Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.384/2001
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1P.384/2001/bmt

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                      21. August 2001

Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bun-
desrichter Nay, Bundesrichter Aeschlimann und Gerichts-
schreiberin Widmer.

                         ---------

                         In Sachen

E.________, Libanon, Beschwerdeführer, vertreten durch
Advokat Dr. Nicolas Roulet, Rebgasse 1, Postfach 321, Basel,

                           gegen

Besonderes Untersuchungsrichteramt des Kantons  B a s e l -
L a n d s c h a f t,
Verfahrensgericht in Strafsachen des Kantons  B a s e l -
L a n d s c h a f t,

                         betreffend
                         Art. 29 BV
              (unentgeltliche Verbeiständung),

hat sich ergeben:

     A.- E.________ wurde am 19. August 2000 nach rund ein-
monatiger Ausschaffungshaft von Liestal aus in den Libanon
gebracht. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in Beirut
wandte er sich an einen Gerichtsmediziner, um sich schrift-
lich bestätigen zu lassen, dass er an verschiedenen Körper-
stellen Verletzungen aufwies. Daraufhin legte E.________ in
einem Brief an die Menschenrechtsgruppe "augenauf" in Basel
dar, er sei unmittelbar vor seiner Ausschaffung in Liestal
von diversen Personen misshandelt worden; er beschreibt
darin, wie er von drei Polizisten und zwei weiteren Personen
in seiner Zelle in Liestal gefesselt und geschlagen worden
sei. Am 21. September 2000 erhob der Rechtsvertreter von
E.________ gegen den Vorsteher der Justiz-, Polizei- und
Militärdirektion des Kantons Basel-Landschaft und gegen
Unbekannt Strafanzeige wegen Nötigung, Tätlichkeit, ein-
facher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Gefähr-
dung des Lebens. Weiter beantragte er, es sei ein anderes
Statthalteramt als dasjenige in Liestal mit den Untersu-
chungen zu betrauen. Die Präsidentin des Verfahrensge-
richts in Strafsachen des Kantons Basel-Landschaft (im
folgenden: Verfahrensgericht) beauftragte in der Folge
das Besondere Untersuchungsrichteramt des Kantons mit der
Anhandnahme der Strafuntersuchung. Dieses verzichtete mit
Verfügung vom 13. November 2000 gestützt auf § 128 Abs. 1
lit. d der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft
(StPO/BL) auf die Eröffnung eines Untersuchungsverfahrens
gegen den Direktionsvorsteher sowie gegen Unbekannt, da
während der Ausschaffungshaft offensichtlich keine Straf-
tat zum Nachteil von E.________ begangen worden sei. Vor-
abklärungen hätten ergeben, dass am 18. August 2000 wegen

Suizidgefahr gewisse Überwachungs- und Schutzmassnahmen
getroffen worden seien. Bei seiner Ausreise habe E.________
keinen verletzten Eindruck gemacht.

        Gegen diese Verfügung beschwerte sich E.________ am
24. November 2001 beim Verfahrensgericht und verlangte, das
Besondere Untersuchungsrichteramt sei anzuweisen, das bean-
tragte Strafverfahren zu eröffnen. Dabei ersuchte er um Ge-
währung der unentgeltlichen Rechtspflege. Das Verfahrens-
gericht hiess die Beschwerde gut, weil es die Voraussetzun-
gen für den Verzicht auf die Eröffnung des Untersuchungsver-
fahrens als nicht erfüllt erachtete. Gleichzeitig wies es
das Besondere Untersuchungsrichteramt an, ein Verfahren ge-
gen die verdächtigen Personen zu eröffnen. E.________ wurde
trotz Obsiegens keine Parteientschädigung zugesprochen, mit
der Begründung, es liege dafür keine gesetzliche Grundlage
vor.

     B.- E.________ führt gegen den (Kosten-)Entscheid des
Verfahrensgerichts staatsrechtliche Beschwerde. Er macht
eine Verletzung von Art. 29 BV (unentgeltliche Rechtspflege)
geltend und beantragt, den Entscheid des Verfahrensgerichts
im Kostenpunkt aufzuheben und dieses anzuweisen, ihm eine
angemessene Parteientschädigung auszurichten. Eventualiter
sei das Verfahrensgericht anzuweisen, die unentgeltliche
rechtliche Verbeiständung zu gewähren. Für den Fall des
Unterliegens vor Bundesgericht beantragt E.________ eben-
falls die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

        Das Besondere Untersuchungsrichteramt hat zur Be-
schwerde nicht Stellung genommen. Das Verfahrensgericht in
Strafsachen schliesst auf Nichteintreten, eventualiter auf
Abweisung der Beschwerde.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der
bei ihm eingereichten Beschwerden von Amtes wegen und mit
freier Kognition (BGE 126 I 81 E. 1; 125 I 412 E. 1a mit
Hinweisen).

        b) Im angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen
Entscheid (Art. 86 Abs. 1 OG) wird das Besondere Untersu-
chungsrichteramt angewiesen, gegen die verdächtigen Personen
eine Strafuntersuchung zu eröffnen. Die Anordnung der An-
handnahme des Strafverfahrens entspricht dem materiellen
Antrag des Beschwerdeführers, der in seiner Stellung als
Opfer am kantonalen Verfahren teilnahm. Der Beschwerdefüh-
rer ist insofern durch den angefochtenen Entscheid berührt
(Art. 88 OG), als ihm trotz Obsiegens weder eine Parteient-
schädigung zugesprochen noch die beantragte unentgeltliche
Rechtsverbeiständung bewilligt wurde.

        c) Mit der Anordnung der Verfahrenseröffnung wird
die Strafuntersuchung erst in die Wege geleitet. Der ange-
fochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren nicht ab,
sondern stellt den ersten Schritt in Richtung eines End-
entscheids dar. Es handelt sich dabei um einen Zwischen-
entscheid im Sinn von Art. 87 Abs. 2 OG (zum Begriff des
Zwischenentscheids: BGE 123 I 325 E. 3b; 122 I 39 E. 1a/aa
S. 41; 120 III 143 E. 1a; 117 Ia 251 E. 1a).

        Selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide
sind nach Art. 87 Abs. 1 OG nur dann mit staatsrechtlicher
Beschwerde anfechtbar, wenn sie Fragen der Zuständigkeit
oder des Ausstands betreffen; bei allen anderen Vor- und
Zwischenentscheiden wird für das Eintreten auf die Be-
schwerde das Vorliegen eines nicht wiedergutzumachenden

Nachteils vorausgesetzt (Art. 87 Abs. 2 OG). Dies gilt nach
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch dann, wenn ein
Zwischenentscheid nur in Bezug auf die Kosten- und Entschä-
digungsfolgen angefochten wird (BGE 117 Ia 251 E. 1a mit
Hinweisen). Der nicht wiedergutzumachende Nachteil muss nach
der Praxis rechtlicher Natur sein. Eine bloss tatsächliche
Beeinträchtigung wie beispielsweise eine Verlängerung oder
eine Verteuerung des Verfahrens genügt nicht. Der Nachteil
ist nur dann rechtlicher Art, wenn er auch durch einen für
den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid nicht mehr be-
hoben werden könnte. Dabei ist es nicht nötig, dass sich der
Nachteil schon im kantonalen Verfahren durch einen günstigen
Endentscheid beheben lässt. Es genügt, wenn er in einem an-
schliessenden bundesgerichtlichen Verfahren beseitigt werden
kann (BGE 126 I 97 E. 1b, 207 E. 2).

        d) Das Verfahrensgericht führt in seiner Stellung-
nahme zutreffend aus, dass vorliegend weder die Verweigerung
einer Parteientschädigung noch die Nichtgewährung der un-
entgeltlichen Rechtspflege einen nicht wiedergutzumachenden
Nachteil rechtlicher Art bewirken können. Der Beschwerde-
führer ist aufgrund seiner Parteistellung als Opfer legiti-
miert, sich gegen eine allfällige Einstellung der Untersu-
chung oder einen Freispruch der verdächtigen Personen zu
wehren (Art. 8 OHG) und dabei gleichzeitig den umstrittenen
Kostenentscheid anzufechten. Darüber hinaus kann er selbst
dann, wenn das Verfahren ganz zu seinen Gunsten ausgehen
sollte - etwa indem allfällige Zivilansprüche gutgeheissen
werden -, den Kostenentscheid selbständig anfechten; dies
ist nach ständiger Praxis unabhängig von der Legitimation
zur Anfechtung des Hauptentscheids möglich (BGE 117 Ia 251
E. 1b mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hat in einem sol-
chen Fall die Möglichkeit, im Anschluss an den kantonalen
Endentscheid staatsrechtliche Beschwerde gegen den Zwischen-
entscheid zu erheben. Ein nicht wiedergutzumachender Nach-
teil liegt somit nicht vor.

     2.- Demnach kann auf die staatsrechtliche Beschwerde
nicht eingetreten werden. Entsprechend dem Ausgang des bun-
desgerichtlichen Verfahrens sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Dem
Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege kann
nicht entsprochen werden, da sich die Beschwerde von vorn-
herein als aussichtslos erwies und überdies die finanzielle
Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht ist (Art. 152 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht
eingetreten.

     2.- Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege wird abgewiesen.

     3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem
Besonderen Untersuchungsrichteramt sowie dem Verfahrens-
gericht in Strafsachen des Kantons Basel-Landschaft
schriftlich mitgeteilt.
                       ______________

Lausanne, 21. August 2001

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
      Der Präsident:         Die Gerichtsschreiberin: