Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.510/1999
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6S.510/1999/odi

                K A S S A T I O N S H O F
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               Sitzung vom 19. Januar 2000

Es wirken mit: Bundesgerichtspräsident Schubarth,
Präsident des Kassationshofes, Bundesrichter Schneider,
Wiprächtiger, Kolly, Bundesrichterin Escher und Gerichts-
schreiber Borner.

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                        In Sachen

V.________, Beschwerdeführer,

                          gegen

Polizeirichteramt der Stadt  Z ü r i c h,

                       betreffend
               Widerhandlung gegen das SVG
(Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Entscheid der
III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom
21. Juni 1999),

hat sich ergeben:

     A.- Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirks
Zürich büsste V.________ am 29. Oktober 1998 wegen ein-
facher Verkehrsregelverletzung (76 statt 60 km/h) mit
Fr. 450.--.

        Eine Nichtigkeitsbeschwerde des Gebüssten wies
das Obergericht des Kantons Zürich am 21. Juni 1999 ab,
soweit es darauf eintrat.

     B.- V.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbe-
schwerde und beantragt sinngemäss, der angefochtene Ent-
scheid sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an
die Vorinstanz zurückzuweisen.

          Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Der Beschwerdeführer rügt, er sei in Zürich auf
der Frankentalerstrasse stadtauswärts mit 50 km/h gefah-
ren und habe beim Standort 2 die 50 km/h-Tafel für die
Gegenrichtung bei der Einmündung der Riedhofstrasse ge-
sehen, und nach dieser Einmündung sei keine weitere Ge-
schwindigkeitsbeschränkung angebracht gewesen. Somit sei
gemäss Bundesgesetz freie Fahrt. Er verweise auf den be-
stehenden Bundesgerichtsentscheid.

        Da in seiner Fahrtrichtung das Signal "Höchstge-
schwindigkeit 60 km/h" bei der Einmündung der Riedhof-
strasse vorübergehend entfernt worden sei, habe im Lichte
obgenannter Bestimmungen und Rechtsprechung die Beschrän-

kung nicht gegolten, weil gemäss Art. 16 Abs. 2 SSV das
Signal "Höchstgeschwindigkeit" ohne Wiederholungsschild
höchstens bis zur nächsten Verzweigung gelte. Es gebe
viele Innerortsstrecken, die mit 80 km/h signalisiert
seien. Er könne nicht zur Verantwortung gezogen werden,
wenn die Behörde falsch signalisiere.

     2.- a) Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit für
Fahrzeuge beträgt unter günstigen Strassen-, Verkehrs-
und Sichtverhältnissen 50 km/h in Ortschaften (Art. 4a
Abs. 1 lit. a VRV). Sie gilt im ganzen dichtbebauten Ge-
biet der Ortschaft, beginnt beim Signal "Höchstgeschwin-
digkeit 50 generell" und endet beim Signal "Ende der
Höchstgeschwindigkeit 50 generell". Für Fahrzeugführer,
die auf unbedeutenden Nebenstrassen in eine Ortschaft
einfahren, gilt sie auch ohne Signalisation, sobald die
dichte Überbauung beginnt (Abs. 2). Die allgemeine Aus-
serorts-Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h gilt ab dem
Signal "Ende der Höchstgeschwindigkeit 50 generell" oder
"Ende der Höchstgeschwindigkeit" (Abs. 3). Die signali-
sierte Höchstgeschwindigkeit wird mit dem Signal "Ende
der Höchstgeschwindigkeit" aufgehoben (Art. 22 Abs. 1
Satz 2 SSV). Ein angekündigtes Vorschriftssignal gilt an
der Stelle oder von der Stelle an, wo das Signal steht,
bis zum Ende der nächsten Verzweigung; soll sie weiter
gelten, wird das Signal dort wiederholt (Art. 16 Abs. 2
SSV).

        b) Unbestrittenermassen befand sich der Be-
schwerdeführer am Anfang der Frankentalerstrasse im
Innerortsbereich, wo die Höchstgeschwindigkeit generell
50 km/h beträgt. Beim Standort 1 passierte er das Signal
"Höchstgeschwindigkeit 60 km/h". Dieses Signal war beim
Standort 2, der Verzweigung mit der Riedhofstrasse, nicht
wiederholt, weshalb ab diesem Standort das Signal

"Höchstgeschwindigkeit 60 km/h" eigentlich nicht mehr
galt (Art. 16 Abs. 2 SSV). Ob deshalb ab der Verzweigung
Riedhofstrasse wiederum "Höchstgeschwindigkeit 50 gene-
rell" Geltung hatte, kann offen bleiben, da dem Beschwer-
deführer nicht vorgeworfen wird, diese Vorschrift ver-
letzt zu haben.

        Es fragt sich jedoch, ob der Beschwerdeführer
trotz fehlender Wiederholung des Signals "Höchstgeschwin-
digkeit 60 km/h" beim Standort 2 die bis dahin gültige
60-er Beschränkung weiterhin hätte einhalten müssen. Dies
ist zu bejahen. Der Beschwerdeführer befand sich auch
nach dem Standort 2 im Innerortsbereich, wo die Höchst-
geschwindigkeit normalerweise 50 km/h beträgt (Art. 4a
Abs. 1 lit. a VRV), am fraglichen Ort aber auf 60 km/h
heraufgesetzt war. Diese Geschwindigkeitsbeschränkungen
enden entweder mit dem Signal "Ende der Höchstgeschwin-
digkeit 50 generell" oder mit dem Signal "Ende der
Höchstgeschwindigkeit" (Art. 4a Abs. 2 und 3 VRV; Art. 22
Abs. 3 SSV) oder ohne Signalisation auf unbedeutenden
Nebenstrassen beim Verlassen von Ortschaften, sobald die
dichte Überbauung beidseits aufhört (Art. 4a Abs. 2 Satz
2 VRV; Art. 22 Abs. 4 SSV). Im Anschluss an die 60-er Be-
schränkung beim Standort 1 war weder "Ende der Höchstge-
schwindigkeit" noch "Ende der Höchstgeschwindigkeit 50
generell" signalisiert. Ebenso wenig liess die gut ausge-
baute Frankentalerstrasse auf eine unbedeutende Neben-
strasse schliessen, auf welcher der Beschwerdeführer
allenfalls den Innerortsbereich hätte verlassen haben
können (Art. 4a Abs. 2 Satz 2 VRV). Da er sich somit noch
im Innerortsbereich befand, hätte er die vorher mit
60 km/h als höchstzulässig signalisierte Geschwindigkeit
nicht überschreiten dürfen. Zum gleichen Schluss führt
die gesetzliche Regelung, von welcher Stelle an die all-
gemeine Ausserorts-Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h
gilt. Auch hier wird entweder das Signal "Ende der

Höchstgeschwindigkeit 50 generell" oder "Ende der Höchst-
geschwindigkeit" vorausgesetzt (Art. 4a Abs. 3 erster
Halbsatz VRV). Im Übrigen durfte der Beschwerdeführer
angesichts der unklaren Signalisation nicht einfach im
eigenen Interesse mit einer höheren als der bisher signa-
lisierten Geschwindigkeit fahren, weil er dadurch allen-
falls andere Verkehrsteilnehmer unnötig gefährden konnte,
die darauf vertrauten, dass auf der Frankentalerstrasse
die Innerortsgeschwindigkeiten eingehalten werden. Nach
dem Gesagten verletzt die Verurteilung des Beschwerdefüh-
rers wegen einfacher Verkehrsregelverletzung kein Bundes-
recht.

        Der Einwand des Beschwerdeführers, das Signal
"Höchstgeschwindigkeit 50 generell" in der Gegenrichtung
habe für ihn bedeutet, dass er nun in den Ausserortsbe-
reich gelange, ist nicht stichhaltig, da Signale nur für
die Richtung Wirkungen entfalten, in welcher sie aufge-
stellt sind. Dass es viele Innerortsstrecken geben soll,
die mit 80 km/h signalisiert sind, ändert nichts an der
Tatsache, dass auf der Frankentalerstrasse kein solches
Signal angebracht war. Der Hinweis des Beschwerdeführers
auf einen Bundesgerichtsentscheid (wohl BGE 100 IV 71)
hilft ihm auch nicht weiter, weil in jenem Fall einzig
die Markierung das gebotene Verhalten hätte vorschreiben
können; der Beschwerdeführer hingegen hätte aufgrund der
fehlenden Signalisation betreffend Innerortsende wissen
können und müssen, dass er sich noch nicht im Ausser-
ortsbereich mit der entsprechenden Höchstgeschwindigkeit
befand. Im Übrigen kann auf die Ausführungen im angefoch-
tenen Entscheid verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG).

     3.- Nach dem Gesagten ist die Beschwerde kosten-
pflichtig abzuweisen (Art. 278 Abs. 1 BStP).

           Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem
Beschwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem
Polizeirichteramt der Stadt Zürich und dem Obergericht
(III. Strafkammer) des Kantons Zürich schriftlich mit-
geteilt.
                     ______________

Lausanne, 19. Januar 2000

              Im Namen des Kassationshofes
           des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                     Der Präsident:

                 Der Gerichtsschreiber: