen
vertrauten Instanz zu übertragen (Tagblatt des Grossen Rates vom 30. Januar
2001, Voten GR Michel S. 31; GR Brönnimann S. 32; GR Sägesser S. 32). Diesem
Anliegen entspricht es, den Regierungsstatthaltern faktisch - innerhalb der
Grenzen des Gesetzes und der kantonalen Richtlinien - eine gewisse Autonomie
einzuräumen und ihnen nicht im Einzelfall Weisungen zu erteilen. Ein
systematischer Gebrauch des Weisungsrechts wäre auch angesichts der
besonderen Stellung des Regierungsstatthalters als vom Volk gewählter
Magistrat und als Repräsentant des Amtsbezirks (Urs Bolz, a.a.O., S. 496 f.
Anm. 5a und 8 zu Art. 93 KV/BE) unangemessen. Insofern ist die Stellung des
Regierungsstatthalters nicht mit demjenigen eines Sachbearbeiters innerhalb
einer hierarchisch strukturierten Behörde vergleichbar, in der
Einzelfallweisungen an der Tagesordnung sind und die Entscheide nach aussen
vom Behördenleiter zu verantworten sind.
Dementsprechend sieht Art. 84 Abs. 2 BauG im Regelfall eine nachträgliche
Kontrolle der Ausnahmeentscheide des Regierungsstatthalters durch die
Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion vor. Diese Kontrolle ist jedoch, wie
das ARE zutreffend darlegt, von beschränkter Wirksamkeit: Ohne die
zugehörigen Akten und Pläne ist es in der Regel nicht möglich festzustellen,
ob eine Ausnahme zu Recht oder zu Unrecht erteilt worden ist. Ein
systematisches Hinterfragen der erteilten Ausnahmebewilligungen ist zudem
schon aus personellen Kapazitätsgründen nicht möglich. Im Regelfall wird sich
die nachträgliche Kontrolle daher auf wenige publikumswirksame oder dem Amt
für Raumordnung bekannte Fälle sowie evidente - auch ohne Akten und Pläne
ersichtliche - Verstösse gegen das Gesetz oder die Richtlinien beschränken.

4.6 Im September 2001 haben die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion und
die Volkswirtschaftsdirektion gemeinsam den Entwurf von Richtlinien für das
Bauen ausserhalb der Bauzone vorgelegt. Dieser Entwurf wird zur Zeit
probeweise in den Amtsbezirken angewendet. Aufgrund der eingegangenen
Stellungnahmen und Erfahrungen sollen die Richtlinien überarbeitet und
definitiv verabschiedet werden. Der Richtlinien-Entwurf ist sehr umfangreich
und detailliert, gleichzeitig aber auch übersichtlich und benutzerfreundlich
gestaltet. Trotzdem bleiben zwangsläufig wichtige Wertungs- und
Beurteilungsspielräume für den Rechtsanwender im Einzelfall, beispielsweise
bei der Frage, ob eine Baute für die Bewirtschaftung eines
landwirtschaftlichen Betriebs objektiv notwendig ist, ob ein
nicht-landwirtschaftliches Bauvorhaben zwingend auf einen Standort ausserhalb
der Bauzone angewiesen ist oder ob einem Bauvorhaben überwiegende Interessen
entgegenstehen. Gerade aufgrund der heiklen Fragen, die sich bei der
Rechtsanwendung im Einzelfall stellen, hielt der Gesetzgeber die Mitwirkung
einer für den ganzen Kanton zuständigen Behörde für notwendig, um eine
rechtsgleiche Behandlung der Gesuche zu gewährleisten (EJPD/BRP,
Erläuterungen zum RPG, Rz. 5 zu Art. 25 Abs. 2, S. 311).

4.7 Diese Anforderung erfüllt die Berner Zuständigkeitsregelung nicht: Art.
84 Abs. 1 BauG überträgt die Kompetenz auf 26 selbständige Behörden - die
Regierungsstatthalter -, die keiner gemeinsamen zentralen Behördenleitung
unterstehen. Zwar unterliegen sie der Aufsicht des Regierungsrats, die im
Wesentlichen durch Richtlinien der zuständigen Direktionen, verbunden mit
einer nachträglichen Kontrollmöglichkeit des AGR, ausgeübt wird. Eine blosse
kantonale Aufsicht genügt jedoch den Anforderungen von Art. 25 Abs. 2 RPG
nicht (so schon BGE 115 Ib 400 E. 4b S. 405). Art. 84 Abs. 1 BauG ist auch
keiner bundesrechtskonformen Auslegung zugänglich.

5.
Nach dem Gesagten ist Art. 84 Abs. 1 BauG mit Art. 25 Abs. 2 RPG nicht
vereinbar und verletzt somit den Vorrang des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1
BV). Die angefochtene Gesetzesbestimmung ist deshalb aufzuheben. Die
Aufhebung wirkt vom Zeitpunkt der Eröffnung des bundesgerichtlichen
Entscheids an (BGE 116 Ia 359 E. 10d S. 381; Kälin, Staatsrechtliche
Beschwerde S. 398; Andreas Auer, La juridiction constitutionnelle en Suisse,
Basel 1983, Rz. 507 S. 260). Die bis zu diesem Zeitpunkt von den
Regierungsstatthaltern gestützt auf Art. 84 Abs. 1 BauG erlassenen
Verfügungen sind nicht nichtig, d.h. sie bleiben wirksam (vgl. BGE 116 Ia 359
E. 10d S. 382). Der kantonale Gesetzgeber wird so schnell wie möglich eine
neue bundesrechtskonforme Zuständigkeitsordnung erlassen müssen. In der
Zwischenzeit hat der Regierungsrat die Möglichkeit, entsprechend Art. 36 Abs.
2 RPG und Art. 88 Abs. 3 KV/BE eine Übergangslösung zu treffen.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Kanton Bern die Beschwerdeführer
für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 OG). Es sind
keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und Art. 84 Abs. 1 des
Baugesetzes des Kantons Bern vom 9. Juni 1985 aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Bern hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren
mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Regierungsrat und dem Grossen
Rat des Kantons Bern sowie dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 14. August 2002

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: