Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.30/2001
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1P.30/2001/boh

                I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
                **********************************

                  Beschluss vom 1. Februar 2001

Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident
der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Aeschlimann,
Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichtsschreiberin Leuthold.

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                            In Sachen

H.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs
Glaus, Unterstrasse 15, St. Gallen,

                              gegen

Bezirksamt  A r b o n,
Präsident der Anklagekammer des Kantons  T h u r g a u,

                            betreffend
                       Art. 9, 10 und 31 BV
                       (Untersuchungshaft),

hat sich ergeben:

     A.- Der in Belgien wohnhafte schwedische Staatsangehörige
H.________ wurde am 14. Juli 2000 aufgrund eines internationalen
Haftbefehls des Bezirksamtes Arbon vom 5. Juli 2000 in Belgien
festgenommen und in Auslieferungshaft versetzt. Das Bezirksamt
Arbon wirft dem Angeschuldigten vor, er habe sich im Rahmen von
Kreditvermittlungsgeschäften des Betruges schuldig gemacht. Am
28. November 2000 wurde H.________ an die Schweiz ausgeliefert und
mit Verfügung des Bezirksamtes Arbon vom 29. November 2000 wegen
Kollusionsgefahr in Untersuchungshaft genommen. Er stellte am
15. Dezember 2000 ein Begehren um Überprüfung der Haft. Mit Ent-
scheid vom 21. Dezember 2000 erklärte der Präsident der Anklage-
kammer des Kantons Thurgau die vom Bezirksamt Arbon angeordnete
Untersuchungshaft als zulässig und stellte fest, dass der Haft-
grund der Kollusionsgefahr nach wie vor gegeben sei.

     B.- Gegen diesen Entscheid liess H.________ durch seinen
Anwalt am 16. Januar 2001 beim Bundesgericht staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung von Art. 9 sowie von Art. 10 Abs. 2
und Art. 31 Abs. 1 BV erheben. Er beantragt, die angefochtene
Verfügung vom 21. Dezember 2000 sei aufzuheben und er sei unver-
züglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Ausserdem ersucht
er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundes-
gerichtliche Verfahren.

     C.- Der Präsident der Anklagekammer des Kantons Thurgau
stellte in seiner Vernehmlassung vom 24. Januar 2001 den Antrag,
die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

     D.- In einer Replik vom 30. Januar 2001 nahm H.________ zur
Beschwerdeantwort des Präsidenten der Anklagekammer Stellung.

     E.- Am 29. Januar 2001 hatte das Bundesamt für Justiz gegen
H.________ einen Auslieferungshaftbefehl gestützt auf ein Auslie-
ferungsersuchen des Justizministeriums in Luxemburg vom 15. De-
zember 2000 erlassen.

     F.- Das Bezirksamt Arbon teilte dem Bundesgericht mit Schrei-
ben vom 31. Januar 2001 mit, H.________ sei am 29. Januar 2001 aus
der Untersuchungshaft entlassen und umgehend im Auftrag des Bun-
desamtes für Justiz in Auslieferungshaft gesetzt worden.

               Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Das nach Art. 88 OG erforderliche aktuelle praktische
Interesse an der Behandlung einer Haftbeschwerde entfällt, wenn
der Beschwerdeführer während der Hängigkeit des bundesgerichtli-
chen Verfahrens aus der Haft entlassen wird (BGE 110 Ia 140 ff.;
125 I 394 E. 4a S. 397). Im vorliegenden Fall reichte der Be-
schwerdeführer am 16. Januar 2001 beim Bundesgericht eine staats-
rechtliche Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung der vom Be-
zirksamt Arbon gegen ihn angeordneten Untersuchungshaft ein. Am
29. Januar 2001 wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen und
gestützt auf einen Auslieferungshaftbefehl des Bundesamtes für
Justiz in Auslieferungshaft genommen. Damit ist das aktuelle prak-
tische Interesse an der Behandlung der staatsrechtlichen Be-
schwerde dahingefallen. Es liegt kein Grund vor, die Beschwerde
trotz fehlenden aktuellen Interesses zu behandeln (BGE 110 Ia 140
E. 2b S. 143 f.; 125 I 394 E. 4b S. 397 f.). Die staatsrechtliche
Beschwerde ist daher infolge Gegenstandslosigkeit vom Geschäfts-
verzeichnis abzuschreiben.

     2.- Wird eine Beschwerde gegenstandslos, so hat das Bundes-
gericht nach Art. 72 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG über die
Prozesskosten mit summarischer Begründung aufgrund der Sachlage
vor Eintritt des Erledigungsgrundes zu befinden. Bei der Beurtei-
lung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist in erster Linie auf
den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen. Dabei geht es
nicht darum, die Prozessaussichten im Einzelnen zu prüfen; viel-
mehr muss es bei einer knappen, d.h. Prima-facie-Beurteilung der
Aktenlage sein Bewenden haben.

        In der vorliegenden Beschwerde wurde geltend gemacht, die
kantonale Instanz habe in verfassungswidriger Weise angenommen, es
bestehe nach wie vor Kollusionsgefahr. Lasse sich aber die Haft
nicht mehr durch diesen Haftgrund rechtfertigen, so sei sie auch
nicht mehr verhältnismässig.

        Eine Prima-facie-Beurteilung der Aktenlage ergibt, dass
der Beschwerdeführer mit diesen Rügen nicht durchgedrungen wäre,
denn die Überlegungen, mit denen der Präsident der Anklagekammer
das Vorliegen von Kollusionsgefahr begründete, halten vor der Ver-
fassung stand. Die Beschwerde hätte somit keine Aussicht auf Er-
folg gehabt, weshalb das Begehren um unentgeltliche Rechtspflege
abzuweisen ist (Art. 152 OG). Es kann indes von der Erhebung von
Kosten abgesehen werden.

              Demnach beschliesst das Bundesgericht
   im Verfahren nach Art. 72 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird infolge Gegenstands-
losigkeit vom Geschäftsverzeichnis abgeschrieben.

     2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewie-
sen.

     3.- Es werden keine Kosten erhoben.

     4.- Dieser Beschluss wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirks-
amt Arbon und dem Präsidenten der Anklagekammer des Kantons
Thurgau schriftlich mitgeteilt.

                          ______________

Lausanne, 1. Februar 2001

         Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
                des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                          Der Präsident:

                     Die Gerichtsschreiberin: