Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.120/2001
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1P.120/2001/bmt

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                       29. März 2001

Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundes-
richter Nay, Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichts-
schreiber Störi.

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                         In Sachen

H.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Peter Steiner, Landstrasse 85, Postfach 214, Wettingen,

                           gegen

Bezirksgericht  B a d e n,
Staatsanwaltschaft des Kantons  A a r g a u,
Obergericht des Kantons  A a r g a u, 1. Strafkammer,

                         betreffend
                       Strafverfahren,

hat sich ergeben:

     A.- Das Bezirksgericht Baden verurteilte H.________ am
30. Mai 2000 wegen versuchten Raubes im Sinne von Art. 140
Ziff. 1 i.V.m. Art. 21 Abs. 1 StGB zu 7 Monaten Gefängnis
und 5 Jahren Landesverweisung, wobei es beide Strafen be-
dingt ausfällte. Es hielt für erwiesen, dass H.________ am
23. Dezember 1999 versucht hatte, zusammen mit S.________
und M.________ den Spielsalon X.________ in Y.________ zu
überfallen, die Aufsichtsperson zu überwältigen und die
Kasse auszurauben.

        Das Obergericht des Kantons Aargau wies den Rekurs
von H.________ gegen seine Verurteilung am 7. Dezember 2000
ab.

     B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 12. Februar
2001 wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs, Willkür sowie
Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo beantragt
H.________, das Urteil des Obergerichts aufzuheben.

        Die Staatsanwaltschaft beantragt in der Vernehm-
lassung unter Hinweis auf das obergerichtliche Urteil, die
Beschwerde abzuweisen. Das Bezirksgericht verzichtet auf
Vernehmlassung und ersucht das Bundesgericht, Rechtsanwalt
Steiner zur Mässigung seiner Wortwahl, welche nicht angängig
bzw. standeswidrig sei, aufzurufen. Das Obergericht verzich-
tet auf Vernehmlassung.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Beim angefochtenen Urteil des Obergerichts handelt
es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid
(Art. 86 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer ist durch die
strafrechtliche Verurteilung in seinen rechtlich geschützten
Interessen berührt (Art. 88 OG) und er macht die Verletzung
von verfassungsmässigen Rechten geltend (Art. 84 Abs. 1
lit. b OG). Da diese und auch die übrigen Sachurteilsvoraus-
setzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde unter dem
Vorbehalt gehörig begründeter Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b
OG; BGE 126 I 81 E. 1; 125 I 492 E. 1b; 122 I 70 E. 1c) ein-
zutreten.

     2.- Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor,
die Beweise willkürlich zu seinen Lasten gewürdigt und sein
rechtliches Gehör verletzt zu haben.

        a) Willkürlich handelt ein Gericht, wenn es seinem
Entscheid Tatsachenfeststellungen zugrunde legt, die mit den
Akten in klarem Widerspruch stehen. Im Bereich der Beweis-
würdigung besitzt der Richter einen weiten Ermessensspiel-
raum. Das Bundesgericht greift im Rahmen einer staatsrecht-
lichen Beschwerde nur ein, wenn die Beweiswürdigung offen-
sichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Ver-
sehen beruht (BGE 124 I 208 E. 4a; 117 Ia 13 E. 2c; 18 E. 3c
je mit Hinweisen). Die in Art. 6 Ziff. 2 EMRK garantierte
Rechtsregel "in dubio pro reo", auf die sich der Beschwer-
deführer in diesem Zusammenhang beiläufig ebenfalls beruft,
geht in ihrer Funktion als Beweiswürdigungsregel nicht über
das Willkürverbot von Art. 9 BV hinaus.

        b) Nach dem in Art. 29 Abs. 2 BV garantierten An-
spruch auf rechtliches Gehör sind alle Beweise abzunehmen,
die sich auf Tatsachen beziehen, die für die Entscheidung
erheblich sind (BGE 117 Ia 262 E. 4b; 106 Ia 161 E. 2b; 101
Ia 169 E. 1, zu Art. 4 aBV, je mit Hinweisen). Das hindert
aber den Richter nicht, einen Beweisantrag abzulehnen, wenn
er in willkürfreier Würdigung der bereits abgenommenen Be-
weise zur Überzeugung gelangt, der rechtlich erhebliche
Sachverhalt sei genügend abgeklärt, und er überdies in will-
kürfreier antizipierter Würdigung der zusätzlich beantragten
Beweise annehmen kann, seine Überzeugung werde auch durch
diese nicht mehr geändert (BGE 122 V 157 E. 1d; 19 Ib 492
E. 5b/bb, zu Art. 4 aBV).

        c) Aus dem von Art. 29 Abs. 2 BV garantierten
Anspruch auf rechtliches Gehör ergibt sich für den Richter
die Pflicht, seinen Entscheid zu begründen. Er muss wenigs-
tens kurz die wesentlichen Überlegungen darlegen, von denen
er sich dabei hat leiten lassen, sodass der Betroffene den
Entscheid in voller Kenntnis der Sache anfechten kann. Dabei
muss sich der Richter nicht mit allen tatsächlichen Behaup-
tungen und rechtlichen Einwänden auseinandersetzen. Er kann
sich vielmehr auf die für seinen Entscheid erheblichen Ge-
sichtspunkte beschränken (BGE 122 IV 8 E. 2c; 121 I 54 E. 2c
zu Art. 4 aBV).

     3.- Die obergerichtliche Verurteilung des Beschwerde-
führers beruht im Wesentlichen auf den folgenden Beweis-
mitteln:

        a) P.________ sagte an der erstinstanzlichen
Hauptverhandlung als Zeuge aus, er habe zur Tatzeit als
Aufsichtsperson im Spielsalon gearbeitet. Um ca. 12:15 Uhr

seien mehrere Männer in den Salon gekommen. Zwei seien zu
ihm gekommen, um Geld zu wechseln. Da er das Gefühl gehabt
habe, es sei noch ein Dritter dabeigewesen, habe er die
Videokamera eingeschaltet. Er habe den Dritten dann in der
Ecke gesehen, er sei irgendwie merkwürdig gewesen. Die Drei
hätten dann in der Ecke zusammen diskutiert. Einer habe dann
eine Kappe aus der Bauchtasche gezogen. Ein anderer sei zu
ihm gekommen und habe ihm gesagt, es sei Geld stecken ge-
blieben. Er habe aber gesehen, dass er gar kein Geld in den
Automaten gesteckt habe. Auf dem Bildschirm habe er gesehen,
dass sich einer der Drei eine Maske über den Kopf gezogen
und sich hinter einem Spielkasten versteckt habe. Daraufhin
habe er die Kasse geschlossen, den stillen Alarm ausgelöst
und den Salon durch die Hintertüre verlassen.

        b) M.________ sagte vor Bezirksgericht aus, am
Abend des 22. Dezember 1999 den Überfall zusammen mit
S.________ und dem Beschwerdeführer geplant zu haben. Nach
ihrem Plan hätte S.________ den Aufseher rufen sollen. In
der Ecke hätten sie ihn dann zu Dritt überwältigen wollen.
Die beiden anderen hätten nicht gewusst, dass er eine
(ungeladene) Pistole mit sich geführt habe. Er habe Angst
gehabt und nach 5 Minuten die Maske ausgezogen, weil er
nicht mehr habe mitmachen wollen.

        c) Auf dem Videoband der Überwachungskamera ist
ersichtlich, wie M.________, S.________ und der Beschwerde-
führer den Salon betreten, im für die Aufsichtsperson nicht
einsehbaren Nebenraum beim Tischfussball-Kasten diskutieren,
ohne zu spielen, wie sie sich nachher an anderen Geräten zu
schaffen machen und dabei weiter miteinander sprechen, wie
M.________ zunächst eine Kappe anzieht und sich dann eine
Maske über das Gesicht streift, wie S.________ den Raum
verlässt und wieder zurückkommt, worauf M.________ die
Gesichtsmaske wieder abnimmt.

     4.- a) Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht will-
kürliche Beweiswürdigung vor. Das Obergericht hält die Be-
weislage indessen zu Recht für erdrückend, die Willkürrüge
grenzt an Trölerei:

        Die Aussage von M.________ belastet den Beschwerde-
führer schwer, und dieser bringt in der staatsrechtlichen
Beschwerde nicht einen stichhaltigen Grund dafür vor, wes-
halb das Abstellen auf diese Aussage unhaltbar sein sollte.
Das Video der Überwachungskamera zeigt eindrücklich, wie
intensiv M.________, S.________ und der Beschwerdeführer
zunächst beim Tischfussball-Kasten diskutierten und in der
Folge immer wieder miteinander gesprochen und den Blickkon-
takt zueinander gesucht haben. Es kann keine Rede davon
sein, dass das Obergericht in Willkür verfiel, indem es das
Geschehen als gemeinsame Vorbereitung des Überfalls inter-
pretierte und dem Beschwerdeführer nicht abnahm, dass er
nur zum Spielen in den Salon gekommen sei und nicht bemerkt
hätte, wie sich der in unmittelbarer Nähe von ihm stehende
M.________ eine Maske überzog. Die Aufsichtsperson hatte
denn auch nie einen Zweifel daran, dass die drei "Spieler"
zusammengehörten.

        Der Beschwerdeführer überzieht die obergerichtliche
Beweiswürdigung in weitschweifiger Weise mit appellatori-
scher Kritik, indem er einzelne Schlüsse des Obergerichts
anzweifelt oder die Beweise anders würdigt, als dieses tat,
ohne konkret darzutun, weshalb ein bestimmter Schluss oder
eine bestimmte Feststellung offensichtlich unhaltbar oder
mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen
soll und weshalb dies die Beweiswürdigung im Ergebnis als
unhaltbar erscheinen lässt. Dass der Beschwerdeführer die
obergerichtliche Beweiswürdigung mit (über-)harten, den
gebotenen Anstand teilweise missachtenden Worten abquali-
fiziert, ändert nichts daran, dass seine Kritik in der

Substanz rein appellatorisch ist. Das genügt Art. 90 Abs. 1
lit. b OG nicht, weshalb darauf nicht einzutreten ist.

        b) Durfte das Obergericht die Berufung in haltba-
rer Weise aufgrund der bereits erhobenen Beweise abweisen,
konnte es ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs auf die
Erhebung weiterer Beweise verzichten. Insbesondere ist nicht
ersichtlich, weshalb eine erneute Befragung von M.________
verfassungsrechtlich geboten gewesen wäre, wurde dieser doch
im Laufe der Untersuchung wiederholt befragt und an der
erstinstanzlichen Verhandlung mit dem Beschwerdeführer kon-
frontiert. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers ist
das Obergericht auch seiner Begründungspflicht nachgekommen,
lässt sich doch dem angefochtenen Urteil ohne weiteres und
nachvollziehbar entnehmen, aus welchen Gründen es von der
Schuld des Beschwerdeführers überzeugt ist. Die Gehörsver-
weigerungsrügen sind unbegründet.

     5.- Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist.

        Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Be-
schwerdeführer die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG)

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem
Bezirksgericht Baden, der Staatsanwaltschaft und dem
Obergericht (1. Strafkammer) des Kantons Aargau schrift-
lich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 29. März 2001

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: