Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.454/1999
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5P.454/1999/min

              II.  Z I V I L A B T E I L U N G
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                       7. Februar 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivil-
abteilung, Bundesrichter Raselli, Bundesrichter Merkli und
Gerichtsschreiber Mazan.

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                          In Sachen

B.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat
Dr. Thomas F. Kleyling, St. Gallerring 49, 4055 Basel,

                            gegen

A.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Advokat Daniel
Stoll, Hauptstrasse 9, 4153 Reinach,
Obergericht des Kantons  B a s e l - L a n d s c h a f t,
Dreierkammer,

                         betreffend
                   Art. 4 aBV (Eheschutz),

         wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

     1.- Mit Verfügung vom 18. März 1998 hatte der Bezirks-
gerichtspräsident von Arlesheim A.________ und B.________ das
Getrenntleben bewilligt, die gemeinsame Tochter J.________
(1994) unter die Obhut des Ehemannes gestellt und diesen
vorläufig zur Bezahlung eines Unterhaltsbeitrages an die Ehe-
frau von monatlich Fr. 500.-- angehalten. Mit Verfügung vom
5. März 1999 verpflichtete er A.________, B.________ vom
1. März bis 31. Oktober 1999 monatlich Fr. 500.-- und danach
für die Zeit des Getrenntlebens monatlich Fr. 100.-- zu be-
zahlen. Dagegen erhob B.________ am 15. März 1999 Appellation
ans Obergericht des Kantons Basel-Landschaft, welches die
angefochtene Verfügung mit Urteil vom 9. November 1999 be-
stätigte.

        Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 9. Dezember
1999 beantragt B.________ dem Bundesgericht, das Urteil des
Obergerichtes des Kantons Basel-Landschaft vom 9. November
1999 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung ans Ober-
gericht zurückzuweisen; das Obergericht sei zu verpflichten,
die Höhe der Unterhaltsbeiträge entsprechend ihren Anträgen
im kantonalen Verfahren, mindestens jedoch auf Fr. 500.--
festzusetzen. Ferner ersucht sie um Erteilung der aufschie-
benden Wirkung und der unentgeltlichen Rechtspflege. Das
Obergericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. Hin-
sichtlich des Gesuchs um Erteilung der aufschiebenden Wirkung
enthielt es sich eines Antrags. A.________ beantragte die
Abweisung des Gesuchs um Erteilung der aufschiebenden Wirkung
und Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Auf das Ein-
holen einer Stellungnahme zur staatsrechtlichen Beschwerde
wurde verzichtet. Am 10. Januar 1999 gewährte der Präsident
der II. Zivilabteilung der staatsrechtlichen Beschwerde

hinsichtlich der ab Dezember 1999 geschuldeten Unterhalts-
beiträge aufschiebende Wirkung und wies das Gesuch im Übrigen
ab.

     2.- Soweit die Beschwerdeführerin beantragt, dass das
Obergericht anzuweisen sei, die Unterhaltsbeiträge entspre-
chend den von ihr gestellten Anträgen, mindestens jedoch auf
Fr. 500.-- pro Monat festzusetzen, ist auf die Beschwerde
nicht einzutreten. Die staatsrechtliche Beschwerde ist - von
hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - kassatorischer
Natur (BGE 120 Ia 256 E. 1b S. 257 m.w.H.), so dass die An-
träge, mit denen mehr als die Aufhebung des angefochtenen
Entscheides verlangt wird, unzulässig sind.

     3.- Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht zu-
nächst vor, Art. 159 Abs. 3 und Art. 163 ZGB dadurch willkür-
lich angewendet zu haben, dass der Nebenerwerb des Beschwer-
degegners bei der Rentenberechnung nicht berücksichtigt
worden sei. Das Obergericht hat festgehalten, dass der Be-
schwerdegegner zwar einen Nebenverdienst von Fr. 363.--/Monat
erziele. Da eine Nebenerwerbstätigkeit bei der Festsetzung
der Unterhaltsbeiträge aber nur solange zu berücksichtigen
sei, als sie zumutbar erscheine, rechtfertige sich die Mit-
berücksichtigung des Nebenverdienstes nicht, weil sich der
Beschwerdegegner neben seiner (Haupt-)Erwerbstätigkeit auch
um die Betreuung der gemeinsamen Tochter kümmere. Mit diesen
Ausführungen setzt sich die Beschwerdeführerin überhaupt
nicht auseinander; vielmehr beschränkt sie sich darauf zu
behaupten, dass unerfindlich sei, weshalb die tatsächlich
ausgeübte Nebenerwerbstätigkeit im vorliegenden Fall unzumut-
bar sein sollte. Mit dieser Rüge ist nicht dargetan, weshalb
der angefochtene Entscheid willkürlich sein soll, so dass auf
die Beschwerde insoweit nicht einzutreten ist (Art. 90 Abs. 1
lit. b OG).

     4.- Weiter beanstandet die Beschwerdeführerin als will-
kürliche Anwendung von Art. 159 Abs. 3 und Art. 163 ZGB, dass
beim Aufwand des Beschwerdeführers Kosten für Fremdbetreuung
im Betrag von Fr. 350.-- pro Monat berücksichtigt worden
seien, die durch nichts belegt seien. Auch diesbezüglich ist
auf die Beschwerde nicht einzutreten. Das Obergericht führt
in Bezug auf die Fremdbetreuungskosten aus, dass im erstin-
stanzlichen Verfahren beim Bedarf des Ehemannes zu Unrecht
kein Betrag für die Betreuung des Kindes berücksichtigt
worden sei. Wenn dieser das Kind während seiner Arbeitszeit
bei seinen Eltern unterbringe, sei nicht einfach davon auszu-
gehen, dass diese die Betreuung gratis leisteten; der Betrag
von Fr. 350.-- erscheine als angemessen. Die Beschwerdefüh-
rerin bestreitet nun nicht, dass das Kind mit Rücksicht auf
die Arbeit des Beschwerdegegners fremdbetreut wird. Ebenso
wenig bestreitet die Beschwerdeführerin an sich, dass mit der
Tagesbetreuung des Kindes gewisse Kosten verbunden sind,
sondern macht nur geltend, dass "nirgends belegt und höchst
unwahrscheinlich (sei), dass der Ehemann seinen Eltern für
die Betreuung des Kindes monatlich Fr. 350.-- abzugeben"
habe. Mit diesen Ausführungen zur Höhe der Fremdbetreuungs-
kosten ist nicht dargetan, inwiefern die Annahme des Ober-
gerichtes willkürlich sein soll (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG);
insbesondere geht der Hinweis auf den Grundbetrag von
Fr. 195.-- fehl, da mit diesem Betrag der Grundbedarf und
keine Fremdbetreuungskosten gedeckt werden.

     5.- Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin als will-
kürlich, dass ihr im angefochtenen Entscheid ein hypotheti-
sches Einkommen von Fr. 2'175.-- pro Monat angerechnet werde.
Im angefochtenen Urteil wird in diesem Zusammenhang ausge-
führt, dass die Beschwerdeführerin ab März 1998 eine Erwerbs-
tätigkeit im Umfang von 20% ausgeübt und diese ab Januar 1999
auf zirka 50% gesteigert habe. Einer jungen Frau ohne Betreu-
ungspflichten könne nach einer gewissen Übergangszeit eine

volle Erwerbstätigkeit zugemutet werden. Mit der Bezahlung
einer monatlichen Rente von Fr. 500.-- und Übernahme der
Krankenkassenprämien bis Ende Oktober 1998 habe der Beschwer-
degegner ihren Anspruch ungefähr abgedeckt, der ihr bei einer
halben Beschäftigung zugestanden wäre. Nach Aufgabe des Ge-
trenntlebens hätte sie Zeit gehabt, ihre Sprachkenntnisse und
damit ihre Arbeitsmarktchancen zu verbessern. Ab November
1998 sei ihr deshalb eine mindestens 80%-ige Erwerbstätigkeit
zuzumuten gewesen, zumal sie nicht dargetan habe, dass eine
Beschäftigung in diesem Umfang zu finden unmöglich sei; sie
habe weder eine Bestätigung ihres Arbeitgebers, dass eine
Erhöhung des Beschäftigungsgrades nicht möglich sei, noch
Unterlagen über Bemühungen um anderweitige Beschäftigung
beigebracht. Bei einem Nettoeinkommen von Fr. 2'500.-- bei
voller Beschäftigung sei deshalb von einem zumutbaren Ein-
kommen von gerundet Fr. 2'175.-- auszugehen. Auch in diesem
Zusammenhang setzt sich die Beschwerdeführerin nicht mit der
Begründung des Obergerichtes auseinander. Insbesondere be-
streitet sie die Darstellung des Obergerichts nicht, dass
sie keine Bestätigung des Arbeitgebers bzw. Unterlagen über
anderweitige gescheiterte Bemühungen beigebracht habe. Sie
behauptet nicht einmal, dass sie ihre Erwerbstätigkeit beim
derzeitigen Arbeitgeber nicht steigern könnte. Vielmehr be-
schränkt sie sich darauf vorzubringen, dass sie ihre Erwerbs-
tätigkeit bereits ausgedehnt habe und seit Januar 1999 monat-
lich Fr. 1'173.45 verdiene. Bei der Arbeitsuche habe sie es
schwer, weil sie aus einem fremden Kulturkreis stamme, der
Sprache nicht kundig sei und keinen Beruf erlernt habe. Es
wäre deshalb Sache ihres Ehemannes gewesen, ihr entsprechende
Stellen zu vermitteln. Mit diesen appellatorischen Beanstan-
dungen wird nicht dargetan, weshalb der angefochtene Ent-
scheid völlig unhaltbar und damit willkürlich sein soll, so
dass auch insoweit auf die Beschwerde nicht einzutreten ist
(Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).

     6.- Schliesslich ist auch auf den Einwand nicht einzu-
treten, dass der angefochtene Entscheid selbst unter der
Annahme, dass die einzelnen Berechnungspositionen nicht zu
beanstanden sein sollen, unhaltbar sei, weil der rechnerisch
ausgewiesene Unterhaltsbeitrag von Fr. 132.10 auf Fr. 100.--
abgerundet werde. Mit der Rüge, dass die Unterhaltsbeiträge
"in völlig haltloser Weise" abgerundet worden seien, wird
nicht dargetan, weshalb der angefochtene Entscheid geradezu
verfassungswidrig sein soll.

     7.- Insgesamt ergibt sich somit, dass auf die staats-
rechtliche Beschwerde nicht einzutreten ist. Bei diesem Aus-
gang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2
OG).

        Das sinngemäss gestellte Gesuch der Beschwerdefüh-
rerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist schon
deshalb abzuweisen, weil die Beschwerde, die bereits an den
formellen Voraussetzungen scheitert, als aussichtslos zu be-
zeichnen ist (Art. 152 Abs. 1 OG). Das Gesuch des Beschwerde-
gegners um unentgeltliche Rechtspflege ist insoweit gegen-
standslos geworden, als dieser im vorliegenden Verfahren
obsiegt. Allerdings ist seinem Anwalt für die Beantwortung
des Gesuchs um aufschiebende Wirkung eine angemessene Ent-
schädigung auszurichten.

              Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht ein-
getreten.

     2.- Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche
Rechtspflege wird abgewiesen.

     3.- Dem Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche
Rechtspflege wird entsprochen, soweit es nicht gegenstandslos
geworden ist, und dem Beschwerdegegner wird Advokat Daniel
Stoll als unentgeltlicher Beistand beigegeben.

     4.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Be-
schwerdeführerin auferlegt.

     5.- Advokat Daniel Stoll wird aus der Bundesgerichts-
kasse eine Entschädigung von Fr. 500.-- ausbezahlt.

     6.- Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Oberge-
richt des Kantons Basel-Landschaft (Dreierkammer) schriftlich
mitgeteilt.
                        _____________

Lausanne, 7. Februar 2000

               Im Namen der II. Zivilabteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: