Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.444/1999
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5P.444/1999/min

              II.  Z I V I L A B T E I L U N G
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                      29. Februar 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilab-
teilung, Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Merkli und
Gerichtsschreiber Schneeberger.

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                          In Sachen

Y.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Roger Giroud, Seefeldstrasse 116, Postfach, 8034 Zürich,

                            gegen

Obergericht des Kantons  Z ü r i c h,  II. Zivilkammer, als
obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs,

                         betreffend
                unentgeltliche Rechtspflege,

         wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

     1.- Gegen Y.________ war mit Betreibung Nr. 6332 des
Betreibungsamtes X.________ die Grundpfandbetreibung ein-
geleitet worden. In der Folge focht der Betriebene sowohl das
Lastenverzeichnis als auch den Verteilungsplan an. Das Ver-
fahren darüber, in dem das Bezirksgericht am 17. April 1997
zu Ungunsten von Y.________ entschieden und diesem die un-
entgeltliche Rechtspflege verweigert hatte, zog Y.________
weiter und wurde von der II. Zivilkammer des Obergerichts des
Kantons Zürich mit Beschluss vom 6. Mai 1997 bis zur rechts-
kräftigen Erledigung des Verfahrens betreffend die Lasten-
bereinigung sistiert. Nachdem auf die entsprechende Klage von
Y.________ anfänglich nicht eingetreten worden war und im an-
schliessenden Lastenbereinigungsverfahren verschiedene Ent-
scheide zürcherischer Gerichtsinstanzen ergangen waren, konn-
te dieses Verfahren mit Vergleich, auf Grund dessen das Las-
tenverzeichnis einvernehmlich abgeändert wurde, am 20. Mai
1999 vor erster Instanz rechtskräftig erledigt werden. In
der Folge änderte das Betreibungsamt von sich aus den Vertei-
lungsplan entsprechend dem modifizierten Lastenverzeichnis
ab, stellte ihn den Beteiligten zu und schloss das Zwangs-
vollstreckungsverfahren entsprechend diesem unangefochten
gebliebenen Plan ab.

        Im wieder aufgenommenen Verfahren bezüglich des
durch Y.________ angefochtenen Verteilungsplanes beschloss
das Obergericht als obere kantonale Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs am 28. Oktober 1999, das Verfah-
ren als gegenstandslos geworden abzuschreiben und das Gesuch
von Y.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
abzuweisen.

        Y.________ beantragt mit staatsrechtlicher Beschwer-
de hauptsächlich, den Beschluss vom 28. Oktober 1999 insoweit
aufzuheben, als ihm die unentgeltliche Rechtspflege verwei-
gert worden ist. Vernehmlassungen sind nicht eingeholt
worden.

        In Rücksicht auf das Gesuch des Beschwerdeführers um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege hat der Präsident
der II. Zivilabteilung mit Verfügung vom 6. Dezember 1999 auf
die Erhebung eines Kostenvorschusses verzichtet und dem Be-
schwerdeführer die Behandlung des Gesuchs auf Antrag des bun-
desgerichtlichen Referenten in Aussicht gestellt. Mit Schrei-
ben vom 21. Dezember 1999 hat sich der Beschwerdeführer zu
seiner Bedürftigkeit geäussert und ein weiteres Beleg ein-
gereicht.

     2.- Der angefochtene Entscheid ist im Sinne von Art. 86
Abs. 1 und Art. 87 OG letztinstanzlich, weil nach § 284
Ziff. 2 ZPO/ZH gegen Entscheide von Aufsichtsbehörden die
Nichtigkeitsbeschwerde unzulässig ist und somit das Kassa-
tionsgericht des Kantons Zürich nicht angerufen werden kann.

        Dass zusammen mit dem Rekurs an die Schuldbetrei-
bungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts die unentgelt-
liche Rechtspflege verlangt werden kann (BGE 122 III 392
E. 3), ändert nichts daran, dass im vorliegenden Fall die
staatsrechtliche Beschwerde das richtige Rechtsmittel ist
(so auch BGE 122 I 8). Denn hier wird der Beschluss der
oberen kantonalen Aufsichtsbehörde nur insoweit angefochten,
als darin für das kantonale Beschwerdeverfahren (Art. 17 f.
SchKG) die unentgeltliche Rechtspflege verweigert worden ist.
Daher kann auch der Umstand, dass der Rekurs der staatsrecht-
lichen Beschwerde vorgeht (Art. 19 SchKG, Art. 79 Abs. 1 und
Art. 81 Satz 2 i.V.m. Art. 43 Abs. 1 und Art. 84 Abs. 2 OG),
hier von vornherein keine Rolle spielen (BGE 124 III 205

E. 3, 121 III 24 E. 2d S. 28, 119 III 70 E. 2; H. Pfleghard,
in: Handbücher für die Anwaltspraxis, Prozessieren vor
Bundesgericht, Schuldbetreibungs- und Konkursbeschwerde,
2. Aufl. 1998, Rz 5.55, 5.95 und 5.98 S. 180 f. und 192 f.;
F. Cometta, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbe-
treibung und Konkurs, Bd. I, N 46 zu Art. 19 SchKG).

     3.- Weil die staatsrechtliche Beschwerde von hier nicht
vorliegenden Ausnahmen abgesehen kassatorischer Natur ist
(BGE 124 I 327 E. 4a bis c S. 332 ff.) und weil das Oberge-
richt im Fall der Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwer-
de in Rücksicht auf den im Beschwerdeverfahren analog gelten-
den Art. 66 OG ohnehin an die Begründung des bundesgericht-
lichen Urteils gebunden wäre (BGE 112 Ia 353 E. 3c/bb; Mess-
mer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen,
Rz 158 S. 225 f. mit Fn 10), ist auf die Beschwerde insoweit
nicht einzutreten, als damit verlangt wird, das Obergericht
zur Gewährung der Verfahrenshilfe im kantonalen Beschwerde-
verfahren zu verpflichten.

     4.- Wohl kann auch im Beschwerdeverfahren nach Art. 17
ff. SchKG grundsätzlich unentgeltliche Rechtspflege verlangt
werden, obwohl der Betriebene gemäss Art. 20a Abs. 1 Satz 1
SchKG und Art. 62 Abs. 2 GebVSchKG (SR 281.35) nicht kosten-
pflichtig gemacht werden darf. Jedoch ist angesichts der Un-
tersuchungsmaxime eine unentgeltliche Verbeiständung gestützt
auf Art. 4 aBV (weitergehendes kantonales Verfahrensrecht
vorbehalten) in der Regel nicht erforderlich. Die Beiordnung
eines staatlich entschädigten Anwalts kann nur verlangt wer-
den, wenn die zu beurteilende Materie besonders komplex ist,
erhebliche Rechtskenntnisse erforderlich sind, grosse finan-
zielle Interessen auf dem Spiel stehen und/oder wenn der Ge-
suchsteller zur Bewältigung der Verfahrenshandlungen nicht

befähigt erscheint. Die gleichen Grundsätze gelten nach
Art. 152 Abs. 1 OG auch im anschliessenden bundesgericht-
lichen Verfahren (BGE 122 III 392 E. 3, insbes. 3c S. 394,
122 I 275 E. 3a, 122 I 8 E. 2, 112 Ia 14 E. 3c S. 18).

        Im Rahmen des aus Art. 4 aBV (vgl. dazu Art. 29
Abs. 3 BV und die Botschaft über eine neue Bundesverfassung,
BBl. 1997 I S. 182 zu EArt. 25 Abs. 3 BV) fliessenden Mini-
malanspruches auf unentgeltliche Rechtspflege (dazu BGE 125 I
161 E. 3b und 122 I 275 E. 3a) prüft das Bundesgericht frei,
ob die Verfassung verletzt ist; damit im Zusammenhang ste-
hende tatsächliche Feststellungen werden jedoch nur auf Will-
kür geprüft (BGE 124 I 1 E. 2, 124 I 304 E. 2a und 2c, 120 Ia
179 E. 3a).

        a) Soweit der Beschwerdeführer im vorliegenden Pro-
zess zu den rechtlichen Schwierigkeiten des Lastenbereini-
gungsverfahrens Stellung nimmt, ist auf die staatsrechtliche
Beschwerde nicht einzutreten, weil diese Rügen keinen Ein-
fluss (BGE 122 I 53 E. 5 S. 57; vgl. 125 II 10 E. 3a S. 15,
123 III 261 E. 4a S. 270) auf die hier zu beurteilende Frage
haben, ob das Obergericht dem Beschwerdeführer im Verfahren
über den Verteilungsplan verfassungswidrig die Verfahrens-
hilfe verweigert hat. Infolgedessen dürfen nur Rügen geprüft
werden, die sich auf die rechtlichen Schwierigkeiten dieses
Verfahrens beziehen.

        b) Der Beschwerdeführer begründet die Notwendigkeit
des Beizuges eines amtlichen Vertreters erfolglos damit, er
als Laie habe nicht wissen können, dass er mit der Weiter-
ziehung des erstinstanzlichen Entscheids im Verfahren über
den Teilungsplan aufschiebende Wirkung hätte verlangen müssen
(vgl. Art. 36 SchKG). Unabhängig davon, ob ein solcher Antrag
im Kanton Zürich hätte gestellt werden müssen, begründet der
Beschwerdeführer nicht, weshalb die Gefahr bestanden haben

soll, dass das Zwangsvollstreckungsverfahren gemäss dem noch
unbereinigten Verteilungsplan abgeschlossen werde, und wes-
halb das Betreibungsamt sowie die Aufsichtsbehörden, die alle
der Offizialmaxime verpflichtet sind (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2
SchKG; vgl. Art. 4 Abs. 1 und Art. 8 SchKG; Jaeger/Walder/
Kull/Kottmann, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Kon-
kurs, Bd. I, 4. Aufl. 1997, N 4 a.E. zu Art. 20a SchKG),
zur Verteilung geschritten wären bzw. eine solche gebilligt
hätten, solange das dafür notwendigerweise Grundlage bildende
Lastenverzeichnis noch umstritten war. Denn schon die Ver-
steigerung ist als wichtigster Schritt vor der Verteilung
nicht erlaubt, wenn das Lastenverzeichnis den Steigerungs-
bedingungen nicht beiliegt (Art. 33 und 45 Abs. 2 VZG
[SR 281.42]). Mangels rechtsgenüglicher Begründung ist in-
soweit auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten
(Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 125 I 71 E. 1c, 122 I 70
E. 1c, 121 I 225 E. 4c).

        Hat das Obergericht nach dem Dargelegten offensicht-
lich ohne Verletzung der Verfassung festgestellt, das Lasten-
bereinigungsverfahren sei für die Ausgestaltung des Vertei-
lungsplanes immer präjudiziell (vgl. Art. 52 und 79 Abs. 3
VZG; vgl. Art. 135 bis 143a mit 144 bis 148, insbes. Art. 146
f. i.V.m. Art. 219 SchKG; s. Art. 156 f. SchKG i.V.m. Art.
219 SchKG) und im laufenden Verfahren hätte der Hinweis des
Beschwerdeführers darauf genügt, dass das Lastenverzeichnis
noch nicht rechtskräftig bereinigt war, begründet der Be-
schwerdeführer nicht in einer Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ge-
nügenden Weise, weshalb die vor erster Instanz umstrittene
Frage, ob im Beschwerdeverfahren über den Verteilungsplan
rechtskonform die Gläubigerin oder das Betreibungsamt als
seine Gegenpartei hätte bezeichnet werden müssen, den Beizug
eines Anwaltes dringend erforderlich machte. Denn er behaup-
tet nicht einmal, das Betreibungsamt habe vom laufenden Las-
tenbereinigungsverfahren nichts gewusst, bzw. gar nichts
wissen können.

        Dass im erstinstanzlichen Verfahren mit Beschluss
vom 17. April 1997 die Beschwerde gegen den Verteilungsplan
mit der Begründung abgewiesen worden ist, über das damals
noch unbereinigte Lastenverzeichnis sei rechtskräftig befun-
den worden, ändert entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers
am Ausgang des Verfahrens nichts, hätte doch auch dagegen
eine einfache Bestreitung genügt. Unerfindlich ist schliess-
lich, weshalb das vorliegende Verfahren in rechtlicher Hin-
sicht dadurch komplizierter geworden sein soll, dass sich das
Obergericht im Sistierungsbeschluss vom 6. Mai 1997 nicht als
obere Aufsichtsbehörde bezeichnet hat. Der Beschwerdeführer
macht in diesem Zusammenhang zu Recht geltend, das Oberge-
richt habe alles von Amtes wegen berücksichtigen müssen.

        c) Unabhängig davon, ob die Notwendigkeit der Ver-
beiständung schon dann verneint werden darf, wenn eine ein-
zelne Voraussetzung fehlt, bzw. ob sie auch bejaht werden
darf, wenn nicht alle Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. dazu
BGE 122 III 392 E. 3 und 112 Ia 14 E. 3c S. 18), dringt die
Beschwerde nicht durch:

        Die Behauptung des Beschwerdeführers, er wäre als
Laie nicht in der Lage gewesen, im Verfahren über den Vertei-
lungsplan erfolgreich vorzugehen, vermag das Argument, die
Rechtsfragen seien nicht komplex, nicht zu entkräften. Denn
vom Beschwerdeführer, der mit Millionenbeträgen gewirtschaf-
tet haben muss, darf offensichtlich die Fähigkeit erwartet
werden, vom Obergericht im Verfahren über den Verteilungsplan
zu verlangen, den Ausgang des Lastenbereinigungsverfahrens
abzuwarten.

        Was der Beschwerdeführer zu den auf dem Spiel ste-
henden finanziellen Interessen ausführt, vermag nichts am
Umstand zu ändern, dass auch insoweit das Lastenbereinigungs-
verfahren präjudiziell ist. Das zeigt namentlich auch der

Hinweis des Beschwerdeführers auf die Erfolgsaussichten, die
offensichtlich vom Ausgang des Lastenbereinigungsverfahrens
abhingen.

     5.- Ist die staatsrechtliche Beschwerde mangelhaft be-
gründet und dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ent-
gangen, dass der Verteilungsplan weder von der Versteigerung
der Liegenschaft noch vom dafür erforderlichen Lastenver-
zeichnis getrennt werden kann, weil das Zwangsvollstreckungs-
verfahren nach dem Fortsetzungsbegehren immer mit der Ermitt-
lung des verwertbaren, bzw. mit der Verwertung des verpfän-
deten Schuldnervermögens beginnt und mit der Verteilung des
Erlöses aus der Verwertung endet (s. Art. 89 ff., 116 ff.,
insbes. Art. 133 ff., und 144 ff. i.V.m. Art. 219 SchKG;
s. Art. 155 ff. i.V.m. Art. 219 SchKG; s. Art. 197 ff., 221
ff., 252 ff. und 261 ff. SchKG), erscheint die staatsrecht-
liche Beschwerde als aussichtslos (Art. 152 Abs. 1 OG; BGE
123 I 145 E. 2b/bb, 122 I 267 E. 2b). Weil Art. 20a Abs. 1
Satz 1 SchKG nur für die Beschwerde nach Art. 17 ff. SchKG
gilt (Cometta, a.a.O. N 45 und 50 zu Art. 19 SchKG sowie N 7
f. zu Art. 20a SchKG) und somit die allgemeinen Bestimmun-
gen zur Kostenverlegung im bundesgerichtlichen Verfahren
(Art. 149 ff., insbes. 156 und 159 OG) nicht zu verdrängen
vermag, wird der unterliegende Beschwerdeführer in Rücksicht
auf die Abweisung seines Gesuches um Verfahrenshilfe kosten-
pflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung
schuldet der Beschwerdeführer jedoch nicht, weil dem obsie-
genden Obergericht nach der im staatsrechtlichen Beschwerde-
verfahren analog geltenden Vorschrift von Art. 159 Abs. 2
Halbsatz 2 OG keine Entschädigung zusteht (Poudret, Commen-
taire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. V,
Bern 1992, N 3 zu Art. 159 OG S. 162).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche
Verfahren wird abgewiesen.

     3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere
kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs
schriftlich mitgeteilt.
                        _____________

Lausanne, 29. Februar 2000

               Im Namen der II. Zivilabteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: