I. Zivilabteilung 4P.300/1999
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4P.300/1999/rnd I. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************* 27. März 2000 Es wirken mit: Bundesrichterin und Bundesrichter Walter, Präsident, Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler und Gerichts- schreiber Herren. --------- In Sachen Andreas G e n t i n e t t a, Belalpstrasse 8, 3900 Brig, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Fritz Anthamatten, Furkastrasse 32, Postfach 22, 3900 Brig, gegen 1. Roland S c h n y d r i g, 3903 Mund, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans-Peter Jaeger, Terbinerstrasse 3, Postfach 249, 3930 Visp, 2. Hans A l b r e c h t, Schulhausstrasse 18, 3900 Brig, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwältin Viola Amherd, Furkastrasse 25, 3900 Brig, Kantonsgericht W a l l i s, Zivilgerichtshof I, betreffend Art. 4 aBV (Zivilprozess; willkürliche Beweiswürdigung), hat sich ergeben: A.- Andreas Gentinetta und Martin Andereggen vereinbar- ten am 16. November 1990, gemeinsam unter der Bezeichnung "Konsortium MERIKA BRIGERBAD" in der Gemeinde Brig eine Überbauung mit mehreren Häusern zu realisieren. Andereggen, Inhaber eines Architekturbüros, übernahm dabei Planung und Bauleitung des Projektes. Mit Werkvertrag vom 30. Oktober 1991 übertrug das Konsortium Roland Schnydrig die Erstellung der sanitären Installationen der Wohnsiedlung Merika. Schnydrig hatte unter anderem PE-Kanalisationsrohre zu lie- fern und in die Bodenplatten der Häuser A und B zu verlegen. Die Installationspläne und die Offertunterlagen für die Sa- nitärinstallationen waren vom Sanitäringenieur Hans Albrecht erarbeitet worden. Auf dessen Plänen ist der Vermerk "Gefäl- le 1%" doppelt unterstrichen angebracht. Die Verlegung der Rohre in den Bodenplatten der beiden Häuser erfolgte zwischen dem 9. und dem 16. April 1991. Am 15. April 1991 verfasste Roland Schnydrig ein Bau- stellenprotokoll, in dem er darauf hinwies, dass die Leitun- gen nicht die Normalgefälle aufwiesen, und liess es von Mar- tin Andereggen als bauleitenden Architekten und Vertreter der Bauherrschaft unterzeichnen. Noch vor Fertigstellung der Überbauung wurde das Konsortium MERIKA BRIGERBAD aufgelöst. Andreas Gentinetta übernahm mit Vereinbarung vom 25. Juni 1992 sämtliche Akti- ven und Passiven der Überbauung Merika und verblieb als al- leiniger Bauherr. In der Folge zeigte sich, dass die Kana- lisation im Haus A nicht funktionierte und dauernd Verstop- fungen aufwies. B.- Am 30. Juni 1995 stellte Andreas Gentinetta beim Bezirksgericht Brig gegen Roland Schnydrig und Hans Albrecht ein Gesuch um Anordnung einer vorsorglichen Beweisexpertise. Im Einverständnis der beteiligten Parteien holte das Gericht beim Experten Otto Stoffel ein Gutachten über die bestehen- den Mängel, deren Ursachen und allfällige Sanierungsmöglich- keiten ein. Am 16. September 1996 reichte Andreas Gentinetta beim Bezirksgericht Brig zwei getrennte, in Bezug auf die Tatsachenbehauptungen und Belege gleichlautende Forderungs- klagen gegen Roland Schnydrig einerseits und Hans Albrecht anderseits ein. Nach Abschluss des Beweisverfahrens ent- schied das zuständige Kantonsgericht, die beiden Klagen von Amtes wegen zu verbinden. In der Schlussverhandlung bean- tragte der Kläger im Verfahren C1 99/1, Roland Schnydrig sei zu verpflichten, die vom Experten vorgeschlagene Sanierung der Abwasserleitung binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Urteils vorzunehmen; im Unterlassungsfalle sei der Kläger vom Gericht zur Ersatzvornahme zu ermächtigen. Im Verfahren C1 99/2 lautete das Begehren, Hans Albrecht sei zur Bezah- lung von Schadenersatz in der Höhe von Fr. 42'479.80 für die Sanierung der Kanalisationsleitung zu verpflichten. Von bei- den Beklagten verlangte der Kläger Ersatz der Kosten für die provisorische Beweisaufnahme von Fr. 2'686.25 nebst Zins zu 5% ab dem 6. Februar 1997, für den provisorischen Schacht in der Waschküche von Fr. 1'007.20 nebst Zins zu 5% ab dem 25. März 1997 sowie für zahlreiche Kanalisationsreinigungen in der Höhe von insgesamt Fr. 2'523.60 nebst Zins zu 5% seit den jeweiligen Verfalldaten. Im Eventualbegehren beantragte er schliesslich, Roland Schnydrig bzw. Hans Albrecht seien zum Ersatz der Gerichts- und Verfahrenskosten zu verpflich- ten, die dem Kläger im Verfahren gegen den jeweils anderen Beklagten allenfalls auferlegt werden sollten. Das Kantonsgericht wies die beiden Klagen mit Ur- teil vom 13. Oktober 1999 ab. C.- Andreas Gentinetta hat gegen das Urteil des Kan- tonsgerichts sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Be- schwerde eingereicht. Mit Letzterer beantragt er, das ange- fochtene Urteil aufzuheben. Die Beschwerdegegner schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Kantonsgericht hat auf Vernehmlassung ver- zichtet. Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1.- Das Kantonsgericht kam im angefochtenen Urteil ge- stützt auf das Expertengutachten zum Schluss, Ursache für die mangelhafte Funktionsweise der Kanalisation in Haus A sei ein zu geringes Gefälle der Leitungen. Nach den Plänen des Ingenieurs sollte die Kanalisation in den Bodenplatten der beiden Häuser verlegt und dabei ein Gefälle von 1% ein- gehalten werden. Damit wären zwar die Empfehlungen der Schweizer Norm SN 592000 ("Planung und Erstellung von Anla- gen für Liegenschaftsentwässerung") unterschritten worden, das einwandfreie Funktionieren der Kanalisation wäre aber gleichwohl gewährleistet gewesen. Indes sei in Haus A ein Gefälle von 1% von vornherein nicht erzielbar gewesen, da auf die Länge der Bodenplatte von insgesamt 40 Metern kein ausreichender Niveauunterschied zur Verfügung stand. Die Pläne des Ingenieurs erwiesen sich insofern als mangelhaft, denn sie hätten eine Anweisung enthalten, die nicht einzu- halten war. Der Installateur habe dieses Problem erkannt und den bevollmächtigten Architekten zunächst mündlich und an- schliessend schriftlich abgemahnt, indem er ihn das Baustel- lenprotokoll vom 15. April 1991 habe unterzeichnen lassen. Da die Bauherrschaft ungeachtet der Bedenken des Installa- teurs an der geplanten Ausführung festgehalten habe, habe sie den Mangel letztlich selbst verschuldet. Der Fehler des Ingenieurs, die Kanalisationsleitung im Haus A in die Boden- platte zu verlegen, sei damit nicht kausal für den eingetre- tenen Schaden. 2.- Der Beschwerdeführer wirft dem Kantonsgericht vor, den Sachverhalt in mehreren Punkten willkürlich festgestellt zu haben. a) Nach ständiger Rechtsprechung liegt Willkür nicht schon dann vor, wenn eine andere als die vom kantona- len Gericht gewählte Lösung ebenfalls vertretbar scheint oder gar vorzuziehen wäre. Willkürlich ist ein Entscheid vielmehr erst, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, insbe- sondere mit der tatsächlichen Situation in klarem Wider- spruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechts- grundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Ge- rechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 122 III 130 E. 2a S. 131; 122 I 61 E. 3a S. 66 f., je mit Hinweisen). Geht es um Beweiswürdigung, ist überdies zu beachten, dass dem Sach- gericht darin nach konstanter Praxis ein weiter Ermessens- spielraum zukommt (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das Bundes- gericht greift nur ein, wenn das kantonale Gericht sein Er- messen missbraucht hat, namentlich zu völlig unhaltbaren Schlüssen gelangt ist (BGE 101 Ia 298 E. 5 S. 306; 98 Ia 140 E. 3a S. 142, mit Hinweisen) oder erhebliche Beweise überse- hen oder willkürlich nicht berücksichtigt hat (BGE 118 Ia 28 E. 1b S. 30; 112 Ia 369 E. 3 S. 371; 100 Ia 119 E. 127). Da- bei rechtfertigt sich die Aufhebung eines Entscheides nur, wenn er nicht nur in einzelnen Punkten der Begründung, son- dern auch im Ergebnis willkürlich ist, wenn also als will- kürlich gerügte Feststellungen rechtserhebliche Tatsachen betreffen und sich auf den Entscheid ausgewirkt haben (BGE 122 I 61 E. 3a S. 67; 122 III 130 E. 2a S. 131; 117 Ia 135 E. 2c S. 139, je mit Hinweisen). b) Der Beschwerdeführer rügt zunächst, das Kantons- gericht habe ausser Acht gelassen, dass die mangelhafte Ka- nalisation nach den Feststellungen des Experten nicht nur ein viel zu geringes Gefälle, sondern teilweise sogar Gegen- steigungen, sogenannte "Säcke" aufweise. Diese Rüge ist un- begründet. Das Kantonsgericht hat festgehalten, für das Ver- legen einer Leitung von 40 Metern Länge habe ein Gefälle von bloss 350 mm zur Verfügung gestanden, was für ein einwand- freies Funktionieren der Kanalisation nicht ausreichend sei. Zwar hat es dabei übersehen, dass das vorhandene Gefälle nach den Feststellungen des Experten sogar bloss 123 mm be- trug. Dies ändert aber nichts daran, dass das Kantonsgericht den Befund des Gutachters - ein von vornherein unzureichen- des Gefälle - im Ergebnis richtig zusammengefasst hat. Weder lässt sich dem Gutachten entnehmen, noch macht der Beschwer- deführer geltend, das in Haus A bestenfalls erzielbare Ge- fälle hätte ohne Gegensteigungen für ein Funktionieren der Kanalisation ausgereicht. c) Als willkürlich rügt der Beschwerdeführer sodann die Feststellung des Kantonsgerichts, die Schweizer Norm SN 592000 ("Planung und Erstellung von Anlagen für Liegen- schaftsentwässerung") sehe ein Mindestgefälle von 1,5% vor. Weise eine Leitung - wie im vorliegenden Fall - einen Rohr- durchmesser von weniger als 200 mm auf, empfehle die Norm vielmehr ein Gefälle von mindestens 2%. Davon sei im Übrigen auch der Experte ausgegangen. Es trifft zwar zu, dass das Kantonsgericht im ange- fochtenen Urteil festhielt, die einschlägige Norm empfehle für Kanalisationen im Innern von Gebäuden ein Gefälle von 1,5% bis 5%, und dabei offenbar übersehen hat, dass der Rohrdurchmesser der in Frage stehenden Leitungen weniger als 200 mm beträgt. Dieses Versehen hatte auf den Ausgang des Verfahrens indessen keinen Einfluss: Der Mangel der Kanali- sation in Haus A besteht nach den insofern unangefochtenen Feststellungen des Kantonsgerichts nicht darin, dass das vom Ingenieur eingeplante Gefälle von den Empfehlungen der Norm abgewichen wäre, sondern dass die Planvorgaben aufgrund der gegebenen Verhältnisse nicht eingehalten werden konnten. Ausdrücklich hat das Sachgericht festgestellt, die Funk- tionstüchtigkeit der Kanalisation wäre bei einem Gefälle von 1% gewährleistet gewesen. Es ist daher unwesentlich, ob die Norm ein Mindestgefälle von 1,5% oder 2% empfiehlt. Der Willkürvorwurf erweist sich somit als unbegründet. d) Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, die Feststellung des Kantonsgerichts, wonach zwischen dem Be- schwerdegegner 1 und der Bauherrschaft vor Abfassung des Baustellenprotokolls eine hitzige Diskussion über die Gefäl- leproblematik stattgefunden habe, die vom bauleitenden Ar- chitekten nicht in Abrede gestellt werde, stehe mit der tat- sächlichen Situation in klarem Widerspruch. Das Kantonsgericht hat im angefochtenen Urteil festgestellt, nach seinen eigenen Aussagen habe der Be- schwerdegegner 1 dem bauleitenden Architekten und damaligen Mitglied des Baukonsortiums das Problem mit dem ungenügenden Leitungsgefälle mitgeteilt, worauf eine "hitzige Diskussion" stattgefunden habe. Diese Aussage erscheine durchaus glaub- würdig, zumal die Diskussion vom bauleitenden Architekten nicht in Abrede gestellt werde. Aus dem Einvernahmeprotokoll geht nun zwar tatsächlich hervor, dass der Beschwerdegegner 1 nicht mit dem bauleitenden Architekten, sondern mit dem Bauführer eine hitzige Diskussion geführt hatte. Entschei- dend ist indessen, dass der bauleitende Architekt während der Befragung auf einen entsprechenden Vorhalt des Rechts- vertreters des Beschwerdeführers nicht bestritten hatte, vom Beschwerdegegner 1 über das ungenügende Gefälle der Abwas- serleitung orientiert worden zu sein. Diese Feststellung des Kantonsgerichts steht im Einklang mit dem Einvernahmeproto- koll und ist somit nicht willkürlich. e) Der Beschwerdeführer beanstandet schliesslich, aus dem Sachverhalt des angefochtenen Urteils gehe nicht hervor, dass der Beschwerdegegner 2 die Bauherrschaft nicht abgemahnt habe. Zudem stehe die Feststellung des Kantonsge- richts, der Ingenieur habe nur für Haus B, nicht aber für Haus A die Empfehlung ausgesprochen, die Kanalisation in die Bodenplatte einzulegen, mit den Akten in Widerspruch. Inwie- fern diese als willkürlich gerügten Feststellungen aller- dings rechtserhebliche Tatsachen betreffen und sich auf den angefochtenen Entscheid ausgewirkt haben sollen, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Das Kantonsgericht ist davon ausgegangen, der Beschwerdegeg- ner 1 habe die Bauherrschaft darüber in Kenntnis gesetzt, dass bei einer Verlegung der Kanalisation in der Bodenplatte kein ausreichendes Gefälle erzielt werden könne. Erweist sich diese Mitteilung als rechtsgenügliche Abmahnung im Sin- ne von Art. 369 OR - was als Rechtsfrage im Rahmen der Beru- fung zu prüfen sein wird -, ist ohne Belang, ob auch der In- genieur die Bauherrschaft abgemahnt hat oder ob er ihr zuvor geraten hatte, die Kanalisation in der Bodenplatte zu verle- gen. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass die Bauherrschaft nach den Feststellungen des Kantonsgerichts in Kenntnis der Tatsache, dass die in den Plänen des Ingenieurs vorgesehene Konstruktionsweise ein ungenügendes Gefälle zur Folge haben werde, dennoch an einer Verlegung in der Bodenplatte festge- halten hat. 3.- Nach dem Gesagten ist die staatsrechtliche Be- schwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei die- sem Verfahrensausgang wird der Beklagte kosten- und entschä- digungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird dem Be- schwerdeführer auferlegt. 3.- Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit je Fr. 4'000.-- zu ent- schädigen. 4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsge- richt Wallis, Zivilgerichtshof I, schriftlich mitgeteilt. _____________ Lausanne, 27. März 2000 Im Namen der I. Zivilabteilung des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: