I. Zivilabteilung 4P.180/1999
Zurück zum Index I. Zivilabteilung 1999
Retour à l'indice I. Zivilabteilung 1999
4P.180/1999/rnd I. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************* Sitzung vom 29. Februar 2000 Es wirken mit: Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, Präsident, Leu, Corboz, Klett, Rottenberg Liatowitsch und Gerichtsschreiber Huguenin. --------- In Sachen Gresta Data AG in Liquidation, c/o Guido Stadelmann, Golbrig- weg 4, 8702 Zollikon, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ralph Scheidegger, Kempterstrasse 5, Post- fach 721, 8029 Zürich, gegen Schweizer Verband der Raiffeisenbanken (SVRB), Vadianastrasse 17, 9001 St. Gallen, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Bauer, Pestalozzistrasse 2, "Zentrum St. Leonhard", 9000 St. Gallen, Kassationsgericht des Kantons St. Gallen, betreffend Art. 4 aBV (Zivilprozess), hat sich ergeben: A.- Die Gresta Data AG befasste sich mit der Entwicklung von Software-Programmen. Anfangs der neunziger Jahre hatte sie die Absicht, ein umfassendes, hardwareunabhängiges Ban- ken-Softwareprogrammpaket zu realisieren, dem sie die Be- zeichnungen "DIALBA 2000/PRIBAS 2000/VERMÖGEN 2000" gab. Das Programm "DIALBA 2000" richtete sich speziell an die Raiffei- senbanken, während "PRIBAS 2000" für Privatbanken und "VERMÖ- GEN 2000" für die Vermögensverwaltung gedacht war. Am 29. Januar/24. Februar 1992 schlossen die Gresta Data AG und der Schweizer Verband der Raiffeisenbanken (SVRB) einen Vertrag, der die Fortentwicklung des Softwarepaketes "DIALBA 2000" durch die Gresta mit Unterstützung des SVRB zum Gegenstand hatte. Als Ziel des Projektes wurde die Entwick- lung eines Softwarepaketes genannt, das bei einer Vielzahl von Raiffeisenbanken eingesetzt werden könne. Am 28. Dezember 1992 beschloss der Verwaltungsrat der Gresta Data AG die Anmeldung des Konkurses der Gesell- schaft. Am 18. Mai 1993 eröffnete der Konkursrichter des Be- zirksgerichts Zürich den Konkurs über die Gresta Data AG. Das Konkursverfahren wurde am 12. Juli 1993 mangels Aktiven ein- gestellt. Gegen die Löschung der Gesellschaft im Handelsre- gister wurde Einsprache erhoben, was dazu führte, dass sich die Gesellschaft seither gemäss Art. 66 Abs. 2 HRegV (Han- delsregisterverordnung vom 7. Juni 1937; SR 221.411) in Li- quidation befindet. Das Projekt "DIALBA 2000" wurde nach der Konkurs- eröffnung über die Gresta Data AG zunächst gemeinsam vom SVRB und der Bank Wegelin & Co. fortgesetzt. Am 30. Juni 1993 gründeten der SVRB und die erwähnte Bank die Basoft Neue Ban- kensoftware AG, welche die Arbeit am Projekt übernahm und weiter führte. In der Folge veräusserte die Bank ihre Betei- ligung an dieser Gesellschaft an den SVRB. Dieser teilte in einem an die Raiffeisenbanken gerichteten Rundschreiben vom 30. August 1993 mit, dass die neue Softwarelösung "DIALBA 2000" kurz vor dem Markteintritt stehe. B.- Nachdem der SVRB Geldforderungen der Gresta Data AG in Liquidation abgelehnt hatte, reichte diese im März 1995 beim Handelsgericht des Kantons St. Gallen Klage ein. Die Klägerin stellte den Antrag, den Beklagten für die Verwertung des Softwareprogrammpaketes "DIALBA 2000" zur Bezahlung eines vom Beweisergebnis abhängigen und daher später zu beziffern- den Betrages nebst 5 % Zins seit 13. April 1994 zu verpflich- ten (Antrag Ziffer 1). Sie stellte zudem die Rechtsbegehren, den Beklagten zu verpflichten, ihr für die zukünftige Nutzung des Softwareprogrammpaketes "DIALBA 2000" einen vom Beweiser- gebnis abhängigen und daher später zu beziffernden Anteil an allen zukünftigen Verwertungsvorteilen aus diesem Paket aus- zurichten (Antrag Ziffer 2), und festzustellen, dass sie Mit- urheberin des Softwareprogrammpaketes "DIALBA 2000" sei und dass daher jegliche Verwendung dieses Paketes ihrer Zustim- mung bedürfe, auszunehmen seien lediglich die Vertriebsrechte im Sinne der Überlassung zur Nutzung an Verbandsmitglieder des Beklagten (Antrag Ziffer 3). Mit Entscheid vom 29. September 1998 wies das Han- delsgericht die Rechtsbegehren Ziffer 1 und 2 ab und trat auf das Rechtsbegehren Ziffer 3 mangels sachlicher Zuständigkeit nicht ein. Die Gresta Data AG in Liquidation reichte gegen diesen Entscheid kantonale Nichtigkeitsbeschwerde und eidge- nössische Berufung ein. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Kassationsgericht des Kantons St. Gallen mit Urteil vom 28. April 1999 abgewiesen, soweit es auf sie eintrat. In den Urteilserwägungen wird unter anderem ausgeführt, die nach- trägliche Eingabe des Beklagten vom 2. Juli 1998, mit welcher dieser Vertragsentwürfe aus der Zeit vom 13. November 1991 bis 7. Januar 1992 eingereicht hatte, sei entgegen der Auf- fassung des Handelsgerichts wegen Verspätung unzulässig. Das führe indes nicht zur Aufhebung des angefochtenen Entschei- des, da das Handelsgericht die Entwürfe gestützt auf Art. 93 Abs. 3 ZPO SG von Amtes wegen zugezogen hätte. C.- Die Gresta Data AG in Liquidation hat das Urteil des Kassationsgerichts mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 aBV angefochten. Sie beantragt, diesen und den vorangehenden Entscheid des Handelsgerichts vom 29. September 1998 aufzuheben. Der Beschwerdegegner stellt den Antrag, auf die Beschwerde nicht einzutreten und sie im Übrigen vollumfänglich abzuweisen. Das Kassationsgericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. Auf Gesuch des Beschwerdegegners ist die Beschwerde- führerin mit Präsidialverfügung vom 1. Oktober 1999 zur Si- cherstellung einer der Gegenpartei allfällig geschuldeten Parteientschädigung angehalten worden. Sie hat die Sicher- heitsleistung im Betrag von Fr. 20'000.-- rechtzeitig er- bracht. Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1.- a) Nach Auffassung des Beschwerdegegners ist auf die Beschwerde mangels gehöriger Bevollmächtigung des Anwaltes der Beschwerdeführerin nicht einzutreten. Er hält an seiner bereits vor dem Handelsgericht vorgebrachten - und von diesem verworfenen - Begründung fest, dass die Vollmacht unwirksam sei, weil sie lediglich von Verwaltungsrat Guido Stadelmann und nicht von der Gesamtheit des Verwaltungsrates bzw. der Liquidatoren unterzeichnet worden sei. Aus dem Urteil des Handelsgerichts geht hervor, dass Guido Stadelmann einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin ist. Gemäss Art. 740 Abs. 1 OR wird die Liquidation durch den Verwaltungsrat besorgt, sofern sie nicht in den Statuten oder durch einen Beschluss der General- versammlung anderen Personen übertragen wird. Das ist nach dem Urteil des Handelsgerichts im Fall der Beschwerdeführerin nicht geschehen, weshalb die bisherigen Vertretungsbefugnisse (Art. 718 und 718a OR) weiter gelten. Entgegen dem Einwand des Beschwerdegegners reicht somit die Bevollmächtigung des Anwalts der Beschwerdeführerin durch Guido Stadelmann aus. b) Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich nur gegen letztinstanzliche Entscheide zulässig (Art. 86 und 87 OG). Der vorangehende Entscheid kann ausnahmsweise mitan- gefochten werden, wenn die Möglichkeit der Aufhebung dieses Entscheides zur Wahrung des vollen Rechtsschutzes erforder- lich ist. Das ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn entweder der letzten kantonalen Instanz nicht sämtliche vor Bundesgericht erhobenen Rügen unterbreitet werden konn- ten, oder wenn solche Rügen zwar von der letzten kantonalen Instanz zu beurteilen waren, jedoch mit einer engeren Prü- fungsbefugnis, als sie dem Bundesgericht zusteht (BGE 125 I 492 E. 1a/aa S. 493 f. mit Hinweisen). Mit der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde können die Nichtigkeitsgründe der Verletzung kantonalen Rechts oder der aktenwidrigen oder sonst willkürlichen tatsächlichen Fest- stellung gerügt werden (Art. 239 Abs. 1 lit. a und b ZPO SG [Zivilprozessgesetz des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 1990]). Soweit gegen den angefochtenen Entscheid weder Beru- fung noch Nichtigkeitsbeschwerde beim Bundesgericht zulässig sind, können weitere zwei Nichtigkeitsgründe geltend gemacht werden; nämlich die willkürliche Anwendung des Bundesrechts oder die Verletzung verfassungsmässiger Rechte und von Staatsverträgen (Art. 239 Abs. 2 ZPO SG). Im vorliegenden Fall waren diese Nichtigkeitsgründe indes nicht zulässig, da gegen den Entscheid des Handelsgerichts Berufung beim Bundes- gericht erhoben werden konnte. Unter den Begriff des kantonalen Rechts im Sinne von Art. 239 Abs. 1 lit. a ZPO fallen die Regeln der ZPO und des Gerichtsgesetzes sowie der darauf gestützten Verordnungen und Reglemente (Leuenberger/Uffer, Kommentar zur Zivilprozessord- nung des Kantons St. Gallen, N. 2 zu Art. 239 ZPO). Dazu ge- hören neben den einzelnen Verfahrensregeln auch die allgemei- nen Prozessgrundsätze wie namentlich der Anspruch auf recht- liches Gehör (Art. 55 ZPO SG) oder die Verhandlungsmaxime (Art. 56 Abs. 1 ZPO SG). Zum einen Teil erhebt die Beschwer- deführerin mit der staatsrechtlichen Beschwerde Rügen, welche in diesen Bereich fallen, zum andern Teil handelt es sich um Rügen willkürlicher Beweiswürdigung und Tatsachenfeststel- lung, die sie gestützt auf Art. 339 Abs. 1 lit. b ZPO SG ebenfalls vor Kassationsgericht vorbringen konnte (vgl. Leuenberger/Uffer, a.a.O., N. 3c zu Art. 239 ZPO). Die Vor- aussetzungen zur Mitanfechtung des Entscheids des Handelsge- richts mit staatsrechtlicher Beschwerde sind somit nicht ge- geben, weshalb auf den entsprechenden Beschwerdeantrag und die gegen den Entscheid des Handelsgerichts erhobenen Rügen nicht einzutreten ist. 2.- a) Der von der Beschwerdeführerin als verletzt be- trachtete Anspruch auf rechtliches Gehör wird zunächst durch die kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben, deren An- wendung das Bundesgericht nur auf Willkür überprüft. Soweit sich der Schutz der kantonalen Normen als unzureichend er- weist, greifen die unmittelbar aus Art. 4 aBV folgenden Min- destgarantien Platz, deren Anwendung mit freier Kognition be- urteilt wird (BGE 124 I 49 E. 3a S. 51; 124 III 49 E. 2a S. 50). Unmittelbar aus Art. 4 aBV ergibt sich der Anspruch auf Äusserung vor dem Erlass eines in die eigene Rechtsstel- lung eingreifenden Entscheides, auf Beibringung erheblicher Beweise, auf Akteneinsicht sowie darauf, mit erheblichen Be- weisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentli- cher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zum Beweisergeb- nis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 124 I 241 E. 2 S. 242). Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern der bundesrechtliche Minimalanspruch aus Art. 4 aBV nicht gewahrt worden sein sollte für den Fall, dass das Kassationsgericht die massgebenden Normen des kantonalen Prozessrechts willkür- frei ausgelegt und angewendet hat. Sie legt namentlich nicht dar, dass generell die Anwendung dieser kantonalen Prozess- normen in der Bedeutung, welche ihnen das Kassationsgericht beimisst, zu einer Verletzung des bundesrechtlichen Minimal- anspruchs führen müsste. Sie vertritt vielmehr die Auffas- sung, sie habe mit der Anwendung der massgebenden Prozessre- geln so, wie sie im vorliegenden Fall tatsächlich geschehen ist, nicht gerechnet. Eine Verletzung der verfassungsrechtli- chen Minimalgarantie wird damit nicht dargetan. b) Das Kassationsgericht weist in seinem Entscheid darauf hin, Art. 165 Abs. 3 ZPO SG sehe nicht nur vor, dass der Gerichtspräsident über die Zulassung nachträglicher Ein- gaben entscheide, sondern auch, dass der Entscheid des Ge- richts vorbehalten bleibe. Die kantonale Praxis interpretiere diese Bestimmung dahingehend, dass der Gerichtspräsident zwar über die Zulassung von nachträglichen Eingaben vorläufig ent- scheiden könne, der definitive Entscheid aber in der Regel durch das Gericht im Endurteil gefällt werde; im Übrigen er- gebe sich aus Art. 165 Abs. 3 ZPO SG nicht, dass der Ge- richtspräsident in einem formellen Entscheid über die Zulas- sung zu entscheiden habe. Nach den Erwägungen des Kassations- gerichts hatte die Beschwerdeführerin die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Vernehmlassung zur nachträglichen Eingabe des Beschwerdegegners vom 2. Juli 1998 materiell Stellung zu neh- men. Wenn sie sich darauf beschränkt habe, lediglich die Weg- weisung der Eingabe aus dem Prozess zu verlangen und sich eine materielle Stellungnahme für später vorzubehalten, habe sie auf eigenes Risiko gehandelt. Das Handelsgericht sei nach der kantonalen Praxis nicht gehalten gewesen, der Beschwerde- führerin im Nachhinein eine Frist für eine materielle Stel- lungnahme anzusetzen. Inwiefern diese Auslegung von Art. 165 Abs. 3 ZPO SG das Willkürverbot verletzen sollte, ergibt sich aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht, weshalb die Frage nicht zu prüfen ist (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 117 Ia 10 E. 4b S. 11 f. mit Hinweisen). Die Beschwerdeführe- rin rügt ausschliesslich eine Verletzung von Art. 165 Abs. 1 ZPO SG, wonach der Gerichtspräsident die Prozesseingaben der Gegenpartei zustellt, dieser Gelegenheit zur Akteneinsicht gibt und Frist ansetzt für die folgende Prozesseingabe. Die Beschwerdeführerin weist nicht nach, dass sie die Rüge, Art. 165 Abs. 1 ZPO SG sei allein schon dadurch verletzt worden, dass ihr keine formelle Frist gesetzt worden sei, bereits vor dem Kassationsgericht erhoben hat. Neue Vorbringen sind im vorliegenden Verfahren aber grundsätzlich unzulässig (BGE 118 Ia 20 E. 5a S. 26). Davon abgesehen ist die Rüge ohnehin un- begründet, nachdem die Beschwerdeführerin zu der ihr gemäss Art. 165 Abs. 1 ZPO SG zugestellten Eingabe vom 2. Juli 1998 tatsächlich Stellung genommen hat und ihr unstreitig die Mög- lichkeit offen gestanden hat, sich zu den Vertragsentwürfen materiell zu äussern. 3.- Die Beschwerdeführerin wirft dem Kassationsgericht sodann Willkür bei der Auslegung von Art. 93 Abs. 3 ZPO SG vor. Nach dieser Bestimmung kann der Richter zur Feststellung einer behaupteten Tatsache ausnahmsweise ohne Parteiantrag, aber nach Anhören der Parteien Beweis erheben, wenn er be- fürchtet, das Urteil auf einen unzutreffenden Sachverhalt stützen zu müssen. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, es sei willkürlich anzunehmen, dass das Handelsgericht - hätte es die Eingabe vom 2. Juli 1998 als verspätet betrachtet - die Vertragsentwürfe von Amtes wegen als Beweismittel heran- gezogen bzw. die Parteien zur Edition dieser Entwürfe aufge- fordert hätte. Im Entscheid des Kassationsgerichts wird dazu festgehalten, die am 5. Juni 1998 durchgeführten Einvernahmen hätten es auch für den Richter nahe gelegt, die von den Zeu- gen erwähnten Vertragsentwürfe beizuziehen; und es sei anzu- nehmen, dass die Gerichtsleitung die Parteien gestützt auf Art. 93 Abs. 3 ZPO SG aufgefordert hätte, die Vertragsentwür- fe zu edieren, wenn sie der Beschwerdegegner nicht von sich aus eingereicht hätte. Darin liegt keine willkürliche Ausle- gung von Art. 93 Abs. 3 ZPO SG. Diese Bestimmung gestattet dem Richter, ausnahmsweise von der Verhandlungsmaxime (Art. 56 Abs. 1 ZPO SG) abzuweichen, wenn dies im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig ist (Leuenberger/Uffer, a.a.O., N. 2 zu Art. 56 ZPO). Gleichzeitig erlaubt sie dem Richter aber auch eine Einschränkung der beweisrechtlichen Eventual- maxime, wie sie Art. 164 ZPO SG zugrunde liegt. Die Hypothese des Kassationsgerichts über das Vorgehen des Handelsgerichts erscheint sodann auch in tatsächlicher Hinsicht nicht als of- fensichtlich unhaltbar und damit nicht als willkürlich. Im Urteil des Handelsgerichts wird festgehalten, die Parteien hätten sich im Schriftenwechsel stets ausschliesslich auf den Vertragstext selber berufen und erst die Zeugen seien auf die Vertragsverhandlungen zu sprechen gekommen, indem sie vorge- bracht hätten, in Art. 6 der Vertragsentwürfe sei die Rede von "unentgeltlicher" Übernahme der Software gewesen. Aus der Sicht des Handelsgerichts erschien somit der Inhalt der von den Zeugen erwähnten Vertragsentwürfe geeignet, Aufschluss über die Auslegung der Vereinbarung vom 29. Januar/24. Feb- ruar 1992 zu geben. Bei der Auslegungsfrage handelte es sich aber um den zentralen Punkt des Prozesses, weshalb das Han- delsgericht daran interessiert sein musste, durch Beizug der Vertragsentwürfe von Amtes wegen die Wahrheit herauszufinden. 4.- Die Beschwerdeführerin rügt zudem eine willkürliche Beweiswürdigung bzw. Tatsachenfeststellung. Sie vertritt die Auffassung, aus den Aussagen der Zeugen Moser und Wunderlin ergebe sich eindeutig, dass man sich über den Grundsatz der Entgeltlichkeit einig gewesen sei, während in den Vertrags- entwürfen keine konkreten Hinweise zu finden seien, dass die Parteien Unentgeltlichkeit vereinbart hätten. Diese Entwürfe würden vielmehr den Grundsatz der Entgeltlichkeit gerade be- stätigen. Die Beschwerdeführerin kritisiert die Beweiswürdi- gung als unsachlich, unangemessen und nicht nachvollziehbar. a) Zur Vertragsauslegung wird im Entscheid des Han- delsgerichts zunächst festgehalten, dass in der Vereinbarung vom 29. Januar/24. Februar 1992 die Frage der Entgeltlichkeit nicht ausdrücklich geregelt sei. Das Handelsgericht betrach- tet sodann als entscheidend, dass der Beschwerdegegner sich auch für den Fall des Erreichens der sogenannten zweiten Stu- fe, das heisst nach Abnahme des Softwarepaketes, nicht zur Leistung einer Entschädigung verpflichtet habe, sondern dass die Beschwerdeführerin in der dritten Stufe das Recht erhal- ten sollte, mit den einzelnen Benützern des Softwarepaketes "DIALBA 2000" Lizenzverträge abzuschliessen und daraus ein Entgelt für die geleistete Entwicklungsarbeit zu erzielen. Aus den Aussagen der Zeugen Moser und Wunderlin ergibt sich nach dem Handelsgericht zwar, dass die Übernahme des unferti- gen Paketes nicht unentgeltlich sein sollte, aber dass man nicht gewusst habe, wie das Entgelt zu bemessen sei, weshalb die Parteien in der Erwartung, das Projekt werde ohnehin nicht abgebrochen, auf eine Regelung verzichtet hätten. Diese Aussagen der Zeugen korrigiert das Handelsgericht indes auf- grund des Inhalts der Vertragsentwürfe. Der Entwurf vom 13. November 1991 habe im Fall des Projektabbruchs die Über- nahme gegen Bezahlung eines Preises "auf Grundlage der beleg- baren und betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Aufwendun- gen der GRESTA für dieses Softwarepaket" (Art. 11 Abs. 4) vorgesehen; im späteren Entwurf vom 6. Dezember 1991 sei dann neu für den Fall des Projektabbruchs eine unentgeltliche Un- terlizenz bzw. Lizenz vorgesehen worden, während die frühere Regelung in Art. 11 betreffend die Preisfestsetzung auf Grundlage der belegbaren Aufwendungen gestrichen worden sei. Im Entwurf vom 12. Dezember 1991 sodann werde weder von Un- entgeltlichkeit noch von einem Preis bzw. einer Preisbestim- mungsregel gesprochen. Und der Entwurf vom 7. Januar 1992 schliesslich, dessen Art. 6 mit dem späteren Vertragstext übereinstimme, sehe neu eine Konventionalstrafe zu Lasten der Gresta im Fall des Projektabbruchs nach dem 1. Januar 1993 vor. b) Das Handelsgericht legt die Vereinbarung vom 29. Januar/24. Februar 1992 aufgrund der erwähnten Umstände nach dem Vertrauensprinzip in dem Sinne aus, dass der Be- schwerdegegner der Beschwerdeführerin für die Übernahme des Projektes keine Entschädigung schulde. In diesem Zusammenhang hält es namentlich fest, die Zeugen hätten, wie den Vertrags- entwürfen entnommen werden könne, die verschiedenen Entwick- lungen der Vertragsverhandlungen nur unvollständig geschil- dert, womit sich aufgrund ihrer Aussagen nicht der Schluss aufdränge, es sei zwingend von einer Lücke in Art. 6 der Ver- einbarung auszugehen. Die Vertragsverhandlungen sprächen vielmehr dafür, dass die Parteien in deren Verlauf von der Regelung einer Entschädigung in Kenntnis der sich dabei stel- lenden Fragen abgesehen hätten, womit für eine richterliche Vertragsergänzung kein Raum bleibe. Soweit es sich bei der Beurteilung durch das Han- delsgericht um Beweiswürdigung handelt, ist diese vom Kassa- tionsgericht zutreffend als nicht willkürlich bezeichnet wor- den. Wenn die Beschwerdeführerin demgegenüber die Aussagen der beiden Zeugen abweichend würdigt und gewichtet und in diesem Zusammenhang den Vorwurf der Willkür erhebt, geht sie von einem falschen Verständnis des Willkürverbotes im Gebiet der Beweiswürdigung aus. In diesem Gebiet steht dem kantona- len Gericht ein weiter Spielraum des Ermessens zu. Das Bun- desgericht greift auf staatsrechtliche Beschwerde hin nur ein, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 118 Ia 28 E. 1b S. 30 mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der vom Handelsgericht vorgenommene Vergleich zwischen den Aussagen der Zeugen und der Entwicklung der Ver- tragsverhandlungen, wie sie sich aus den verschiedenen Ent- würfen ergibt, erlaubt vielmehr ohne Willkür den vom Handels- gericht gezogenen Schluss, dass im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 29. Januar/24. Februar 1992 kein tat- sächlicher Konsens bestand, wonach die Beschwerdeführerin im Fall des Abbruchs des Projektes durch den Beschwerdegegner entschädigt werden sollte. 5.- Die Beschwerdeführerin wendet sich schliesslich gegen die Kostenregelung in der Verfügung des Kassationsge- richtspräsidenten vom 22. Februar 1999, mit welcher das Ge- such der Gegenpartei um Sicherstellung der Gerichts- und Parteikosten für das Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen wurde. In dieser Verfügung wurde der Beschwerde- führerin eine Parteientschädigung für das Gesuchsverfahren verweigert mit der Begründung, sie habe zum einen keinen Kos- tenantrag gestellt, sondern vielmehr den Einbezug der Kosten in die Kosten des Nichtigkeitsbeschwerdeverfahrens beantragt, und zum andern habe sie materiell nicht die Abweisung des Ge- suches, sondern nur die tiefere Festsetzung des sicherzustel- lenden Betrages beantragt; die Beschwerdeführerin - damalige Gesuchsgegnerin - erscheine so nicht als obsiegende Partei, welcher eine Parteientschädigung für das Verfahren des Teil- entscheides zuzusprechen wäre. Die Beschwerdeführerin wirft dem Kassationsgerichts- präsidenten die willkürliche Anwendung von Art. 264 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 260 Abs. 1 ZPO SG vor. Gemäss Art. 264 Abs. 1 ZPO SG trägt jene Partei die Prozesskosten, welche mit ihrem Begehren unterliegt, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. In Art. 260 Abs. 1 ZPO SG wird festgehalten, dass unter den Begriff der Prozesskosten sowohl die Gerichts- wie die Parteikosten fallen. Wie aus dem Wortlaut von Art. 264 Abs. 1 ZPO SG her- vorgeht, stellt diese Bestimmung auf die Anträge ("Begehren") der Parteien ab. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Stel- lungnahme vom 16. Februar 1999 die Anträge gestellt, sie sei unter angemessener Fristansetzung anzuweisen, für die Siche- rung der Prozesskosten einen Betrag von maximal Fr. 12'200.-- zu leisten (Rechtsbegehren Ziffer 1), und die Kosten- und Entschädigungsfolgen seien in die Kostenregelung des anhängi- gen Prozesses einzubeziehen (Rechtsbegehren Ziffer 2). Die Beschwerdeführerin hat somit keinen Antrag auf Abweisung des Sicherstellungsgesuchs gestellt, sondern mit ihrem Rechtsbe- gehren Ziffer 1 vielmehr implizit anerkannt, dass sie zur Sicherstellung bis zu einem Maximalbetrag von Fr. 12'200.-- verpflichtet sei. Unter diesen Umständen erscheint es nicht als willkürlich (vgl. zum Willkürbegriff bei der Rechtsan- wendung BGE 124 I 310 E. 5a S. 316 mit Hinweisen), dass der Gerichtspräsident die Beschwerdeführerin nicht als obsiegend im Sinne der kantonalen Prozessordnung betrachtet hat. Eben- falls nicht willkürlich ist im Übrigen dessen Beurteilung, dass die Beschwerdeführerin keinen Antrag auf Zusprechung einer Parteientschädigung gestellt hat. Art. 263 Abs. 3 ZPO SG macht den Zuspruch der Parteikosten von einem entsprechen- den Antrag abhängig (dazu Leuenberger/Uffer, a.a.O., N. 6 zu Art. 263 ZPO). Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Stellung- nahme vom 16. Februar 1999 keinen solchen Antrag gestellt, sondern sich darauf beschränkt, ein Aufschieben des Kosten- spruches für das Gesuchsverfahren und einen späteren Kosten- Entscheid zusammen mit jenem für das gesamte Beschwerdever- fahren zu verlangen. 6.- Aus diesen Gründen ist die staatsrechtliche Be- schwerde abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend ist die Gerichtsgebühr der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Diese hat den Beschwerdegegner für das bundesge- richtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Die Parteientschädigung ist dem Beschwerdegegner von der Bundesgerichtskasse aus dem sicher gestellten Betrag auszu- richten. Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden kann. 2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 12'000.-- wird der Be- schwerdeführerin auferlegt. 3.- Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 15'000.-- zu ent- schädigen. 4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kassations- gericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. ______________ Lausanne, 29. Februar 2000 Im Namen der I. Zivilabteilung des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: