Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.460/2001
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1P.460/2001/sta

Urteil vom 4. März 2002

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Nay, Aeschlimann, Féraud, Catenazzi,
Gerichtsschreiber Bopp.

A. A.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Gübeli, Frankenstrasse 18, 6003 Luzern,

gegen

B.B.________, Beschwerdegegner,
Regierungsrat des Kantons Luzern, vertreten durch das Justiz-, Gemeinde- und
Kulturdepartement des Kantons Luzern, 6002 Luzern,
Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, Postfach, 6002 Luzern.

persönliche Freiheit
(Bekanntgabe der Identität der leiblichen Mutter)

(Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Luzern, II. Kammer, vom 17. Mai 2001)
Sachverhalt:

A.
Die unverheiratete A.A.________ gebar am 7. August 1968 einen Knaben, der den
Namen C.A.________ erhielt. Nach der Geburt kam das Kind zu Pflegeeltern, die
es im Jahre 1973 adoptierten und ihm den Namen B.B.________ gaben.

Mit Schreiben vom 15. Januar 1998 ersuchte B.B.________ um Offenlegung seiner
leiblichen Abstammung. In der Folge bat der Regierungsstatthalter des Amtes
Luzern die Kindsmutter, mit ihm zwecks Vereinbarung eines Gesprächstermins
Kontakt aufzunehmen. Da sie auf wiederholte Einladung hin nicht reagierte,
teilte ihr der Regierungsstatthalter mit, ohne ihren Gegenbericht gehe er
davon aus, dass er ihre Identität dem Gesuchsteller mitteilen könne.

Mit Schreiben vom 3. August 1998 widersetzte sich A.A.________ der
Bekanntgabe ihrer Identität mit der Begründung, es sei ihr bei der
Adoptionsfreigabe Geheimhaltung zugesichert worden. Auch einer weiteren
Einladung zu einem Gespräch leistete sie keine Folge.

Der Gesuchsteller wurde hierauf unter Geheimhaltung der eine Identifizierung
ermöglichenden Daten mit der ablehnenden Antwort der Mutter konfrontiert. Er
hielt aber an seinem Gesuch fest und ersuchte um einen behördlichen
Entscheid.

Am 6. Januar 1999 ordnete der Regierungsstatthalter des Amtes Luzern an, dem
Gesuchsteller werde die Identität der Gesuchsgegnerin nach Eintritt der
Rechtskraft des Entscheids bekanntgegeben.

Eine von A.A.________ hiergegen erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat
des Kantons Luzern am 17. Oktober 2000 ab. Dabei führte er aus, der von der
Gesuchsgegnerin im Rechtsmittelverfahren neu vorgebrachte Einwand zur
Verhinderung der Bekanntgabe ihrer Identität, ihr Sohn sei in der Nacht vom
11./12. November 1967 durch eine Vergewaltigung gezeugt worden, sei nicht
bewiesen. Dass es sich um eine Vergewaltigung gehandelt hätte, gehe
insbesondere auch nicht aus den Adoptions- oder Vormundschaftsakten hervor.
Vielmehr lege der vom 2. November 1968 datierte, in Bezug auf die
Vaterschaftsabklärung ergangene Bericht des Beistands des Gesuchstellers den
Sachverhalt in diesem Punkt anders und zudem eindeutig dar. Beim Vorbringen
der Gesuchsgegnerin, sie habe die Umstände der Zeugung ihres Sohnes bis heute
nicht verarbeiten können und werde dadurch weiterhin schwer belastet, handle
es sich um eine blosse Schutzbehauptung; Hinweise auf eine Vergewaltigung
bzw. auf psychische Schwierigkeiten der genannten Art gingen aus den Akten
nicht hervor. Vom Gesuchsteller, der in jedem Fall ein fundamentales
Persönlichkeitsrecht geltend mache, könne nicht verlangt werden, dass er den
Vorrang seines Interesses nachweise. Aus der Gesamtheit der von der
Gesuchsgegnerin vorgebrachten Gründe zur Geheimhaltung ihrer Identität gehe
vor allem die Angst vor der Auseinandersetzung mit dem damaligen Ereignis
sowie die Angst vor einer persönlichen Begegnung mit ihrem Sohn hervor. Ihre
Probleme mit der Vergangenheitsbewältigung vermöchten jedoch das Interesse
des Gesuchstellers an der Abklärung seiner Herkunft nicht zu überwiegen.

In der Folge erhob A.A.________ Beschwerde an das Obergericht des Kantons
Luzern mit dem Begehren, der Entscheid vom 17. Oktober 2000 sei aufzuheben;
dem zuständigen Regierungsstatthalter sei die Preisgabe ihrer Identität
gegenüber dem Gesuchsteller zu verbieten. Nachdem dieser die Beschwerde
anonymisiert zugestellt erhalten hatte, bestätigte er sein Begehren um
Bekanntgabe der Identität der leiblichen Mutter. Mit Urteil vom 17. Mai 2001
wies die II. Kammer des Obergerichts die Beschwerde ab.

B.
A.A.________ führte mit Eingabe vom 6. Juli 2001 staatsrechtliche Beschwerde
an das Bundesgericht wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2
BV), wegen willkürlicher Sachverhaltsfeststellung bzw. willkürlicher
Beweiswürdigung sowie wegen Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben
(Art. 9 BV), sodann auch wegen Verletzung des Rechts auf persönliche Freiheit
(Art. 10 Abs. 2 BV und Art. 8 EMRK, Art. 5 KV/LU) und wegen Verletzung des
für die Schweiz am 26. März 1997 in Kraft getretenen UNO-Übereinkommens über
die Rechte des Kindes (KRK, SR 0.107, namentlich Art. 7 Abs. 1). Sie
beantragte, das Urteil vom 17. Mai 2001 sei aufzuheben und die Sache an das
Obergericht zurückzuweisen; der Beschwerde sei gemäss Art. 94 OG die
aufschiebende Wirkung beizulegen.

Mit Verfügung vom 29. August 2001 hat der Präsident der I.
öffentlichrechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung
zuerkannt.

Das Obergericht ersucht um Abweisung der Beschwerde. Der Regierungsrat bzw.
in dessen Namen das kantonale Justiz-, Gemeinde- und Kulturdepartement hat
auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde verzichtet, wie sich auch der private
Beschwerdegegner nicht dazu geäussert hat.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss den Ausführungen im angefochtenen Urteil ist im Kanton Luzern das
Obergericht die oberste gerichtliche Behörde zur abschliessenden Beurteilung
einer Angelegenheit, wie sie hier in Frage steht (§ 1 Abs. 2 lit. a der am 7.
Mai 1993 ergangenen Regierungsratsverordnung über die freiwillige
Gerichtsbarkeit, SRL Nr. 260 b). Es handelt sich bei diesem Urteil um einen
letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid.

Die Beschwerdeführerin hat staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung
verfassungsmässiger Rechte bzw. staatsvertraglicher Bestimmungen (Art. 84
Abs. 1 OG) erhoben. Die kantonalen Instanzen gingen davon aus, der
Regierungsstatthalter, der die Adoption ausgesprochen habe, sei auch für die
Behandlung des Gesuches des Beschwerdegegners um "weitere Informationen zu
meiner Herkunft und zur Identität meiner leiblichen Eltern" zuständig, und
dementsprechend richtete sich der Rechtsmittelweg nach den kantonalen
Bestimmungen über das Adoptionsverfahren. Allerdings ist fraglich, ob es sich
nicht eher um ein Gesuch um Bekanntgabe der nach Art. 73a ZStV bei der
Adoption überdeckten Eintragung im Geburtsregister handelte, die gemäss Art.
138 Abs. 4 ZStV nur mit Bewilligung der kantonalen Aufsichtsbehörde (hier der
Regierungsstatthalter: § 29 EG zum ZGB) erfolgen darf. Nach Art. 20 ZStV wäre
in diesem Falle die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht
gegeben. Die Frage kann indes offen bleiben. Am Verfahrensausgang ändert sich
nichts, ob die vorliegende Beschwerde als staatsrechtliche oder als
Verwaltungsgerichtsbeschwerde behandelt wird, da die vorgetragenen Rügen auch
in der letztgenannten Beschwerde in gleicher Weise hätten vorgebracht werden
können und zu prüfen wären (vgl. etwa BGE 123 II 88 E. 1a/bb S. 92, 121 II 39
E. 2d/bb S. 47 mit Hinweisen). Es kommt hinzu, dass für Mitte 2002 das
Inkrafttreten der neuen Bestimmung von Art. 268c Abs. 1 ZGB, die das Recht
auf Kenntnis der Abstammung für den Bereich der Adoption bundesgesetzlich
regelt (dazu im Einzelnen die nachfolgenden Erwägungen), vorgesehen ist,
wodurch sich die Frage des zulässigen Rechtsmittels an das Bundesgericht neu
stellen wird. Die Sachurteilsvoraussetzungen sind hier so oder anders
erfüllt. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.

2.
2.1Das Obergericht stützt seinen Entscheid, wonach dem - im vorliegenden Fall
inzwischen volljährigen - Adoptivkind ein unbedingter bzw. absoluter Anspruch
auf Bekanntgabe der Identität seiner leiblichen Mutter (bzw. Eltern) zusteht,
zunächst auf Art. 7 Abs. 1 KRK. Es hat dabei erwogen, dem wesentlichen
Grundgedanken dieser Bestimmung entspreche auch das schweizerische
Verfassungsrecht, dies jedenfalls im Bereiche der Fortpflanzungsmedizin (Art.
119 Abs. 2 lit. g BV, so schon Art. 24novies Abs. 2 lit. g aBV), in welchem
der Zugang einer Person zu den Daten über ihre Abstammung zu gewährleisten
sei. Somit stehe dem aus einer künstlichen Fortpflanzung stammenden Kind und
ebenso dem Adoptivkind, dem das Adoptionsgeheimnis (Art. 268b ZGB) im
Hinblick auf die Art. 28 ZGB und 7 Abs. 1 KRK nicht entgegen gehalten werden
könne, das Recht auf Kenntnis seiner Abstammung zu, welches das Recht auf
Einsicht in die diesbezüglichen Daten einschliesse. Diese Ansicht werde denn
auch in der Lehre schon seit längerer Zeit vertreten; und ebenfalls nach der
neu vorgesehenen Bestimmung von Art. 268c Abs. 1 ZGB dürfe das Adoptionskind
nach vollendetem 18. Lebensjahr jederzeit Auskunft über die Personalien
seiner leiblichen Mutter (Eltern) verlangen.

Im Sinne einer Eventualbegründung hat das Obergericht ausgeführt, selbst wenn
ein unbedingter Anspruch des Adoptivkindes auf Kenntnis der leiblichen Mutter
(Eltern) zu verneinen und daher grundsätzlich eine Abwägung der sich
gegenüber stehenden Interessen vorzunehmen wäre, würde sich am
Verfahrensausgang nichts ändern. Die Kindsmutter vermöge keine besonderen
Umstände nachzuweisen, die ihr Interesse an der Aufrechterhaltung des
Adoptionsgeheimnisses als überwiegend erscheinen liessen. Somit sei zu
Gunsten des Sohnes zu entscheiden und dem Auskunftsbegehren zu entsprechen.

2.2 Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, das Obergericht
habe dem Beschwerdegegner zu Unrecht einen bedingungslosen Anspruch auf
Kenntnis der Abstammung eingeräumt. Art. 7 KRK sei keine eigenständige
Bedeutung neben dem Landesrecht beizumessen. Die vom Obergericht vorgenommene
enge und zu absolute Auslegung der Bestimmung sei im Ergebnis offensichtlich
unhaltbar; insbesondere entbinde die Bestimmung das Gericht nicht davon, eine
Abwägung zwischen den persönlichen Interessen des Kindes und denjenigen der
leiblichen Eltern zu machen. Auch der Hinweis auf Art. 119 Abs. 2 lit. g BV
(bzw. Art. 24novies Abs. 2 lit. g aBV) vermöge den Standpunkt des
Obergerichts nicht zu stärken, denn diese Regelung betreffe einzig den
Bereich der Fortpflanzungsmedizin und habe keine weiter gehende Bedeutung
etwa für den Bereich des Adoptionsrechts. Es sei selbstverständlich, dass
jeder Verfassungsgrundsatz seine Schranke an den Rechten anderer Personen
finde, was indes das Obergericht verkenne. Das ihr selber zustehende
Persönlichkeitsrecht bleibe vorbehalten und sei ebenfalls zu berücksichtigen.
Der Anspruch des Beschwerdegegners auf Kenntnis seiner Abstammung könne daher
nicht uneingeschränkt gelten. Daran könne auch der Hinweis auf die Bestimmung
von Art. 268c ZGB nichts ändern, denn diese sei noch gar nicht in Kraft
getreten.

Müsste sie dem angefochtenen obergerichtlichen Urteil entsprechend unter den
gegebenen Umständen ihre Identität preisgeben, so bedeutete dies für sie
einen schwerwiegenden Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte, in ihr Recht
auf körperliche und geistige Unversehrtheit (Art. 10 BV, entsprechend Art. 8
EMRK und Art. 5 KV/LU). Denn die Bekanntgabe ihrer Identität würde ihre
Gesundheit ernsthaft gefährden; sie müsste mit einer erheblichen Störung
ihres psychischen Gleichgewichts rechnen, nachdem das Kind durch eine
Vergewaltigung gezeugt worden sei, was sie - wie auch dessen Freigabe zur
Adoption - nach wie vor schwer belaste und bis heute nicht habe verarbeiten
können. Indem das Obergericht es unterlassen habe, die von ihr geltend
gemachte schwierige Situation einlässlich abzuklären und zu berücksichtigen,
sei ihm eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und eine
mangelhafte Sachverhaltsfeststellung bzw. willkürliche Beweiswürdigung (Art.
9 BV) anzulasten. Im Übrigen würde durch die Preisgabe ihrer Identität der
Grundsatz von Treu und Glauben verletzt, nachdem die Behörden ihr anlässlich
der Freigabe ihres Kindes das Adoptionsgeheimnis zugesichert hätten.

3.
3.1Das Bundesgericht hatte wiederholt Beschwerden zu beurteilen, in denen
bevormundete Personen in erster Linie gestützt auf das ihnen gemäss
kantonalem Verfahrensrecht bzw. von Verfassungs wegen zustehende
Akteneinsichtsrecht (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 4 aBV) Einsicht in die sie
betreffenden Vormundschaftsakten verlangten, um Kenntnis von ihrer Abstammung
zu erhalten (BGE 125 I 257, 112 Ia 97), nachdem ihnen der Zugang zu diesen
Akten durch die zuständigen kantonalen Instanzen verwehrt worden war. Gemäss
dieser Rechtsprechung besteht das Recht auf Akteneinsicht nicht nur
hinsichtlich hängiger, sondern auch bezüglich abgeschlossener Verfahren,
sofern der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann und
weder das öffentliche Interesse noch ein überwiegendes Interesse Dritter dem
entgegen steht (vgl. auch BGE 122 I 153 E. 6a S. 161).

Das Recht auf Einsicht in Akten, die persönliche Angaben enthalten, geht
sodann gemäss neuerer Rechtsprechung auch aus dem (zunächst ungeschriebenen,
nunmehr geschriebenen) Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit hervor
(Art. 10 Abs. 2 BV und dazu insbesondere BGE 127 I 6 E. 5 S. 10 mit
Hinweisen), die nicht nur die Gewährleistung der Bewegungsfreiheit oder den
Schutz der persönlichen Unversehrtheit bezweckt, sondern auch allgemein die
Achtung der Persönlichkeit garantiert (BGE 126 I 112 ff. und 125 I 257 E. 3b
S. 260 mit weiteren Hinweisen). Das Sammeln, die Bearbeitung und die
Aufbewahrung von Personendaten durch die Verwaltung stellen einen Eingriff in
die persönliche Freiheit dar (BGE 122 I 153 E. 6b/bb S. 163), der wie jede
Beschränkung dieser Freiheit insbesondere nur dann zulässig ist, wenn er auf
einer gesetzlichen Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse angeordnet
wurde und den Verhältnismässigkeitsgrundsatz beachtet (Art. 36 BV). Die
persönliche Freiheit als fundamentales Institut der Rechtsordnung darf jedoch
durch die im öffentlichen Interesse möglichen gesetzlichen Beschränkungen
nicht völlig unterdrückt oder ihres Gehalts entleert werden (Art. 36 Abs. 4
BV, BGE 125 I 257 E. 3b S. 260 mit Hinweisen).

Das Sammeln, die Bearbeitung und die Aufbewahrung von Personendaten gehören
auch zum Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK (Entscheide des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte vom 7. Juli 1989 i.S. Gaskin, Serie A, Bd.
160, § 37, und vom 26. März 1987 i.S. Leander, Serie A, Bd. 116, § 48; BGE
125 I 257 E. 3b S. 260, 122 I 153 E. 6b/cc S. 163), der indes im hier
interessierenden Zusammenhang nicht über den Gehalt der persönlichen Freiheit
hinaus geht, wie sie durch die Bundesverfassung gewährleistet ist (vgl. etwa
BGE 126 I 112 E. 3a S. 115 mit Hinweisen). Im Entscheid Gaskin erklärte der
Gerichtshof, eine Person, die nicht in der eigenen Familie aufgewachsen sei,
habe an sich ein von der Konvention geschütztes Recht, über die Kindheit und
die Jahre der Entwicklung Auskunft zu erhalten, und es gehe nicht an, die
Akteneinsicht einzig von der Zustimmung von Informanten abhängig zu machen
(vgl. namentlich §§ 10 und 49 des Entscheids; zudem auch Arthur
Haefliger/Frank Schürmann, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die
Schweiz, 2. Aufl., Bern 1999, S. 253, sowie Olivier Guillod, Les garanties de
procédure en droit tutélaire, ZVW 1991, S. 41, insb. 46 f.).

3.2 Es stellte sich in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aber auch
bereits die Frage, ob unabhängig vom Recht auf Akteneinsicht ein Recht des
Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung besteht.

3.2.1 Im Entscheid 112 Ia 97 hatte das Bundesgericht erwogen, der Anspruch,
die abgeschlossenen Vormundschaftsakten hinsichtlich der ausserehelichen
Vaterschaft und der Jugendzeit einzusehen, beurteile sich nach dem kantonalen
Verfahrensrecht und nach dem aus Art. 4 aBV abgeleiteten Akteneinsichtsrecht.
Es erinnerte dabei an die Grenzen des verfassungsmässigen Rechts der
persönlichen Freiheit und führte aus, dass gegebenenfalls unabhängig von
einem hängigen Verfahren die Anerkennung des Rechts auf Einsicht in
abgeschlossene Vormundschaftsakten von einer unter dem Gesichtspunkt von Art.
4 aBV vorzunehmenden Interessenabwägung abhänge, eine Prüfung, bei der auch
allen einander gegenüber stehenden Interessen - einschliesslich der mit dem
Schutz der persönlichen Freiheit Dritter verbundenen Interessen - Rechnung
getragen werden müsse (BGE 112 Ia 97 E. 5b S. 100 ff.; dazu Thomas Cottier,
Kein Recht auf Kenntnis des eigenen Vaters? in: recht 1986, S. 135 ff.; und
vom selben Autor: Die Suche nach der eigenen Herkunft: Verfassungsrechtliche
Aspekte. Beihefte zur ZSR, Heft 6, Basel 1987, S. 27 ff., wo ein solches
Recht aus der persönlichen Freiheit abgeleitet wird, insb. S. 39 ff.).

Im Entscheid betreffend den St. Galler Beschluss über Eingriffe in die
Fortpflanzung beim Menschen zog das Bundesgericht ein Recht des
Samenspenders, absolute Anonymität zu beanspruchen, in Zweifel. Es
verzichtete aber darauf zu entscheiden, ob ein aus künstlicher Fortpflanzung
stammendes Kind über ein auf der persönlichen Freiheit beruhendes Recht
verfüge, die Identität des Samenspenders zu kennen (BGE 115 Ia 234 E. 6d S.
254 ff.; diesbezügliche Kritik: Suzette Sandoz/Olivier Mexin, Liberté
personnelle et procéation médicalement assistée: quelles limites au pouvoir
créateur du juge constitutionnel? in: ZSR I 1995 S. 453 ff.; Cyril Hegnauer,
Künstliche Fortpflanzung und persönliche Freiheit, in: ZBl 92/1991 S. 341
ff.).
3.2.2 Inzwischen, am 26. März 1997, ist das Übereinkommen über die Rechte des
Kindes (KRK) auch für die Schweiz in Kraft getreten. Nach dessen Art. 7 Abs.
1 ist jedes Kind unverzüglich nach seiner Geburt in ein Register einzutragen.
Sodann hat das Kind laut dieser Bestimmung das Recht auf einen Namen von
Geburt an, das Recht, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben, und soweit
möglich das Recht, seine Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden.

Die Bestimmung ist - wie im vorliegenden Fall auch das Obergericht mit Blick
auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zutreffend erwogen hat und von der
Beschwerdeführerin zu Unrecht in Abrede gestellt wird - direkt anwendbar und
kann folglich vor den Gerichten geltend gemacht werden (BGE 125 I 257 E.
3c/bb S. 262; Stephan Wolf, Die UNO-Konvention über die Rechte des Kindes und
ihre Umsetzung in das schweizerische Kindesrecht, in: ZBJV 134/1998, S. 113
ff., insb. S. 134 f.; zudem auch Cyril Hegnauer, Grundriss des Kindesrechts,
5. Aufl., Bern 1999, S. 99, und Ingeborg Schwenzer, Die
UN-Kinderrechtskonvention und das schweizerische Kindesrecht, in: AJP 1994,
S. 820 f.; diesbezüglich allerdings kritisch Ruth Reusser/Rainer J.
Schweizer, Das Recht auf Kenntnis der Abstammung aus völker- und
landesrechtlicher Sicht, in: ZBJV 136/2000, S. 605 ff., insb. S. 610 ff.).

Sodann nahmen Volk und Stände am 17. Mai 1992 Art. 24novies aBV an, der die
Fortpflanzungs- und Gentechnologie regelt. Gemäss Abs. 2 lit. g dieser
Bestimmung ist der Zugang einer Person zu den Daten über ihre Abstammung zu
gewährleisten (gleich lautet Art. 119 Abs. 2 lit. g der auf den 1. Januar
2000 in Kraft getretenen nachgeführten Bundesverfassung vom 18. Dezember
1998). Gestützt auf diese Verfassungsbestimmung ist am 18. Dezember 1998 ein
sie konkretisierendes Bundesgesetz verabschiedet worden, das am 1. Januar
2001 in Kraft getreten ist (nachf. E. 4.2).

Dementsprechend steht, wie das Bundesgericht in Berücksichtigung dieser
neueren Rechtsgrundlagen festgestellt hat, dem aus einer künstlichen
Fortpflanzung stammenden Kind jedenfalls dem Grundsatze nach das Recht auf
Kenntnis seiner Abstammung zu, welches das Recht auf Einsicht in die
diesbezüglichen Daten einschliesst (BGE 125 I 257 E. 3c/bb S. 262, auch mit
Hinweisen auf die Lehre).

3.2.3 Die vom Obergericht bejahte Frage, ob ein derartiges Recht des Kindes
unabhängig von der Art und Weise seiner Zeugung und damit auch bei der
Adoption sowie unbedingt oder absolut besteht und die Interessen der Eltern
zurück zu stehen haben, ist indes in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
bis anhin offen geblieben, neulich im Entscheid 125 I 257 (E. 3c/cc S. 263).
Bei der diesem Entscheid zugrunde liegenden Sach- und Rechtslage bejahte das
Bundesgericht das Recht auf Einsicht in die Vormundschaftsakten, wie schon
ausgeführt, entsprechend seiner bisherigen Praxis im Lichte des
verfassungsmässigen Akteneinsichtsrechts (vgl. dazu kritisch Jörg Paul
Müller, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1999,
in: ZBJV 136/2000, S. 786 f.), nachdem der Beschwerdeführer sich praktisch
ausschliesslich darauf berufen hatte. Dabei gelangte es aber im Wesentlichen
zum Schluss, das Interesse der um Einsicht in die Akten ersuchenden Person,
das nicht wirtschaftlicher, sondern rein therapeutischer Natur sei
(Identitätskrise), gehe denjenigen Dritter - d.h. insbesondere den Interessen
der inzwischen schon gestorbenen Mutter wie auch den Interessen der möglichen
Väter - vor (BGE 125 I 257 E. 4 S. 263 ff.). In BGE 112 Ia 97 hatte das
Bundesgericht nach vorgenommener Interessenabwägung einen Anspruch auf
vollständige Akteneinsicht im Lichte von Art. 4 aBV verneint (dazu kritisch
die schon erwähnten Abhandlungen von Cottier, oben E. 3.2.1).
3.2.4 Der vorliegende Fall unterscheidet sich von den genannten Entscheiden
112 Ia 97 und 125 I 257 insofern, als er nicht die Einsichtnahme in
Adoptions- oder Vormundschaftsakten, sondern die Offenlegung der leiblichen
Abstammung einer kurz nach ihrer Geburt zur Adoption freigegebenen Person zum
Gegenstand hat. Mit dem angefochtenen Urteil des Obergerichts, das die
vorangehenden Entscheide des Regierunssgstatthalters und der Regierung
bestätigte, wurde lediglich entschieden, dem privaten Beschwerdegegner werde
die Identität der Beschwerdeführerin als seine leibliche Mutter bekannt
gegeben. Eine weiter gehende Einsicht in die Akten des Adoptionsverfahrens
oder der Vormundschaftsbehörde, denen er weitere Informationen über seine
Mutter und ihre damaligen Lebensumstände entnehmen könnte, bildete nicht
Gegenstand des kantonalen Verfahrens und ist daher auch nicht Gegenstand des
Verfahrens vor Bundesgericht. Zu prüfen und zu entscheiden ist daher allein,
ob ein Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung besteht, d.h. ob es
das Recht hat, dass ihm die bei der Adoption im Zivilstandsregister
überdeckte Eintragung über seine Abstammung und damit die Identität seiner
leiblichen Eltern bzw. hier seiner Mutter, die sich dem widersetzt, bekannt
gegeben wird.

Im Unterschied zu den bisher durch das Bundesgericht beurteilten Fällen ist
dem hier Auskunft verlangenden Adoptivkind in der Hauptbegründung des
angefochtenen Entscheides ein unbedingter bzw. absoluter Anspruch auf
Kenntnis der leiblichen Mutter zugestanden worden, wogegen sich diese vorab
zur Wehr setzt. Sie bestreitet einen solchen, keine Interessenabwägung
erheischenden unbedingten Anspruch und rügt eine Verletzung ihrer
persönlichen Freiheit, indem sie namentlich geltend macht, die Bekanntgabe
ihrer Identität hätte für sie eine ernsthafte Störung ihres psychischen
Gleichgewichts und damit ihrer Gesundheit zur Folge.

4.
4.1Nach Art. 7 Abs. 1 KRK hat - wie bereits dargelegt wurde (oben E. 3.2.2) -
jedes Kind u.a. soweit möglich das Recht, seine Eltern zu kennen. Die
Einschränkung "soweit möglich", die sich auch auf das Recht bezieht, von
seinen Eltern betreut zu werden, ist in Bezug auf das Recht auf Kenntnis der
Identität der Eltern nicht als Einschränkung rechtlicher Natur zu verstehen;
wo die Eltern tatsächlich identifiziert werden können, soll dieser Anspruch
bestehen (Claire Neirinck, Le Droit de l'Enfance après la Convention des
Nations Unies, Paris 1993, S. 28 B 8 N. 38; s. auch Schwenzer, a.a.O., S.
820). Es gibt allerdings auch Hinweise darauf, dass die Tragweite von Art. 7
Abs. 1 KRK nicht überschätzt werden darf (vgl. die Ausführungen von
Reusser/Schweizer, a.a.O., insb. S. 610 - 612; so hat Frankreich die
Anonymität des Samenspenders gesetzlich verankert, obwohl es das KRK
diesbezüglich ohne Vorbehalt ratifiziert hat).

Eine mit Art. 7 Abs. 1 KRK vergleichbare Regelung ist unterdessen im Haager
Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die
Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (HAÜ) vorgesehen
(dazu BBl 1999 S. 5795 ff.; zudem auch Ruth Reusser, Neuerungen im
Adoptionsrecht des Zivilgesetzbuches, ZVW 2001 [Sonderausgabe], S. 133 ff.,
sowie Monique Jametti Greiner, Das Haager Adoptionsübereinkommen und seine
Umsetzung im schweizerischen Recht, ZVW 1997 S. 171 ff.). Art. 30 dieses mit
Bundesbeschluss vom 22. Juni 2001 genehmigten Übereinkommens (BBl 2001 S.
2941 f., vorgesehene SR-Nummer 0.211), das - wie auch die dazu gehörende
Ausführungsgesetzgebung (BBl 2001 S. 2908 ff.) - gemäss Auskunft des
Bundesamtes für Justiz für die Schweiz voraussichtlich Mitte 2002 in Kraft
treten soll, lautet wie folgt:

"1 Die zuständigen Behörden eines Vertragsstaates sorgen dafür, dass die
ihnen vorliegenden Angaben über die Herkunft des Kindes, insbesondere über
die Identität seiner Eltern, sowie über die Krankheitsgeschichte des Kindes
und seiner Familie aufbewahrt werden.

2 Sie gewährleisten, dass das Kind oder sein Vertreter unter angemessener
Anleitung Zugang zu diesen Angaben hat, soweit das Recht des betreffenden
Staates dies zulässt."
4.2Die die Fortpflanzungsmedizin betreffende Verfassungsbestimmung (Art.
24novies Abs. 2 lit. g aBV bzw. die damit übereinstimmende Bestimmung von
Art. 119 Abs. 2 lit. g der nachgeführten, auf den 1. Januar 2000 in Kraft
getretenen Bundesverfassung) entspricht dem wesentlichen Grundgedanken von
Art. 7 Abs. 1 KRK: Danach ist der Zugang einer Person zu den Daten ihrer
Abstammung zu gewährleisten (BGE 125 I 257 E. 3c/bb S. 262).

So sieht Art. 27 des am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom
18. Dezember 1998 über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung
(Fortpflanzungsmedizingesetz [FMedG], SR 814.90), der die genannte
Verfassungsbestimmung konkretisiert, nunmehr ausdrücklich vor, dass ein Kind,
wenn es das 18. Lebensjahr vollendet hat, Auskunft über die äussere
Erscheinung und die Personalien des Spenders verlangen kann (Abs. 1); und
nach Art. 27 Abs. 2 FMedG kann es "im Übrigen", also vor Erreichen des
Erwachsenenalters, jederzeit Auskunft über alle Daten des Spenders verlangen,
wenn es ein schutzwürdiges Interesse daran hat (vgl. dazu die Botschaft des
Bundesrates zum FMedG, BBl 1996 III 205 ff., insb. S. 274, ferner auch die
Botschaft des Bundesrates zum schon erwähnten Übereinkommen über die Rechte
des Kindes, BBl 1994 V 1 ff., insb. S. 28 f.; zudem auch Cyril Hegnauer,
Künstliche Fortpflanzung und Grundrechte, in: Festschrift für Ulrich Häfelin,
Zürich 1989, S. 144 f., und Franziska Buchli-Schneider, Künstliche
Fortpflanzung aus zivilrechtlicher Sicht, Diss. BE 1987, insb. S. 107 ff.).

Bereits in der Botschaft zum Fortpflanzungsmedizingesetz hatte der Bundesrat
die Ansicht vertreten, dass nunmehr auch dem Adoptivkind im Lichte der
Bundesverfassung ein unbedingter Anspruch auf Ausstellung eines
Registerauszuges (Art. 138 ZStV, SR 211.112.1) zusteht (dazu Cyril Hegnauer,
Kann das Adoptivkind Auszüge über den ursprünglichen Eintrag seiner Geburt
verlangen, Art. 138 ZStV?, in: ZZW 1988, S. 2 ff., und Reusser, a.a.O., S.
138; s. im Übrigen auch Art. 8 des Datenschutzgesetzes vom 19. Juni 1992, SR
235.1). Im Einzelnen führte der Bundesrat in diesem Zusammenhang aus (BBl
1996 III S. 271):
"Auswirkungen auf das Adoptionsrecht

Auch im Adoptionsbereich besteht kein Anspruch der leiblichen Eltern auf
Geheimhaltung ihrer Identität gegenüber dem Kind. Das in Art. 268b ZGB
verbürgte Adoptionsgeheimnis bezweckt lediglich, Adoptiveltern und -kind vor
Einmischung der leiblichen Eltern, aber auch vor Dritten, zu schützen.
Gestützt auf Art. 138 Abs. 3 ZStV (...) können dem Kind mit Bewilligung der
kantonalen Aufsichtsbehörde Auszüge oder Abschriften von überdeckten
Eintragungen abgegeben werden. Die Praxis ist freilich zurückhaltend. Die
Streitfrage, ob das Adoptivkind einen unbedingten Anspruch auf Ausstellung
eines Registerauszuges habe oder ob in jedem Fall eine Interessenabwägung
erfolgen müsse, ist nun im Lichte der Bundesverfassung im ersteren Sinn zu
entscheiden. Demnach muss mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die
medizinisch unterstützte Fortpflanzung Art. 138 ZStV an Art. 27 (FMedG)
angepasst werden. ..."
Die entsprechende Anpassung der ZStV ist auf den 1. Januar 1998 in Kraft
getreten (Art. 138 ff. ZStV in der Fassung vom 13. August 1997).

Dieser Gleichstellung von auf dem Wege der künstlichen Fortpflanzung
gezeugten Kindern und Adoptivkindern ist beizupflichten. Es ist nicht zu
sehen, weshalb bzw. inwiefern in Bezug auf den Anspruch des Kindes auf
Kenntnis der leiblichen Abstammung im Bereich des Adoptionsrechts eine
andere, weniger weit gehende Regelung gelten soll als im Bereich der
künstlichen Fortpflanzung (vgl. dazu die Ausführungen von Reusser/Schweizer,
a.a.O., S. 605 ff., insb. S. 632 f.). Das Bundesgericht erwog denn auch
bereits in BGE 125 I 257 (E. 3c/bb S. 262) eine Gleichstellung des
Adoptivkindes, dem das Adoptionsgeheimnis (Art. 268b ZGB) im Hinblick auf die
Art. 28 ZGB und Art. 7 Abs. 1 KRK nicht entgegen gehalten werden kann, mit
dem auf dem Wege der künstlichen Fortpflanzung gezeugten Kind.

4.3 Ein Grossteil der Lehre ist schon seit längerer Zeit und mit gewichtigen
Gründen der Ansicht, dass dem Adoptivkind bereits nach bisherigem
schweizerischen Recht ein unbedingter Anspruch auf Kenntnis seiner leiblichen
Eltern bzw. auf einen Auszug über den ursprünglichen Eintrag seiner Geburt
(nunmehr gemäss Art. 138 ff. ZStV in der Fassung vom 13. August 1997)
zusteht, dies - wie gemäss dem angefochtenen obergerichtlichen Urteil -
inzwischen insbesondere auch gestützt auf Art. 7 Abs. 1 KRK (s. zum Ganzen
Hegnauer, a.a.O. [Kindesrecht], S. 99, und derselbe, Dürfen dem mündigen
Adoptierten die leiblichen Eltern gegen den Willen der Adoptiveltern
bekanntgegeben werden? in: ZVW 1991, S. 101 f.; Wolf, a.a.O., S. 135;
Schwenzer, a.a.O., S. 820; René Locher, Persönlichkeitsschutz und
Adoptionsgeheimnis, Diss. Zürich 1993, S. 55 ff., insb. S. 68 f. und S. 96;
a.M. Franz Werro, Das Adoptionsgeheimnis - Ausgewählte Fragen, in: ZZW 1995,
S. 364 ff.; s. zum Ganzen auch die Übersicht von Reusser/Schweizer, a.a.O.,
S. 605 ff., und Reusser, a.a.O., S. 133 ff.). Dieser Anspruch wird mit dem
Interesse des Kindes daran begründet, zur eigenen Persönlichkeits- bzw.
Identitätsfindung über die eigene biologische Herkunft Kenntnis zu erlangen
und damit den Bezug zur eigenen Vergangenheit herstellen zu können (s.
Hinweise zur Herkunftsabklärung erwachsener adoptierter Personen, verfasst im
Rahmen der Konferenz der kantonalen Vormundschaftsbehörden, in: ZVW 1997, S.
247; dazu auch Cottier, a.a.O. [ZSR], S. 39 ff.; Locher, a.a.O., S. 49 f.;
Werro, a.a.O., S. 365; Reusser, a.a.O., S. 137; vgl. ferner Peter
Tuor/Bernhard Schnyder/Jörg Schmid, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 11.
Aufl., Zürich 1995, S. 306).

Verschiedene europäische Länder kennen eine vergleichbare Rechtslage. So hat
in England und Norwegen die adoptierte Person vom 18. Altersjahr, in
Deutschland, Österreich und Schweden vom 16. Altersjahr an einen
vorbehaltlosen Anspruch auf Kenntnis der leiblichen Eltern (s. dazu Locher,
a.a.O., S. 38 ff., und Hegnauer, a.a.O., ZVW 1991 S. 102).

4.4 Im Verlaufe der parlamentarischen Beratung zum HAÜ und zur
diesbezüglichen Ausführungsgesetzgebung (s. dazu die Botschaft des
Bundesrates, BBl 1999 S. 5795 ff.) wurden verschiedene weitere Anliegen im
Zusammenhang mit der Vorlage miteinbezogen. Der Klarheit halber (s. Reusser,
a.a.O., S. 135) ist nun auch für den Adoptionsbereich - namentlich gestützt
auf Art. 30 HAÜ - eine Regelung betreffend das Recht auf Kenntnis der
Abstammung beraten und ausdrücklich beschlossen worden (s. dazu im Einzelnen
Amtl. Bull. S 2000, S. 195 ff., und N 2000, S. 1026 ff., insb. S. 1029, Votum
Ménétrey-Savary), wie sie bereits in Art. 27 FMedG vorgesehen ist (vorstehend
lit. b). Diese neu vorgesehene Bestimmung von Art. 268c ZGB lautet wie folgt
(s. dazu auch Reusser, a.a.O., S. 138 ff.):
"1 Hat das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, so kann es jederzeit Auskunft
über die Personalien seiner leiblichen Eltern verlangen; vorher kann es
Auskunft verlangen, wenn es ein schutzwürdiges Interesse hat.

2 Bevor die Behörde oder Stelle, welche über die gewünschten Angaben verfügt,
Auskunft erteilt, informiert sie wenn möglich die leiblichen Eltern. Lehnen
diese den persönlichen Kontakt ab, so ist das Kind darüber zu informieren und
auf die Persönlichkeitsrechte der leiblichen Eltern aufmerksam zu machen.

3 Die Kantone bezeichnen eine geeignete Stelle, welche das Kind auf Wunsch
beratend unterstützt."
Diese Regelung wird zwar gemäss den Angaben des Bundesamts für Justiz -
voraussichtlich zusammen mit dem HAÜ - erst auf den Sommer 2002 in Kraft
treten. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung kann ihr keine
Vorwirkung zukommen (René A. Rhinow/Beat Krähenmann, Schweizerische
Verwaltungsrechtssprechung, Ergänzungsband, Basel und Frankfurt am Main 1990,
Nr. 17 S. 50). Doch können nach der Rechtsprechung Vorarbeiten zu Erlassen,
die noch nicht in Kraft getreten sind, bei der Auslegung einer Norm
berücksichtigt werden (BGE 124 II 193 E. 5d S. 201), dies vor allem dann,
wenn das geltende System nicht grundsätzlich geändert werden soll und nur
eine Konkretisierung des bereits bestehenden Rechtszustandes angestrebt wird
oder Lücken des geltenden Rechts ausgefüllt werden (vgl. auch BGE 122 IV 292
E. 2d, 117 II 466 E. 5a). So verhält es sich im vorliegenden Fall, indem die
vorgesehene Regelung von Art. 268c ZGB an sich bloss eine Konkretisierung
einer dem Grundsatze nach bereits gegebenen Rechtslage bildet. In Anbetracht
dessen steht nichts entgegen, die Bestimmung schon jetzt in die vorliegenden
Erwägungen miteinzubeziehen. Sie stellt der Sache nach lediglich klar bzw.
bestätigt, dass - wie im Bereich der künstlichen Fortpflanzung - erst recht
auch im Bereich des Adoptionsrechts von einem grundsätzlichen Recht auf
Kenntnis der eigenen Abstammung auszugehen ist; sie bezweckt bloss der
Klarheit halber (Reusser, a.a.O., S. 135) auch auf Gesetzesstufe eine
Angleichung an die schon bestehende Regelung von Art. 27 FMedG, welcher der
nach dem Gesagten jeder Person, unabhängig von der Art ihrer Zeugung
(Reusser/Schweizer, a.a.O., S. 620), staatsvertraglich bzw. von Verfassungs
wegen zustehende Anspruch auf Kenntnis der Eltern zugrunde liegt.

5.

Demnach ist ein Recht des Adoptivkindes, seine leiblichen Eltern zu kennen,
als Aspekt des verfassungsrechtlichen und staatsvertraglichen
Persönlichkeitsschutzes bzw. der persönlichen Freiheit anzuerkennen (s.
Cottier, a.a.O. [ZSR], S. 39 ff.; Rainer J. Schweizer, Kommentar BV, Rz. 101
und 104 zu Art. 24novies; Müller, a.a.O., S. 787; Hegnauer, a.a.O.
[Kindesrecht], S. 99; Locher, a.a.O., S. 68; zudem auch Marina Mandofia
Berney/Olivier Guillod, Liberté personnelle et procréation assistée. Quelques
réflexions, in: SJZ 1993 S. 205 ff.). Dieses Recht umfasst den Anspruch des
Adoptivkindes auf Zugang zu den überdeckten Eintragungen betreffend die
Abstammung.

Der Anspruch auf Kenntnis der leiblichen Eltern kann mit
verfassungsrechtlichen Positionen Dritter, namentlich der biologischen
Eltern, kollidieren, wie dies denn auch von der Beschwerdeführerin geltend
gemacht wird. Ein solcher Konflikt zwischen Grundrechtspositionen ist
gestützt auf eine Güter- bzw. Interessenabwägung zu lösen (vgl. etwa BGE 126
II 300 E. 5b S. 315, 123 I 152 E. 3b S. 157, 105 Ia 67 E. 4c S. 72; Jörg Paul
Müller, Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl., Bern 1999, S. 47, mit Hinweis
auf den bereits erwähnten Entscheid des EGMR i.S. Gaskin, oben E. 3.1). Wie
diese Abwägung vorzunehmen, d.h. welcher Grundrechtsposition bei einer
derartigen Konkurrenzsituation allenfalls der Vorrang zu geben ist, kann in
der Verfassung oder in dem sie konkretisierenden Gesetz festgelegt sein. Ist
eine Rangfolge aus Verfassung und Gesetz nicht ableitbar, ergibt sich der
Massstab aus den verfassungsrechtlichen Grundwerten und Garantien insgesamt
(vgl. nebst den soeben erwähnten Urteilen auch BGE 119 Ia 460 E. 4d S. 473;
ferner Jörg Paul Müller, Allgemeine Bemerkungen zu den Grundrechten, in:
Daniel Thürer/Jean-François Aubert/Jörg Paul Müller [Hrsg.], Verfassungsrecht
der Schweiz, Zürich 2001, § 39, insb. Rz. 25 und 40 ff.; und vom selben
Autor: Elemente einer schweizerischen Grundrechtstheorie, Bern 1982, insb. S.
119 ff.). Im vorliegenden Fall ist nach dem Gesagten zu berücksichtigen, dass
der Gesetzgeber mit der Ratifizierung der angeführten Staatsverträge und in
der nationalen Gesetzgebung, auch wenn das HAÜ und die diesbezügliche
Ausführungsgesetzgebung mit Art. 268c ZGB erst Mitte 2002 in Kraft treten
werden (oben E. 4.4), die Güterabwägung zu Gunsten des volljährigen
Adoptivkindes ohne Einschränkungen vorgenommen hat. Der Anspruch, die
leiblichen Eltern zu kennen, steht somit dem volljährigen Adoptivkind von
Verfassungs wegen unabhängig von einer Abwägung mit entgegen stehenden
Interessen zu und ist entsprechend unbedingt; es handelt sich um ein
unverzichtbares und nicht verwirkbares Recht.

Im Hinblick auf die einschlägigen Konventionsbestimmungen und den
Wertewandel, der in diesem Bereich eingetreten ist, vermögen die von der
Beschwerdeführerin geltend gemachten Gründe somit - unabhängig davon, ob sie
zutreffen oder nicht - den Informationsanspruch des Beschwerdegegners nicht
zurückzudrängen. Haben aber die Interessen der Mutter (Eltern) an einer
Geheimhaltung ihrer Identität hinter den ihrem inzwischen volljährigen Sohn
zustehenden Anspruch auf Kenntnis seiner Abstammung in jedem Falle zurück zu
treten, so verletzt das angefochtene Urteil weder die persönliche Freiheit
der Beschwerdeführerin noch den von ihr zudem angerufenen Grundsatz von Treu
und Glauben. Entsprechend ist auch nicht zu beanstanden, dass das Obergericht
entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine weiteren Abklärungen zu
den näheren, nicht rechtserheblichen Umständen im Zeitpunkt der Zeugung traf
und auf ihre Darstellung nicht abstellte.

6.
Die Beschwerde ist somit unbegründet und daher abzuweisen.

In Anbetracht des Streitgegenstandes ist das Verfahren dem Antrag der
Beschwerdeführerin entsprechend unter Wahrung ihrer Anonymität durchgeführt
worden. Da die staatsrechtliche Beschwerde grundsätzlich rein kassatorischer
Natur ist, ist die Anonymität der Mutter gegenüber dem Sohn nicht bereits mit
der Zustellung des vorliegenden Urteils durch offene Namensnennung
aufzuheben. Das Urteil wird den Parteien noch anonymisiert mitgeteilt. In der
Folge wird der Regierungsstatthalter dem Beschwerdegegner die Identität der
Beschwerdeführerin bekannt zu geben haben, nachdem sein Entscheid in
Rechtskraft erwachsen und mit dem vorliegenden Urteil auch die der
staatsrechtlichen Beschwerde zuerkannte aufschiebende Wirkung dahin gefallen
ist.

7.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten
der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Dem privaten Beschwerdegegner ist durch das vorliegende Verfahren kein
Aufwand entstanden. Es ist ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art.
159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Regierungsrat (für sich und zu
Handen des zuständigen Regierungsstatthalters) und dem Obergericht des
Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. März 2002

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: