I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.465/2001
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1P.465/2001/bie I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG ********************************** 30. Oktober 2001 Es wirken mit: Bundesrichter Nay, pr sidierendes Mitglied der I. ffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter F raud, Bundesrichter Catenazzi und Gerichtsschreiber St --------- In Sachen S.________, Chur, Beschwerdef hrer, vertreten durch Rechtsanwalt Pius Fryberg, Vazerolgasse 2, Postfach 731, Chur, gegen Kreisgericht C h u r, Kreisamt Chur, Staatsanwaltschaft des Kantons G r a u b n d e n, Kantonsgericht von G r a u b n d e n, Kantonsgerichtsausschuss, betreffend Art. 9 und 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK (Kostenauflage im Strafverfahren), hat sich ergeben: A.- S.________ mietete ab dem 1. Januar 1994 von W.________ das Wohn- und Gesch ftshaus D.________ 15 so- wie das Hotel-Restaurant D.________ 18 mit dem Nachtlokal "X.________" in Chur. Nachdem S.________ die vereinbarten Zinszahlungen nicht mehr leistete, k ndigte W.________ den Vertrag am 27. November 1996. Im Streit um die finanziellen Folgen der Vertrags- aufl sung erhob W.________ am 10. Oktober 1997 beim Bezirks- gericht Plessur Forderungsklage gegen S.________. S.________ erhob am 15. Dezember 1997 Widerklage, die er u.a. damit be- gr ndete, er habe an den beiden Liegenschaften Renovations- arbeiten ausf hren lassen. Zum Beweis seiner Gegenforderung reichte S.________ dabei unter anderem auch die Kopie einer Rechnung vom 20. Februar 1996 ber 31'225 Franken des Tep- pichlegers K.________ ein. Die verrechneten Leistungen hatte K.________ weder erbracht noch in Rechnung gestellt, die Rechnung war vielmehr von einem Angestellten S.________'s auf dessen Geheiss hin selber hergestellt worden, indem er den Inhalt einer Originalrechnung wegkopiert und das so erhaltene Blankoformular mit dem Schriftzug der Firma K.________ selber ausgef llt hatte. Weiter machte S.________ geltend, er habe auf beh rdliche Anordnung hin den Kamin der Liegenschaft D.________ 18 f r 850 Franken sanieren m ssen. Aus der Rechnung des Unternehmers O.________ geht hervor, dass im Rechnungsbetrag die Demontage des Parabolspiegels, welche zu Lasten S.________'s erfolgte, eingeschlossen war. Auf der Rechnungskopie, die er dem Gericht einreichte, ko- pierte S.________ diese Passage weg und machte so geltend, der gesamte Betrag sei f r die feuerpolizeilich verf Sanierung des Kamins aufgewendet worden. B.- Mit Anklageschrift vom 29. Februar 2000 klagte die Staatsanwaltschaft Graub nden S.________ wegen vollendeten Betrugsversuchs und Urkundenf lschung beim Kreisgericht Chur an. Dieses sprach ihn am 8. Juni 2000 frei, auferlegte ihm jedoch die Verfahrenskosten. Die Staatsanwaltschaft und S.________ erhoben gegen dieses Urteil Berufung, wobei erstere die Schuldigsprechung und Bestrafung S.________'s verlangte, w hrend letzterer sich gegen die Kostenauflage wandte und eine Parteientsch digung verlangte. Der Kantonsgerichtsausschuss wies am 21. Februar 2001 beide Berufungen ab, wobei es die Berufungskosten zu einem F nftel S.________ auferlegte. C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 9. Juli 2001 wegen Verletzung von Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK beantragt S.________, den angefochtenen Entscheid auf- zuheben. Er macht geltend, als Freigesprochenem h tten ihm keine Kosten auferlegt werden d rfen, und es h tte ihm eine Entsch digung zugesprochen werden m ssen. Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf Vernehm- lassung, w hrenddem das Kantonsgericht unter Verweis auf sein Urteil beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht zieht in Erw gung: 1.- Beim angefochtenen Entscheid des Kantonsgerichts- ausschusses handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 OG). Der Beschwerde- f hrer ist durch die Auferlegung von Gerichtskosten und die Abweisung seines Entsch digungsgesuchs in seinen rechtlich gesch tzten Interessen ber hrt (Art. 88 OG), und er macht die Verletzung der von Art. 32 Abs. 1 und Art. 6 Ziff. 2 EMRK garantierten Unschuldsvermutung geltend (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG). Auch die brigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erf llt, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist. 2.- a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts d rfen einem Angeschuldigten bei Freispruch nur dann Kos- ten auferlegt werden, wenn er durch ein unter rechtlichen Gesichtspunkten vorwerfbares Verhalten die Einleitung des Strafverfahrens veranlasst oder dessen Durchf hrung er- schwert hat. Bei der Kostenpflicht des Freigesprochenen handelt es sich nicht um eine Haftung f r ein strafrecht- liches Verschulden, sondern um eine zivilrechtlichen Grund- s tzen angen herte Haftung f r ein fehlerhaftes Verhalten, durch das die Einleitung oder Erschwerung des Prozesses verursacht wurde. Gem ss Art. 41 Abs. 1 OR ist zum Ersatz verpflichtet, wer einem anderen widerrechtlich Schaden zu- f gt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrl ssigkeit. Im Zivilrecht wird demnach eine Haftung dann ausgel st, wenn jemandem durch ein widerrechtliches und - abgesehen von den F llen der Kausalhaftung - schuldhaftes Verhalten ein Schaden zugef gt wird. Widerrechtlich im Sinne von Art. 41 Abs. 1 OR ist ein Verhalten dann, wenn es gegen Normen ver- st sst, die direkt oder indirekt Sch digungen untersagen bzw. ein Sch digungen vermeidendes Verhalten vorschreiben. Solche Verhaltensnormen ergeben sich aus der Gesamtheit der schweizerischen Rechtsordnung, unter anderem aus Privat-, Verwaltungs- und Strafrecht, gleichg ltig, ob es sich um eidgen ssisches oder kantonales, geschriebenes oder unge- schriebenes Recht handelt. Es ist mit der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK festgelegten Unschuldsvermutung vereinbar, einem nicht verurteilten Angeschuldigten die Kosten dann zu berbinden, wenn er in zivilrechtlich vor- werfbarer Weise gegen eine solche Verhaltensnorm klar verstossen und dadurch das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchf hrung erschwert hat (BGE 119 Ia 332 E. 1b mit Hinweisen). Unzul ssig ist es dagegen, die Kostenauflage damit zu begr nden, der Angeschuldigte habe sich strafbar gemacht bzw. ihn treffe ein strafrechtliches Verschulden (BGE 116 Ia 162 E. 2e S. 175) b) Vor dem Kantonsgerichtsausschuss strittig war lediglich der Vorfall mit der gef lschten Rechnung 31'225 Franken des Teppichlegers K.________. Der Kantons- gerichtsausschuss kam in diesem Punkt zum Schluss, der Beschwerdef hrer habe - was er auch gar nicht bestreitet - die umstrittene F lschung von seinem Angestellten anferti- gen lassen, sie nachher in seine Buchhaltung eingef gt und sp ter dem Gericht eingereicht. Damit habe er "durch sein Verhalten offensichtlich die objektiven Tatbestandselemente der Urkundenf lschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB erf llt" (angefochtener Entscheid S. 10/11). In subjek- tiver Hinsicht sei davon auszugehen, dass der Beschwerdef rer zum Beleg der von ihm erhobenen Gegenforderung seiner Buchhaltung mehr oder weniger wahllos Rechnungen entnommen und diese dem Bezirksgericht Plessur eingereicht habe; es sei daher glaubhaft, dass er sich in diesem Zeitpunkt nicht mehr an die umstrittene "Rechnung" erinnert habe. Es habe ihm daher der Vorsatz gefehlt, dem Gericht in T uschungsab- sicht eine gef lschte Urkunde einzureichen, weshalb ihn die Vorinstanz zu Recht freigesprochen habe (angefochtener Ent- scheid S. 14). c) Nach den unbestrittenen Feststellungen des Kan- tonsgerichtsausschusses im angefochtenen Urteil hat somit der Beschwerdef hrer eine falsche Rechnung erstellen las- sen, sie seiner Buchhaltung beigef gt und sie dann sp ter, mangels Ordnung in der Buchhaltung oder mangels gen gender Sorgfalt bei der Zusammenstellung seiner Prozessbeilagen, in einen Zivilprozess zum Beleg seiner Gegenforderung ein- gef hrt. Wer, aus welchen (lauteren oder unlauteren) Gr den auch immer, bewusst gef lschte Rechnungen in seine Gesch ftsbuchhaltung aufnimmt und diese sp ter, ohne an die F lschung zu denken, zu Beweiszwecken in einen Zivilprozess einf hrt, handelt unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten fahrl ssig. Er l sst mangels Aufmerksamkeit und Vorkehren, die dies h tten verhindern k nnen, die erforderliche Sorg- falt, um anderen keinen Schaden zuzuf gen, vermissen. Dies stellt den Freispruch des Beschwerdef hrers in keiner Weise in Frage, da f r eine strafrechtliche Verurteilung Vorsatz erforderlich gewesen w re, was dem Beschwerdef hrer nach dem rechtskr ftigen, auch das Bundesgericht bindenden Urteil des Kantonsgerichtsausschusses nicht vorgeworfen werden kann. Dass die Einreichung dieser gef lschten Rech- nung unter den gegebenen Umst nden geeignet war, den drin- genden Verdacht eines Prozessbetrugs oder einer Urkunden- f lschung zu erwecken und damit als ad quate Ursache f r die Er ffnung des Strafverfahrens anzusehen ist, bedarf keiner weiteren Ausf hrungen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Kan- tonsgerichtsausschuss das erstinstanzliche Urteil sch tzte, welches dem Beschwerdef hrer die Prozesskosten auferlegte und ihm eine Parteientsch digung verweigerte. Ebensowenig kann er sich dar ber beklagen, dass es ihm f r das Beru- fungsverfahren die Kosten nach Massgabe seines Unterliegens auferlegte. Die R ge ist unbegr ndet. d) Der zweite Anklagepunkt (Rechnung O.________), der im Berufungsverfahren nicht mehr strittig war, ist im Vergleich zum Anklagepunkt K.________ von v llig untergeord- neter Bedeutung. Die Kostenauflage w re daher auch dann ge- rechtfertigt, wenn dem Beschwerdef hrer in Bezug darauf nicht angelastet werden k nnte, die Untersuchung in zivil- rechtlich vorwerfbarer Weise verursacht zu haben. 3.- Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdef hrer kosten- pflichtig (Art. 156 OG). Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die Beschwerde wird abgewiesen. 2.- Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdef hrer auferlegt. 3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdef hrer, dem Kreis- gericht Chur (Kreisamt Chur), der Staatsanwaltschaft Grau- b nden sowie dem Kantonsgericht von Graub nden (Kantons- gerichtsausschuss) schriftlich mitgeteilt. ______________ Lausanne, 30. Oktober 2001 Im Namen der I. ffentlichrechtlichen Abteilung des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS Das pr sidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: