Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.428/2001
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1P.428/2001/zga

Urteil vom 14. Dezember 2001

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Nay, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Féraud, Catenazzi,
Gerichtsschreiber Steinmann.

K.________, Beschwerdeführer,

gegen

M.________ AG,
H.________,
Beschwerdegegnerinnen, beide vertreten durch Rechtsanwalt Markus Peyer,
Ankerstrasse 24, 8004 Zürich,
B.________, Bezirksgericht Zürich, 3. Abteilung, Postfach, 8026 Zürich,
N.________, Bezirksgericht Zürich, 3. Abteilung, Postfach, 8026 Zürich,
M.________, Bezirksgericht Zürich, 3. Abteilung, Postfach, 8026 Zürich,
Obergericht des Kantons Zürich, Verwaltungskommission, Postfach, 8023 Zürich.

Art. 29 und 30 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK (Ausstand)

(Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zürich, Verwaltungskommission vom 23. Mai 2001)

Sachverhalt:

K.________ ist Kläger in einem seit dem Jahre 1996 bei der 3. Abteilung des
Bezirksgerichts Zürich hängigen Zivilprozess gegen die M.________ AG und
H.________ betreffend Persönlichkeitsverletzung. Am 22. April 2001 stellte er
den Antrag um Ausstand der mitwirkenden Bezirksrichter N.________ und
M.________ sowie der Bezirksrichterin B.________. Bezirksrichterin B.________
und Bezirksrichter M.________ überwiesen die Eingabe K.________s an die
Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich und gaben im Sinne
von § 100 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) die gewissenhafte
Erklärung ab, im vorliegenden Verfahren nicht befangen zu sein.

Mit Beschluss vom 23. Mai 2001 wies die Verwaltungskommission das
Ausstandsbegehren in Bezug auf die Bezirksrichter B.________ und M.________
ab; auf das Ausstandsbegehren gegen Bezirksrichter N.________ trat sie wegen
dessen Ausscheidens aus dem Bezirksgericht nicht ein.

Gegen diesen Beschluss der Verwaltungskommission hat K.________ beim
Bundesgericht am 25. Juni 2001 staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er rügt
eine Verletzung von Art. 29 und 30 BV sowie von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und
beantragt die  Aufhebung des Beschlusses der Verwaltungskommission. Auf die
Begründung ist, soweit erforderlich, in den rechtlichen Erwägungen
einzugehen. Nach der Aufforderung zur Leistung eines Kostenvorschusses hat
der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht.

Die privaten Beschwerdegegnerinnen beantragen die Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf eingetreten werden könne. Das Obergericht hat auf eine
Stellungnahme verzichtet, und die abgelehnten Richter haben sich nicht
vernehmen lassen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Entscheid der Verwaltungskommission kann nach Art. 87 OG mit
staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden. Die
Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Erwägungen Anlass.

2.
Der Beschwerdeführer erachtet Art. 6 Ziff. 1 EMRK sowie Art. 30 Abs. 3 BV als
verletzt, weil die Verwaltungskommission keine öffentliche Verhandlung
durchgeführt hat.

Die Berufung auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist von vornherein unbegründet.
Ausstandsverfahren betreffen nach der Rechtsprechung keine zivilrechtliche
oder strafrechtliche Angelegenheit im Sinne dieser Konventionsbestimmung
(vgl. Urteil i.S. K.________ vom 20. Mai 1999, vom 25. Juli 1996 i.S. M.
sowie die Praxis der Organe des Europäischen Gerichtshofes in VPB 1996 NKK.
104 und 1995 Nr. 122). Ebenso wenig erfordert Art. 30 Abs. 3 BV eine
öffentliche Verhandlung, da im Verfahren vor der Verwaltungskommission nicht
die zugrunde liegende Zivilstreitigkeit, sondern lediglich die prozessuale
Frage des Ausstandes der Bezirksrichter zu entscheiden war. Die Rüge erweist
sich daher als unbegründet.

3.
Weiter rügt der Beschwerdeführer als Verletzung des rechtlichen Gehörs im
Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK, dass er zu den
Stellungnahmen bzw. gewissenhaften Erklärungen der abgelehnten Richter nicht
hat Stellung nehmen können.

Auch diese formelle Rüge erweist sich als unbegründet. Der Beschwerdeführer
hatte mit dem Einreichen seines Ausstandsgesuches die Gelegenheit, sein
Begehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Einzelnen zu begründen.
Er musste dabei auch damit rechnen,  dass die Abgelehnten nicht von sich in
den Ausstand treten und demnach die nach dem kantonalen Recht vorgesehene
gewissenhafte Erklärung abgeben würden. Die Verwaltungskommission ihrerseits
hat keine Beweise erhoben, zu denen der Beschwerdeführer hätte angehört
werden müssen. Die gewissenhaften Erklärungen enthalten keine weitern
Ausführungen zu den prozessualen Umständen. Bei dieser Sachlage konnte die
Verwaltungskommission ohne vorherige Gewährung des rechtlichen Gehörs
entscheiden.

4.
Schliesslich hält der Beschwerdeführer die Bezirksrichter B.________ und
M.________ als nicht unparteiisch und als befangen und er ficht den Entscheid
der Verwaltungskommission wegen Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6
Ziff. 1 EMRK an, ohne die Anwendung des kantonalen Rechtes zu rügen. Die
Parteilichkeit und Voreingenommenheit der abgelehnten Richter erblickt er im
Umstand, dass das Bezirksgericht in unrechtmässiger Weise vertrauliche
Dokumente (wie etwa Akten der Fürsorgebehörden der Stadt Bern, des
Obergerichts des Kantons Zürich und des zürcherischen Steueramtes) beigezogen
hat.

Nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat der Rechtssuchende
Anspruch darauf, dass seine Sache von einem unparteiischen,
unvoreingenommenen und unbefangenen Richter ohne Einwirkung sachfremder
Umstände entschieden wird. Die Garantie ist verletzt, wenn Umstände
vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und
die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen. Solche können in
einem bestimmten Verhalten des Richters oder in äusseren Gegebenheiten
begründet sein (BGE 114 Ia 50 E. 3 S. 53 ff., 126 I 68 E. 3 S. 73). Aus den
vom abgelehnten Richter getroffenen Entscheidungen kann grundsätzlich kein
objektiver Verdacht der Voreingenommenheit abgeleitet werden. Weder
prozessuale Fehler noch falsche materielle Entscheide vermögen im Allgemeinen
den Verdacht der Befangenheit zu begründen. Anders verhält es sich nur, wenn
besonders krasse oder wiederholte Irrtümer vorliegen, die als schwere
Verletzung der Richterpflichten beurteilt werden müssen (BGE 116 Ia 14 E. 5b
S. 20, 116 Ia 135 E. 3a S. 138,115 Ia 400 E. 3b S. 404,114 Ia 153 E. 3b/bb S.
158).

Angesichts dieser Rechtsprechung kann nicht gesagt werden, der angefochtene
Entscheid halte vor der Verfassung und der Menschenrechtskonvention nicht
stand. Der Beschwerdeführer beanstandet zwar den Beizug verschiedener Akten.
Damit zeigt er indessen nicht auf, dass die abgelehnten Richter bei der
Instruktion krass oder wiederholt irrtümlich gehandelt hätten. Es ist  nicht
dargetan, dass die Edition der zahlreichen Akten im hängigen Zivilprozess
sachlich offensichtlich nicht gerechtfertigt war. Bei dieser Sachlage ist
nicht entscheidend, ob sich der Beschwerdeführer schon in einem früheren
Verfahrensstadium gegen den Aktenbeizug hätte zur Wehr setzen können. Ebenso
wenig kann es darauf ankommen, dass der Beschwerdeführer gegen die
betroffenen Richter wegen deren Instruktionsmassnahmen Zivilklage erhoben
hat. Die Beschwerde erweist sich daher auch in diesem Punkte als unbegründet.

5.
Die vorliegende Beschwerde ist daher abzuweisen.

Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im
Sinne von Art. 152 Abs. 1 OG. Da sich die Beschwerde von vornherein als
aussichtslos erwies, kann dem Ersuchen nicht stattgegeben werden.

Der unterlegene Beschwerdeführer hat die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 156
Abs. 1 OG) und die privaten Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche
Verfahren zu entschädigen.

Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Der Beschwerdeführer hat die privaten Beschwerdegegnerinnen für das
bundesgerichtliche Verfahren  mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bezirksgericht Zürich (3. Abteilung),
Bezirksrichterin B.________, Bezirksrichter N.________ und Bezirksrichter
M.________ sowie dem Obergericht des Kantons Zürich (Verwaltungskommission)
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Dezember 2001

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: