Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.765/1999
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6S.765/1999/hev

               K A S S A T I O N S H O F
               *************************

                    24. Januar 2000

Es wirken mit: Bundesgerichtspräsident Schubarth,
Präsident des Kassationshofes, Bundesrichter Schneider,
Wiprächtiger, Kolly, Bundesrichterin Escher und Gerichts-
schreiber Boog.

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                       In Sachen

Staatsanwaltschaft des Kantons  G r a u b ü n d e n,
Beschwerdeführerin,

                         gegen

1. A.________, vertreten durch Rechtsanwältin Barbara
   Janom Steiner, Arcas 22, Chur,
2. B.________, vertreten durch Rechtsanwalt Luis
   W. Pajarola, Obere Gasse 17, Chur,
3. C.________, vertreten durch Rechtsanwalt
   Dr. Jean-Pierre Menge, Quaderstrasse 5, Chur,
4. D.________, vertreten durch Rechtsanwalt Guido Ranzi,
   Quaderstrasse 5, Chur,
Beschwerdegegner,

                       betreffend
          mehrfache Förderung der Prostitution
      (Art. 195 Abs. 3 StGB i.V.m. Art. 200 StGB),
(Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Kantons-
gerichts von Graubünden [SF 99 16/17/18/19]
vom 12./13.7.1999),

hat sich ergeben:

     A.- Das Kantonsgericht von Graubünden sprach mit
Urteil vom 12./13. Juli 1999 A.________, B.________,
C.________ sowie D.________ von der Anklage der mehr-
fachen Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195
Abs. 3 StGB i.V.m. Art. 200 StGB frei. A.________ und
D.________ sprach es ferner von der Anklage der Förde-
rung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 2 StGB
i.V.m. Art. 200 StGB frei. Hingegen erklärte das Kan-
tonsgericht von Graubünden alle vier Angeklagten der
mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 al. 5 und
Abs. 4 ANAG schuldig und verurteilte sie zu je 10 Tagen
Gefängnis, unter Anrechnung der jeweils ausgestandenen
Untersuchungs- bzw. Polizeihaft und unter Gewährung des
bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 2 Jah-
ren, sowie zu Bussen von je Fr. 1'000.--, bedingt lösch-
bar nach Ablauf derselben Probezeit. Ferner entschied es
über die sichergestellten Bankkonten und Guthaben.

     B.- Gegen dieses Urteil führt die Staatsanwalt-
schaft Graubünden eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde,
mit der sie beantragt, das angefochtene Urteil sei auf-
zuheben, soweit A.________, B.________, C.________ und
D.________ von der Anklage der mehrfachen Förderung der
Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3 StGB i.V.m.
Art. 200 StGB freigesprochen wurden, und die Sache sei
zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

     C.- Das Kantonsgericht von Graubünden beantragt un-
ter Verzicht auf Gegenbemerkungen die Abweisung der

Nichtigkeitsbeschwerde, soweit darauf eingetreten werden
könne. Auf die Einholung von Vernehmlassungen wurde ver-
zichtet.

          Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Die Vorinstanz stellt für den Kassationshof
verbindlich (Art. 277bis Abs. 1 BStP) fest, die vier An-
geklagten hätten seit Mai 1998 durch die O.________ AG
in Chur den Sauna-Club L.________ betrieben, welcher als
Edelbordell konzipiert gewesen sei. Die unternehmerische
Führung sei gemeinsam durch die O.________-Aktionäre
B.________, C.________ und D.________ erfolgt, wobei
B.________ primär für Verwaltung und Buchhaltung und
D.________ für Personalfragen zuständig gewesen seien,
während C.________ als Verwaltungsratspräsident fungier-
te. A.________ sei mit Wirkung ab 20. Mai 1998 als Ge-
schäftsführerin tätig gewesen. Die Art der Geschäftsfüh-
rung, insbesondere die Regeln, nach welchen im Sauna-
Club L.________ der Prostitution nachgegangen werden
sollte, sei von den Angeklagten gemeinschaftlich festge-
legt und A.________ sowohl schriftlich wie mündlich mit-
geteilt worden. Die Betriebsordnung habe eine detail-
lierte, in Bezug auf die diversen angebotenen sexuellen
Leistungen abgestufte Preisliste umfasst. Den erhaltenen
Dirnenlohn hätten die Prostituierten nach erbrachter
Dienstleistung vollständig der Geschäftsführung aushän-
digen müssen. Davon habe die Betreiberin des Sauna-Club
L.________ 40 % einbehalten und die übrigen 60 % den
Prostituierten nach Schluss jeden Arbeitstages überlas-
sen. Ab Ende Juli/anfangs August 1998 hätten die Prosti-

tuierten ausser ihren Abgaben auf dem erwirtschafteten
Dirnenlohn zusätzlich noch einen Eintrittspreis von
Fr. 60.-- pro Tag zu entrichten gehabt.

        b) Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, der Tat-
bestand der Förderung der Prostitution im Sinne von
Art. 195 Abs. 3 StGB sei von keinem der Angeklagten er-
füllt worden. Den sich prostituierenden Frauen seien ih-
re Ausweispapiere belassen worden und ihre Bewegungs-
freiheit sei in keiner Weise eingeschränkt gewesen. Es
sei nicht erstellt, dass sie nicht jederzeit hätten weg-
gehen oder das Etablissement nicht jederzeit hätten
wechseln können. Auch seien sie weder durch Chauffeure
noch durch andere "Helfer" der Angeklagten noch durch
diese selbst überwacht oder kontrolliert worden. Die
Prostituierten hätten auch nicht einen bestimmten Tages-
umsatz erwirtschaften müssen. Die Frauen hätten längere
Zeit im Sauna-Club L.________ verweilen können, ohne
Freier zu bedienen. Dass sie deswegen bedrängt oder
sonst wie von einem der Angeklagten angegangen worden
wären, sei nicht erstellt. Es sei ihnen auch nicht vor-
geschrieben worden, welche sexuellen Handlungen und
Praktiken sie hätten ausführen müssen. Ebenfalls frei
gewesen seien sie in der Auswahl ihrer Kunden. Wohl hät-
ten sie gewöhnlich wie die Freier Fr. 60.-- Eintritt be-
zahlen müssen, ansonsten seien sie aber in ihren Betäti-
gungen frei gewesen. Schliesslich sei den Frauen auch
nicht verwehrt gewesen, "Eigengeschäfte" abzuschliessen
und mit Freiern das Lokal zu verlassen, um an einem an-
deren Ort sexuelle Dienste zu erbringen. Vor diesem Hin-
tergrund sei die Erhebung eines Eintrittsgelds, welches
als Gegenleistung für die Benützung der Infrastruktur
gedacht gewesen sei, nicht zu beanstanden. Die den Frau-
en abgegebene Preisliste habe als Richt- und Leitlinie

gedient. Eine Kontrolle darüber, ob die abgelieferten
Einnahmen mit den tatsächlich vorgenommenen sexuellen
Handlungen übereinstimmten, habe nicht bestanden. Zwar
hätten die Prostituierten alle Einnahmen abliefern müs-
sen und hätten sie ihren Anteil erst am Abend ausbezahlt
erhalten, doch liege darin keine Einschränkung des sexu-
ellen Selbstbestimmungsrechts der Prostituierten. Ent-
scheidend sei, dass sie ihren Lohn vereinbarungsgemäss
täglich ausbezahlt erhalten hätten. Die Preisliste sei
ein ordnendes Element gewesen, das allen Prostituierten
ermöglicht habe, die Preise gleich zu gestalten und so
einem unerwünschten Preis-Dumping entgegenzuwirken. Sie
habe somit im Interesse der Prostituierten selbst gele-
gen. Der von den Frauen abzuliefernde Anteil von 40 %
der erzielten Einnahmen erscheine nicht unangemessen,
wenn berücksichtigt werde, wie hoch die Fixkosten mitt-
lerweile in anderen freiberuflichen Dienstleistungsbe-
trieben zu Buche schlagen würden. Ausserdem sei mit die-
ser Regelung, die den Frauen nicht eine fixe, sondern
eine anteilsmässige Beteiligung auferlegte, eine unter-
schiedliche Behandlung der Prostituierten verhindert
worden, hätten sie doch ihren Beitrag nur dann abliefern
müssen, wenn sie in den Räumen des Sauna-Clubs ihre Ar-
beit tatsächlich ausgeführt hätten. Wäre ein für alle
Frauen einheitlicher Mietzins gefordert worden, so wären
dadurch jene Prostituierten benachteiligt gewesen, wel-
che aus irgendwelchen Gründen nur wenig oder gar keinen
Umsatz erzielt hätten. Insgesamt seien die sich im Sau-
na-Club L.________ prostituierenden Frauen weder über-
wacht noch in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt
worden. Zwar hätten die Angeklagten mit der Preisliste
eine gewisse Ordnung und Reglementierung erlassen, doch
reiche dies allein für die Erfüllung des Tatbestandes
von Art. 195 Abs. 3 StGB nicht aus.

        c) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die
Vorinstanz habe sich in der Begründung ihres Entscheides
mehrheitlich auf Umstände gestützt, welche für die Beur-
teilung nicht massgebend seien. So sei die Einschränkung
der Bewegungsfreiheit der Prostituierten nicht angeklagt
worden. Es werde in der Anklageschrift auch nicht gel-
tend gemacht, dass die Frauen einen bestimmten Tagesum-
satz hätten erwirtschaften müssen. Die Überwachung, wel-
che bei objektiver Betrachtungsweise die Handlungsfrei-
heit der Prostituierten beeinträchtigte, habe aber darin
bestanden, dass diese einer Art Betriebsreglement unter-
stellt worden seien. Danach hätten sie für den Fall,
dass sie keine Freier bedient oder einen bestimmten Ta-
gesumsatz nicht erreicht hätten, eine Eintrittsgebühr
von Fr. 60.-- pro Tag bezahlen müssen. Im Weiteren hät-
ten die Prostituierten ihre Dienste nach einer von der
Geschäftsführung festgelegten verbindlichen Tarifliste
anbieten müssen, die eine freie Bestimmung der Preise
nicht erlaubt habe. Eine weitere Kontrollmöglichkeit
habe darin bestanden, dass die Frauen nach erbrachter
Dienstleistung den gesamten Erlös der Geschäftsführerin
des Sauna-Clubs hätten abliefern müssen, wodurch Art und
Umfang der erbrachten Dienstleistung zumindest indirekt
habe festgestellt werden können. Die Betriebsordnung ha-
be demzufolge insofern eine Überwachung bewirkt, dass
die Prostituierten regelmässig Rechenschaft über ihre
Geschäftstätigkeit hätten ablegen müssen. Es habe stän-
dig kontrolliert werden können, ob, wie und in welchem
Masse eine Frau im Sauna-Club der Prostitution nachge-
gangen sei. Damit sei das Tatbestandsmerkmal des Überwa-
chens erfüllt. Daneben sei aber auch das alternative
Tatbestandselement der Bestimmung von Ort, Zeit, Ausmass
oder anderer Umstände der Prostitution gegeben. Die
Ortsbestimmung liege darin, dass die Prostituierten ihre

Arbeit grundsätzlich im Sauna-Club L.________ auszufüh-
ren gehabt hätten. Zudem seien die Preise für die ein-
zelnen Dienstleistungen festgelegt gewesen und hätten
die Frauen zunächst den gesamten Ertrag abliefern müs-
sen. Bei dieser Vorgehensweise sei die Gewinnbeteiligung
direkt von der sexuellen Tätigkeit der Prostituierten
abhängig gemacht worden. Unter dem Gesichtspunkt der
Infrastrukturkosten könne es aber keinen Unterschied
machen, welche sexuellen Dienstleistungen im Einzelnen
erbracht würden. Eine prozentmässige Beteiligung am Dir-
nenlohn berge eine ungleich höhere Gefahr der Einfluss-
nahme als die Zurverfügungstellung der Infrastruktur
gegen eine fixe Gebühr.

     2.- Art. 195 StGB bedroht unter dem Untertitel
"Ausnützen sexueller Handlungen" die Förderung der Pros-
titution mit Strafe. Danach macht sich strafbar, wer ei-
ne unmündige Person der Prostitution zuführt (Abs. 1),
wer eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder
eines Vermögensvorteils wegen der Prostitution zuführt
(Abs. 2), wer die Handlungsfreiheit einer Person, die
Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er
sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Aus-
mass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt
(Abs. 3) und wer eine Person in der Prostitution fest-
hält (Abs. 4). Der Überwachung einer Prostituierten bei
der Ausübung ihrer Tätigkeit nach Art. 195 Abs. 3 StGB
macht sich somit schuldig, wer eine Kontrolle darüber
ausübt, ob, wie und in welchem Ausmass die Prostituierte
dem Gewerbe nachgeht, oder auch wer von ihr nur schon
regelmässig über ihre Tätigkeit Rechenschaft fordert.
Der Tatbestand erfasst mithin Fälle, in denen die Pros-
tituierte aufgrund der Überwachung in ihrer Handlungs-

freiheit beschränkt wird und ihre Tätigkeit nicht mehr
ihrem eigenen Willen entsprechend ausüben kann. Der
Handlungsalternative des Bestimmens von Ort, Zeit, Aus-
mass oder anderen Umständen der Prostitution kommt le-
diglich die Bedeutung einer näheren Umschreibung der Art
und Weise zu, in welcher die Handlungsweise der betrof-
fenen Person beeinträchtigt wird (Stratenwerth, Schwei-
zerisches Strafrecht, Bes. Teil I, 5. Aufl., Bern 1995,
§ 9 N 11; Jenny, Kommentar zum Schweizerischen Straf-
recht, Bern 1997, Art. 195 N 11; Rehberg/Schmid, Straf-
recht III, 7. Aufl., Zürich 1997, S. 412; Rehberg, Das
revidierte Sexualstrafrecht, AJP 1993, S. 26 f.; Corboz,
Les principales infractions, vol. II, Art. 195 N 46 f.;
Wiprächtiger, Aktuelle Praxis des Bundesgerichts zum Se-
xualstrafrecht, ZStR 117/1999, S. 146 f. mit Hinweis auf
den unveröffentlichten Entscheid des Kassationshofs vom
9.10.1997 i.S. M.). Von dieser Bestimmung wird erfasst,
wer sich der Prostituierten gegenüber in einer Machtpo-
sition befindet, die es ihm erlaubt, deren Handlungs-
freiheit einzuschränken und festzulegen, wie sie ihrer
Tätigkeit im Einzelnen nachzugehen hat, in Einzelfällen
gar bestimmte Verhaltensweisen zu erzwingen. Unter "an-
dere Umstände" werden etwa der vom Freier zu bezahlende
Dirnenlohn und der an den Täter abzuliefernde Anteil so-
wie die Art der zu erbringenden Leistung gezählt (Trechsel,
Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl.,
Zürich 1997, Art. 195 N 9; Jenny, a.a.O., N 11; Rehberg/
Schmid, a.a.O., S. 412 FN 112; Rehberg, AJP 1993, 27;
Corboz, a.a.O., N 47). Nach der Rechtsprechung setzt die
Strafbarkeit nach Art. 195 Abs. 3 StGB voraus, dass auf
die Prostituierte ein gewisser Druck ausgeübt wird, dem
sie sich nicht ohne weiteres entziehen kann, so dass sie
in ihrer Entscheidung, ob und wie sie dem Gewerbe nach-
gehen will, nicht mehr vollständig frei ist, und dass

die Überwachung oder die bestimmende Einflussnahme ihrem
Willen oder ihren Bedürfnissen zuwiderläuft (BGE 125 IV
269 E. 1; ferner Wiprächtiger, a.a.O., S. 146 f. mit
Hinweis auf den unveröffentlichten Entscheid des Kassa-
tionshofs vom 9.10.1997 i.S. M.). Nach übereinstimmender
Auffassung in der Lehre ist das Führen eines Bordells
für sich allein nicht generell als Ausnützen der Abhän-
gigkeit der darin tätigen Prostituierten anzusehen. Ent-
scheidender Gesichtspunkt ist auch hier, ob und in wel-
chem Mass die Handlungsfreiheit der Betroffenen einge-
schränkt ist (Trechsel, a.a.O., N 11; Stratenwerth,
a.a.O., N 9; Jenny, a.a.O., N 12; Rehberg/Schmid,
a.a.O., S. 412; Corboz, a.a.O., N 49).

     3.- Der Freispruch der Angeklagten von der Anklage
der Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195
Abs. 3 StGB verletzt kein Bundesrecht. Nach den Fest-
stellungen der Vorinstanz war die Bewegungsfreiheit der
Frauen im Sauna-Club nicht eingeschränkt. So konnten sie
offenbar jederzeit weggehen oder das Etablissement wech-
seln. Sie mussten auch nicht einen bestimmten Tagesum-
satz erwirtschaften und konnten sich ohne weiteres län-
gere Zeit im Club aufhalten, ohne sich Freiern zur Ver-
fügung zu halten. Schliesslich waren sie frei in der
Wahl ihrer Kunden und war ihnen nicht vorgeschrieben,
welche Handlungen und Praktiken sie ausüben mussten.
Wohl trifft zu, wie die Beschwerdeführerin einwendet,
dass sich die Anklageschrift nicht ausdrücklich auf die-
se Umstände stützt. Doch sind diese Gesichtspunkte für
die Frage, ob die Frauen durch die Betriebsordnung des
Sauna-Club L.________ in ihrer sexuellen Bestimmungs-
freiheit eingeschränkt waren, nicht ohne Bedeutung. Die
Funktion eines Betriebsreglements, insbesondere über die

Art und Weise der Abrechnung, und einer von der Ge-
schäftsführung festgelegten Tarifliste erscheint durch-
aus in einem anderen Licht, je nach dem wie sich das Um-
feld, in welchem die Frauen ihre Dienste anbieten, im
Einzelnen darstellt. Eine blosse "betriebswirtschaftli-
che Kontrolle", die mit der Prostituierten frei verein-
bart worden ist und keine grössere Abhängigkeit als die
eines normalen Arbeitnehmers begründet, erfüllt den Tat-
bestand des Überwachens nicht (Horn, Systematischer Kom-
mentar zum Strafgesetzbuch, 6. Aufl., § 181a N 11 f.).
Das ergibt sich daraus, dass ein blosses Beobachten für
ein Überwachen im Sinne des Gesetzes nicht ausreicht,
sondern zusätzlich die Absicht erforderlich ist, im Fal-
le einer Störung einzugreifen, d.h. gegebenfalls das
fragliche Verhalten durchzusetzen (vgl. Nitze, Anm. zu
BGH, Urt. v. 17.9.1985 -1 StR 279/85, NStZ 1986, 359,
361; Schönke/Schröder/Lenckner, Strafgesetzbuch, Kommen-
tar, 25. Aufl. 1997, § 181a N 8). Ob dies der Fall ist,
ergibt sich daraus, wie die Organisation des Etablisse-
ments im Einzelnen ausgestaltet ist. Wohl trifft zu,
dass die Frauen im Sauna-Club ihrerseits einen Ein-
trittspreis von Fr. 60.-- bezahlen mussten, die Preise
für ihre Dienstleistungen nicht frei bestimmen konnten
und zunächst den ganzen Erlös der Geschäftsleitung, die
täglich abrechnete, abzuliefern hatten. Auf der anderen
Seite konnten die Prostituierten ihre Anwesenheitszei-
ten, Art und Umfang ihrer Tätigkeit und die Wahl der
Kunden aber jederzeit selbst bestimmen. Bei dieser Sach-
lage lässt sich nicht sagen, durch die Tarifliste und
die Regelung der Gewinnbeteiligung sei ein derart be-
stimmender Einfluss auf die Frauen ausgeübt worden, dass
ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht beeinträchtigt ge-
wesen wäre. Wie die Vorinstanz ausführt, kam der Preis-
liste denn auch in erster Linie die Funktion einer

Richt- und Leitlinie zu, die den Frauen erlaubte, die
Preise gleich zu gestalten und so einem "unerwünschten
Preis-Dumping" entgegenzuwirken. Zu einem anderen Er-
gebnis führt auch nicht, dass die Beteiligung der Ge-
schäftsleitung sich anteilsmässig nach Art und Umfang
der erbrachten Dienstleistung richtete und nicht in ei-
ner fixen Abgabe bestand, zumal die Frauen bei dieser
Regelung - abgesehen freilich von der Eintrittsgebühr -
nicht gezwungen waren, die fixe Gebühr abzuverdienen.
Die tatsächlichen Verhältnisse im Sauna-Club L.________
unterscheiden sich somit erheblich von denjenigen, die
den bisher vom Bundesgericht beurteilten Fällen zugrunde
lagen. So war im BGE 125 IV 269 zugrunde liegenden Fall
durch einen Begleitservice von vorneherein in allen Ein-
zelheiten festgelegt, wo, mit wem und zu welchen Kondi-
tionen die Prostituierten welche Liebesdienste ausführen
mussten. Darüber hinaus konnten sich die betroffenen
Frauen, die sich praktisch rund um die Uhr zur Verfügung
halten mussten, allfälligen, ihnen widerstrebenden sexu-
ellen Wünschen der Kunden nicht widersetzen und wurden
sie bei der Ausübung der Prostitution durch Chauffeure,
die sie zum jeweiligen Einsatzort begleiteten, per Natel
überwacht. Auch im dem unveröffentlichten Entscheid des
Kassationshofs vom 9.10.1997 i.S. M. (vgl. Wiprächtiger,
a.a.O., S. 146 f.) zugrunde liegenden Fall war die Frei-
heit der betroffenen Animierdamen dadurch erheblich ein-
geschränkt, dass sie schon aufgrund der ihnen auferleg-
ten finanziellen Bedingungen gezwungen waren, sich der
Prostitution hinzugeben, um ihren Lebensunterhalt be-
streiten zu können, und sie ebenfalls strikten Weisungen
hinsichtlich Arbeitszeit, Kundschaft etc. unterworfen
waren. In diesen Fällen konnte eine Überwachung im Sinne
von Art. 195 Abs. 3 StGB nicht ernsthaft in Zweifel ste-
hen. Demgegenüber erscheint die blosse Möglichkeit, den

Umfang der gegen Entgelt erbrachten sexuellen Dienst-
leistungen aufgrund des abzuliefernden Erlöses festzu-
stellen, wie sie im zu beurteilenden Fall vorliegt, kei-
ne Überwachung im Sinne des Gesetzes, solange jedenfalls
die Frauen in ihrem Entscheid, ob, wann, in welchem Um-
fang und mit wem sie sexuelle Handlungen vornehmen wol-
len, frei sind. Der Freispruch von der Anklage der För-
derung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3
StGB verletzt daher kein Bundesrecht und die Beschwerde
erweist sich somit als unbegründet.

     4.- Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuwei-
sen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden keine Kos-
ten erhoben (Art. 278 Abs. 2 BStP).

           Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird
abgewiesen.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Kan-
tonsgericht des Kantons Graubünden schriftlich mitge-
teilt.

                       ---------

Lausanne, 24. Januar 2000

              Im Namen des Kassationshofes
           des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
      Der Präsident:            Der Gerichtsschreiber: