Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.429/1999
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5P.429/1999/bnm

              II.  Z I V I L A B T E I L U N G
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                       3. Februar 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivil-
abteilung, Bundesrichter Weyermann, Bundesrichter Bianchi,
Bundesrichter Raselli, Bundesrichterin Nordmann sowie
Gerichtsschreiber Zbinden.

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                          In Sachen

Z.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Peter Sutter, Sonnenberg, 9038 Rehetobel,

                            gegen

Y.________, Beschwerdegegner,
Kantonsgerichtspräsidium  Z u g,  Rechtsöffnungsrichter,

                    betreffend Art. 4 aBV
             (Bewilligung des Rechtsvorschlags),

hat sich ergeben:

     A.- Im Rahmen der für eine Forderung aus Verlustschein
angehobenen Betreibung Nr. x des Betreibungsamtes Baar erhob
der Schuldner, Y.________, Rechtsvorschlag mit dem Vermerk:
«Kein neues Vermögen, als arbeitslos gemeldet, Sozialamt
gemeldet». Der Rechtsöffnungsrichter des Kantonsgerichtsprä-
sidiums Zug lud in der Folge einzig den Schuldner zur Ver-
handlung vom 27. Oktober 1999 vor und bewilligte gleichentags
den Rechtsvorschlag aufgrund der schuldnerischen Vorbringen.

     B.- Der Gläubiger, Z.________, führt gegen diesen
Entscheid staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des
rechtlichen Gehörs mit dem Antrag, die angefochtene Verfügung
sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vor-
instanz zurückzuweisen. Der Schuldner hat sich nicht verneh-
men lassen. Der Rechtsöffnungsrichter schliesst dahin, die
staatsrechtliche Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden könne.

              Das Bundesgericht zieht Erwägung:

     1.- a) Der Rechtsöffnungsrichter hält in seiner Vernehm-
lassung dafür, beim angefochtenen Entscheid handle es sich um
eine Zwischenverfügung im Sinne von Art. 87 OG, welche für
den Beschwerdeführer keinen nichtwiedergutzumachenden Nach-
teil zur Folge habe; er könne im Anschluss an das Bewilli-
gungsverfahren des Art. 265a Abs. 1 bis 3 SchKG innert 20
Tagen seit Eröffnung des Entscheides beim Richter des Betrei-

bungsortes Klage auf Feststellung neuen Vermögens erheben
(Art. 265a Abs. 4 SchKG).

        b) Das Verfahren betreffend Bewilligung des Rechts-
vorschlages gemäss Art. 265a Abs. 1 bis 3 SchKG ist summa-
rischer Natur, und der Richter entscheidet endgültig darüber,
ob der Rechtsvorschlag bewilligt wird oder nicht (Art. 265a
Abs. 1 SchKG). Die Bewilligung des Rechtsvorschlages führt
überdies zur Einstellung der Betreibung (Art. 78 Abs. 1
SchKG). Es liegt demnach ein Endentscheid im Sinne von Art.
87 OG vor (gl.M.: Gasser, Nachlassverfahren, Insolvenzerklä-
rung und Feststellung neuen Vermögens nach rev. SchKG, ZBJV
132/1996, S. 19; Huber Kommentar zum Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs, SchKG III, Basel 1998, N. 31 zu
Art. 265a SchKG; a.M.: Brönnimann Neuerungen bei ausgewählten
Klagen des SchKG, ZSR 115/1996, S. 230; Nicolas Jeandin,
Actes de défaut de biens et retour à meilleure fortune selon
le nouveau droit, SJ 119/1997, S. 290; Beat Fürstenberger
Einrede des mangelnden und Feststellung neuen Vermögens nach
revidiertem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz, Diss. BS
1999, S. 97 f.).

        Gegen den Entscheid des Rechtsöffnungsrichters sind
von Bundesrechts wegen jegliche kantonale Rechtsmittel aus-
geschlossen (Art. 265a Abs. 1 letzter Satz SchKG; Botschaft
über die Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung
und Konkurs, BBl 1991 III 159), weshalb eine Heilung der
Verletzung des rechtlichen Gehörs im summarischen Verfahren
der Bewilligung des Rechtsvorschlages nicht mehr möglich ist
(zur Heilung und deren Voraussetzungen: BGE 105 Ib 171 E. 3b
S. 174; 110 Ia 81 E. 5d). Zwar hat das Bundesgericht als
Rechtsmittel auch andere Rechtsbehelfe, namentlich auch Kla-
gen, anerkannt, die zur Beseitigung des Rechtsnachteils füh-
ren, der mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten wird
(BGE 94 I 365 E. 4 S. 370 mit Hinweisen auf frühere Entschei-

de; BGE 78 I 248 [Klage betreffend Herausgabe eines Kindes];
81 I 61 [Klage auf Anfechtung einer Namensänderung gemäss
Art. 30 Abs. 3 ZGB]; 94 I 365 E. 4 S, 372 [Arrestaufhebungs-
klage gemäss aArt. 279 Abs. 2 SchKG]). Die Klage auf Fest-
stellung neuen Vermögens (Art. 265a Abs. 4 SchKG) kann jedoch
nicht der Heilung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs
dienen, die in einem nunmehr abgeschlossenen Verfahren began-
gen worden ist. Der angefochtene Entscheid erweist sich daher
insoweit als letztinstanzlich.

        Im Lichte von Art. 87 OG ist demnach auf die staats-
rechtliche Beschwerde einzutreten.

     2.- Zulässig, aber überflüssig ist der Antrag auf Rück-
weisung der Sache zu neuer Entscheidung, zumal die kantonale
Instanz auch ohne ihn den Weisungen des bundesgerichtlichen
Entscheids gemäss neu über die Sache zu befinden hätte
(BGE 112 Ia 353 E. 3c/bb; Messmer/Imboden, Die eidgenössi-
schen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, S. 226 Fn.
10).

     3.- a) Nach Art. 265a Abs. 1 SchKG entscheidet der Rich-
ter nach Anhörung der Parteien über die Bewilligung des
Rechtsvorschlages. Der klare Wortlaut dieser Bestimmung ver-
pflichtet ihn mithin, vor seinem Entscheid den Parteien das
rechtliche Gehör zu gewähren (Botschaft, a.a.O, S. 159). In
diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer zwar einzig
eine Verletzung von Art. 4 aBV. Seine Rüge deckt sich jedoch
mit jener der willkürlichen Anwendung von Art. 265a Abs. 1
SchKG (vgl. dazu BGE 118 Ia 20 E. 3a, einen Fall von Art. 58
Abs. 1 BV und Art. 179 Abs. 3 IPRG betreffend).

        b) Unbestritten ist, dass der Beschwerdegegner laut
Aussage des Rechtsöffnungsrichters «infolge eines - bedauer-
lichen - Kanzleiversehens» nicht zur Verhandlung vom 27. Ok-
tober 1999 vorgeladen worden ist. Er wusste somit nicht um
dieses Verfahren und war demnach auch nicht in der Lage, sich
zu den Vorbringen des Schuldners zu äussern und seine eigenen
Argumente vorzubringen. Dass ihm Gelegenheit geboten worden
wäre, sich schriftlich zu äussern, ist nicht erstellt und
wurde auch nicht behauptet. Damit hat der Rechtsöffnungsrich-
ter gegen den klaren Wortlaut der genannten Bestimmung ver-
stossen, was zur Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde
und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides führt.

     4.- Der Beschwerdegegner hat sich in diesem Verfahren
nicht vernehmen lassen, weshalb es sich nicht rechtfertigt,
ihm die Gerichtsgebühr aufzuerlegen oder ihn zur Zahlung
einer Parteientschädigung an den Beschwerdeführer zu ver-
pflichten. Da auch dem Kanton Zug grundsätzlich keine Ge-
richtsgebühr auferlegt werden kann und sich eine Ausnahme vom
Grundsatz auch nicht aufdrängt, ist von deren Erhebung abzu-
sehen (BGE 95 I 316 E. 4; Messmer/Imboden, a.a.O., S. 35 mit
weiteren Nachweisen in Fn 19).

        Hingegen hat der Kanton Zug den Beschwerdeführer
für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen,
und die Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums Zug, Rechts-
öffnungsrichter, vom 27. Oktober 1999 wird aufgehoben.

     2.- Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.

     3.- Der Kanton Zug hat den Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädi-
gen.

     4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsge-
richtspräsidium Zug, Rechtsöffnungsrichter, schriftlich mit-
geteilt.

                       _______________

Lausanne, 3. Februar 2000

             Im Namen der II. Zivilabteilung des
               SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
      Der Präsident:             Der Gerichtsschreiber: