Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.918/1999
Zurück zum Index Kassationshof in Strafsachen 1999
Retour à l'indice Kassationshof in Strafsachen 1999


6S.918/1999/hev

               K A S S A T I O N S H O F
               *************************

                   5. September 2000

Es wirken mit: Bundesgerichtspräsident Schubarth,
Präsident des Kassationshofes, Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Escher und Gerichtsschreiber Monn.

                       ---------

                       In Sachen

A.B.________, Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Markus Hug, Bahnstrasse 5,
Schwerzenbach,

                         gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons  Z ü r i c h,

                       betreffend
             versuchte vorsätzliche Tötung
         (Art. 111 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB),

hat sich ergeben:

     A.- Am Abend des 24. Februar 1998 kam es in der
ehelichen Wohnung der kosovarischen Familie B.________
in Schlieren zu einem mehrere Stunden dauernden Streit
zwischen A.B.________ und dessen Ehefrau B.B.________.
Auslöser war, wie schon bei früheren Auseinandersetzun-
gen, die Eifersucht der Ehefrau.

        Nachdem um ca. 21.30 Uhr der Sohn C.B.________
nach Hause gekommen war, spitzte sich die Situation zu.
A.B.________ wurde von seiner Ehefrau beschimpft,
und der Sohn ergriff deren Partei und betitelte den
Vater mit verschiedenen Schimpfworten. Nachdem um ca.
22.00 Uhr der Sohn D.B.________ nach Hause gekommen war,
kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Zunächst
versetzte A.B.________ seiner Ehefrau einen Schlag ins
Gesicht, und sogleich versuchten die Söhne das streiten-
de Paar zu trennen, wobei C.B.________ wiederum Partei
für die Mutter ergriff. Dabei schlug C.B.________ so auf
seinen ihm körperlich unterlegenen Vater ein, dass die-
ser auf den Divan stürzte. C.B.________ beschimpfte den
Vater unter anderem als "Mutterficker" und "alten Schwu-
len", und dessen Frau sagte ihm, dass er "Scheissdreck
fressen soll".

        A.B.________ begab sich schliesslich ins
Schlafzimmer, ergriff dort seinen Revolver und lud ihn.
Nachdem er die Waffe in die Hosentasche gesteckt hatte,
ging er im Korridor auf und ab. Als der Sohn D.B.________
die Waffe bemerkte und sich der Konflikt weiter zuspitz-
te, stiess D.B.________ den Vater aus der Wohnung. Wäh-
rend von beiden Seiten an der Wohnungstüre gerissen wur-

de, schlug A.B.________ ein Loch in die Glasverkleidung.
Er hielt den Revolver in Richtung seines Sohnes C.B.________
und drückte ab. Das Projektil traf die Ehefrau im rech-
ten Unterarm und blieb im Bereich des Schulterblattes
stecken.

        Nachdem die Ehefrau sich in das eheliche
Schlafzimmer zurückgezogen hatte und C.B.________ in
sein Zimmer geflüchtet war, betrat A.B.________ wieder
die Wohnung und begab sich zur Zimmertüre von C.B.________.
In dessen Zimmer hielten sich neben C.B.________ auch
dessen Ehefrau und ihre zwei Kleinkinder auf. Nachdem
A.B.________ mehrfach mit dem Fuss gegen die Tür ge-
schlagen hatte, gab er auf einen rund 1,4 Meter über dem
Boden liegenden Punkt, wo er seinen Sohn C.B.________
vermutete, einen Schuss durch die Zimmertüre ab.

     B.- Das Geschworenengericht des Kantons Zürich
sprach A.B.________ am 2. Juli 1999 der mehrfachen ver-
suchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB
in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB sowie der mehrfa-
chen Gefährdung des Lebens im Sinne von Art. 129 StGB
schuldig und bestrafte ihn mit sieben Jahren Zuchthaus,
unter Anrechnung von 492 Tagen erstandener Untersu-
chungs- und Sicherheitshaft.

        Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies
am 20. Juli 2000 eine dagegen gerichtete kantonale Nich-
tigkeitsbeschwerde ab.

     C.- A.B.________ führt eidgenössische Nichtig-
keitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des Geschwore-
nengerichts sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurtei-

lung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ihm sei die un-
entgeltliche Prozessführung zu bewilligen und ein unent-
geltlicher Rechtsbeistand zu bestellen.

          Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer we-
gen mehrfacher versuchter vorsätzlicher Tötung im Sinne
von Art. 111 StGB (in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1
StGB) schuldig gesprochen. Der Beschwerdeführer ist dem-
gegenüber der Auffassung, dass vom Tatbestand des Tot-
schlages im Sinne von Art. 113 StGB auszugehen gewesen
wäre (vgl. Beschwerde S. 4 - 6).

        Nach Art. 113 StGB unterliegt einer geringeren
Strafdrohung, wer in einer nach den Umständen entschuld-
baren heftigen Gemütsbewegung oder unter - ebenfalls
entschuldbarer - grosser seelischer Belastung einen Men-
schen vorsätzlich tötet.

        Die Vorinstanz geht davon aus, der Beschwerde-
führer habe sich in einer heftigen Gefühlsaufwallung be-
funden, als er den "tödlichen" Schuss abgab, und es habe
sich bei dem Affekt um eine heftige Gemütsbewegung im
Sinne von Art. 113 StGB gehandelt (angefochtener Ent-
scheid S. 40/41 lit. a). Insoweit ist die Sache unbe-
stritten, und hat sich das Bundesgericht damit nicht
weiter zu befassen.

        Die Vorinstanz kommt jedoch zum Schluss, das
Tatbestandsmerkmal der Entschuldbarkeit sei nicht er-
füllt (vgl. angefochtener Entscheid S. 41 - 43 lit. b).

Nach Auffassung des Beschwerdeführers verletzt diese
Folgerung Bundesrecht (Beschwerde S. 6 lit. d).

        b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
setzt der Begriff der Entschuldbarkeit voraus, dass die
heftige Gemütsbewegung nicht nur psychologisch erklär-
bar, sondern bei objektiver Bewertung nach den sie aus-
lösenden Umständen gerechtfertigt ist. Die Tötung muss
dadurch bei ethischer Beurteilung in einem wesentlich
milderen Licht erscheinen. Abnorme Elemente in der Per-
sönlichkeit des Täters (wie besondere Erregbarkeit,
krankhafte Eifersucht) vermögen die Entschuldbarkeit der
Gemütsbewegung nicht zu begründen, sondern sind allen-
falls bei der Bemessung der konkreten Tatschuld zu be-
rücksichtigen. Eine heftige Gemütsbewegung ist im Sinne
von Art. 113 StGB entschuldbar, wenn sie in Anbetracht
der gesamten äusseren Umstände als menschlich verständ-
lich erscheint, d.h. es muss angenommen werden können,
auch ein anderer, anständig Gesinnter wäre in der be-
treffenden Situation leicht in einen solchen Affekt ge-
raten. Für die Beurteilung der Entschuldbarkeit ist vom
Durchschnittsmenschen der Rechtsgemeinschaft auszugehen,
welcher der Täter nach Herkunft, Erziehung und täglicher
Lebensführung angehört. Dabei ist immer zu beachten,
dass es bei der Anwendung von Art. 113 StGB nicht um die
Entschuldbarkeit der Tat geht, sondern ausschliesslich
um die Entschuldbarkeit der heftigen Gemütsbewegung. Hat
der Täter die Konfliktsituation, welche die Gemütsbewe-
gung auslöste, selber verschuldet oder doch vorwiegend
durch eigenes Verhalten schuldhaft herbeigeführt, so ist
der Affekt nicht entschuldbar (BGE 108 IV 99 E. 3b, 107
IV 103 E. 2b/bb und 161 E. 2).

        Nach Auffassung der Vorinstanz sind bei der
Prüfung der Entschuldbarkeit "kulturelle Besonderheiten
... einer bestimmten Person" nicht zu berücksichtigen

(angefochtener Entscheid S. 41 mit Hinweis auf Stefan
Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommen-
tar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art. 113 N 10a). Dies ist
insoweit zu präzisieren, als es nach der bundesgericht-
lichen Rechtsprechung für die Beurteilung der Entschuld-
barkeit auf den Durchschnittsmenschen der Rechtsgemein-
schaft ankommt, welcher der Täter nach Herkunft, Erzie-
hung und täglicher Lebensführung angehört (BGE 107 IV
161 E. 2; bestätigt in einem amtlich nicht publizierten
Entscheid vom 7. August 1996, veröffentlicht in Pra
86/1997 Nr. 14 E. 1a; ebenfalls für die Berücksichtigung
kultureller Besonderheiten Martin Schubarth, Kommentar
zum schweizerischen Strafrecht, 1. Band, Bern 1982,
Art. 113 N 19).

        Ob der Begriff der "Entschuldbarkeit" demgegen-
über zur Hauptsache auf objektive ethische Kriterien,
die nach in der Schweiz herrschenden Vorstellungen gel-
ten sollen, und nicht auf kulturelle Besonderheiten ver-
weist, die die persönliche Lebensauffassung eines aus-
ländischen Täters geprägt haben (vgl. Trechsel, a.a.O.,
Art. 112 N 5 zum Begriff der "Skrupellosigkeit" und mit
Hinweis auf "archaische Vorstellungen von der Rolle der
Frau in Familie und Gesellschaft"), kann im vorliegenden
Fall letztlich dahingestellt bleiben, da sich die Be-
schwerde aus den nachstehenden Gründen als unbegründet
erweist.

        Es mag immerhin angemerkt werden, dass Konflik-
te zwischen der heimatlichen und der schweizerischen
Kultur sich jedenfalls bei der Frage des Verschuldens
auswirken können und dann bei der Strafzumessung zu be-
rücksichtigen sind (BGE 118 IV 15 unten mit Hinweis;
vgl. aber auch Pra 89/2000 Nr. 36 S. 198).

        c) Die Vorinstanz stellt unter Hinweis auf ein
psychiatrisches Gutachten zunächst fest, die affektive
Aufwallung stehe mit der kulturellen Prägung des koso-
varischen Beschwerdeführers im Zusammenhang. Bei uns
Schweizern würden demgegenüber Bemerkungen wie "Du alte
Schwuchtel" oder "Friss doch Scheissdreck" weniger dra-
matisch bewertet. Es sei kaum vorstellbar, dass der
Streit um die Vorherrschaft in der Familie und die Worte
"Mutterficker", "Friss Scheissdreck" oder "alter Schwu-
ler" bei einem Durchschnittsschweizer eine affektive
Aufwallung bewirken würden (vgl. angefochtener Entscheid
S. 41/42).

        Ob diese Schlussfolgerung in allen Teilen zu-
trifft, ist fraglich. Die genannten Ausdrücke dürften,
zumal wenn sie vom eigenen Sohn oder der Ehefrau im Rah-
men einer familiären Auseinandersetzung und verbunden
mit Tätlichkeiten gegenüber dem dermassen betitelten
Vater ausgesprochen werden, auch bei einem durchschnitt-
lichen Schweizer zu einer mehr oder weniger starken "af-
fektiven Aufwallung" führen. Ein Affekt wie derjenige,
in den der Beschwerdeführer geriet, könnte unter Umstän-
den (z.B. wenn die Beschimpfung ausschliesslich in der
Absicht erfolgt, den Vater und Ehemann vor den anderen
Familienmitgliedern grundlos zu demütigen) menschlich
verständlich erscheinen.

        Die Frage kann jedoch letztlich offen bleiben,
denn selbst wenn ein durchschnittlicher Schweizer anders
als von der Vorinstanz angenommen reagieren würde, wäre
der angefochtene Entscheid bundesrechtlich nicht zu be-
anstanden. Den Beschwerdeführer trifft nach den Fest-
stellungen der Vorinstanz (vgl. angefochtener Entscheid
S. 42) nämlich ein erhebliches Verschulden an der Kon-
fliktsituation, die bei ihm die heftige Gemütsbewegung

auslöste. Bereits früher kam es zwischen ihm und der
Ehefrau wegen deren Eifersucht zu Streitereien. Die Si-
tuation war ihm also grundsätzlich bekannt. Auch am Tag
der Tat fing die Ehefrau zu streiten an, worauf er es
nicht - wie von ihm hätte erwartet werden dürfen - bei
einer verbalen Verteidigung bewenden liess, sondern sei-
ner Ehefrau eine Ohrfeige verabreichte. Dies hat den
Sohn C.B.________ erzürnt - was verständlich ist - und
war der Grund dafür, dass der Sohn in den Streit ein-
griff, den Vater nach dem Grund für die Ohrfeige fragte
und nun seinerseits tätlich und ausfällig wurde. Sein
Ziel war es dabei, den Vater an weiteren Tätlichkeiten
der Mutter gegenüber zu hindern. Die Vorinstanz kommt
unter diesen Umständen zu Recht zum Schluss, dass der
Beschwerdeführer, der als erster während des Konflikts
körperliche Gewalt einsetzte, selbst einen wesentlichen
Beitrag zur Eskalation der Situation geleistet hat (an-
gefochtener Entscheid S. 42/43). Wegen seines eigenen
Verhaltens kann er sich heute nicht darauf berufen, sein
Affekt sei im Sinne von Art. 113 StGB entschuldbar gewe-
sen.

        In diesem Zusammenhang behauptet der Beschwer-
deführer zur Hauptsache, seine Tätlichkeit gegenüber der
Ehefrau habe keine kausale Bedeutung für die Auslösung
der Auseinandersetzung gehabt (Beschwerde S. 6 vor
lit. d). Damit wendet er sich in unzulässiger Weise
gegen verbindliche Feststellungen der Vorinstanz (vgl.
Art. 273 Abs. 1 lit. b und 277bis Abs. 1 BStP), die aus-
führt, "dass C.B.________ den Angeklagten nur deshalb
schlug, weil er nicht nachvollziehen konnte, weshalb der
Angeklagte seine Ehefrau angriff" (angefochtener Ent-
scheid S. 42).

        In diesem Punkt ist die Beschwerde abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann.

     2.- a) In Bezug auf den ersten Schuss hat die Vor-
instanz den Beschwerdeführer nicht nur wegen versuchter
Tötung seines Sohnes, den er eigentlich treffen wollte,
schuldig gesprochen, sondern auch wegen eines eventual-
vorsätzlichen Tötungsversuches zum Nachteil seiner Ehe-
frau, die er dann tatsächlich auch getroffen hat (vgl.
angefochtener Entscheid S. 34 - 39 E. 1.2.). Der Be-
schwerdeführer rügt diese "kumulative Bestrafung für die
erste Schussabgabe"; die Vorinstanz habe dadurch die
Art. 18 Abs. 2 und Art. 68 Ziff. 1 (sowie Art. 63 StGB;
dazu unten E. 3) verletzt (vgl. Beschwerde S. 6/7).

        b) Die Vorinstanz geht davon aus, nachdem der
Beschwerdeführer das Loch ins Glas geschlagen gehabt
habe, habe er gesehen, dass sein Sohn "Körper an Körper"
neben der Ehefrau gestanden sei; obwohl er nur ungenau
und hastig auf Hüfthöhe bei einer Distanz von einem bis
anderthalb Metern durch ein Guckloch bei eingeschränkter
Sicht habe zielen können, habe er abgedrückt; aufgrund
der gesamten Vorgehensweise habe sich ihm die Möglich-
keit, die Ehefrau tödlich zu treffen, als so wahrschein-
lich aufgedrängt, dass sein Verhalten vernünftigerweise
nur als Inkaufnahme eines solchen Erfolges ausgelegt
werden könne (vgl. angefochtener Entscheid S. 36 und
38/39).

        c) Wenn eine Handlung eines Täters denselben
Tatbestand mehrfach erfüllt, und wenn durch die Handlung
mehrere, trotz ihrer Gleichartigkeit selbständige Tat-
objekte bzw. Rechtsgüter beeinträchtigt wurden, bei-
spielsweise bei einem Sprengstoffanschlag mehrere Perso-
nen getötet oder verletzt bzw. bei einem Fall von Le-
bensgefährdung mehrere Personen gefährdet worden sind,
liegt gleichartige Idealkonkurrenz und damit ein Anwen-
dungsfall von Art. 68 StGB vor (vgl. BGE 124 IV 145 E. 2
und 3).

        Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer
auf seinen Sohn, den er töten wollte, nur flüchtig und
ungenau gezielt und deshalb die Ehefrau, die - wie er
feststellte - "Körper an Körper" neben dem Sohn stand,
getroffen und verletzt. Unter den gegebenen Umständen
stellt die Vorinstanz zu Recht fest, dass es der Be-
schwerdeführer in Kauf nahm, dass er seinen Sohn ver-
fehlen und - obwohl das nicht seine Absicht war - seine
Ehefrau treffen und töten könnte. Nebst dem Tod seines
Sohnes, den er direktvorsätzlich wollte, handelte er in
Bezug auf eine mögliche Tötung seiner Ehefrau eventual-
vorsätzlich.

        Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass im
vorliegenden Fall eine so genannte aberratio ictus vor-
liege (vgl. Beschwerde S. 7). Dieses Vorbringen ist in-
soweit richtig, als der Beschwerdeführer seinen Sohn
töten wollte, aber seine Frau, die daneben stand, ver-
letzt hat. In solchen Fällen liegt häufig ein Versuch in
Konkurrenz mit einer fahrlässigen Verletzung vor. Eine
Ausnahme ist jedoch dann zu machen, wenn - wie im vor-
liegenden Fall - in Bezug auf das tatsächlich verletzte
Rechtsgut ein dolus eventualis vorliegt (Günter Straten-
werth, Schweizerisches Strafrecht, AT I, 2. Aufl. 1996,
§ 9 N 87; Friedrich-Christian Schroeder, StGB, Leipziger
Grosskommentar, 11. Aufl. 1994, § 16 N 9; je mit Hinwei-
sen). Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hatte 1986
einen Fall zu entscheiden, in welchem der Täter mit sei-
nem Auto eine Person überfahren wollte, die sich aber
mit einem Sprung retten konnte, weshalb der Täter eine
andere, hinter der ersten stehende Person anfuhr, von
der er allerdings nur wusste, dass sie sich "in der Nä-
he" befand; der Täter wurde in Bezug auf die angefahrene
Person nicht wegen versuchter Tötung, sondern wegen
fahrlässiger Körperverletzung bestraft; der BGH führte
aus, dass sich der Täter nur dann wegen zweifacher ver-

suchter Tötung strafbar gemacht hätte, wenn er gewusst
hätte, dass "ein solcher Erfolg" (d.h. die Tötung der
anderen Person) eintreten kann, und er diese Möglichkeit
billigend in Kauf genommen hätte (vgl. BGHSt 34/1988
Nr. 11 S. 54/55 E. 1 und 2 mit Hinweisen auf die herr-
schende Lehre).

        Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, die
Tötung seiner Ehefrau sei "nie und nimmer Inhalt des
Vorsatzes" gewesen (Beschwerde S. 7), wendet er sich
erneut gegen die verbindlichen Feststellungen der Vor-
instanz.

        Eine Verletzung der vom Beschwerdeführer er-
wähnten Art. 18 und 68 StGB ist nicht ersichtlich und
die Beschwerde deshalb auch in diesem Punkt abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann.

     3.- a) Der Beschwerdeführer wurde wegen versuchter
vorsätzlicher Tötung seines Sohnes und seiner Ehefrau
sowie - in Bezug auf den zweiten Schuss ins Zimmer sei-
nes Sohnes - wegen mehrfacher Gefährdung des Lebens mit
sieben Jahren Zuchthaus bestraft. Dieses Strafmass ver-
letzt nach seiner Ansicht Bundesrecht (vgl. Beschwerde
S. 7 - 9).

        Gemäss Art. 63 StGB misst der Richter die Stra-
fe nach dem Verschulden des Täters zu; er berücksichtigt
die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Ver-
hältnisse des Schuldigen. Dem kantonalen Richter steht
bei der Strafzumessung ein weiter Spielraum des Ermes-
sens zu. Das Bundesgericht greift zur Hauptsache nur
ein, wenn die Vorinstanz von rechtlich nicht massgeben-
den Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn sie we-
sentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw.

falsch gewichtet hat oder wenn die Strafe in einem Masse
unverhältnismässig streng bzw. mild erscheint, dass von
einer Überschreitung oder einem Missbrauch des Ermessens
gesprochen werden muss (vgl. BGE 122 IV 241 E. 1a mit
Hinweisen).

        Zunächst kann zur Strafzumessung auf die Erwä-
gungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochte-
ner Entscheid S. 50 - 57).

        b) Die Vorinstanz stellt unter anderem in Bezug
auf das Verschulden des Beschwerdeführers fest, vor dem
Hintergrund seiner patriarchalen Vorstellungen von Fami-
lienzugehörigkeit erstaune es nicht, mit welcher Selbst-
verständlichkeit er den Tod seiner Ehefrau in Kauf ge-
nommen habe, als er seinen Sohn erschiessen wollte (an-
gefochtener Entscheid S. 51). An anderer Stelle führt
sie aus, die mehrfache versuchte vorsätzliche Tötung
wirke sich im mittleren Grad strafschärfend im Sinne
von Art. 68 StGB aus (angefochtener Entscheid S. 53
E. 2.2.a).

        Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend,
damit habe die Vorinstanz gegen das Verbot, denselben
Umstand doppelt zu Lasten des Angeklagten zu verwerten,
verstossen (vgl. Beschwerde S. 7 lit. c und S. 8
lit. a).

        Die Rüge ist verfehlt. Die Vorinstanz stellt
fest, es sei "ernüchternd", dass der Beschwerdeführer,
der schon seit Jahrzehnten in der Schweiz lebe, von der
Richtigkeit seiner patriarchalen Vorstellungen überzeugt
sei, und es erstaune deshalb nicht, dass er den Tod sei-
ner Frau "selbstverständlich" in Kauf genommen habe (an-
gefochtener Entscheid S. 50/51). Die Vorinstanz hat die-
se Umstände zu Recht straferhöhend im Rahmen des Art. 63

StGB berücksichtigt. Zum anderen hat sie die Strafschär-
fung gemäss Art. 68 StGB ausdrücklich nur in mittlerem
Grad vorgenommen, weil "die Mehrheit von betroffenen
Personen bereits bei der objektiven Tatschwere berück-
sichtigt worden ist" (angefochtener Entscheid S. 53
E. 2.2.a). Inwieweit die Vorinstanz mit diesen beiden
Überlegungen, denen zuzustimmen ist, das Doppelverwer-
tungsverbot verletzt haben sollte, ist nicht zu sehen.
Jedenfalls hat sie offensichtlich keine Grundsätze der
Strafzumessung verletzt.

        c) Der Beschwerdeführer bemängelt, die Vorin-
stanz habe den Umstand, dass es beim Versuch blieb, zu
Unrecht nur "in leichtem Grad strafmindernd" berück-
sichtigt (vgl. Beschwerde S. 8 lit. b).

        Auch diese Rüge ist offensichtlich verfehlt.
Zum einen hat die Vorinstanz den Umstand nicht straf-
mindernd, sondern in Anwendung von Art. 22 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 65 StGB strafmildernd eingesetzt
(angefochtener Entscheid S. 54). Zum anderen verkennt
der Beschwerdeführer, dass es nur einem glücklichen Zu-
fall zu verdanken ist, dass die Angelegenheit relativ
glimpflich ablief. Folglich war eine weiter gehende
Strafmilderung von Bundesrechts wegen nicht nötig.

        d) Die Vorinstanz führt bei der Strafzumessung
zusammenfassend unter anderem aus, "die straferhöhende
Wirkung der Vorstrafe wird durch die Reue des Angeklag-
ten aufgehoben" (angefochtener Entscheid S. 57 E. 3).

        Der Beschwerdeführer macht geltend, der Auf-
fassung der Vorinstanz, "wonach sich Reue und Vorstrafe
kompensieren sollen", könne nicht gefolgt werden (vgl.
Beschwerde S. 8/9 lit. c).

        Auch dieser Einwand ist unbehelflich. Die Vor-
instanz hat eine verhältnismässig geringfügige Vorstrafe
aus dem Jahre 1992 "leicht straferhöhend" berücksichtigt
(angefochtener Entscheid S. 53/54 lit. c). "Strafmin-
dernd" hält sie dem Beschwerdeführer zugute, dass er
nach der Tat ein - später allerdings widerrufenes - Ge-
ständnis abgelegt und sich "in der Regel kooperativ"
verhalten hat; es falle ihm allerdings schwer, "über die
Tatnacht und deren Folgen für die Familie zu sprechen";
dennoch sei das Verhalten des Beschwerdeführers während
der Untersuchung "insgesamt ganz leicht strafmindernd
anzurechnen" (angefochtener Entscheid S. 54/55 Ziff. 2.4.).
Indem die Vorinstanz die beiden Strafzumessungsfaktoren
Vorstrafe und Reue bzw. Nachtatverhalten gegeneinander
aufrechnete, verletzte sie kein Bundesrecht, zumal beide
Faktoren eher nebensächlich sind und folglich von vorn-
herein keinen bedeutenden Einfluss auf die Strafe hatten.

        Gesamthaft gesehen ist die Strafzumessung bun-
desrechtlich nicht zu beanstanden und die Beschwerde in
diesem Punkt deshalb abzuweisen.

     4.- Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Be-
schwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen
(Art. 278 Abs. 1 BStP).

        Er stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechts-
pflege und Verbeiständung. Über seine finanziellen Ver-
hältnisse stellt die Vorinstanz unter anderem fest, er
habe zuletzt Fr. 4'200.-- verdient und sei mit Schulden
von Fr. 40'000.-- belastet (vgl. angefochtener Entscheid
S. 56). Es kann davon ausgegangen werden, dass der Be-
schwerdeführer, der seit zweieinhalb Jahren in Haft ist,
über keine hinreichenden finanziellen Mittel verfügt und
deshalb bedürftig ist.

        Die Beschwerde war allerdings nur zu zwei Drit-
teln (oben E. 1 und 2) nicht von vornherein aussichts-
los, während die Ausführungen zur Strafzumessung ver-
fehlt waren. Die Entschädigung ist deshalb entsprechend
zu reduzieren. Immerhin kann von einer Kostenauflage ab-
gesehen werden.

           Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird
abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung wird teilweise gutgeheissen.

     3.- Es werden keine Kosten erhoben.

     4.- Der Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsan-
walt Dr. Markus Hug, wird für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'600.--
entschädigt.

     5.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der
Staatsanwaltschaft und dem Geschworenengericht des Kan-
tons Zürich schriftlich mitgeteilt.

                       ---------

Lausanne, 5. September 2000

              Im Namen des Kassationshofes
           des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
     Der Präsident:              Der Gerichtsschreiber: