I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.138/2001
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1P.138/2001/boh 1P.139/2001 I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG ********************************** 13. März 2001 Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundes- richter Nay, Bundesrichter Aeschlimann und Gerichtsschreiber Störi. --------- In Sachen N.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Heiner Graf, Obere Bahnhofstrasse 24, Postfach 725, Wil, gegen Bezirksanwaltschaft II für den Kanton Z ü r i c h, Büro 10, Bezirksgericht Z ü r i c h, Haftrichteramt, betreffend Art. 10 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 1 BV (Untersuchungshaft), hat sich ergeben: A.- Im Zuge der von den Zürcher Behörden unter dem Namen "X.________" geführten Ermittlungen gegen einen Drogenhändlerring führte die Kantonspolizei St. Gallen am 12. Oktober 2000 bei N.________ in Wil eine Hausdurchsuchung durch, wobei sie mehrere Kilogramm Heroin sicherstellte. N.________ wurde gleichentags verhaftet und am 14. Oktober 2000 von der Haftrichterin des Bezirksgerichts Gaster und See in Untersuchungshaft genommen. Am 2. November 2000 entliess der für Betäubungs- mitteldelikte zuständige Untersuchungsrichter des Kantons St. Gallen N.________ aus der Untersuchungshaft. B.- Nach der Übernahme des Strafverfahrens gegen N.________ durch die Zürcher Behörden wurde dieser am 2. Februar 2001 erneut verhaftet und am 3. Februar 2001 vom Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich in Untersuchungshaft genommen. Er hielt dafür, N.________ sei dringend verdäch- tig, an einem Drogenhandel grossen Umfangs beteiligt gewesen zu sein, es bestehe Kollusionsgefahr, und Fluchtgefahr könne zumindest nicht ausgeschlossen werden. Am 6. Februar 2001 stellte N.________ ein Haft- entlassungsgesuch, welches vom Haftrichter des Bezirksge- richts Zürich am 13. Februar 2001 abgewiesen wurde. Er er- wog, der dringende Tatverdacht sei gegeben. Kollusionsgefahr bestehe in Bezug auf den mitangeschuldigten A._______, durch welchen er in der polizeilichen Einvernahme vom 30. Januar 2001 erheblich stärker belastet worden sei als zuvor. Bis zu seiner erneuten Verhaftung am 2. Februar 2001 habe er keine Gelegenheit gehabt, mit A._______ diesbezüglich zu kolludie- ren, und es sei in der kurzen Zeit noch nicht möglich gewe- sen, die Kollusionsgefahr durch Konfrontationseinvernahmen zu beseitigen. Ob zudem Fluchtgefahr bestehe, sei zweifel- haft, da N.________ nach seiner ersten Verhaftung nach Mazedonien gereist und trotz des hängigen Strafverfahrens wieder in die Schweiz zurückgekehrt sei. Da Kollusionsgefahr bestehe, könne dies aber offen bleiben. Entgegen der Auffas- sung der Bezirksanwaltschaft bestehe indessen kein Grund, die bis zum 3. Mai 2001 laufende Haftfrist schon heute um 10 Tage zu verlängern, weshalb der entsprechende Antrag abzuweisen sei. C.- Mit zwei gleichlautenden staatsrechtlichen Be- schwerden vom 21. Februar 2001 wegen Verletzung der persön- lichen Freiheit beantragt N.________: "1. Ziffer 1 des Dispositivs der Verfügung der Vor- instanz vom 3. Februar 2001 (Geschäft Nr. 010185), wonach der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft versetzt wurde, sowie Ziffer 1 des Dispositivs der Vorinstanz vom 13. Februar 2001 (Geschäft Nr. 010214), wonach das Haftentlassungsgesuch des Beschwerdeführers vom 6. Februar 2001 abgewiesen wurde, seien aufzuheben. 2. Der Beschwerdeführer sei aus der Untersuchungs- haft zu entlassen." Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. D.- Das Bezirksgericht Zürich verzichtet auf Vernehm- lassung. Der Bezirksanwalt beantragt, die Beschwerde abzu- weisen, soweit darauf einzutreten sei. Er macht geltend, der dringende Tatverdacht sei gegeben, es bestehe sowohl Flucht- als auch Kollusionsgefahr, und die Haft erreiche die für den Fall einer Verurteilung drohende Freiheitsstrafe bei weitem noch nicht. In der Replik hält N.________ an seinen Anträgen vollumfänglich fest. Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1.- Der Beschwerdeführer wendet sich mit zwei gleich- lautenden Beschwerden gegen die Anordnung bzw. Fortsetzung der Untersuchungshaft. Die beiden Verfahren betreffen damit den gleichen Gegenstand und sind daher zu vereinigen. 2.- a) Beim angefochtenen Entscheid vom 13. Februar 2001, mit welchem der Haftrichter die Haft bestätigte, han- delt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endent- scheid, gegen den die staatsrechtliche Beschwerde zulässig ist. Der Beschwerdeführer wirft dem Haftrichter die Verlet- zung von verfassungsmässigen Rechten vor, wozu er befugt ist (Art. 84 und 88 OG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt, sodass auf die Beschwerde, unter dem Vorbehalt gehörig begründeter Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 126 I 81 E. 1; 125 I 71 E. 1c), einzutreten ist. b) Der Haftanordnungsentscheid vom 3. Februar 2001 wurde als Grundlage für die Untersuchungshaft durch den Haftbestätigungsentscheid vollumfänglich ersetzt, weshalb sich an der Situation des Beschwerdeführers mit dessen Auf- hebung nichts ändern würde. Dieser hat daher kein aktuelles, rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des Haftan- ordnungsentscheides, weshalb auf die gegen ihn gerichtete Beschwerde nicht einzutreten ist. Seine Mitanfechtung lässt sich im Übrigen auch nicht mit prozessökonomischen Gründen rechtfertigen: entge- gen der Auffassung des Beschwerdeführers hat der Haftrichter im Haftanordnungsentscheid nur Kollusionsgefahr als besonde- ren Haftgrund angenommen und das Bestehen von Fluchtgefahr nicht bejaht. Er hat dazu vielmehr bloss ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Fluchtgefahr be- stehe. Fluchtgefahr wäre somit auch auf eine gegen den Haft- anordnungsentscheid gerichtete staatsrechtliche Beschwerde hin nicht zu prüfen, da es grundsätzlich nicht Sache des Bundesgerichts sein kann, dies als erste Instanz zu tun, und es genügt, wenn einer der besonderen Haftgründe besteht. c) Mit einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung von Untersuchungshaft kann, ausser der Aufhebung des angefochtenen Entscheids, auch die sofortige Entlassung aus der Haft verlangt werden (BGE 115 Ia 293 E. 1a). Der entsprechende Antrag des Beschwerdeführers ist daher zulässig. 3.- a) Untersuchungshaft kann im Kanton Zürich (u.a.) angeordnet werden, wenn der Angeschuldigte eines Vergehens oder Verbrechens dringend verdächtig ist und Kollusionsge- fahr besteht (§ 58 der Zürcher Strafprozessordnung vom 4. Mai 1919; StPO). Liegt ausser dem allgemeinen Haftgrund des dringenden Tatverdachts einer der besonderen Haftgründe vor, steht einer Inhaftierung auch unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit von Art. 10 Abs. 2 BV und von Art. 31 Abs. 1 BV grundsätzlich nichts entgegen. b) Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer meh- rere Kilogramm Heroin bei sich zu Hause aufbewahrte. Er be- hauptet zwar, er habe nicht gewusst, dass es sich bei der von ihm aufbewahrten Ware um Heroin handelte, bestreitet aber zu Recht nicht, dass er verdächtig ist, das Rauschgift vorsätzlich aufbewahrt zu haben. Hingegen macht er geltend, es bestehe keine Kollusionsgefahr. c) Kollusion bedeutet, dass sich der Angeschuldigte mit Zeugen, Auskunftspersonen, Sachverständigen oder Mitbe- schuldigten ins Einvernehmen setzt oder sie zu wahrheitswid- rigen Aussagen veranlasst. Die Untersuchungshaft wegen Kol- lusionsgefahr soll verhindern, dass ein Angeschuldigter die Freiheit dazu missbraucht, die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhaltes zu vereiteln oder zu gefährden. Dabei ge- nügt nach der Rechtsprechung die theoretische Möglichkeit, dass der Angeschuldigte in Freiheit kolludieren könnte, nicht, um die Fortsetzung der Haft unter diesem Titel zu rechtfertigen, vielmehr müssen konkrete Indizien für eine solche Gefahr sprechen (BGE 123 I 31 E. 3c; 117 Ia 257 E. 4b und c). 4.- a) Nach den Ausführungen des Bezirksanwaltes in seinem Haftantrag vom 2. Februar 2001 und in seinem Antrag auf Fortsetzung der Untersuchungshaft vom 8. Februar 2001 verdächtigt er A._______ und dessen Cousin B.________, wich- tige Funktionen beim Import und Verkauf von grossen Rausch- giftmengen inne gehabt zu haben. Nach seiner Verhaftung am 12. Oktober 2000 habe A._______ zugegeben, rund 30 Kilogramm Heroin übernommen und an verschiedene Abnehmer weitergegeben zu haben. 10 Kilogramm davon habe er beim Beschwerdeführer deponiert, ohne ihn davon in Kenntnis gesetzt zu haben, dass es sich dabei um Rauschgift handle. Nach der am 12. Oktober 2000 beim Beschwerdeführer durchgeführten Hausdurchsuchung sei dieser verhaftet und am 2. November 2000 wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. In der Zwischenzeit habe er das Verfahren gegen den Beschwerdeführer am 10. Januar 2001 von den St. Galler Behörden übernommen. Die Verhält- nisse hätten sich insofern wesentlich verändert, als A._______ am 30. Januar 2001 ausgesagt habe, der Beschwerde- führer habe für ihn Drogen gegen eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- aufbewahrt, wobei er ihn klar darüber infor- miert habe, dass es sich bei der aufzubewahrenden Ware um Drogen handle. Diese Aussage werde durch ein (abgehörtes) Telefongespräch zwischen A._______ und einem weiteren Mit- täter gestützt, mit welchem Letzterer seinem Gesprächs- partner mitteilt, dass er dem Mann, der auf die Drogen auf- passe, monatlich Fr. 3'000.-- bezahle. Es bestehe daher höchste Kollusionsgefahr, da der Beschwerdeführer zwingend mit A._______ und B.________, welcher offenbar an der Über- gabe der Drogen an den Beschwerdeführer beteiligt war, kon- frontiert werden müsse. Weitere Konfrontationen mit anderen Tatbeteiligten seien ebenfalls notwendig. In einem solchen Fall von internationaler, organisierter Drogenkriminalität müsse von sehr grosser Kollusionsgefahr ausgegangen werden, insbesondere weil ein Teil der Tatverdächtigen noch auf freiem Fuss sei. Es bestehe die Gefahr, dass der Beschwerde- führer in Freiheit die Drogenhändlerorganisation über die Ermittlungsergebnisse orientieren und Absprachen darüber treffen könnte, wie andere Tatbeteiligte zu falschen Aussa- gen bewegt oder zum Schweigen gebracht werden könnten. b) Diese Begründung für die Annahme von Kollusions- gefahr, die von den Zürcher Haftrichtern in den Entscheiden vom 3. und vom 13. Februar 2001 akzeptiert wurde, hält vor der Bundesverfassung stand. Die Bezirksanwaltschaft ermit- telt in einem schweren Fall von internationaler, organisier- ter Rauschgiftkriminalität, und die Rolle, die der Beschwer- deführer dabei spielte, ist noch nicht geklärt. Die offenbar wegen eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen den St. Galler und den Zürcher Behörden zeitweise ins Stocken geratene Untersuchung ist noch nicht sehr weit fortgeschrit- ten. In einem derart komplexen, schwer wiegende Straftaten betreffenden Verfahren dürfen in einem frühen Verfahrenssta- dium keine allzu hohen Anforderungen an die Begründung der Kollusionsgefahr gestellt werden. Es erscheint daher halt- bar, dass der Haftrichter am 13. Februar 2001 die Fortfüh- rung der Untersuchungshaft wegen Kollusionsgefahr bewilligte und so von vorneherein jedes Risiko ausschloss, dass sich der Beschwerdeführer vor den vom Bezirksanwalt in Aussicht genommenen Konfrontationseinvernahmen mit seinen Mitange- schuldigten oder Dritten absprechen könnte. Nach deren Durchführung wird die Fortführung der Untersuchungshaft wegen Kollusionsgefahr indessen nur dann aufrechterhalten werden können, wenn die Ermittlungen konkrete Anhaltspunkte dafür zu Tage gebracht haben, dass der Beschwerdeführer in Freiheit versuchen könnte, die Untersuchung gegen ihn durch Manipulation von Zeugen oder Mitangeschuldigten zu hinter- treiben. Der Haftrichter hat daher weder Art. 10 Abs. 2 noch Art. 31 Abs. 1 BV verletzt, indem er im angefochtenen Ent- scheid vom 13. Februar 2001 Kollusionsgefahr annahm. 5.- Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Damit wird der Beschwerdeführer grundsätzlich kos- tenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Er hat jedoch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt. Dieses ist gutzuheissen, da die Mittellosigkeit des Be- schwerdeführers ausgewiesen scheint und die Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos war (Art. 152 OG). Dementspre- chend sind keine Kosten zu erheben, und Rechtsanwalt Heiner Graf, Wil, ist als unentgeltlicher Verteidiger einzusetzen und aus der Gerichtskasse angemessen zu entschädigen. Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die Verfahren 1P.138/2001 und 1P.139/2001 werden vereinigt. 2.- Die staatsrechtlichen Beschwerden werden abgewie- sen, soweit darauf einzutreten ist. 3.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gut- geheissen: a) Es werden keine Kosten erhoben. b) Rechtsanwalt Heiner Graf wird als unentgeltli- cher Rechtsvertreter eingesetzt und aus der Bundesgerichts- kasse mit Fr. 1'800.-- entschädigt. 4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Be- zirksanwaltschaft II für den Kanton Zürich, Büro 10, sowie dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichteramt, schriftlich mit- geteilt. ______________ Lausanne, 13. März 2001 Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: