Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.796/1999
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1P.796/1999/mks

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                      21. Februar 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Nay,
Féraud, Jacot-Guillarmod, Favre und Gerichtsschreiber
Sassòli.

                         ---------

                         In Sachen

A.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Alois Kessler, Oberer Steisteg
18, Postfach 148, Schwyz,

                           gegen

B.________, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Sven Meyer,
Brünigstrasse 164, Sarnen, Beschwerdegegnerin,
Staatsanwaltschaft des Kantons  O b w a l d e n,
Obergericht des Kantons  O b w a l d e n, als Appellations-
instanz in Strafsachen,

                         betreffend
     Anspruch auf rechtliches Gehör, Unschuldsvermutung
                     (Strafverfahren),

hat sich ergeben:

     A.- Am 21. November 1997 um ca. 19.15 Uhr ereignete
sich auf der Schwerzbachbrücke zwischen Sachseln und Giswil
ein Zusammenstoss zwischen zwei Fahrzeugen, die von
A.________ und von B.________ gelenkt wurden. Die Schwerz-
bachbrücke ist so schmal, dass sie ein Kreuzen von zwei
Fahrzeugen kaum zulässt. Da sie gewölbt ist, ist von den
beiden Brückenköpfen aus ein Fahrzeug, das sich auf der
entgegengesetzten Seite der Brücke befindet, nicht sichtbar.
Am 27. Januar 1998 verfügte der Verhörrichter, dass aufgrund
dieses Zusammenstosses keine Strafuntersuchung gegen
A.________ eröffnet werde. B.________ büsste er mit einem
Strafbefehl wegen Fahrens mit nicht angemessener Geschwin-
digkeit (Art. 90 Ziff. 1 SVG und Art. 4 Abs. 1 der Verkehrs-
regelnverordnung vom 13. November 1962 [VRV; SR 741.11]).
B.________ erhob Einsprache gegen diesen Strafbefehl.
Aufgrund der darin vorgebrachten Argumente wurde A.________
die Eröffnung einer Strafuntersuchung auch gegen ihn ange-
kündigt, weil auch ihn ein Verschulden am Verkehrsunfall
treffen könnte. Mit Strafbefehlen vom 28. Juli 1998 wurden
beide Beteiligten mit einer Busse von je Fr. 100.-- wegen
Fahrens mit nicht angepasster Geschwindigkeit mit der
Begründung bestraft, sie hätten nicht auf halbe Sichtweite
anhalten können (Art. 90 Ziff. 1 und 26 SVG, Art. 4 Abs. 1
VRV). Gegen diese Strafbefehle erhoben beide Beteiligten
Einsprache.

        Mit Anklageschrift vom 16. August 1999 beantragte
die Staatsanwaltschaft des Kantons Obwalden, A.________ sei
zu verurteilen, weil er nicht den Vortritt gewährt habe bzw.
es unterlassen habe, an einer Ausweichstelle zu halten oder
zu ihr zurückzufahren (Art. 26 Abs. 1 SVG und Art. 9

Abs. 2 VRV). Die Anklageschrift hielt fest, A.________
könne nicht vorgeworfen werden, mit nicht angepasster Ge-
schwindigkeit gefahren zu sein. Er habe auf halbe Sicht-
weite halten können. Mit Urteil vom 7. September 1999
verurteilte der Kantonsgerichtspräsident A.________ zu
einer Busse von Fr. 100.-- wegen Nichtgewährens des Vor-
tritts (Art. 26 Abs. 1 SVG). Vom Vorwurf einer Verletzung
von Art. 9 Abs. 2 VRV wurde er freigesprochen. A.________
erhob Appellation gegen das Urteil des Kantonsgerichts-
präsidenten und beantragte, er sei freizusprechen. Die
Staatsanwaltschaft erhob Anschlussappellation und begrün-
dete diese in der Appellationsverhandlung vom 16. November
1999 unter anderem damit, dass A.________ auch Art. 9
Abs. 2 VRV verletzt habe. Mit Urteil vom 16. November 1999
wies das Obergericht die Appellation und die Anschluss-
appellation ab, sprach A.________ wegen Fahrens mit den
Umständen nicht angepasster Geschwindigkeit schuldig
(Art. 32 Abs. 1 SVG) und vom Vorwurf der Verletzung
anderer Verkehrsregeln frei.

     B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt
A.________, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben,
weil es den Anspruch auf rechtliches Gehör, den Anklage-
grundsatz und die Unschuldsvermutung verletze.

        Die Staatsanwaltschaft des Kantons Obwalden ver-
zichtet auf eine Stellungnahme. Das Obergericht des Kan-
tons Obwalden und B.________ beantragen die Abweisung der
Beschwerde.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die Beschwerde gegen den am 19. November 1999
zugestellten Entscheid ist am 22. Dezember 1999 erhoben
worden. Damit ist die Beschwerdefrist von 30 Tagen nach
Art. 89 Abs. 1 OG eingehalten, weil gesetzliche Fristen vom
18. Dezember bis und mit dem 1. Januar gemäss Art. 34 Abs. 1
OG still stehen. Entgegen den von der privaten Beschwerde-
gegnerin und der Staatsanwaltschaft geäusserten Zweifeln
gilt dies auch für eine staatsrechtliche Beschwerde gegen
ein Strafurteil wie die vorliegende. Art. 34 Abs. 2 OG, der
einen Fristenstillstand in Strafsachen ausschliesst, ist
nach bundesgerichtlicher Praxis nicht auf staatsrechtliche
Beschwerden anwendbar, auch wenn diese mit Strafsachen
zusammenhängen (vgl. BGE 103 Ia 367). Die übrigen Sach-
urteilsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt, weshalb auf
die Beschwerde einzutreten ist.

     2.- Der Beschwerdeführer rügt, das angefochtene Urteil
verletze den Anklagegrundsatz. Er sei wegen Fahrens mit
nicht angemessener Geschwindigkeit verurteilt worden, obwohl
der Staatsanwalt ausdrücklich festgehalten habe, dieser Vor-
wurf könne ihm nicht gemacht werden, und er nie Anlass ge-
habt habe, sich zu diesem Vorwurf zu äussern.

        a) Der Anklagegrundsatz verteilt nach der bundesge-
richtlichen Rechtsprechung die Aufgaben zwischen den Unter-
suchungs- bzw. Anklagebehörden einerseits und den Gerichten
andererseits. Er bestimmt den Gegenstand des Gerichtsverfah-
rens. Die Anklage hat die dem Angeklagten zur Last gelegten
Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass
die Vorwürfe genügend konkretisiert sind. Das Anklageprinzip
bezweckt zugleich den Schutz der Verteidigungsrechte des

Angeschuldigten und dient dem Anspruch auf rechtliches Gehör
(BGE 120 IV 348 E. 2b S. 353 f. mit Hinweisen). Nach Art. 6
Ziff. 3 lit. a EMRK hat der Angeschuldigte Anspruch darauf,
in möglichst kurzer Frist über die Art und den Grund der
gegen ihn erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu
werden. Diese Angaben schliessen es allerdings nicht aus,
dass eine spätere Verurteilung wegen eines gleichartigen
oder geringfügigeren Delikts erfolgt. Das Gericht ist an
den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden,
nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die An-
klagebehörde (vgl. Niklaus Schmid, Strafprozessrecht,
3. Auflage, 1997, S. 44; Armand Meyer, Die Bindung des
Strafrichters an die eingeklagte Tat (Tatidentität), 1972,
S. 10 f.; so auch ausdrücklich Art. 124 Abs. 1 der Straf-
prozessordnung des Kantons Obwalden vom 9. März 1973
[StPO/OW; LB XIII, 185]).

        Ein Anspruch des Betroffenen, vor Erlass eines
belastenden Entscheids angehört zu werden, besteht jedoch
auch unabhängig vom Anklagegrundsatz. Dieser Anspruch auf
rechtliches Gehör floss bisher aus Art. 4 aBV und ist jetzt
in Art. 29 Abs. 2 der am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen
neuen Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) ausdrücklich
gewährleistet. Sein Umfang bestimmt sich zunächst nach den
kantonalen Verfahrensvorschriften, deren Auslegung und Hand-
habung das Bundesgericht unter dem Gesichtswinkel der Will-
kür prüft. Überdies greifen die unmittelbar aus der BV fol-
genden bundesrechtlichen Minimalgarantien Platz; ob diese
verletzt sind, beurteilt das Bundesgericht mit freier Kogni-
tion.

        b) Art. 124 Abs. 2 StPO/OW sieht vor, dass eine
Verurteilung des Angeklagten aufgrund schärferer Strafbe-
stimmungen als der in der Anklageschrift angerufenen nur
erfolgen darf, wenn der Angeklagte vorher darauf hingewiesen

worden ist und die Gelegenheit erhalten hat, sich dazu zu
äussern. Das Obergericht hält im Ergebnis zu Recht fest,
dass diese Bestimmung nicht auf die Verurteilung des Be-
schwerdeführers anwendbar sei. Er wurde wie von der Staats-
anwaltschaft beantragt nach Art. 90 Abs. 1 SVG verurteilt,
und zwar wie schon vom Kantonsgerichtspräsidenten zu einer
Busse von Fr. 100.--. Auch wiegt eine Verletzung von Art. 32
Abs. 1 SVG, wegen der er schliesslich bestraft wurde, nicht
schwerer als eine solche von Art. 26 SVG oder Art. 9 Abs. 2
VRV, die vor dem Kantonsgerichtspräsidenten und nach der
Anklageschrift zur Diskussion standen.

        c) Es fragt sich somit, ob ein Angeklagter direkt
aufgrund des Anspruchs auf rechtliches Gehör ein Anrecht
hat, vor einer Verurteilung gemäss anderer als der von der
Anklagebehörde genannten Strafbestimmungen zu dieser Verän-
derung Stellung nehmen zu können.

        aa) Dies ist nach der bundesgerichtlichen Recht-
sprechung zunächst dann der Fall, wenn das Gericht den ein-
geklagten Sachverhalt unter eine schärfere Strafbestimmung
oder zusätzlich unter einen weiteren Straftatbestand subsu-
mieren und dies straferhöhend berücksichtigen will (vgl.
unveröffentlichter Entscheid des Bundesgerichts vom 5. Juli
1985 i.S. S., E. 3). In BGE 116 Ia 455 E. 3cc S. 458 hat das
Bundesgericht darüber hinaus verlangt, ein Angeschuldigter
müsse zur beabsichtigten rechtlichen Würdigung angehört
werden, wenn sich das Gericht auf juristische Argumente zu
stützen gedenke, die ihm nicht bekannt seien und mit deren
Heranziehen er nicht rechnen musste. Wieweit sich dies aus
dem Anklagegrundsatz ergibt, wurde offen gelassen, da es
jedenfalls aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör hergelei-
tet werden könne (vgl. allgemein zum Anspruch auf rechtli-
ches Gehör zu Rechtsfragen BGE 124 I 49 E. 3c S. 52; 123 I
63 E. 2d S. 69 mit Hinweis).

        bb) Einen Anspruch des Angeschuldigten, vor einer
Änderung der rechtlichen Würdigung seines Verhaltens ange-
hört zu werden, hat auch die Europäische Kommission für
Menschenrechte (EKMR) auf Grund von Art. 6 Ziff. 3 lit. a
EMRK in einem Fall bejaht, der dann vor dem EGMR gütlich
beigelegt wurde (vgl. Bericht der EKMR vom 16. März
1989, i.S. Chichlian und Ekindjian c. Frankreich, Serie A,
Band 162 B, Beilage, Ziff. 64 f.). Zahlreiche
Strafprozessordnungen sehen dies ebenfalls ausdrücklich
vor (vgl. etwa Art. 170 BStP, Art. 148 Abs. 2 MStP; Art.
168 Abs. 2 StPO/SG, Art. 302 StrV/BE, § 163 Abs. 2
StPO/AG, § 183 StPO/LU, § 96 Abs. 3 StPO/SZ, § 116
StPO/SO, § 170 Abs. 4 StPO/BL, § 127 Abs. 2 StPO/BS; Art.
135 Abs. 1 StPO/VS, Art. 354 Abs. 1 StPO/VD, Art. 211 Abs.
1 StPO/NE, Art. 250 Abs. 1 StPO/TI; ebenso § 265 Abs. 1
der deutschen, § 262 der österreichischen und Art. 423
Abs. 1 der italienischen Strafprozessordnung). Nach
anderen Strafprozessordnungen ist wie nach derjenigen des
Kantons Obwalden dem Angeklagten nur dann Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben, wenn eine Verurteilung auf Grund
"schärferer Strafbestimmungen" als der in der Anklage
angerufenen erfolgen soll (vgl. etwa § 185 Abs. 2 StPO/ZH,
§ 276 Abs. 2 StPO/SH, Art. 129 Abs. 2 StPO/GL, Art. 125
Abs. 4 StPO/GR, Art. 166 Abs. 2 StPO/AR). In der
kantonalen Rechtsprechung dazu und der Lehre ist jedoch
ebenfalls anerkannt, dass auf Grund des Anspruchs des An-
geklagten auf rechtliches Gehör eine Anhörung auch statt-
zufinden habe, wenn die neu zur Anwendung vorgesehene Be-
stimmung keine höhere Strafdrohung vorsehe (vgl. Jörg
Rehberg, Der Anklagegrundsatz und das Fahrlässigkeits-
delikt, in: Festschrift 125 Jahre Kassationsgericht des
Kantons Zürich, 2000, S. 408, Fn. 3; Entscheid des Zürcher
Kassationsgerichts vom 3. September 1985, ZR 84 [1985]
Nr. 134 und implizit dessen Entscheid vom 11. Januar 1985,
a.a.O., Nr. 74).

        d) aa) Im vorliegenden Fall wurde das Verhalten
des Beschwerdeführers unter einen anderen Tatbestand sub-
sumiert als gemäss der Anklage, ohne dass die veränderte
obergerichtliche Würdigung zu einer Erhöhung der Strafe
geführt hätte (vgl. vorne E. 2b). Zwar erfolgte die Verur-
teilung wie von der Staatsanwaltschaft beantragt gemäss
Art. 90 Abs. 1 SVG. Bei dieser Bestimmung handelt es sich
jedoch um eine Blankettstrafnorm, so dass die durch sie
strafbewehrte Verkehrsregel die rechtliche Subsumtion des
Sachverhalts darstellt (ähnlich die EKMR in ihrem Bericht
zum Fall Chichlian und Ekindjian, a.a.O., Ziff. 58). Diese
verletzte Verkehrsregel ist nach dem obergerichtlichen
Urteil eine andere als gemäss Anklage und nach dem Urteil
des Kantonsgerichtspräsidenten. Verschiedene Verkehrsver-
stösse sind in der Regel keine gleichartigen Erscheinungs-
formen derselben Tat (vgl. zur Rechtslage in Deutschland,
wo dies nach § 265 StPO einen Hinweis vor einer Verurtei-
lung wegen eines anderen Verkehrsverstosses notwendig
macht, Peter Riess in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozess-
ordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, 24. Auflage,
1987, N. 39 zu § 265, mit Hinweisen auf die Rechtspre-
chung).

        bb) Wurde der Beschwerdeführer auf Grund eines
anderen Straftatbestands als in der Anklage beantragt
verurteilt, ist zu prüfen, ob er mit der beabsichtigten
neuen rechtlichen Würdigung rechnen musste (vgl. vorne
E. 2c/aa; BGE 116 Ia 455 E. 3cc S. 458). Dies muss auf
Grund aller Umstände des konkreten Falles beurteilt werden
(vgl. auch BGE 111 Ia 101 E. 2b S. 103 f.). Musste er
nicht damit rechnen, ist das angefochtene Urteil grund-
sätzlich wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör aufzuheben. Ausnahmsweise kann eine Verweigerung
des rechtlichen Gehörs verneint werden, wenn eine Anhörung
zur veränderten rechtlichen Würdigung überhaupt keine Aus-

wirkungen auf die Ausübung seiner Verteidigungsrechte haben
konnte. Hingegen ist die Möglichkeit zur Stellungnahme wegen
der formellen Natur des Anspruchs auf rechtliches Gehör
(vgl. BGE 125 I 113 E. 3 S. 118) unabhängig davon zu gewäh-
ren, ob die Argumente, die der Angeklagte hätte vorbringen
können, das Strafurteil voraussichtlich geändert hätten oder
nicht.

        e) aa) Einerseits war dem Beschwerdeführer ganz zu
Beginn des Strafverfahrens, im Strafbefehl, schon einmal
vorgeworfen worden, seine Geschwindigkeit sei unangemessen
gewesen. Der schliesslich ausschlaggebende Vorwurf war ihm
also bekannt. Dieser wurde jedoch im weiteren Verlauf des
Verfahrens nicht einfach zugunsten präziserer Qualifikatio-
nen aufgegeben, sondern die Staatsanwaltschaft hielt aus-
drücklich fest, dem Beschwerdeführer könne keine unange-
messene Geschwindigkeit vorgeworfen werden. Er sei in der
Lage gewesen, sein Fahrzeug innert halber Sichtweite anzu-
halten (vgl. Anklageschrift vom 16. August 1999, S. 4). Es
ist auch nicht ersichtlich, dass die Geschwindigkeit, mit
der er fuhr, bei der Anschlussappellation und ihrer Begrün-
dung in der Verhandlung vor Obergericht irgend eine Rolle
gespielt hätte. Die Staatsanwaltschaft warf ihm ja vor, dass
er überhaupt auf die Brücke gefahren sei und nicht vor ihr
gewartet habe bzw. zu einer Ausweichstelle zurückgefahren
sei. Der Beschwerdeführer musste somit nicht damit rechnen,
dass ihm vorgeworfen würde, er sei zu schnell gefahren.

        bb) Wenn der Beschwerdeführer auf die Möglichkeit
hingewiesen worden wäre, dass ihm eine unangemessene Ge-
schwindigkeit vorgeworfen werden könnte, hätte er auch
tatsächlich zusätzliche Argumente zu seiner Verteidigung
vorbringen können. Er hätte zu den vom Obergericht herbei-
gezogenen Umständen und Überlegungen, warum diese Geschwin-
digkeit unangemessen gewesen sei, Stellung nehmen können.

So hätte er vorbringen können, dass sein Fahrzeug gemäss der
Anklage (S. 4) und dem Urteil des Kantonsgerichtspräsidenten
(S. 11) zum Kollisionszeitpunkt stillgestanden sei, was
nachträglich zeige, dass seine Geschwindigkeit nicht unange-
messen gewesen sei. Wenn er gewusst hätte, dass seine Ge-
schwindigkeit zu bewerten war, hätte er auch darauf hin-
weisen können, dass in der Anklage berechnet und ausgeführt
werde, er habe auf halbe Sichtweite anhalten können. Er
hätte jedenfalls seine Auffassung über die Sichtweite vor-
bringen und entsprechende Beweisanträge stellen können.

        f) Zusammenfassend musste der Beschwerdeführer in
der konkreten Situation seines Strafverfahrens nicht mit
einer Verurteilung wegen unangemessener Geschwindigkeit
rechnen, und die unterlassene Anhörung hatte Auswirkungen
auf seine Verteidigungsrechte. Daher verstiess es gegen
seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, dass ihm das Ober-
gericht keine Gelegenheit gab, zur in Aussicht genommenen
neuen rechtlichen Qualifikation des ihm vorgeworfenen Sach-
verhalts Stellung zu nehmen. Die Beschwerde ist somit gut-
zuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben. Daher
erübrigt sich ein Eingehen auf die übrigen Rügen des Be-
schwerdeführers.

     3.- Die Beschwerde ist gutzuheissen. Bei diesem Ergeb-
nis sind die Gerichtskosten der privaten Beschwerdegegnerin
aufzuerlegen, die sich am bundesgerichtlichen Verfahren
beteiligt hat (Art. 156 Abs. 1 OG). Dem Kanton Obwalden
werden keine Gerichtskosten auferlegt (Art. 156 Abs. 2 OG).
Die private Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für
das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen
(Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen
und der Entscheid des Obergerichts des Kantons Obwalden vom
16. November 1999 aufgehoben.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird B.________
auferlegt.

     3.- B.________ hat den Beschwerdeführer für das bundes-
gerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

     4.- Dieses Urteil wird den Parteien sowie der Staats-
anwaltschaft und dem Obergericht als Appellationsinstanz in
Strafsachen des Kantons Obwalden schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 21. Februar 2000

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: