Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.421/2001
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1P.421/2001/sta

Urteil vom 21. März 2002

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb, Féraud, Catenazzi,
Gerichtsschreiberin Tophinke.

N. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Frei,
Stadthausstrasse 39, Postfach 627, 8402 Winterthur,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8023 Zürich,
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Postfach, 8023 Zürich,
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach 4875, 8022 Zürich.

Art. 29 und 32 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK (wirksame amtliche
Verteidigung im Strafverfahren; rechtliches Gehör)

(Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Kassationsgerichts des
Kantons Zürich vom 6. Mai 2001)

Sachverhalt:

A.
Das Bezirksgericht Zürich sprach den Angeklagten N.________ am 19. Mai 2000
der mehrfachen Vergewaltigung seiner Ehefrau, der Freiheitsberaubung und
Entführung sowie der Tätlichkeit schuldig und bestrafte ihn mit 27 Monaten
Zuchthaus. Zudem wurde er verpflichtet, der Geschädigten eine Genugtuung von
Fr. 12'000.-- zuzüglich 5% Zins seit 4. Juli 1999 zu bezahlen. Das
Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 14. Dezember 2000 auf Berufung
des Angeklagten hin im Wesentlichen das erstinstanzliche Strafurteil. Gegen
das obergerichtliche Urteil meldete der amtliche Verteidiger des Angeklagten,
Rechtsanwalt P.________, innert Frist kantonale und eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde an. Das schriftlich begründete Urteil und die
Fristverfügung zur Motivation der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde gingen
dem amtlichen Verteidiger am 28. Februar 2001 zu. Die Frist zur Begründung
der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde lief am 30. März 2001 ab. Die
eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wurde nicht begründet.

Mit Schreiben vom 20. März 2001 ersuchte Rechtsanwalt P.________ das
Kassationsgericht des Kantons Zürich um Entlassung als amtlicher Verteidiger.
Nach sorgfältigen rechtlichen Abklärungen sei er zur Auffassung gelangt, eine
Nichtigkeitsbeschwerde habe wenig Aussicht auf Erfolg. Er habe deshalb seinem
Mandanten den Verzicht auf eine solche empfohlen. Dieser sei damit nicht
einverstanden, weshalb er - Rechtsanwalt P.________ - sich nicht mehr in der
Lage sehe, die Interessen des Angeklagten weiterhin wahrzunehmen. Mit
Schreiben vom 28. März 2001 teilte der Angeklagte dem Kassationsgericht
persönlich mit, er sei mit dem Entscheid des Obergerichts nicht einverstanden
und möchte deshalb dagegen Beschwerde einreichen.

Das Kassationsgericht wies mit Beschluss vom 6. Mai 2001 das Gesuch
Rechtsanwalt P.________s um Entlassung aus dem amtlichen Mandat ab. Ferner
stellte es fest, dass weder der amtliche Verteidiger noch der Angeklagte
selber innert Frist eine Begründung der angemeldeten kantonalen
Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht hätten. Entsprechend schrieb es das
Kassationsverfahren als erledigt ab.

B.
Mit Eingabe vom 25. Juni 2001 hat der Angeklagte gegen den Beschluss des
Kassationsgerichts staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht erhoben.
Er beantragt Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückweisung der
Sache zur Neuentscheidung im Sinne der Erwägungen. Ferner ersucht er um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Er rügt eine
Verletzung des Rechts auf wirksame Verteidigung (Art. 29 Abs. 3 und 32 Abs. 2
BV, Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK) sowie seines Anspruchs auf rechtliches Gehör
(Art. 29 Abs. 2 BV).

C.
Gleichzeitig mit der Einreichung der staatsrechtlichen Beschwerde stellte der
Angeklagte beim Kassationsgericht des Kantons Zürich ein Gesuch um
Wiederherstellung der Frist zur Begründung der kantonalen
Nichtigkeitsbeschwerde sowie ein Gesuch um Entlassung des bisherigen
amtlichen Verteidigers und um Bestellung von Rechtsanwalt F.________ als
neuer amtlicher Verteidiger. Am 3. Juli 2001 ersuchte das Zürcher
Kassationsgericht darum, das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren bis zum
Entscheid über das Fristwiederherstellungsbegehren zu sistieren. Das
Bundesgericht entsprach am 17. Juli 2001 diesem Antrag. Mit Beschluss vom 1.
Oktober 2001 hiess das Zürcher Kassationsgericht den beantragten
Verteidigerwechsel gut, lehnte hingegen das Fristwiederherstellungsgesuch ab.
Am 25. Oktober 2001 nahm das Bundesgericht das staatsrechtliche
Beschwerdeverfahren gegen den kassationsgerichtlichen Beschluss vom 6. Mai
2001 wieder auf. Der Beschluss des Kassationsgerichts vom 1. Oktober 2001
wurde vor Bundesgericht nicht angefochten.

Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht des Kantons Zürich verzichten auf
Vernehmlassung zur staatsrechtlichen Beschwerde vom 25. Juni 2001. Das
Zürcher Kassationsgericht verweist auf seine Erwägungen im Beschluss vom 1.
Oktober 2001.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde ist, abgesehen von hier nicht zutreffenden
Ausnahmen, rein kassatorischer Natur. Mit ihr kann grundsätzlich nur die
Aufhebung des angefochtenen Entscheides verlangt werden (BGE 124 I 327 E. 4a
S. 332). Soweit der Beschwerdeführer beantragt, ihm sei die Frist zur
Begründung der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde neu anzusetzen, kann darauf
nicht eingetreten werden.

Ansonsten sind die Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt. Auf die
staatsrechtliche Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.

2.
2.1Der Beschwerdeführer macht geltend, das Kassationsgericht sei in
Verletzung von Art. 29 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK zu Unrecht von einer
genügenden Verteidigung des Beschwerdeführers ausgegangen und habe das
kassationsgerichtliche Verfahren wegen Nichtbegründung der
Nichtigkeitsbeschwerde zu Unrecht als gegenstandslos abgeschrieben.

2.2 Art. 29 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 3
lit. c EMRK gewährleisten die unentgeltliche Bestellung eines amtlichen
Verteidigers, falls der Angeschuldigte mittellos ist und dies zur Wahrung
seiner Rechte notwendig ist. Der amtliche Verteidiger hat die Interessen des
Angeschuldigten sodann in ausreichender und wirksamer Weise wahrzunehmen und
die Notwendigkeit von prozessualen Vorkehrungen im Interesse des
Angeschuldigten sachgerecht und kritisch abzuwägen. Der Angeschuldigte hat
Anspruch auf eine sachkundige, engagierte und effektive Wahrnehmung seiner
Parteiinteressen. Wird von den Behörden untätig geduldet, dass der amtliche
Verteidiger seine anwaltlichen Berufs- und Standespflichten zum Schaden des
Angeschuldigten in schwerwiegender Weise vernachlässigt, kann darin eine
Verletzung der Verteidigungsrechte liegen. Pflichtverletzungen des amtlichen
Verteidigers können namentlich in krassen Frist- und Terminversäumnissen oder
mangelnder Sorgfalt bei der Vorbereitung von Einvernahmen und anderen
Prozesshandlungen liegen. Auch bei der Prüfung, ob Verfahrens- und
Beweisanträge im Interesse des Angeschuldigten zu stellen seien, hat der
amtliche Verteidiger die nötige Sorgfalt anzuwenden. Die zuständigen Behörden
können jedoch nicht für jeden Fehler des amtlichen Verteidigers
verantwortlich gemacht werden. Sie sind nur dann verpflichtet, einzuschreiten
und das Erforderliche vorzukehren, wenn offenkundig ist, dass die
Verteidigung ungenügend ist oder wenn sie sonst wie in ausreichender Weise
darüber informiert werden. In dieser Hinsicht obliegt es in erster Linie dem
Angeschuldigten, den Behörden eine Verletzung der Verteidigungsrechte
mitzuteilen (BGE 126 I 194 E. 3d S. 198 ff.; 124 I 185 E. 3b S. 189 f.; 120
Ia 48 E. 2b/bb S. 51 f. sowie E. 2c und 2d S. 52 f.; je mit zahlreichen
Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur).

2.3 Hier ist unbestritten, dass die Voraussetzungen für die unentgeltliche
Bestellung eines amtlichen Verteidigers im Sinne von Art. 29 Abs. 3 BV bzw.
Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK erfüllt sind und dass gemäss kantonalem Recht ein
Fall notwendiger Verteidigung vorliegt. Umstritten ist, ob der
Beschwerdeführer im Kassationsverfahren wirksam im Sinne von Art. 32 Abs. 2
BV bzw. Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK verteidigt und ob ihm durch das
Kassationsgericht das rechtliche Gehör verweigert worden sei.

3.
3.1Nach der Praxis des Zürcher Kassationsgerichts ist der amtliche
Verteidiger auch in Fällen notwendiger Verteidigung nicht verpflichtet, eine
angemeldete Kassationsbeschwerde zu begründen, wenn er nach sorgfältiger
Prüfung des obergerichtlichen Urteils zur Überzeugung gelangt, dass keine
Nichtigkeitsgründe vorliegen. Diesfalls geht das Gericht von einer genügenden
Verteidigung aus und bewilligt in der Regel auch keinen Wechsel des amtlichen
Verteidigers.

3.2 Der amtliche Verteidiger hat die Notwendigkeit prozessualer Vorkehren
sachgerecht und kritisch abzuwägen. In erster Linie bestimmt er die Art und
Weise der Verteidigung und ist nicht bloss das unkritische Sprachrohr seines
Mandanten. Er weiss in der Regel besser als der Angeklagte, welches die
geeigneten Mittel sind, um die Verteidigung wirksam zu gestalten und der
Anklage zu begegnen. Ihm kann keine Prozessführung aufgenötigt werden, die
nach seiner Auffassung aussichtslos ist (BGE 126 I 194 E. 3d S. 199; 116 Ia
102 E. 4b/bb S. 105; 105 Ia 296 E. 1e S. 304).
Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich mit dem Recht auf wirksame
Verteidigung vereinbaren lässt, wenn der amtliche Verteidiger entgegen der
Weisung des Angeklagten eine angemeldete kantonale Nichtigkeitsbeschwerde
wegen Verneinung von Erfolgsaussichten nicht begründet, ist zu beachten, dass
es hierbei nicht einfach um die Wahl einer Verteidigungsstrategie, sondern
auch um den Zugang zu einer Rechtsmittelinstanz geht. Ferner handelt es sich
bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten einer Beschwerde immer um eine
Prognose. Auf der anderen Seite steht im Kassationsverfahren - anders als im
Untersuchungs-, erstinstanzlichen und allenfalls im Berufungsverfahren -
nicht mehr der ganze Prozessstoff zur freien Diskussion (vgl. ZR 64/1965 Nr.
55 S. 98). Mit dem ausserordentlichen Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde
können nur noch eng begrenzte, im Gesetz abschliessend aufgezählte
Nichtigkeitsgründe, namentlich Verfahrensmängel sowie qualifizierte Fehler
bei der Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung, geltend gemacht werden
(§ 430 Abs. 1 des Zürcher Gesetzes betreffend den Strafprozess
(Strafprozessordnung) vom 4. Mai 1919; vgl. dazu Niklaus Schmid,
Strafprozessrecht, Eine Einführung auf der Grundlage des Strafprozessrechts
des Kantons Zürich und des Bundes, 3. Auflage, Zürich 1997, Rz. 1066 ff.).
Sofern der Angeklagte im bisherigen Verfahren genügend verteidigt war, kann
im Umstand, dass der amtliche Verteidiger wegen Verneinung von
Erfolgsaussichten die Nichtigkeitsbeschwerde nicht begründet, keine
Verletzung des Rechts auf wirksame amtliche Verteidigung liegen.
Voraussetzung ist allerdings, dass der amtliche Verteidiger das
vorinstanzliche Urteil sorgfältig auf das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen
hin prüft, den Angeklagten frühzeitig in geeigneter Weise darüber orientiert,
dass er die Nichtigkeitsbeschwerde nicht begründen werde und ihn darauf
hinweist, dass ihm nach wie vor das Recht zusteht, sich selber zu verteidigen
oder einen Verteidiger seiner Wahl beizuziehen. Erlangt das Kassationsgericht
Kenntnis davon, dass der Angeklagte das vorinstanzliche Urteil bei ihm
anfechten, der amtliche Verteidiger hingegen keine Beschwerdebegründung
einreichen will, ist es gehalten, abzuklären, ob der amtliche Verteidiger
seiner Aufgabe, das Berufungsurteil auf das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen
zu prüfen, hinreichend nachgekommen ist. Ausführungen des amtlichen
Verteidigers hinsichtlich seines Verneinens von Nichtigkeitsgründen werden
nach der Praxis des Kassationsgericht dem Beschuldigten zur Stellungnahme
zugestellt und dessen Vorbringen werden bei der Frage der Glaubhaftigkeit der
anwaltlichen Darstellung berücksichtigt (Titus Graf, Effiziente Verteidigung
im Rechtsmittelverfahren: Dargestellt anhand zürcherischer Berufung und
Nichtigkeitsbeschwerde, Diss. Zürich 2000, S. 167 ff., namentlich Fussnote
999).

4.
4.1Mit Schreiben vom 20. März 2001 ersuchte der amtliche Verteidiger das
Kassationsgericht um Entlassung aus seinem Mandat. Er begründete dies damit,
dass er aufgrund sorgfältiger rechtlicher Abklärungen zur Auffassung gelangt
sei, dass eine Nichtigkeitsbeschwerde wenig Aussicht auf Erfolg habe. Aus
diesem Grund habe er seinem Mandanten empfohlen, auf eine
Nichtigkeitsbeschwerde zu verzichten. Damit sei dieser jedoch nicht
einverstanden. Unter diesen Umständen sehe er sich nicht mehr in der Lage,
dessen Interessen weiterhin wahrzunehmen. Mit Schreiben vom 28. März 2001
teilte der Beschwerdeführer dem Kassationsgericht selber mit, dass er
Nichtigkeitsbeschwerde einreichen möchte.

Das Kassationsgericht reagierte während der laufenden Rechtsmittelfrist nicht
auf diese Schreiben. Vielmehr entschied es erst am 6. Mai 2001, den amtlichen
Verteidiger nicht zu entlassen, da dessen Darlegungen, er habe den Entscheid
des Obergerichts vom 14. Dezember 2000 eingehend geprüft und eine
Nichtigkeitsbeschwerde habe wenig Aussicht auf Erfolg, glaubhaft seien. Zudem
könne es im Beschwerdeverfahren nur noch um die Zustellung des Entscheides
des Kassationsgerichts gehen. Es bestehe auch kein Anlass, dem Angeklagten
einen neuen amtlichen Verteidiger für das Beschwerdeverfahren zu bestellen.
Gleichzeitig hielt es fest, dass weder der amtliche Verteidiger noch der
Angeklagte selber innert Frist eine Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde
eingereicht hätten und schrieb deshalb das Kassationsverfahren als erledigt
ab.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers hätte ihm das Kassationsgericht
Gelegenheit geben sollen, zum Schreiben des amtlichen Verteidigers vom 20.
März 2001 Stellung zu nehmen, namentlich da er- der Beschwerdeführer- dem
Gericht mitgeteilt habe, er wolle die Beschwerde begründen. Der Inhalt des
Schreibens habe wesentliche Entscheidgrundlage des angefochtenen Entscheides
gebildet. Mithin sei ihm das rechtliche Gehör verweigert worden.

4.2 Vorliegend wusste das Kassationsgericht, dass der Beschwerdeführer das
obergerichtliche Urteil bei ihm anfechten wollte. Dennoch erachtete es die
Ausführungen des amtlichen Verteidigers im Schreiben vom 20. März 2001 als
glaubhaft, ohne dem Beschwerdeführer zuvor Gelegenheit gegeben zu haben, sich
dazu zu äussern. Das Gericht hätte aber Anlass gehabt, eine Stellungnahme
einzuholen und auch beim amtlichen Anwalt nachzufragen, da letzterer im
Entlassungsgesuch - im Gegensatz zum Schreiben an den Beschwerdeführer vom
12. März 2001 - nicht begründete, wieso seines Erachtens keine
Nichtigkeitsgründe vorliegen würden. Der Entscheid darüber, dass das
Nichtvorliegen von Nichtigkeitsgründen glaubhaft sei, greift in die
Rechtsstellung des Angeklagten ein. Diesem wird der Zugang zum
Kassationsgericht erschwert, wenn der amtliche Verteidiger auf diese Weise
aus seiner Pflicht entlassen wird, eine Nichtigkeitsbeschwerde zu begründen.
Dem Angeklagten bleibt in diesem Fall nur noch, selber eine Begründung
einzureichen oder einen privaten Anwalt damit zu betrauen. Aus dem Anspruch
auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV folgt das Recht des
Betroffenen, sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden
Entscheids zur Sache äussern zu können (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56 mit
Hinweis). Wie bereits dargelegt (E. 3.2), verfolgt das Kassationsgericht in
der vorliegenden Konstellation zur Sicherstellung einer genügenden
Verteidigung offenbar denn auch die Praxis, den Angeklagten Stellung nehmen
zu lassen. Indem das Kassationsgericht den Beschwerdeführer nicht anhörte,
verletzte es dessen Gehörsanspruch.

5.
5.1Die Beschwerde erweist sich somit als begründet und ist gutzuheissen,
soweit darauf eingetreten werden kann. Der Entscheid des Kassationsgerichts
vom 6. Mai 2001 ist aufzuheben. Mit der Kassation dieses Entscheids nehmen
sich aus der Rückschau auch die tatbeständlichen Verhältnisse, die am 1.
Oktober 2001 zur Ablehnung des seinerzeitigen Fristwiederherstellungsgesuchs
geführt haben, anders aus. Jedenfalls wird das Kassationsgericht dem
Beschwerdeführer nunmehr das rechtliche Gehör gewähren müssen. Darüber hinaus
wird das Kassationsgericht auch zu prüfen haben, ob dem Beschwerdeführer nach
den gesamten Umständen des vorliegenden Falls im Lichte von Art. 32 Abs. 2 BV
und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK nicht von Amtes wegen eine Frist von wenigen
Tagen (z.B. entsprechend der Zeit zwischen einem hypothetischen Entscheid
über das Entlassungsgesuch des amtlichen Verteidigers am 23. März 2001 und
dem Fristablauf am 30. März 2001) einzuräumen sei, um allfällig die
angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde selber oder durch einen gewillkürten
Anwalt zu begründen.

5.2 Bei diesem Prozessausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 156
Abs. 2 OG). Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer eine angemessene
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 OG). Entsprechend wird das Gesuch
um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten
ist. Der angefochtene Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom
6. Mai 2001 wird aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Staatsanwaltschaft, dem
Obergericht, III. Strafkammer, und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. März 2002

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: