Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.147/2001
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1P.147/2001/sta

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                     20. September 2001

Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundes-
richter Nay, Aeschlimann, Féraud, Favre und Gerichtsschrei-
ber Steinmann.
                         ---------

                         In Sachen

1. P a r t e i  d e r  A r b e i t  Z ü r i c h,
2. GBI  G e w e r k s c h a f t  B a u  &  I n d u s t r i e,
3. Niklaus  R ö l l i n, Spinnereiweg 4, Bern,
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt Viktor
Györffy, Advokatur Gartenhof, Gartenhofstrasse 15, Post-
fach 9819, Zürich,

                           gegen

Landschaft  D a v o s  Gemeinde,
Verwaltungsgericht des Kantons  G r a u b ü n d e n,
1. Kammer,

                         betreffend
     Bewilligung zur Durchführung einer Demonstration,

hat sich ergeben:

     A.- Die Partei der Arbeit Zürich (PdA) ersuchte die
Landschaft Davos Gemeinde namens der so genannten Anti-WTO-
Koordination am 27. November 2000 um die Bewilligung, am
27. Januar 2001 in Davos auf der Route Bahnhof Davos Dorf -
Promenade - Bahnhof Davos Platz zwischen 14 und ca. 17 Uhr
eine Demonstration gegen das World Economic Forum (WEF)
durchzuführen.

        Der Kleine Landrat von Davos bestätigte den Eingang
des Gesuches am 1. Dezember 2000 und stellte eine Reihe von
Fragen. Die Gesuchstellerin beantwortete diese am 7. Dezem-
ber 2000 (Bekanntgabe der das Gesuch mittragenden Organisa-
tionen, Angaben über die die Demonstration unterstützenden
Organisationen, Grössenordnung der erwarteten Teilnehmer-
zahl, allgemeine Informationen über mitzutragende Transpa-
rente, Lautsprecher etc.). Am 17. Dezember 2000 übermittelte
die Gesuchstellerin zusätzlich eine Zusammenstellung derje-
nigen Organisationen, die das Bewilligungsgesuch für die De-
monstration mitunterschrieben hatten.

        Der Kleine Landrat verweigerte der Anti-WTO-Koordi-
nation mit Verfügung vom 19. Dezember 2000 die Durchführung
einer Demonstration am 27. Januar 2001. Zur Begründung ver-
wies er auf die aussergewöhnliche Situation von Davos im
Allgemeinen sowie während der Wintersaison und der Durchfüh-
rung des Weltwirtschaftsforums. Er führte aus, insbesondere
die engen Verhältnisse mit lediglich zwei Verkehrsachsen in
Davos und die prekären Verkehrsverhältnisse an Samstagen er-
laubten einen Demonstrationszug nicht. Ausser Betracht falle
mangels Vorhandenseins öffentlicher Plätze auch eine Platz-
demonstration. Weiter verwies er auf die gegenüber den Vor-
jahren völlig veränderte Ausgangslage bezüglich Demonstra-

tionen, die markant gestiegene Gewaltbereitschaft, sicher-
heitspolitische Überlegungen, die aktuelle Gefährdung der
öffentlichen Sicherheit, die Erfahrungen im Umfeld ver-
gleichbarer Veranstaltungen in Seattle und Prag und diverse
Aufrufe in den Medien. Unter den konkreten Verhältnissen
komme auch eine Demonstration an einem andern Ort bzw. zu
einem andern Zeitpunkt nicht in Frage.

     B.- Diesen abschlägigen Entscheid fochten die Partei
der Arbeit, die GBI Gewerkschaft Bau & Industrie sowie
Niklaus Röllin beim Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden an. Sie machten eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs sowie eine Missachtung ihrer Grundrechte hinsichtlich
der beabsichtigten Demonstration geltend.

        Das Verwaltungsgericht wies den Rekurs mit Ent-
scheid vom 23. Januar 2001 ab (Verfahren U 00 130). Es ver-
neinte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil die Ge-
suchsteller die Gründe ihres Ersuchens darlegen und allfäl-
lige bekannte Bedenken mit Eventualbegehren berücksichtigen
konnten, vor dem Ergehen einer negativen Verfügung ohne Be-
weisverfahren nicht anzuhören waren und insbesondere damit
hätten rechnen müssen, dass die Gemeinde - in Anbetracht der
Aufrufe gegen die Durchführung des Forums - den (Sicher-
heits-)Interessen aller Beteiligten Rechnung tragen würde.
In prozessualer Hinsicht betonte es, dass einzig die Abwei-
sung des Gesuchs für einen Demonstrationszug am Samstag,
27. Januar 2001, nicht hingegen ein generelles Demonstra-
tionsverbot in Frage stehe. Das Verwaltungsgericht ging von
der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Versammlungs-
freiheit aus und prüfte das Demonstrationsverbot anhand der
Kriterien nach Art. 36 BV. Einschränkungen von Versammlungen
könnten sich aus verkehrs- und sicherheitspolizeilichen
Überlegungen sowie in Anbetracht der erwarteten gewalttäti-

gen Ausschreitungen und der sicherheitspolitischen Anforde-
rungen an den Schutz hochrangiger Gäste rechtfertigen. Es
dürfe die gegenüber den Vorjahren wesentlich geänderte Aus-
gangslage mit vermehrter Gewaltbereitschaft mitberücksich-
tigt werden. Die Verhinderung von Überschreitungen gehöre
zum Schutz der Grundrechte Dritter. Der Grundsatz der Ver-
hältnismässigkeit werde gewahrt, da einerseits keine geeig-
neten Örtlichkeiten für eine Platzdemonstration ersichtlich
seien; andererseits hätten die Gesuchsteller zu verstehen
gegeben, an Alternativen wie der Durchführung einer Demons-
tration an andern Tagen, auf andern Routen und zu andern
Zeiten nicht interessiert zu sein.

     C.- Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts ha-
ben die Partei der Arbeit Zürich, die GBI Gewerkschaft Bau &
Industrie sowie Niklaus Röllin beim Bundesgericht am
22. Februar 2001 staatsrechtliche Beschwerde eingereicht und
die Aufhebung des Verwaltungsgerichtsentscheides beantragt.
Sie rügen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29
Abs. 2 BV) sowie der Meinungsfreiheit und Versammlungsfrei-
heit (Art. 16 und 22 BV, Art. 10 und 11 EMRK [SR 0.101],
Art. 21 UNO-Pakt II [SR 0.103.2]). Sie machen im Wesentli-
chen geltend, sie hätten von der Gemeinde Davos im Hinblick
auf Alternativen zu ihrem Gesuch angehört werden müssen. Sie
erblicken in der Bewilligungsverweigerung eine Verletzung
der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

        Die Landschaft Davos Gemeinde beantragt mit ihrer
Vernehmlassung vom 30. April 2001 die Abweisung der Be-
schwerde. In prozessualer Hinsicht ersucht sie darum, den
Beschwerdeführer Niklaus Röllin als nicht legitimiert zu er-
klären und das vorliegende Verfahren mit demjenigen i.S.
David Böhner gegen Landschaft Davos Gemeinde und Verwal-

tungsgericht des Kantons Graubünden (1P.53/2001) zu vereini-
gen. Den Antrag um Abweisung stellt auch das Verwaltungsge-
richt, ohne in der Sache selber Stellung zu nehmen.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Das Bundesgericht sieht vom Erfordernis des ak-
tuellen Interesses im Sinne von Art. 88 OG ab, wenn sich die
mit der Beschwerde aufgeworfene Frage jederzeit und unter
gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnte, an
ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein
hinreichendes öffentliches Interesse besteht und eine recht-
zeitige verfassungsgerichtliche Überprüfung im Einzelfall
kaum je möglich wäre (BGE 125 I 394 E. 4b S. 397, 124 I 231
E. 1b S. 233, 121 I 279 E. 1 S. 281, 120 Ia 165 E. 1a
S. 166, 118 Ia 46 E. 3c S. 53). Diese Voraussetzungen liegen
hier vor, da streitig ist, inwiefern am Samstag, 27. Januar
2001, jegliche Demonstration verboten werden durfte, und
diese Frage über diejenigen im Verfahren David Böhner gegen
Landschaft Davos Gemeinde und Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden (Urteil 1P.53/2001 vom 20. September 2001, in:
EuGRZ 2001 S. 504) hinausgeht.

        b) Die Landschaft Davos Gemeinde stellt die Legiti-
mation von Niklaus Röllin in Frage. Dieser ist im kommunalen
Verfahren nicht aufgetreten, hat den abschlägigen Entscheid
der Gemeinde indessen ebenfalls beim Verwaltungsgericht an-
gefochten. Vor Bundesgericht bezeichnet er sich als Mitorga-
nisator der Manifestation, ohne dies näher zu belegen. Ein-
zig der Umstand, dass er angeblich an der Demonstration hat
teilnehmen wollen, genügt für die Bejahung der Legitimation
nicht. Hinsichtlich der Rüge der Verletzung des rechtlichen

Gehörs kann er mangels Teilnahme im kommunalen Verfahren von
vornherein nicht als legitimiert betrachtet werden. Nachdem
das Verwaltungsgericht die Legitimationsfrage offengelassen
hatte, kann sie hinsichtlich der Rüge der Verletzung der
Meinungs- und Versammlungsfreiheit auch im bundesgerichtli-
chen Verfahren unbeantwortet bleiben.

        c) In der Vernehmlassung ersucht die Landschaft
Davos Gemeinde ferner darum, das vorliegende Verfahren mit
demjenigen von David Böhner gegen Landschaft Davos Gemeinde
und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (1P.53/2001)
zu vereinigen. Diesem Antrag kann nicht stattgegeben werden.
Denn in formeller Hinsicht treten vor dem Bundesgericht
nicht dieselben Parteien auf. Daran vermag auch der Umstand
nichts zu ändern, dass die den beiden Verfahren zugrunde
liegenden Demonstrationsgesuche im Namen der so genannten
Anti-WTO-Koordination eingereicht worden waren. Dieser Hin-
tergrund rechtfertigt es indessen, die beiden Verfahren zu
koordinieren und die gemeinsame Urheberschaft der Begehren
bei der materiellen Beurteilung zu berücksichtigen.

        d) Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ist in einer
staatsrechtlichen Beschwerde darzutun, welche Verfassungsbe-
stimmungen und inwiefern diese verletzt sein sollen. Diesen
Anforderungen vermag die Beschwerdeschrift hinsichtlich der
Rüge der Verletzung von Art. 29 BV sowie der Meinungs- und
Versammlungsfreiheit knapp zu genügen. Im staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar erhobe-
ne Rügen.

     2.- a) Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV. Die Ver-
fassungsverletzung erblicken sie im Umstand, dass der Kleine

Landrat ihr Gesuch um Durchführung einer Demonstration abge-
wiesen hatte, ohne ihnen Gelegenheit zu einer Stellungnahme
einzuräumen.

        Das Verwaltungsgericht hat zu der bereits im kanto-
nalen Verfahren vorgebrachten Rüge ausgeführt, bei Verfügun-
gen, die auf Antrag eines Gesuchstellers ergehen, sei in der
Regel keine vorgängige Anhörung vor Erlass eines abschlägi-
gen Entscheides erforderlich. Der Gesuchsteller sei im Rah-
men der Mitwirkungspflichten gehalten, die tatsächlichen und
rechtlichen Voraussetzungen für eine Gesuchsbewilligung dar-
zutun und allfällige Beweismittel zu nennen. Die Gesuchstel-
ler hätten allfällig bereits im Voraus bekannten Bedenken
mit Eventualbegehren Rechnung tragen können. Im vorliegenden
Fall habe der Kleine Landrat keine Beweise erhoben und sei-
nen Entscheid auf allgemein bekannte Tatsachen wie die Ver-
kehrsverhältnisse in Davos und das Gefahrenrisiko bei Anti-
globalisierungskundgebungen abgestellt. Hierfür sei eine
vorgängige Anhörung nicht erforderlich gewesen.

        Diese Ausführungen halten vor Art. 29 Abs. 2 BV
stand. In Bewilligungsverfahren, die vom Betroffenen selber
beantragt werden, erfordert die Verfassungsbestimmung in der
Regel nicht, dass die Behörde einen negativen Entscheid in
Aussicht stellt und dem Betroffenen dazu nochmals speziell
das rechtliche Gehör einräumt. Dieser hat vielmehr im Rahmen
der Gesuchsstellung die Möglichkeit, die tatsächlichen und
rechtlichen Voraussetzungen darzulegen (vgl. Georg Müller,
Kommentar zur [alten] Bundesverfassung, Rz. 104 zu Art. 4
aBV). Der Kleine Landrat hat vor Erlass seiner Verfügung vom
19. Dezember 2000 auch keine Beweise erhoben, zu denen die
Gesuchsteller hätten angehört werden müssen. Deshalb erweist
sich die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV als unbe-
gründet.

        b) Die Beschwerdeführer machen ferner geltend, die
Bewilligungsbehörde sei aufgrund des Grundsatzes der Ver-
hältnismässigkeit gehalten, allfällige Alternativen zu einer
blossen Bewilligungsverweigerung zu prüfen und den Gesuch-
stellern in diesem Rahmen das rechtliche Gehör zu gewähren.
Die Frage, ob der Kleine Landrat andere Möglichkeiten von
Kundgebungen hätte prüfen und in Betracht ziehen müssen, be-
schlägt nicht den Anspruch auf rechtliches Gehörs, sondern
ist materieller Natur und dementsprechend im Rahmen der Er-
wägungen zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu prüfen.

        c) Die Beschwerdeführer rügen schliesslich als Ver-
letzung von Art. 29 Abs. 2 BV, dass das Verwaltungsgericht
ihren Begehren um Beweismassnahmen nicht stattgegeben habe.
Sie machen geltend, zur Klärung der örtlichen Verhältnisse
insbesondere im Hinblick auf mögliche Alternativen hätte ein
Augenschein durchgeführt und ein Gutachten eingeholt werden
müssen. Darüber hinaus sei das Verwaltungsgericht mit keinem
Wort auf ihre Beweisbegehren eingegangen.

        Die Beschwerdeführer verweisen hierfür auf ihre Re-
kursschrift an das Verwaltungsgericht (Ziff. 15 - 18). In
dieser werden zwar ausführlich Strassen und Plätze genannt
und entsprechende Varianten aufgezeigt. Doch findet sich
darin kein Antrag um Durchführung von Beweismassnahmen. Bei
dieser Sachlage erweist sich die Rüge der Verletzung von
Art. 29 Abs. 2 BV von vornherein als unbegründet.

     3.- In materieller Hinsicht machen die Beschwerdeführer
eine Verletzung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit gel-
tend. Die Verletzung in den Grundrechten erblicken sie im
Umstand, dass für den Samstag, 27. Januar 2001, überhaupt
keine Demonstration bewilligt worden ist, weder in der Form
eines Umzuges noch als Platzdemonstration.

        Das Vorhandensein einer kommunalen gesetzlichen
Grundlage für das Erfordernis einer vorgängigen Bewilligung
ist nicht umstritten. Ebenso wenig machen die Beschwerdefüh-
rer geltend, der Kleine Landrat verfüge über keine hinrei-
chende Grundlage zur Anordnung von Auflagen und Beschränkun-
gen. Sie rügen auch nicht, das entsprechende kommunale Recht
sei unrichtig angewendet worden. Sie beschränken ihre Be-
schwerde ausschliesslich auf die Frage der Verletzung der
Meinungs- und Versammlungsfreiheit im Sinne der Bundesver-
fassung, der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie des
UNO-Pakts II.

        a) Die bundesgerichtliche Rechtsprechung anerkannte
unter der Herrschaft der alten Bundesverfassung die unge-
schriebenen Verfassungsrechte der Meinungsäusserungs- und
der Versammlungsfreiheit (BGE 87 I 114 E. 2 S. 117, 96 I
219; Hinweise in BGE 100 Ia 392 E. 4a S. 399). Hingegen
verweigerte sie die Anerkennung einer eigentlichen Demons-
trationsfreiheit im Sinne eines Anspruchs auf lediglich
durch polizeiliche Gründe beschränkte Inanspruchnahme des
öffentlichen Grundes für Veranstaltungen mit Appellwirkung
an die Öffentlichkeit (BGE 100 Ia 392 E. 3 S. 398, 103
Ia 310 E. 3b S. 312, 107 Ia 64 E. 2a S. 66, 226 E. 3b
S. 229). Solche Veranstaltungen genossen indessen den Schutz
der Meinungsäusserungs- und der Versammlungsfreiheit; inso-
weit galt ein bedingter Anspruch auf Benützung des öffentli-
chen Grundes (vgl. BGE 124 I 267 E. 3a S. 268 mit Hinweisen;
Giorgio Malinverni, Versammlungsfreiheit, Kommentar zur
[alten] Bundesverfassung, Rz. 19 ff.).

        Die neue Bundesverfassung gewährleistet die Mei-
nungsfreiheit in Art. 16 ausdrücklich; jede Person hat das
Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu
äussern und zu verbreiten. Ebenso findet sich in Art. 22 die
Gewährleistung der Versammlungsfreiheit; danach hat jede

Person das Recht, Versammlungen zu organisieren, an Versamm-
lungen teilzunehmen oder Versammlungen fernzubleiben. Eine
ausdrückliche Garantie der Demonstrationsfreiheit kennt auch
die neue Bundesverfassung nicht.

        In Anbetracht dieser Rechtslage ist unter der Herr-
schaft der neuen Bundesverfassung in Fortführung der bishe-
rigen Rechtsprechung für Veranstaltungen auf öffentlichem
Grund davon auszugehen, dass nur ein bedingter Anspruch auf
Benützung öffentlichen Grundes für Kundgebungen besteht, im
Bewilligungsverfahren aber dem ideellen Gehalt der Meinungs-
und Versammlungsfreiheit Rechnung zu tragen ist und die ent-
gegenstehenden Interessen in sachlicher Weise gegeneinander
abzuwägen sind. Im Folgenden ist auszuführen, was das im
Einzelnen bedeutet.

        b) Die Meinungsfreiheit nach Art. 16 BV umfasst die
Meinungsäusserungsfreiheit in einem weiten Sinne. Der Be-
griff der Meinung wird weit gefasst. Desgleichen werden die
verschiedensten Formen und Arten der Kundgabe der Äusse-
rungsfreiheit zugerechnet, soweit nicht ein anderes Grund-
recht wie etwa die Medienfreiheit (Art. 17 BV) oder die
Kunstfreiheit (Art. 21 BV) Platz greift (BGE 117 Ia 472
E. 3c S. 478; Jörg P. Müller, Grundrechte in der Schweiz,
Bern 2000, S. 186 ff.; Andreas Auer/Giorgio Malinverni/
Michel Hottelier, Droit constitutionnel suisse, Bd. II, Bern
2000, Rz. 513 ff.; Ulrich Häfelin/Walter Haller, Schweizeri-
sches Bundesstaatsrecht, 5. Auflage, Zürich 2001, Rz. 454
ff.; Yvo Hangartner/Andreas Kley, Demonstrationsfreiheit und
Rechte Dritter, in: ZBl 96/1995 S. 102).

        - Gemäss Art. 22 BV verbietet die Versammlungsfrei-
heit staatliche Massnahmen gegen Einberufung, Organisation,
Durchführung oder Gestaltung einer Versammlung oder gegen
die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an einer solchen. Zu den
Versammlungen im Sinne dieser Bestimmung gehören verschie-

denste Formen des Zusammenfindens von Menschen im Rahmen ei-
ner gewissen Organisation mit einem weit verstandenen gegen-
seitig meinungsbildenden oder meinungsäussernden Zweck
(BGE 117 Ia 472 E. 3c S. 478; J.P. Müller, a.a.O.,
S. 326 ff.; Auer/Malinverni/Hottelier, a.a.O., Rz. 813 ff.;
Häfelin/Haller, a.a.O., Rz. 534 ff.). Der Schutz von Ver-
sammlungen in privaten Lokalen reicht weiter als derjenige
von Versammlungen auf öffentlichem Grund (vgl. BGE 103
Ia 310 E. 3b und 3c S. 312 f.).

        Eine besondere Konstellation der Meinungs- und Ver-
sammlungsfreiheit zeigt sich bei der Durchführung von Kund-
gebungen, welche öffentlichen Grund in Anspruch nehmen. De-
monstrationen stellen eine Form des gesteigerten Gemeinge-
brauchs dar (BGE 124 I 267 E. 3a S.  268, 107 Ia 64 E. 2a
S. 66). Solche Kundgebungen bedingen, dass entsprechender
öffentlicher Grund zur Verfügung gestellt wird, schränken
die gleichartige Mitbenützung durch unbeteiligte Personen
ein und sind lokal und temporär nicht mehr gemeinverträglich
(vgl. Tobias Jaag, Gemeingebrauch und Sondernutzung öffent-
licher Sachen, in: ZBl 93/1992 S. 157 f.). Dies ruft nach
einer Prioritätenordnung unter den verschiedenen Benutzern
(Hangartner/Kley, a.a.O., S. 105). Demonstrationen dürfen
daher einer Bewilligungspflicht unterworfen werden (BGE 100
Ia 392 E. 5 S. 402, 105 Ia 91 E. 2 S. 93, 107 Ia 64 E. 2a
S. 66, 226 E. 4b S. 230; J.P. Müller, a.a.O., S. 212 ff.;
Auer/Malinverni/Hottelier, a.a.O., Rz. 820 ff.; Malinverni,
a.a.O., Rz. 32 f. und 56 ff.). Dies gilt auch nach Art. 22
BV. Dem Umstand, dass die Räte Art. 18 Abs. 3 des BV-Ent-
wurfes abgelehnt haben, wonach Versammlungen auf öffentli-
chem Grund von einer Bewilligung abhängig gemacht werden
können, kommt nach der Entstehungsgeschichte keine Bedeu-
tung zu (vgl. Botschaft des Bundesrates zu einer neuen
Bundesverfassung sowie Art. 18 Abs. 3 BV-Entwurf [BBl 1997
I 167 und 592]; AB/NR, Sonderdruck, S. 212 f.; zum Erforder-

nis einer gesetzlichen Grundlage für eine Bewilligungs-
pflicht Beatrice Weber-Dürler, Grundrechtseingriffe, in: Die
neue Bundesverfassung, Berner Tage für die juristische Pra-
xis 1999, Bern 2000, S. 137 f.). Entsprechend der bisherigen
Rechtsprechung dürfen öffentliche Kundgebungen weiter gehen-
den Beschränkungen unterworfen werden als Versammlungen auf
privatem Boden und andere Meinungsäusserungen (BGE 124 I 267
E. 3a S. 268).

        Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit erhalten im
Zusammenhang mit Demonstrationen einen über reine Abwehr-
rechte hinausgehenden Charakter. Dies war einst einer der
Gründe, weshalb eine Demonstrationsfreiheit nicht als unge-
schriebenes Verfassungsrecht des Bundes anerkannt worden war
(BGE 100 Ia 392 E. 4b S. 399). In der Zwischenzeit hat die
rein defensiv verstandene Natur in diesem Zusammenhang an
Gewicht verloren, und es wird ein gewisses Leistungselement
anerkannt. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit gebietet
in gewissen Grenzen, dass öffentlicher Grund zur Verfügung
gestellt wird. Wo Letzteres aus verfassungsrechtlich halt-
baren Gründen versagt bleibt, ist unter Umständen anderes
Areal bereit zu stellen, das dem Publizitätsbedürfnis der
Veranstalter in anderer Weise angemessen Rechnung trägt
(BGE 124 I 267 E. 3d S. 271 ff., 100 Ia 392 E. 6c S. 404).
Die Behörden sind über die Überlassung von öffentlichem
Grund hinaus verpflichtet, durch geeignete Massnahmen - na-
mentlich durch Gewährung eines ausreichenden Polizeischutzes
- dafür zu sorgen, dass öffentliche Kundgebungen tatsächlich
stattfinden können und nicht durch gegnerische Kreise ge-
stört oder verhindert werden (BGE 124 Ia 267 E. 3a S. 269,
mit Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes
für Menschenrechte i.S. Plattform "Ärzte für das Leben" ge-
gen Österreich vom 21. Juni 1988 [Serie A, Bd. 139, Ziff. 32
- 34 = EuGRZ 1989 S. 522]; vgl. indessen BGE 103 Ia 310
sowie Hangartner/Kley, a.a.O., S. 108). Weiter hat das

Bundesgericht anerkannt, dass Gemeindesäle, die für Versamm-
lungen benutzt werden können, dem öffentlichen Grund gleich-
zustellen und hinsichtlich Inanspruchnahme für Versammlungen
unter Berücksichtigung der konkreten (lokalen) Verhältnisse
gleich zu behandeln sind wie die Benutzung öffentlichen
Grundes (Urteil vom 18. Februar 1991, E. 3, in: RUDH 1991
S. 239 und in deutscher Übersetzung in: ZBl 93/1992 S. 40).

        Die Behörde, welcher die Aufsicht und die Verfügung
über den öffentlichen Boden zusteht, darf beim Entscheid
über die Bewilligung einer Demonstration in erster Linie die
dagegen sprechenden polizeilichen Gründe berücksichtigen.
Dazu zählen solche des öffentlichen und privaten Verkehrs,
der Vermeidung von übermässigen Immissionen, der Aufrechter-
haltung der Sicherheit und der Abwendung unmittelbarer Ge-
fahren von Ausschreitungen, Krawallen und Gewalttätigkeiten
sowie Übergriffen und Straftaten jeglicher Art (BGE 117
Ia 472 E. 3f S. 482, 107 Ia 64 E. 3 S. 67). Die öffentliche
Ordnung lässt keinen Raum für Meinungskundgebungen, die mit
rechtswidrigen Handlungen verbunden sind. Dabei ist das Ge-
waltrisiko nicht nur abstrakt, sondern anhand konkreter Um-
stände objektiv zu würdigen (BGE 111 Ia 322 f., 107 Ia 226
E. 5b und E. 5d S. 232 f., Hangartner/Kley, a.a.O.,
S. 106 f.). Weitere zu beachtende öffentliche Interessen be-
treffen die zweckmässige Nutzung der vorhandenen öffentli-
chen Anlagen im Interesse der Allgemeinheit und der Anwohner
(BGE 124 I 267 E. 3a S. 268 f., 105 Ia 91 E. 3 S. 94, 100
Ia 392 E. 5 S. 402); in diesem Sinne können die Besonderhei-
ten oder speziellen Zweckbestimmungen gewisser Örtlichkeiten
gegen die Benützung für Manifestationen sprechen (BGE 124
I 267 [insbes. E. 3c S. 270], 105 Ia 91 [insbes. E. 4a
S. 96], 100 Ia 392 [insbes. E. 6 S. 403]). Ferner ist die
durch die Kundgebung und den gesteigerten Gemeingebrauch
verursachte Beeinträchtigung von Freiheitsrechten unbetei-
ligter Dritter im Bewilligungsverfahren in die Beurteilung

mit einzubeziehen; zu denken ist etwa an die Auswirkungen
auf die persönliche Freiheit, die Wirtschaftsfreiheit oder
die Eigentumsgarantie (Hangartner/Kley, a.a.O., S. 107 ff.).

        Der Behörde kommt im Bewilligungsverfahren Ermessen
zu. Sie ist indessen nicht nur an das Willkürverbot und das
Gleichheitsgebot gebunden, sondern hat vielmehr dem ideellen
Gehalt der Freiheitsrechte, um deren Ausübung es geht, Rech-
nung zu tragen (BGE 124 I 267 E. 3a S. 269, 107 Ia 64 E. 2a
S. 66, 105 Ia 15 E. 4 S. 21, 91 E. 3 S. 94, 100 Ia 392 E. 5
S. 402). (Politische) Demonstrationen als besondere Form der
Meinungsäusserung und Versammlung sind nicht etwa wegen der
Inanspruchnahme von öffentlichem Grund und wegen der
Bewilligungspflicht dem Schutzbereich von Art. 16 und Art.
22 BV entzogen (BGE 124 I 267 E. 3a S. 269, 105 Ia 91 E. 3
S. 94, 100 Ia 392 E. 5 S. 401 f.). Ob und allenfalls unter
welchen Auflagen einem Gesuch um Durchführung einer
Demonstration zu entsprechen ist, steht demnach nicht im
freien Belieben der Behörde. Diese hat die verschiedenen
Interessen nach objektiven Gesichtspunkten gegeneinander ab-
zuwägen (BGE 124 I 267 E. 3a S. 269, 107 Ia 64 E. 2a S. 66).
Insbesondere die Möglichkeit der Anordnung von Auflagen und
Bedingungen erlaubt eine dem Grundsatz der Verhältnismässig-
keit genügende Gestaltung (vgl. Hangartner/Kley, a.a.O.,
S. 105). Sie kann umgekehrt eine Mitwirkungspflicht der Ver-
anstalter erfordern. Ob die von den Demonstranten vertrete-
nen Auffassungen und Anliegen der zuständigen Behörde mehr
oder weniger wertvoll erscheinen, darf für den Entscheid
über eine nachgesuchte Bewilligung einer Manifestation nicht
massgebend sein; die Behörde ist vielmehr zu einer neutra-
len, sachlichen Haltung verpflichtet (BGE 124 I 267 E. 3b
S. 269, 107 Ia 262 E. 4b S. 232, 105 Ia 15 E. 4 S. 21 und
22, 100 Ia 392 E. 5 S. 402; Hangartner/Kley, a.a.O., S. 114
sowie 107).

        c) In diesem Sinne besteht gestützt auf die Mei-
nungs- und Versammlungsfreiheit grundsätzlich ein bedingter
Anspruch, für Kundgebungen mit Appellwirkung öffentlichen
Grund zu benützen. Im Bewilligungsverfahren sind nicht nur
die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit, sondern im Sinne des
Verhältnismässigkeitsgrundsatzes ebenso sehr die Randbedin-
gungen, allfällige Auflagen und eventuelle Alternativen zu
prüfen. Die Veranstalter können daher nicht verlangen, eine
Manifestation an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten
Zeitpunkt unter selbst bestimmten Randbedingungen durchzu-
führen. Die Behörden haben vielmehr eine sachliche, umfas-
sende und neutrale Interessenabwägung vorzunehmen und eine
dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechende Lösung
zu suchen. Im Lichte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit
steht bei dieser Abwägung der Gesichtspunkt der beabsichtig-
ten Appellwirkung gegenüber der Öffentlichkeit und den Medi-
en im Vordergrund; für das Bewilligungsverfahren ist daher
nicht allein das förmlich gestellte Ersuchen ausschlagge-
bend. In Mitberücksichtigung grundrechtlich geschützter
Positionen von unbeteiligten Dritten sowie des mit der Be-
willigung zur Benützung von öffentlichem Grund und weiteren
behördlichen Mitwirkungspflichten einhergehenden Leistungs-
elementes lässt sich die Grundrechtsproblematik nicht auf
ein blosses Abwehrrecht der Veranstalter gegenüber den Be-
hörden reduzieren. Neben der Beachtung der in Art. 36 BV
festgehaltenen Grundrechtsschranken ist daher nach prakti-
scher Konkordanz unterschiedlicher Interessen zu fragen und
gleicherweise Art. 35 BV mitzuberücksichtigen, wonach die
Grundrechte in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen
und die Behörden dafür sorgen sollen, dass die Grundrechte
auch unter Privaten wirksam werden (vgl. Hangartner/Kley,
a.a.O., S. 111 und 112; Weber-Dürler, a.a.O., S. 151 ff.).

        Der Behörde kommt bei dieser Abwägung der entgegen-
stehenden Interessen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Das
Bundesgericht prüft grundsätzlich frei, ob der angefochtene

Entscheid den genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen
genügt. Es setzt indessen nicht sein Ermessen an die Stelle
desjenigen der in der Sache zuständigen Behörden, und es übt
Zurückhaltung, soweit es um die Würdigung der besondern ört-
lichen Verhältnisse geht (BGE 105 Ia 91 E. 3 S. 94, 107
Ia 64 E. 2a S. 67, 226 E. 4c S. 230, 103 Ia 310 E. 5 S. 315
f., 100 Ia 392 E. 5 S. 403; Hangartner/Kley, a.a.O.,
S. 105).

        d) Die Beschwerdeschrift bezieht sich über das Bun-
desverfassungsrecht hinaus auch auf die Garantien nach der
Europäischen Menschenrechtskonvention und dem UNO-Pakt über
bürgerliche und politische Rechte.

        Art. 11 EMRK räumt jeder Person u.a. das Recht ein,
sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln. Die Aus-
übung dieses Rechts darf keinen andern Einschränkungen un-
terworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in ei-
ner demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen
Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Ver-
brechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral
oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwen-
dig sind.

        Diese EMRK-Bestimmung trägt zur Gewährleistung der
Meinungsäusserungsfreiheit bei, will kollektive Meinungsäus-
serungen garantieren und bezieht sich insofern auch auf
Kundgebungen auf öffentlichem Grund. Demgegenüber kommt der
Berufung auf Art. 10 EMRK in diesem Zusammenhang keine ei-
genständige Bedeutung zu. Die Garantie von Art. 11 EMRK um-
fasst ausdrücklich nur friedliche Versammlungen und Mei-
nungsäusserungen. In der Rechtsprechung des Europäischen Ge-
richtshofes für Menschenrechte wird insbesondere deren Be-
deutung in einem demokratischen Staatswesen im Allgemeinen
und im Hinblick auf Wahlen unterstrichen. Ferner wird aus

der Garantie eine positive Verpflichtung von Seiten der Be-
hörden abgeleitet und verlangt, dass zur Gewährleistung ei-
ner tatsächlichen Möglichkeit der Meinungsäusserung für ei-
nen gewissen Schutz der Demonstranten zu sorgen sei
(vgl. mit Hinweisen auf die Rechtsprechung Mark E. Villiger,
Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2. Auf-
lage 1999, Rz. 633 ff.; Arthur Haefliger/Frank Schürmann,
Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz,
2. Auflage 1999, S. 306 f.; Jochen Abr. Frowein/Wolfgang
Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Auflage 1996, Rz. 2 ff. zu
Art. 11; Jacques Velu/Rusen Ergec, La Convention européenne
des droits de l'homme, Bruxelles 1990, Rz. 786 und 794 ff.).

        Die Versammlungsfreiheit in diesem Sinne kann nach
Art. 11 Ziff. 2 EMRK eingeschränkt werden. Kundgebungen auf
öffentlichem Grund können von einer Bewilligungspflicht
abhängig gemacht werden. Einschränkungen sind im öffentli-
chen Interesse gemäss den in Art. 11 Ziff. 2 EMRK enthalte-
nen Kriterien zulässig. Die verschiedenen privaten und öf-
fentlichen Interessen sind gegeneinander abzuwägen. Dem Ge-
sichtswinkel der Verhältnismässigkeit kommt besonderes Ge-
wicht zu. Im Einzelfall sind Möglichkeiten weniger weit ge-
hender Massnahmen als Kundgebungsverbote zu prüfen
(vgl. Villiger, a.a.O., Rz. 636; Haefliger/Schürmann,
a.a.O., S. 307 f.; Frowein/Peukert, a.a.O., Rz. 16 zu
Art. 11). Die Strassburger Organe hatten verschiedene Mani-
festationsverbote auf ihre Verhältnismässigkeit zu prüfen
(vgl. Frowein/Peukert, a.a.O., Rz. 16 zu Art. 11).

        Die Konventionsgarantie nach Art. 11 EMRK reicht
hinsichtlich Manifestationen auf öffentlichem Grund nicht
über die Gewährleistung der Meinungs- und Versammlungsfrei-
heit nach der Bundesverfassung hinaus. Kundgebungen auf öf-
fentlichem Grund können einer Bewilligungspflicht unter-
stellt werden. Es besteht kein absoluter Anspruch auf Durch-
führung von Demonstrationen. Einschränkungen sind unter der

Beachtung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit auf ihre
Verhältnismässigkeit zu prüfen. Der Erwägung, dass die Be-
hörden für einen gewissen Schutz von Kundgebungen zu sorgen
haben, hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung bereits
Rechnung getragen.

        e) Art. 21 UNO-Pakt II anerkennt ebenfalls das
Recht, sich friedlich zu versammeln. Dessen Ausübung darf
keinen andern als den gesetzlich vorgesehenen Einschränkun-
gen unterworfen werden, die in einer demokratischen Gesell-
schaft im Interesse der nationalen oder öffentlichen Sicher-
heit, der öffentlichen Ordnung, zum Schutz der Volksgesund-
heit, der öffentlichen Sittlichkeit oder zum Schutz der
Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

        Diese Umschreibung der Versammlungsfreiheit dürfte
nicht über die oben dargestellte bundesverfassungsrechtliche
Garantie der Meinungs- und Versammlungsfreiheit hinausgehen
(vgl. zur Garantie im Allgemeinen Manfred Nowak, CCPR-Kom-
mentar, Kehl am Rhein/Strassburg/Arlington 1989, Art. 21).
Sie bezieht sich einzig auf friedliche Versammlungen. Hier-
für kommen dem Gemeinwesen gewisse positive Gewährleistungs-
pflichten zu (vgl. Nowak, a.a.O., Rz. 10 ff.). Einschränkun-
gen der Versammlungsfreiheit sind im öffentlichen Interesse
sowie zum Schutze Dritter aufgrund der einzeln aufgeführten
Kriterien zulässig (vgl. Nowak, a.a.O., Rz. 22 ff.). Der
Vorbehalt von deren Notwendigkeit in einer demokratischen
Gesellschaft unterstreicht den Grundsatz der Ver-
hältnismässigkeit (vgl. Nowak, a.a.O., Rz. 20). Die in der
Literatur diskutierte Frage, ob Demonstrationen auf öffent-
lichem Grund wegen des damit verbundenen gesteigerten Ge-
meingebrauchs auch ohne gesetzliche Grundlage einer Bewil-
ligungspflicht unterworfen werden dürfen, ist angesichts des
Vorliegens einer kommunalen gesetzlichen Grundlage nicht von
Belang (vgl. E. 3 a.A.; Walter Kälin/Giorgio Malinverni/Man-
fred

Nowak, Die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte, 2. Auf-
lage 1997, S. 216 und 218). Ebenfalls braucht die in der
Doktrin aufgeworfene Frage nicht geprüft zu werden, ob über
ein Notifikationssystem hinaus, wonach die Organisatoren den
zuständigen Behörden die Demonstration eine gewisse Zeit vor
deren Durchführung anzuzeigen haben, auch eine vorgängige
Bewilligungspflicht mit Art. 21 UNO-Pakt II vereinbar ist
(vgl. Kälin/Malinverni/Nowak, a.a.O., S. 217 f.; Nowak,
a.a.O., Rz. 25).

     4.- Die Landschaft Davos Gemeinde verweigerte den Be-
schwerdeführern den Demonstrationsumzug am Samstag, 27. Ja-
nuar 2001, aus Gründen der örtlichen und zeitlichen Verhält-
nisse in Davos und wegen der Gefahr von Ausschreitungen.

        a) Der Kleine Landrat wies im Allgemeinen auf die
engen örtlichen Verhältnisse in Davos mit lediglich zwei
Verkehrsachsen ohne Ausweichmöglichkeiten und die damit ver-
bundene Schwierigkeit hin, überhaupt eine Demonstration
durchzuführen. Im Einzelnen erinnerte er an die prekären
Verkehrsverhältnisse an Wochenenden. Er führte aus, der Ver-
kehr komme in Davos an den Wochenenden regelmässig zum Er-
liegen. Besonders an Samstagen bildeten sich schon am Morgen
stehende Kolonnen und bewegten sich die Fahrzeuge während
des ganzen Tages lediglich im Schritttempo. Dies sei auf die
vielen Tagestouristen und insbesondere auf den Gästewechsel,
d.h. den samstäglichen Wechsel der wochenweise nach Davos
kommenden Feriengäste zurückzuführen. Daher sei ein
Demonstrationsumzug, der den Verkehr und die Bewegungsmög-
lichkeiten der Bevölkerung sowie der Sicherheitskräfte (Po-
lizei, Feuerwehr, Spitaldienste) notgedrungen vollkommen
blockiert, am Samstag nicht zu verantworten.

        Die Beschwerdeführer vermögen dem nichts Wesentli-
ches entgegenzuhalten. Sie setzen sich in ihrer Beschwerde
mit den örtlichen Verhältnissen kaum auseinander und sind
auch nicht in der Lage, Alternativrouten oder Ausweichmög-
lichkeiten aufzuzeigen. Die gesamten verkehrspolizeilichen
Umstände sprechen gegen einen Demonstrationszug an einem
Samstag. Zum einen führt eine Demonstration in Davos tat-
sächlich zu einer weitgehenden Blockierung der Verkehrswege.
Es bestehen kaum Ausweichräume oder -strassen, die Umleitun-
gen des Verkehrs ermöglichen würden. Zum andern durfte der
Kleine Landrat den besonderen Verhältnissen an Samstagen mit
dem Gästewechsel Rechnung tragen und damit versuchen, grös-
sere Blockierungen der Verkehrswege, ein eigentliches Ver-
kehrschaos mit langen Staus und eine Lahmlegung der Sicher-
heitsdienste (Ambulanzen, Feuerwehr etc.) zu vermeiden. Er
konnte dabei auch berücksichtigen, dass die Verkehrsbehinde-
rungen während eines bedeutenden Zeitraums andauern würden,
weil entsprechende Vorbereitungen und Umleitungen getroffen
werden müssten, die Auflösung einer Demonstration zusätzlich
eine gewisse Dauer in Anspruch nehmen kann und schon das Ge-
such eine beträchtliche Demonstrationszeit von 14.00 Uhr bis
ca. 17.00 Uhr nannte. Bereits aus der Besonderheit der ört-
lichen und verkehrstechnischen Verhältnisse an Samstagen er-
geben sich daher sachliche Gründe gegen einen Demonstra-
tionszug am 27. Januar 2001.

        b) Darüber hinaus galt es, dem Sicherheits- und Ge-
fahrenrisiko anlässlich einer Demonstration Rechnung zu tra-
gen. Der Kleine Landrat durfte berücksichtigen, dass sich
die Situation gegenüber den Vorjahren tatsächlich wesentlich
verändert und verschärft hatte. Weltweit haben sich die Glo-
balisierungsgegner vermehrt und vor allem auch gewalttätig
zu Wort gemeldet. Anlässlich von Demonstrationen gegen die
Globalisierung bzw. gegen die Politik der WTO kam es etwa in
Seattle oder Prag zu massiven gewaltsamen Ausschreitungen.

Im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums 2001 erschienen im In-
ternet Aufrufe zu gewaltsamer Demonstration in Davos. Ein
"Kleiner Ratgeber für AktivistInnen am Anti-WEF Davos 2001"
gab Auskunft, wie sich Demonstranten in gewaltsamem Umfeld
verhalten sollen und können.

        Damit zeigt sich die Gefahr von Ausschreitungen ge-
genüber unbeteiligten Dritten und Sicherheitskräften nicht
nur abstrakt, sondern ganz konkret. Der Kleine Landrat hatte
auch diesem Umstand Rechnung zu tragen. Das derart ausgewie-
sene Sicherheits- und Gefahrenrisiko würde einen wesentlich
grösseren Sicherheitsaufwand bedingen. Dieser wirkt sich
seinerseits zusätzlich auf die Verkehrsverhältnisse aus und
bewirkt vermehrte Beeinträchtigungen.

        c) Aus der Kombination von problematischen Verhält-
nissen an Samstagen in Davos im Allgemeinen und den für die
Durchführung einer gegen das Wirtschaftsforum gerichteten
Demonstration mit grossem Gefahrenrisiko im Speziellen erge-
ben sich gewichtige Gründe, die gegen eine Bewilligung für
einen Demonstrationszug am 27. Januar 2001 sprechen. Sie
sind sachlicher und objektiver Natur. Daher sind sie grund-
sätzlich geeignet, Einschränkungen der Meinungs- und Ver-
sammlungsfreiheit zu rechtfertigen.

        Angesichts dieser Ausgangslage stellt sich die Fra-
ge, ob die eben genannten Gründe die Verweigerung einer Be-
willigung für den 27. Januar 2001 im Lichte der Meinungs-
und Versammlungsfreiheit rechtfertigen können und das De-
monstrationsverbot für diesen Tag insbesondere im Sinne von
Art. 36 BV dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu genügen
vermag. Diese Frage lässt sich nicht in genereller und abs-
trakter Weise beantworten, sondern ist vielmehr unter Beach-
tung von Alternativen und Varianten zu prüfen.

     5.- Wie oben dargelegt, hat die Behörde im Bewilli-
gungsverfahren über das Willkürverbot und das Gleichheits-
gebot hinaus dem ideellen Gehalt der Meinungs- und Versamm-
lungsfreiheit Rechnung zu tragen. So wie die Veranstalter
keinen unbedingten Anspruch auf Bewilligung ihres Gesuches
haben, so haben die Behörden entgegenstehenden Interessen
mit allfälligen Auflagen und Bedingungen zu begegnen oder
den Veranstaltern unter Umständen anderes Areal oder andere
Routen zur Verfügung zu stellen, die deren Publizitätsbe-
dürfnissen in angemessener Weise Rechnung tragen. Zudem ge-
bietet der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, dass im Ein-
zelfall Alternativen geprüft werden. In diesem Sinne ist im
Folgenden zu untersuchen, ob im vorliegenden Fall andere
Möglichkeiten in Betracht fallen.

        a) In dieser Hinsicht liesse sich fragen, ob für
den 27. Januar 2001 in Abweichung vom Gesuch für einen De-
monstrationszug eine andere Route hätte gefunden werden kön-
nen, welche einerseits den Sicherheits- und Verkehrsbedenken
des Kleinen Landrates gerecht geworden wäre und andererseits
den Veranstaltern die Durchführung einer Manifestation er-
laubt hätte. Die Beschwerdeführer haben vor dem Verwaltungs-
gericht entsprechende Varianten aufgezeigt. Dieses ist in-
dessen mit der generellen Begründung darauf nicht näher ein-
gegangen, die örtlichen Verhältnisse liessen auch diese Mög-
lichkeiten nicht zu. Ob darin eine Verletzung des rechtli-
chen Gehörs liegt, wie die Beschwerdeführer am Rande geltend
machen, kann dahin gestellt werden. Ausschlaggebend ist
vielmehr, dass sich die Beschwerdeführer in ihrer staats-
rechtlichen Beschwerde mit anderen Routenführungen mit kei-
nem Wort auseinandersetzen und nicht geltend machen, die
Verweigerung der Demonstrationsbewilligung für den 27. Janu-
ar 2001 sei in Anbetracht der konkreten lokalen Strassenver-
hältnisse unverhältnismässig und daher verfassungswidrig.
Auf diesen Punkt braucht daher auch im bundesgerichtlichen
Verfahren nicht näher eingegangen zu werden.

        b) aa) Der Kleine Landrat und das Verwaltungsge-
richt sind kurz auf die Frage eingegangen, ob am 27. Januar
2001 eine stationäre Demonstration auf einem Platz hätte be-
willigt werden können. Sie verneinten sie. Der Kleine Land-
rat legte in seiner Verfügung dar, gewisse namentlich ge-
nannte Plätze kämen - abgesehen von Sicherheitsgründen -
nicht in Betracht, weil sie zu eng seien und von ihnen die-
selben Verkehrsbehinderungen ausgingen wie bei einem Demons-
trationszug. Sowohl der Kleine Landrat wie das Verwaltungs-
gericht führten ferner aus, es gebe in Davos keine öffentli-
chen Plätze, die im Eigentum und in der Hoheit der Gemeinde
stehen. Aus diesen Gründen habe für den 27. Januar 2001 auch
eine Platzdemonstration untersagt werden dürfen.

        Demgegenüber machen die Beschwerdeführer geltend,
dass am 27. Januar 2001 taugliche Varianten zum beantragten
Demonstrationszug zur Verfügung gestanden hätten und demnach
hätten geprüft werden müssen. Insbesondere seien für sie
auch andere Örtlichkeiten in Betracht gefallen. Sinngemäss
beziehen sie sich damit auf die Möglichkeit einer stationä-
ren Platzdemonstration.

        bb) In diesem Sinne stellt sich die Frage, ob es
tatsächlich allein auf die Eigentumsverhältnisse an Plätzen
ankommt und mangels in der Hoheit stehender Plätze eine Be-
willigung für eine Platzdemonstration grundsätzlich ausge-
schlosssen werden kann. Dies kann nicht leichthin angenommen
werden.

        Die Eigentumsverhältnisse in einem zivilrechtlichen
Sinne sind oftmals für die Benutzung durch die Öffentlich-
keit nicht entscheidend. Ausschlaggebend können vielmehr die
Widmung und die sich daraus ergebende tatsächliche Nutzung
von Strassen und Plätzen durch die Öffentlichkeit sein. Ins-
besondere sind die öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch

frei zugänglich. Der Gemeingebrauch kann sich aus der Natur
der Sache oder durch eigentliche Widmung ergeben. Eine der-
artige Widmung ist auch gegenüber Grundstücken möglich, die
zivilrechtlich gesehen im Privateigentum stehen. Grundstücke
im Privateigentum können daher dem Gemeingebrauch geöffnet
sein (vgl. Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des Allge-
meinen Verwaltungsrechts, 3. Auflage, Zürich 1998,
Rz. 1830 ff.; Max Imboden/René A. Rhinow, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, 5./6. Auflage 1976/1986, Bd. II,
Nr. 115 S. 810 ff.).

        Soweit in diesem Sinne Plätze oder Strassen im Ge-
meingebrauch stehen, kann nicht gesagt werden, sie unter-
stünden in keiner Weise der öffentlichen Verfügungsgewalt.
Gemeingebrauch bedeutet Öffnung für die Allgemeinheit. Er
bringt mit sich, dass die Behörden - unter Berücksichtigung
der konkreten Verhältnisse und im Rahmen der Widmung - tat-
sächlich hoheitliche Verfügungsgewalt ausüben und etwa poli-
zeiliche Befugnisse wahrnehmen. Auch das Strassenverkehrs-
recht dürfte in solchen Situationen zur Anwendung kommen
(vgl. Imboden/Rhinow, a.a.O., S. 813).

        Derartige Strassen und Plätze können daher im
Grundsatze auch für Kundgebungen beansprucht werden. Der Ge-
meingebrauch erlaubt den allgemeinen Zugang. Er kann daher
auch jenen nicht von vornherein verwehrt werden, die unter
Berufung auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit eine
Kundgebung durchführen wollen. Eignen sich die Örtlichkeiten
unter dem Gesichtswinkel der beabsichtigten Appellwirkung,
so ist deren Zurverfügungstellung im Einzelfall ebenfalls in
Betracht zu ziehen (in diesem Sinne auch J.P. Müller,
a.a.O., S. 332 f.). Sie sind entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts und des Kleinen Landrates dem Grundsatze
nach gleich zu behandeln wie andere öffentliche Strassen und
Plätze.

        Demnach können Strassen und Plätze, die zwar nicht
im Eigentum des Gemeinwesens stehen, aber dem Gemeingebrauch
gewidmet sind, nicht von vornherein für die Benützung von
Kundgebungen ausgeschlossen werden. Die Meinungs- und Ver-
sammlungsfreiheit gebieten vielmehr, dass deren Eignung im
Bewilligungsverfahren ebenfalls geprüft und in die Interes-
senabwägung einbezogen wird. Ein absoluter Anspruch auf de-
ren Benützung für Demonstrationen besteht indessen ebenso
wenig wie bei andern Strassen und Plätzen. Eine entscheiden-
de Grenze bilden insbesondere die Art und der Umfang der
Widmung für den Gemeingebrauch. Auch unter Berufung auf die
Meinungs- und Versammlungsfreiheit kann nicht über die Wid-
mung hinausgegangen und eine weiterreichende Benützung ver-
langt werden (z.B. Benutzung mit Fahrzeugen angesichts einer
Widmung ausschliesslich zu Gunsten von Fussgängern).

        Daraus ergibt sich, dass die Auffassung des Verwal-
tungsgerichts und des Kleinen Landrates, eine Platzdemons-
tration falle mangels im Eigentum der Gemeinde stehender
Plätze von vornherein nicht in Betracht, vor der Meinungs-
und Versammlungsfreiheit nicht standhält. Welche prozessuale
Folgerung aus diesem Zwischenergebnis zu ziehen und inwie-
fern eine Prüfung hinsichtlich vorhandener im Gemeingebrauch
stehender Plätze von Davos aufgrund der tatsächlichen und
rechtlichen Verhältnisse vorzunehmen bzw. nachzuholen ist,
wird unten darzulegen sein (E. 6).

        c) Im Anschluss an das Bewilligungsverfahren für
das Jahr 2000 stellt sich schliesslich die Frage, ob eine
zeitliche Verschiebung der Kundgebung auf den Sonntag oder
einen andern Wochentag in Betracht gezogen werden müsste. In
dieser Hinsicht ist zwischen einer materiellen Betrachtung
hinsichtlich der Meinungs- und Versammlungsfreiheit einer-
seits und einer prozessualen Prüfung auf dem konkreten Hin-
tergrund der ergangenen Entscheide und eingereichten Rechts-
schriften andererseits zu unterscheiden.

        aa) In materieller Hinsicht darf zum einen berück-
sichtigt werden, dass die Sicherheitsaspekte und Gefahrenri-
siken durch eine zeitliche Verschiebung nicht verändert wer-
den. Unbeteiligte Dritte wie Touristen, Grundeigentümer und
Geschäftsinhaber werden durch eine Manifestation unabhängig
vom Zeitpunkt betroffen werden. Allerdings werden sie durch
eine Kundgebung an einem Sonntag weniger beeinträchtigt,
wenn dadurch (noch) grössere Verkehrsbehinderungen und
Blockierungen der Verkehrswege am Samstag verhindert werden
können. Insbesondere die wochenweise anwesenden Touristen
haben ein erhebliches berechtigtes Interesse daran, dass der
Gästewechsel mit Hin- und Rückfahrt ohne unzumutbare Störun-
gen erfolgen kann.

        Zum andern haben die Veranstalter, wie dargetan,
keinen unbedingten Anspruch auf Durchführung einer Manifes-
tation an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeit-
punkt. Die Behörden können ihnen ohne Verfassungsverletzung
einen andern als den gewünschten Ort zuweisen, soweit dieser
dem Publizitätsbedürfnis der Veranstaltung angemessen Rech-
nung trägt (BGE 124 I 267 E. 3d S. 271 mit Hinweisen). In
gleicher Weise fallen grundsätzlich zeitliche Beschränkungen
oder Verschiebungen in Betracht. Sie sind unter verfassungs-
rechtlichem Gesichtswinkel in erster Linie an der beabsich-
tigten Appellwirkung und der Möglichkeit der tatsächlichen
Teilnahme zu messen. Bei gleichbleibender Appellwirkung
wirkt sich eine Verschiebung auf die Meinungs- und Versamm-
lungsfreiheit kaum aus; indessen würden die Freiheitsrechte
beeinträchtigt, wenn die Veranstalter dadurch das Zielpubli-
kum in keiner Weise mehr erreichen könnten (z.B. bei einem
Gesuch für eine Manifestation in einer belebten Innenstadt
am Samstag und einer Bewilligung für den Sonntag angesichts
weitgehend menschenleerer Örtlichkeiten). Desgleichen kann
eine zeitliche Verschiebung die tatsächliche Teilnahme an
einer Kundgebung beeinträchtigen, wenn diese etwa von einem
Samstag auf einen Wochentag verschoben wird.

        Die Medien (Presse und Fernsehen) aus der ganzen
Welt waren während der gesamten Dauer des Weltwirtschaftsfo-
rums in Davos präsent und berichteten ausführlich über die
Verhandlungen und Diskussionen. Die Veranstalter der Kundge-
bung wandten sich in erster Linie an diese Medien. Sie kön-
nen deren Interesse an einem Sonntag oder andern Wochentag
in gleicher Weise erwecken wie an einem Samstag. Die Appell-
wirkung gegenüber den Medien ist demnach in Anbetracht der
konkreten Verhältnisse während des Weltwirtschaftsforums für
Samstag, Sonntag oder einen Wochentag gleichwertig. Daran
vermag auch der Umstand nichts Wesentliches zu ändern, das
im Falle einer Kundgebung am Sonntag die Sonntagspresse
nicht darüber berichten kann; immerhin könnte und würde in
diesem Falle das Fernsehen eine Berichterstattung am Sonntag
Abend vornehmen und könnten Berichte in der Presse vom Mon-
tag erscheinen.

        Die Appellwirkung gegenüber der Bevölkerung und den
Touristen ist vom Tag einer Kundgebung weitgehend unabhän-
gig. Es kann daher nicht gesagt werden, dass die Veranstal-
ter durch eine Bewilligung für einen andern Tag in ihrer
Meinungs- und Versammlungsfreiheit beeinträchtigt würden.

        Schliesslich kann angefügt werden, dass eine Ver-
schiebung der Manifestation auf den Sonntag unter dem Ge-
sichtswinkel der Teilnahme keine wesentliche Beeinträchti-
gung in den Verfassungsrechten darstellt. Die Anreise nach
Davos und die Rückreise sind für die Teilnehmer an Sonntagen
gleicherweise möglich wie an Samstagen. Sollten die Teilneh-
mer aus weiter entfernten Gebieten kommen, so müsste allen-
falls der Freitag für die Anreise auf den Samstag verwendet
werden; bei einer Durchführung am Sonntag würde der Montag
für die Rückreise benötigt. Es ist indessen einzuräumen,
dass eine Verschiebung auf einen Wochentag die Teilnahme
eher erschweren würde.

        Gesamthaft ergibt sich damit, dass eine zeitliche
Verschiebung der Kundgebung auf die Wahrnehmung der Mei-
nungs- und Versammlungsfreiheit keinen wesentlichen Einfluss
hat. Abstrakt betrachtet hätte demnach eine solche Verschie-
bung in Anbetracht der konkreten Verhältnisse in Betracht
gezogen werden müssen.

        bb) Der Kleine Landrat hat gemäss seiner Verfügung
lediglich die Durchführung einer Kundgebung am 27. Januar
2001 geprüft. Das bringt sein Dispositiv denn auch zum Aus-
druck, wonach "keine Bewilligung zur Durchführung einer De-
monstration am 27. Januar 2001 in Davos erteilt" wird. Wie
es sich mit einer Demonstration an einem Sonntag oder andern
Wochentag verhält, hat er demnach nicht untersucht. Daran
ändert der Umstand nichts, dass die Erwägungen den Eindruck
erwecken, eine Demonstration komme schon wegen der Gewaltri-
siken kaum in Frage.

        Der Kleine Landrat ging sinngemäss davon aus, dass
die Veranstalter an einer Demonstration an einem Sonntag
oder andern Wochentag - in Form eines Umzuges oder als
Platzdemonstration - ohnehin nicht interessiert seien. Die
Veranstalter hatten nämlich im Vorjahr die für den Sonntag,
30. Januar 2000, bewilligte Demonstration u.a. mit der Rüge
angefochten, die Verschiebung vom Samstag auf den Sonntag
verletze die Meinungs- und Versammlungsfreiheit (vgl. Urteil
1P.53/2001 vom 20. September 2001, in: EuGRZ 2001 S. 504,
insbesondere E. 5).

        Demgegenüber bestreiten die Beschwerdeführer vor
Bundesgericht, dass sie an einer Kundgebung an einem andern
Tag von vornherein nicht interessiert gewesen seien. Umge-
kehrt machen sie indessen in langen Ausführungen selber gel-
tend, dass eine Verschiebung der Kundgebung auf einen Sonn-
tag unter dem Gesichtswinkel der Meinungs- und Versammlungs-

freiheit unverhältnismässig wäre und sie in ihren verfas-
sungsmässigen Rechten verletzen würde. Damit nehmen sie eine
ausgesprochen widersprüchliche Haltung ein.

        Diese Sachlage hat verschiedene prozessuale Auswir-
kungen. Zum einen durfte der Kleine Landrat in Anbetracht
des Verhaltens der hinter den Gesuchstellern stehenden Ver-
anstalter davon absehen, eine allfällige Verschiebung auf
den Sonntag oder einen andern Wochentag zu prüfen. Die Be-
schwerdeführer haben es vielmehr auf sich zu nehmen, dass
die - abstrakt gesehen zulässige - Alternative ausser Be-
tracht blieb. Sie sind daher durch das Vorgehen des Kleinen
Landrates nicht in ihrer Meinungs- und Versammlungsfreiheit
verletzt worden. Zum andern braucht wegen der widersprüchli-
chen Haltung der Beschwerdeführer im bundesgerichtlichen
Verfahren selber die Frage einer zeitlichen Verschiebung
nicht abschliessend auf ihre Vereinbarkeit mit der Meinungs-
und Versammlungsfreiheit hin geklärt zu werden (vgl. Urteil
1P.53/2001 vom 20. September 2001, in: EuGRZ 2001 S. 504, E.
5).

        d) In Anbetracht dieser Umstände materieller und
prozessualer Natur ergibt sich gesamthaft, dass auf die Mög-
lichkeiten anderer Streckenführungen für einen Demonstrati-
onszug am 27. Januar 2001 nicht näher einzugehen ist. Die
Frage nach einer Platzdemonstration ist vom Kleinen Landrat
und vom Verwaltungsgericht unzureichend geprüft worden. Fer-
ner zeigt sich, dass die Möglichkeit einer zeitlichen Ver-
schiebung vom Kleinen Landrat und vom Verwaltungsgericht
nicht in Betracht gezogen werden musste und vom Bundesge-
richt nicht zu beurteilen ist.

        Das wiederum führt zur Feststellung, dass die kan-
tonalen Behörden kein generelles Demonstrationsverbot erlas-
sen hatten, sondern - entsprechend dem Dispositiv des Klei-
nen Landrates - lediglich für den 27. Januar 2001 jegliche
Demonstration untersagten.

     6.- Im Anschluss an die Beurteilung der Beschwerde in
den vorstehenden Erwägungen ist nunmehr zu prüfen, welche
prozessualen Folgen daraus für das bundesgerichtliche Ver-
fahren zu ziehen sind.

        a) Es ist in Erwägung 4 dargelegt worden, dass
sachliche Gründe gegen die Durchführung eines Demonstrati-
onsumzuges am 27. Januar 2001 bestehen. Erwägung 5 zeigt zum
einen auf, dass gewisse Alternativen wie eine zeitliche Ver-
schiebung nicht in die Prüfung einbezogen werden mussten.
Zum andern ist die Variante einer Platzdemonstration aus
Gründen nicht in Betracht gezogen worden, die vor der Mei-
nungs- und Versammlungsfreiheit nicht standhalten. Diese
würden es grundsätzlich erfordern, dass die Eignung von pri-
vaten Plätzen im Gemeingebrauch für eine Platzdemonstration
unter den konkreten Verhältnissen in einem neuen Verfahren
geprüft würde.

        Einer derartigen erneuten Prüfung steht indessen
schon der Umstand entgegen, dass sich die Beschwerdeführer
auf eine zeitliche Verschiebung von vornherein nicht ein-
lassen wollten. In Anbetracht der prozessualen Lage könnte
daher eine vollständige Abwägung der verschiedenen Interes-
sen und Varianten gar nicht vorgenommen werden.

        Weiter zeigt sich, dass mit den vorstehenden Erwä-
gungen die wesentlichen Grundsatzfragen beantwortet sind. Es
liegen somit für zukünftige Konstellationen die sich aus dem
vorliegenden Verfahren ergebenden Richtlinien vor. Damit
wird der verfassungsrechtlichen Prüfung im Rahmen einer
nicht mehr aktuellen Beschwerdesache Genüge getan (vgl. vor-
ne E. 1a). Es kann in der vorliegenden Beschwerdesache nicht
darum gehen, gestützt auf die konkreten Verhältnisse (zeit-
licher und lokaler Natur) die letzten möglichen Fragen zu
klären und jegliche denkbare Abwägung vorzunehmen. Dies er-

scheint auch deshalb nicht erforderlich, weil die konkreten
Umstände (etwa hinsichtlich des Sicherheitsrisikos) einem
steten Wandel unterliegen und deren Beurteilung im vorlie-
genden, das Jahr 2001 betreffenden Fall für künftige Verfah-
ren ohnehin nicht mehr von ausschlaggebender Bedeutung sein
kann. Wesentlich ist hingegen, dass derartige Gesuche hin-
reichend früh eingereicht werden (vgl. Urteil 1P.53/2001 vom
20. September 2001, in: EuGRZ 2001 S. 504, E. 2d).

        In Anbetracht des Umstandes, dass die kantonalen
Behörden kein generelles Demonstrationsverbot ausgesprochen
haben, braucht auch nicht geprüft zu werden, ob ein solches
vor der Meinungs- und Versammlungsfreiheit standhalten wür-
de. Dies kann nicht leichthin angenommen werden. Zum einen
sind zwar absolute Demonstrationsverbote in ausgesprochen
angespannten Lagen mit konkreter Gefahr erheblicher Unruhen
und Ausschreitungen in der Rechtsprechung des Bundesgerichts
und der Organe der Europäischen Menschenrechtskonvention als
zulässig erachtet worden (vgl. BGE 103 Ia 310, 91 I 321; Un-
zulässigerklärung der Kommission vom 10. Oktober 1979,
DR 17, 93 [106] = EuGRZ 1980 S. 36 [betreffend BGE 103
Ia 310] und vom 16. Juli 1980, DR 21, 138 = EuGRZ 1981
S. 216 [betreffend zweimonatiges Demonstrationsverbot in ei-
nem Stadtteil von London]). Zum andern sind in Anbetracht
besonderer konkreter Gefahren von Tumulten und Sachbeschädi-
gungen auch ausserordentliche Einschränkungen der Meinungs-
und Versammlungsfreiheit, welche gegenüber Totalverboten dem
Grundsatz der Verhältnismässigkeit besser entsprechen mögen,
denkbar und in die Prüfung einzubeziehen. Den Sicherheitsas-
pekten dürfen die Behörden angesichts neuerer Entwicklungen
Rechnung tragen und die Organisatoren zu entsprechender Mit-
wirkung beiziehen. Die Gesuchsteller haben im Rahmen ihrer
Möglichkeiten dazu beizutragen, Gewaltausschreitungen zu
verhindern und Sicherheitsrisiken zu minimieren. Wie es sich

damit im Einzelnen verhält, braucht indessen, wie ausge-
führt, im vorliegenden Verfahren nicht abstrakt entschieden
zu werden.

        b) Demnach ist die staatsrechtliche Beschwerde ab-
zuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. In Anbe-
tracht der sich stellenden grundsätzlichen Fragen recht-
fertigt es sich, trotz des Unterliegens der Beschwerdeführer
keine Kosten zu erheben (Art. 154 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Land-
schaft Davos Gemeinde sowie dem Verwaltungsgericht des Kan-
tons Graubünden, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 20. September 2001

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: