Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.695/1999
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1P.695/1999/odi

             I. ÖFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             *********************************

                      28. Februar 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter
Aeschlimann, Ersatzrichterin Geigy-Werthemann und Gerichts-
schreiberin Widmer.

                         ---------

                         In Sachen

M.S.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
René K. Merz, Pilatusstrasse 18, Luzern,

                           gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons  L u z e r n,
Obergericht des Kantons  L u z e r n, II. Kammer,

                         betreffend
        Art. 9 und 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK
     (Willkürliche Beweiswürdigung; in dubio pro reo),

hat sich ergeben:

     A.- Gemäss Anklage der Staatsanwaltschaft des Kantons
Luzern vom 31. März 1998 wird M.S.________ vorgeworfen, ab
zirka Mai 1990 bis April 1995 an seiner Tochter E.________,
geboren 1978, sexuelle Handlungen vorgenommen und anschlies-
send bis im März 1997 gegen ihren Willen mit ihr auch den
Geschlechtsverkehr vollzogen zu haben. M.S.________ bestritt
nur den Vorwurf der Vergewaltigung. Mit Urteil vom 27. Au-
gust 1998 sprach das Kriminalgericht des Kantons Luzern
M.S.________ der mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem
Kind nach Art. 187 Ziff. 1 StGB, der mehrfachen Vergewalti-
gung nach Art. 190 Abs. 1 StGB und des mehrfachen Inzests
nach Art. 213 Abs. 1 StGB schuldig und verurteilte ihn zu
4 1/2 Jahren Zuchthaus, abzüglich 3 Tagen Untersuchungshaft.

        Gegen dieses Urteil appellierte M.S.________ an das
Obergericht des Kantons Luzern mit den Anträgen, er sei in
teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils vom Vor-
wurf der Vergewaltigung freizusprechen und er sei für die
anerkannten Schuldsprüche der mehrfachen sexuellen Handlun-
gen mit einem Kind und des mehrfachen Inzests mit einer be-
dingten Gefängnisstrafe von 18 Monaten zu bestrafen. Am
8. Juni 1999 bestätigte die II. Kammer des luzernischen
Obergerichts sämtliche erstinstanzlichen Schuldsprüche und
setzte die Strafe auf 3 1/2 Jahre Zuchthaus herab.

     B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 30. September
1999 beantragt M.S.________ dem Bundesgericht die Aufhebung
des obergerichtlichen Urteils und die Rückweisung der Sache
zur Neubeurteilung. Er macht geltend, das Obergericht habe
das verfassungsmässig gewährleistete Willkürverbot verletzt,
indem es die beiden schriftlich gegenüber den Untersuchungs-

behörden abgegebenen Erklärungen seiner Tochter, wonach sie
zum Beischlaf nicht gezwungen worden sei, als aus einem
Loyalitätskonflikt hervorgegangene Lügen betrachtet habe.
Weiter leitet M.S.________ aus dem Grundsatz "in dubio pro
reo" ab, das Obergericht hätte von dem für ihn günstigeren
Sachverhalt ausgehen müssen, nachdem die Untersuchungsbehör-
den es unterlassen hätten, seine Tochter zu einer Kommentie-
rung ihrer beiden Schreiben aufzufordern.

        Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft beantra-
gen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten
sei.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit
freier Kognition, ob und inwieweit es auf eine Beschwerde
eintreten kann (BGE 125 II 293 E. 1a S. 299 mit Hinweisen).

        b) Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene,
kantonal letztinstanzliche Endurteil in seinen rechtlich
geschützten Interessen betroffen und zur Erhebung der
staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung der angerufe-
nen Verfassungsrechte legitimiert (Art. 86 f. OG). Soweit er
darüber hinaus eine unrichtige Anwendung von Art. 190 Abs. 1
StGB geltend macht, kann auf die Beschwerde nicht eingetre-
ten werden; diese Rüge ist gemäss Art. 269 Abs. 1 BStP mit
Nichtigkeitsbeschwerde vorzubringen. Auf die vom Beschwerde-
führer im September 1999 erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist
der Kassationshof des Bundesgerichts mangels Leistung des
Kostenvorschusses jedoch nicht eingetreten.

     2.- a) Aus den Untersuchungsakten geht hervor, dass
L.S.________ der Kantonspolizei Luzern am 31. März 1997 mit-
teilte, ihre Tochter E.________ wolle gegen deren Vater Aus-
sagen machen, wonach dieser sie sexuell missbraucht habe.
Anlässlich der gleichentags durchgeführten Befragung gab
E.________ zu Protokoll, sie habe sich zur Anzeige ent-
schlossen, weil es am Abend zuvor bei ihr zu Hause zu einem
grossen Streit gekommen sei. Ihr Vater habe unter dem Vor-
wand, sie würde immer lügen und er wolle sie dabei ertappen,
in ihrem Zimmer eine Überwachungskamera installiert. Die
sexuellen Belästigungen hätten begonnen, als sie etwa zwölf
Jahre alt gewesen sei. Ihr Vater habe sie jeweils ein- bis
zweimal pro Woche an ihrem Geschlechtsteil betastet, teil-
weise über, teilweise unter den Kleidern. Dies sei zur
Tageszeit in ihrem Zimmer oder im Wohnzimmer geschehen, wäh-
renddem die Mutter gearbeitet habe. Vor ca. einem Jahr habe
ihr Vater sie erstmals vergewaltigt. Seither habe er mit ihr
insgesamt rund dreissigmal den Geschlechtsverkehr vollzogen.
Ein paar wenige Male habe er ihr eine Ohrfeige gegeben, als
sie sich zur Wehr gesetzt habe. Sie habe ihrem Vater immer
wieder gesagt, dass sie an Sex mit ihm nicht interessiert
sei. Irgendwie habe sie sich ihm einfach ausgeliefert ge-
fühlt und nicht gewusst, wie sie sich verhalten solle. Auf
die Frage, wie es nun weiter gehe, antwortete E.________,
sie wolle ihren Vater nie mehr sehen. Er habe ihr zuviel an-
getan. Sie hoffe, dass sie die Kraft habe, bei ihren Aussa-
gen zu bleiben und darauf zu beharren.

        b) Anlässlich seiner Befragung vom 2. April 1997
gab der Beschwerdeführer zu, mit seiner Tochter Geschlechts-
verkehr gehabt zu haben. Auf die Frage, was E.________ dabei
empfunden habe, erklärte er, ein paarmal habe sie erwähnt,
dass es ihr gefallen habe, andere Male habe sie es nicht ge-
wollt. Letzteres habe sie zum Ausdruck gebracht, indem sie
geweint und sich mit den Händen gewehrt habe, wobei sie ihm

einmal fast einen Finger gebrochen hätte. Auch habe sie ihn
gebissen und am ganzen Körper geklemmt. Bei der Fortsetzung
der Einvernahme am 3. April 1997 beantwortete der Beschwer-
deführer die Frage, ob er beim Geschlechtsverkehr Gewalt an-
gewendet habe, mit der Erklärung, dieses Wort sei hier nicht
treffend. Auf Vorhalt hin, dass seine Tochter ausgesagt
habe, sie habe sich durch Beissen, Kneifen und Wegstossen
gewehrt, führte der Beschwerdeführer aus, es sei richtig,
dass sich E.________ im von ihr beschriebenen Sinn gegen
sein Vorgehen gewehrt habe. Sie sei aber zu schwach dazu ge-
wesen, so dass er immer die Oberhand behalten habe. Manchmal
habe E.________ im Nachhinein gesagt, dass es ihr gefallen
habe. Auch auf Grund ihres Mitmachens sei er davon ausgegan-
gen, dass es ihr gefallen haben dürfte.

        c) Mit Begleitschreiben vom 25. Juni 1997 reichte
der Verteidiger des Beschwerdeführers eine Kopie eines vom
9. Juni 1997 datierten handschriftlichen Schreibens von
E.________ ein, in welchem diese erklärte, sie habe vieles
gesagt, das gar nicht richtig sei. Eigentlich habe ihr Vater
sie gar nicht gezwungen. Sie habe dies nur gesagt, um ihm
weh zu tun, da sie ihm habe heimzahlen wollen, dass er immer
so streng mit ihr gewesen sei und ihr viel verboten habe.
Sie hoffe sehr, dass ihr Vater ihr nicht mehr böse sei, weil
sie das alles erzählt habe. Ihr grösster Wunsch wäre, dass
sie bald wieder eine richtige Familie seien.

        E.________ wurde alsdann auf das Amtsstatthalteramt
Hochdorf vorgeladen, um als Zeugin einvernommen zu werden.
Zur vorgesehenen Befragung vom 23. Juli 1997 brachte sie ein
von ihr selbst verfasstes handgeschriebenes Schreiben mit,
in welchem sie erklärte, sie bedaure es, bei ihrer Aussage
nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Sie habe zwei bis drei
Monate vor Erreichen ihres 17. Lebensjahrs mit ihrem Vater
den ersten Geschlechtsverkehr gehabt. Weil sie dies schön

gefunden habe, habe sie nichts dagegen gehabt, dass sie öf-
ter miteinander schliefen. Sie habe sich auch in ihrer Ar-
beitspause zwischen 12 und 16 Uhr öfters mit einem Slip und
T-Shirt bekleidet ins Wohnzimmer gesetzt und gehofft, dass
ihr Vater zu ihr komme, "um es zu machen". Sie habe ihren
Vater zwischendurch auch gebissen und gekratzt, aber nicht,
um ihm weh zu tun, sondern nur aus Erregung. Denn es habe
ihr immer gefallen und ihr Vater habe manchmal vermuten müs-
sen, dass sie den Beischlaf wünschte. Sie habe es ihm auch
gezeigt und sich gedacht, sie könne etwas lernen, denn sie
habe ihren Vater sehr lieb. Dass sie bei der Aussage nicht
die Wahrheit erzählt habe, bedaure sie sehr. Bei der Polizei
habe sie die Gelegenheit wahrgenommen und viel gelogen. Erst
im Nachhinein sei ihr bewusst geworden, was sie angerichtet
habe. Sie hoffe sehr, dass ihr Vater ihr nicht böse sei.

        d) Anlässlich der Einvernahme auf dem Amtsstatthal-
teramt Hochdorf vom 23. Juli 1997 war E.________, nachdem
ihr die Zeugenbelehrung erläutert und sie auf ihr Zeugnis-
verweigerungsrecht aufmerksam gemacht worden war, nicht be-
reit, als Zeugin auszusagen. Eine weitere Befragung hat in
der Folge nicht stattgefunden.

        e) An der Verhandlung vor dem Kriminalgericht er-
klärte der Beschwerdeführer, es treffe zu, dass er seine
Tochter schwer sexuell missbraucht habe, seitdem sie zwölf
oder dreizehn Jahre alt gewesen sei. Er bleibe bei den Anga-
ben, die er zuletzt beim Amtsstatthalteramt gemacht habe und
habe hierzu keine Ergänzungen anzubringen.

     3.- a) Das Obergericht hat im angefochtenen Urteil in
Übereinstimmung mit dem Kriminalgericht die ersten Aussagen
des Opfers bei der Polizei als glaubwürdig erachtet und de-
ren Glaubwürdigkeit durch die später erfolgte Rücknahme

derselben nicht in Zweifel gezogen. Dem Umstand, dass dem
Amtsstatthalter aufgrund der Zeugnisverweigerung die Mög-
lichkeit genommen wurde, die Motive und die Haltung des Op-
fers kritisch zu hinterfragen, mass das Obergericht keine
ausschlaggebende Bedeutung zu. Als entscheidend erachtete
das Obergericht, dass sich E.________ in einem familiären
Loyalitätskonflikt befand und sich wohl heute noch befinde.
Dass sie ihre Anschuldigungen auf schriftlichem Weg zurück-
zog und nicht bereit war, den Widerruf ihrer Aussagen an-
lässlich einer Einvernahme zu bestätigen, wertete es als In-
diz für die Unwahrheit des Inhalts des aufgelegten Schrei-
bens. Den Rückzug der Anschuldigungen hielt das Obergericht
nicht für beachtlich, da dieser aus der familiendynamischen
Beziehung heraus verständlich erscheine, zumal E.________
den Beschwerdeführer als geliebten Vater habe schützen wol-
len. Somit sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer
mit seiner Tochter E.________ während des fraglichen Zeit-
raums rund dreissigmal gegen ihren Willen den Geschlechts-
verkehr vollzogen habe.

        b) Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor,
die Beweise willkürlich gewürdigt und gegen den Grundsatz
"in dubio pro reo" verstossen zu haben, indem es den Rückzug
der Anschuldigungen als aus einem Loyalitätskonflikt hervor-
gegangene Lügen betrachtet habe. Im Bereich dieser formell-
rechtlichen Rügen hat die am 1. Januar 2000 in Kraft getre-
tene neue Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV; SR 101;
siehe AS 1999 S. 2556 ff.) an der Rechtslage zwar nichts ge-
ändert. Dennoch rechtfertigt es sich, sofort den Bezug zu
den neuen Verfassungsbestimmungen herzustellen.

        c) In der Funktion als Beweiswürdigungsregel geht
der Schutz der aus der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV
und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) abgeleiteten Rechtsregel "in dubio
pro reo" nicht über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinaus.

Gemäss dem Prinzip "in dubio pro reo" ist bis zum gesetz-
lichen Nachweis seiner Schuld zu vermuten, dass der wegen
einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist. Als
Beweiswürdigungsregel besagt die Maxime, dass sich der
Strafrichter nicht von der Existenz eines für den Angeklag-
ten ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären darf, wenn
bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der
Sachverhalt so verwirklicht hat. Die Beweiswürdigungsregel
ist verletzt, wenn der Strafrichter an der Schuld des Ange-
klagten hätte zweifeln müssen. Dabei sind bloss abstrakte
und theoretische Zweifel nicht massgebend, weil solche immer
möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden
kann. Entscheidend ist, ob die Zweifel erheblich und nicht
zu unterdrücken sind, d.h. sich nach der objektiven Sachlage
aufdrängen (BGE 124 IV 86 E. 2a; 120 Ia 31 E. 2c S. 37, zu
Art. 4 aBV).

        Bei der Beurteilung von Fragen der Beweiswürdigung
beschränkt sich das Bundesgericht auf eine Willkürprüfung.
Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon vor, wenn
eine andere Lösung in Betracht zu ziehen oder sogar vorzu-
ziehen wäre. Das Bundesgericht weicht vom Entscheid der kan-
tonalen Behörde nur ab, wenn dieser offensichtlich unhaltbar
ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch
steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtssatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft. Willkür liegt nur vor, wenn nicht bloss die
Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 125
II 129 E. 5b S. 134 und 10 E. 3a mit Hinweisen, zu Art. 4
aBV). Demnach kann das Bundesgericht nur eingreifen, wenn
der Sachrichter den Angeklagten verurteilte, obgleich bei
objektiver Würdigung des ganzen Beweisergebnisses offen-
sichtlich erhebliche und schlechterdings nicht zu unterdrü-
ckende Zweifel an dessen Schuld fortbestanden (BGE 124 IV 86
E. 2a; 120 Ia 31 E. 2d S. 38, zu Art. 4 aBV). Der Sachrich-

ter verfällt nicht in Willkür, wenn seine Schlussfolgerungen
nicht mit der Darstellung des Beschwerdeführers übereinstim-
men (BGE 116 Ia 85 E. 2b, zu Art. 4 aBV) und jedenfalls im
Ergebnis haltbar sind. Eine einseitige Berücksichtigung der
Beweismittel verstösst indessen gegen das Willkürverbot.

     4.- a) Es steht unbestritten fest, dass sich E.________
zur Anzeige entschloss, nachdem sie von der in ihrem Zimmer
installierten Überwachungskamera erfahren hatte und deshalb
mit ihrem Vater in Streit geraten war. Nachdem sie anläss-
lich ihrer Befragung vom 31. März 1997 noch erklärt hatte,
sie wolle diesen nie mehr sehen, er habe ihr zu viel ange-
tan, kam es in der Folge jedoch wieder zu einer Versöhnung
sowohl zwischen ihr und dem Beschwerdeführer als auch zwi-
schen ihrer Mutter und demselben. E.________ erklärte in
ihrem anlässlich ihrer Einvernahme vom 23. Juli 1997 dem
Amtsstatthalteramt abgegebenen Schreiben sinngemäss, sie
wolle ihren Vater nicht mehr zusätzlich belasten, sie sehe
erst jetzt, was sie mit den Aussagen angerichtet habe. Es
ist offensichtlich, dass sie durch ihre Belastungen in einen
Loyalitätskonflikt geraten war, im plötzlichen Bewusstsein,
dass ihrem Vater aufgrund ihrer Aussagen eine Gefängnisstra-
fe drohte. Zu prüfen ist jedoch, ob die Rücknahme der Belas-
tungen angesichts dieses Loyalitätskonflikts ohne Willkür
als unglaubwürdig betrachtet werden durfte.

        b) Das Obergericht hat bei der Würdigung der Rück-
nahme der Belastungen durch E.________ nicht nur auf deren
Situation, sondern insbesondere auch auf die ersten Aussagen
des Beschwerdeführers selbst abgestellt. Dieser wurde am
2. und 3. April 1997 anlässlich seiner polizeilichen Einver-
nahme mit den Belastungen seiner Tochter konfrontiert, wobei
er unter anderem Folgendes aussagte:

         Frage 15: Was empfand E.________ beim Geschlechts-
         verkehr?
         Antwort: Ein paarmal erwähnte sie, dass es ihr ge-
         fallen hatte. Ein paarmal wollte sie es nicht.
         Frage 16: Wie hat sie kundgetan, dass sie es nicht
         wollte?
         Antwort: Sie weinte. Sie wehrte sich mit den Hän-
         den, wobei sie mir einmal fast einen Finger gebro-
         chen hatte. Sie biss und klemmte am ganzen Körper.
         Frage 21: Konnte sich E.________ überhaupt gegen
         Sie wehren?
         Antwort: Ja, sie versuchte es, aber erfolglos.
         Frage 41: Ich frage Sie nochmals, wie sich
         E.________ zur Wehr gesetzt hat. War sie eigentlich
         fähig dazu?
         Antwort: Beim ersten Mal hat sie sich nicht so hef-
         tig gewehrt wie später. Jedenfalls hat sie nicht
         geweint, jedoch auch nichts gesagt. Nach 5 - 10 Mi-
         nuten war alles vorbei.
         Frage 43: Haben Sie E.________ einmal eine Ohrfeige
         verpasst, als sie sich zur Wehr gesetzt hat?
         Antwort: Nicht direkt eine Ohrfeige, sondern ledig-
         lich einen kleinen Klaps auf die Wange, wenn ich
         sie z.B. bei der Abwehr runterdrückte.
         Frage 59: Glauben Sie, E.________ wolle auch so
         schnell wieder zu Ihnen zurück?
         Antwort: Ihr Leben ist zerstört, und zwar durch
         meine Schuld, d.h. durch das, was ich ihr angetan
         habe, wobei ich das Sexuelle meine.
         Frage 81: Haben Sie dabei Gewalt anwenden müssen?
         Antwort: Das Wort Gewalt ist hier nicht die richti-
         ge Auswahl.
         Frage 82: E.________ gab an, dass sie sich bei die-
         sen Vorfällen jeweils durch Beissen, Kneifen und
         Wegstossen gewehrt habe. Sie hätte aber gegen Sie
         keine Chance gehabt und deswegen die sexuellen
         Handlungen, sprich Geschlechtsverkehr, erdulden
         müssen. Ihre Antwort dazu?
         Antwort: Deren Aussagen sind richtig. Manchmal,
         d.h. im Nachhinein sagte E.________, dass es ihr
         gefallen habe. Auch auf Grund deren Mitmachen ging
         ich davon aus, dass es ihr gefallen haben dürfte.
         Ich bestätige aber, dass E.________ durch Gegen-
         wehr, so wie sie es zu Protokoll gegeben hat, sich
         gegen mein Vorgehen zu wehren versuchte. Sie war
         aber zu schwach dazu, d.h. ich behielt immer die
         Oberhand. Deren Aussage, wonach ich ihr eine Ohr-
         feige gegeben haben soll, ist nur beschränkt rich-
         tig. Es hätte eine Ohrfeige sein sollen, aber es
         war trotzdem keine, ich würde dies eher als
         'Chlapf' bezeichnen.
         Frage 87: Wie war das Verhalten von E.________ nach
         den vollzogenen sexuellen Handlungen?

         Antwort: Ein paar Mal weinte E.________ nach dem
         Geschlechtsverkehr. Ich war mir jeweils meiner
         Schuld bewusst und gab ihr zu verstehen, dass ich
         es probieren würde, dass solches nicht mehr
         passieren würde. Dies gelang mir aber nicht immer.
         Frage 93: In welcher Form haben Sie verspürt, dass
         Ihre Tochter mit Ihrer Vorgehensweise nicht einver-
         standen war?
         Antwort: Weil sie sich vielfach dagegen gewehrt
         hat.

        c) Diese Aussagen anlässlich der sich über vier
halbe Tage erstreckten Einvernahmen vom 2. und 3. April 1997
sind ausführlich, klar und insofern widerspruchsfrei, als
sie das Bild eines Vaters wiedergeben, der zwar nicht mit
brutaler Gewalt, aber aufgrund seiner Autorität und physi-
schen sowie psychischen Überlegenheit sich seine Tochter
gefügig machte. Der Beschwerdeführer hat die an ihn gerich-
teten Fragen nicht einfach bejaht, sondern differenziert be-
antwortet. Dies zeigt sich insbesondere in seinen Antworten
zu den Fragen 81 und 82. Wo die an ihn gerichtete Frage sei-
ner Ansicht nicht entsprach, stellte er dies mit eigenen
Worten richtig, indem er den Vorhalt abschwächte und sein
Verhalten näher umschrieb. Dies zeigt, dass er sich mit den
Vorhalten auseinander setzte und, wenn er diese als zutref-
fend erachtete, bereit war, näher und illustrativ darauf
einzugehen, auch wenn er sich dabei belasten musste. Die
Antworten des Beschwerdeführers sprechen insgesamt dafür,
dass die Belastungen seiner Tochter, wonach er den Ge-
schlechtsverkehr gegen ihren Willen vollzogen habe, der
Wahrheit entsprachen und die nachfolgenden Abschwächungen
seitens des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme
vom 4. Juni 1997 als Schutzbehauptungen zu werten sind. In
dem vom Amtsstatthalter bei der Psychotherapeutin Silvia
Famos eingeholten Bericht vom 20. April 1997 erklärt diese,
E.________ sei von ihrem Vater zur Duldung der sexuellen
Handlungen genötigt worden. Die Nötigung sei nicht mit phy-
sischer, sondern mit psychischer Gewalt, durch Ausnützen

ihrer Abhängigkeit und durch Aufbauen eines gemeinsamen
Geheimnisses erfolgt. In Anbetracht dieser Untersuchungser-
gebnisse erscheint die vom Obergericht vorgenommene Beweis-
würdigung, insbesondere auch die Schlussfolgerung, wonach
die in zwei Schreiben erfolgte Rücknahme der Belastungen
durch E.________ auf ihren Loyalitätskonflikt zurückzuführen
sei und nicht der Wahrheit entspreche, als haltbar. Die
nachträglichen Abschwächungen der Eingeständnisse durch den
Beschwerdeführer vermögen diese Betrachtungsweise nicht um-
zustossen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des vom Be-
schwerdeführer vorgebrachten Umstands, dass seine Tochter
seitens der Untersuchungsbehörden nicht zur Kommentierung
ihres anlässlich der Einvernahme vom 23. Juli 1997 zu den
Akten gegebenen Schreibens aufgefordert wurde. Er übersieht
dabei, dass E.________ an diesem Tag von ihrem Zeugnisver-
weigerungsrecht Gebrauch machte. Für die Untersuchungsbehör-
den bestand unter diesen Umständen kein Anlass, sie erneut
zu einer Einvernahme vorzuladen. Insgesamt sind die vom Be-
schwerdeführer gegen die Beweiswürdigung vorgebrachten Ein-
wände deshalb nicht geeignet, schlechterdings nicht zu un-
terdrückende Zweifel an seiner Schuld hervorzurufen.

     5.- Zusammenfassend erweist sich die vom Obergericht
vorgenommene Würdigung des Beweisergebnisses nicht als will-
kürlich. Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit abzuwei-
sen, soweit darauf eingetreten werden kann.

        Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Be-
schwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem
Beschwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der
Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Luzern,
II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
                       ______________

Lausanne, 28. Februar 2000

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                  Die Gerichtsschreiberin: