Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.658/1999
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1P.658/1999/boh

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                      13. Januar 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Nay,
Bundesrichter Aeschlimann und Gerichtsschreiber Störi.

                         ---------

                         In Sachen

R.V.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Fritz Tanner, Gschneitacker 357, Postfach 3, Oberkulm,

                           gegen

L.V.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Advokat
Jakob Trümpy, Albrechtsplatz 4, Rheinfelden,
Staatsanwaltschaft des Kantons  A a r g a u,
Obergericht des Kantons  A a r g a u, 1. Strafkammer,

                         betreffend
      Willkürliche Beweiswürdigung; rechtliches Gehör,

hat sich ergeben:

     A.- Das Bezirksgericht Laufenburg verurteilte
R.V.________ am 25. September 1997 wegen Vergewaltigung
(Art. 190 Abs. 1 StGB), mehrfachen sexuellen Handlungen mit
einem Kind (Art. 187 Ziff. 1 StGB), mehrfacher sexueller
Nötigung (Art. 189 Abs. 1 StGB) und mehrfachen sexuellen
Handlungen mit einer Abhängigen (Art. 188 Ziff. 1 StGB) zu
4 1/2 Jahren Zuchthaus. Es bejahte die Schadenersatzpflicht
R.V.________s im Grundsatz und verwies die Schadenersatzfor-
derung von L.V.________ zu ihrer Bemessung auf den Zivilweg.
Ausserdem verurteilte es R.V.________ zur Bezahlung einer
Genugtuung von Fr. 15'000.-- nebst 5 % Zins ab dem 1. Januar
1995 an L.V.________.

        Das Bezirksgericht Laufenburg hielt es für erwie-
sen, dass R.V.________ im Winter 1985/86 seine damals 9-jäh-
rige Stieftochter L.V.________ im Badezimmer der damaligen
Familienwohnung in Wehr/D vergewaltigt und sie anschliessend
durch die Drohung, sie umzubringen oder sonst etwas Schlim-
mes mit ihr anzustellen, dazu gebracht hatte, der Mutter
nichts zu erzählen. In der Folge missbrauchte R.V.________
L.V.________ nach der Überzeugung des Bezirksgerichtes
Laufenburg bis Januar 1994 regelmässig, zeitweise mehrmals
wöchentlich, zumeist indem er Gelegenheiten schuf, um mit
ihr allein zu sein und sie dann zwang, an seinen Hoden und
seinem Geschlechtsteil zu manipulieren, bis er zum Samener-
guss kam. Unbehelligt soll L.V.________ in dieser Zeit bloss
zwischen 1987 und 1989 geblieben sein, als sie bei ihrer
Grossmutter in Bad Säckingen lebte.

     B.- Gegen diese Verurteilung gelangte R.V.________, der
von Anfang die ihm vorgeworfenen sexuellen Übergriffe auf
seine Stieftochter kategorisch bestritten hatte, mit Beru-
fung ans Obergericht des Kantons Aargau und beantragte, von
Schuld und Strafe freigesprochen zu werden.

        L.V.________ focht das Urteil des Bezirksgerichtes
Laufenburg ebenfalls mit Berufung an und beantragte im
Zivilpunkt:

     "1. Es sei der Täter zu verurteilen, der Privatklägerin
         Fr. 41'106.-- zuzüglich Verzugszinsen zu 5 % ab
         Klageeinreichung als Lohnausfall von Mitte 94 bis
         Mitte 96 zu bezahlen; im übrigen wird er der Zivil-
         klägerin gemäss Art. 9 Abs. 3 OHG dem Grundsatz
         nach vollumfänglich schadenersatzpflichtig. Die
         Höhe der übrigen Schadenersatzforderungen bemisst
         der Zivilrichter."

        Das Obergericht des Kantons Aargau fand im Urteil
vom 19. August 1999 die Aussagen von L.V.________, auf wel-
chen das erstinstanzliche Urteil im Wesentlichen beruhte,
überzeugend und hielt die gegen R.V.________ erhobenen Vor-
würfe dementsprechend in tatsächlicher Hinsicht für erwie-
sen. In teilweiser Gutheissung der Berufung R.V.________s
nahm es an der rechtlichen Würdigung der Vorinstanz kleine-
re, in diesem Zusammenhang bedeutungslose Änderungen vor und
reduzierte das Strafmass auf 3 1/2 Jahre Zuchthaus. Es er-
höhte zudem die L.V.________ vom Bezirksgericht zugesproche-
ne Parteientschädigung und wies im Übrigen beide Berufungen
ab.

     C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 4. November
1999 wegen Verletzung von Art. 9, Art. 29 Abs. 2 und Art. 32
Abs. 1 BV (willkürliche Beweiswürdigung, Verletzung des

Grundsatzes "in dubio pro reo" und des rechtlichen Gehörs)
beantragt R.V.________, das Urteil des Aargauer Obergerichts
vom 19. August 1999 aufzuheben. Ausserdem ersucht er um un-
entgeltliche Rechtspflege.

     D.- Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kan-
tons Aargau verweisen auf das angefochtene Urteil und ver-
zichten im Übrigen auf Vernehmlassung. L.V.________ bean-
tragt, die Beschwerde abzuweisen und ersucht um unentgeltli-
che Rechtspflege und Verbeiständung.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Beim angefochtenen Urteil des Obergerichtes han-
delt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endent-
scheid (Art. 86 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer ist durch
die strafrechtliche Verurteilung in seinen rechtlich ge-
schützten Interessen berührt (Art. 88 OG), und er macht die
Verletzung von verfassungsmässigen Rechten geltend. Auf die
form- und fristgerecht eingereichte staatsrechtliche Be-
schwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.

        b) Die staatsrechtliche Beschwerde ermöglicht in-
dessen keine Fortsetzung des kantonalen Verfahrens. Das Bun-
desgericht prüft in diesem Verfahren nur in der Beschwerde-
schrift erhobene, detailliert begründete und soweit möglich
belegte Rügen. Der Beschwerdeführer muss den wesentlichen
Sachverhalt darlegen, die als verletzt gerügten Verfassungs-
bestimmungen nennen und überdies dartun, inwiefern diese
verletzt sein sollen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 125 I 71
E. 1c; 122 I 70 E. 1c; 121 I 334 E. 1c; 118 Ia 184 E. 2).

        Die Beschwerde enthält über weite Strecken rein
appellatorische Kritik am Urteil des Obergerichts. Soweit im
Folgenden auf Ausführungen in der Beschwerdeschrift nicht
eingegangen wird, genügen sie den gesetzlichen Anforderungen
nicht.

     2.- a) Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor,
die Beweise unter Verletzung von "elementaren Beweiswürdi-
gungsregeln" zu seinen Lasten gewürdigt und gegen den Grund-
satz "in dubio pro reo" verstossen zu haben. Im Bereich
dieser formellrechtlichen Rügen hat die am 1. Januar 2000 in
Kraft getretene neue Bundesverfassung vom 18. April 1999
(BV; SR 101; siehe AS 1999 S. 2556 ff.) an der Rechtslage
zwar nichts geändert. Dennoch rechtfertigt es sich, sofort
den Bezug zu den neuen Verfassungsbestimmungen herzustellen.

        b) In der Funktion als Beweiswürdigungsregel geht
der Schutz der aus der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV
und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) abgeleiteten Rechtsregel "in dubio
pro reo" nicht über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinaus.
Zu prüfen ist daher im Folgenden, ob das Obergericht die Be-
weise willkürlich zu Lasten des Beschwerdeführers würdigte.

        Willkürlich entscheidet ein Gericht, wenn es seinem
Urteil Tatsachenfeststellungen zugrunde legt, die mit den
Akten in klarem Widerspruch stehen. Im Bereich der Beweis-
würdigung besitzt der Richter einen weiten Ermessensspiel-
raum. Das Bundesgericht greift im Rahmen einer staatsrecht-
lichen Beschwerde nur ein, wenn die Beweiswürdigung offen-
sichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Ver-
sehen beruht (BGE 124 I 208 E. 4a; 117 Ia 13 E. 2c; 18
E. 3c, zu Art. 4 aBV).

        c) Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht eine
Verletzung seines rechtlichen Gehörs vor, weil es seinen An-
trag auf eine Zeugeneinvernahme der Schwester der Beschwer-
degegnerin, S.V.________, abgelehnt habe.

        Nach dem in Art. 29 Abs. 2 BV garantierten Anspruch
auf rechtliches Gehör sind alle Beweise abzunehmen, die sich
auf Tatsachen beziehen, die für die Entscheidung erheblich
sind (BGE 117 Ia 262 E. 4b; 106 Ia 161 E. 2b; 101 Ia 169
E. 1, zu Art. 4 aBV, je mit Hinweisen). Das hindert aber den
Richter nicht, einen Beweisantrag abzulehnen, wenn er in
willkürfreier Würdigung der bereits abgenommenen Beweise zur
Überzeugung gelangt, der rechtlich erhebliche Sachverhalt
sei genügend abgeklärt, und er überdies in willkürfreier
antizipierter Würdigung der zusätzlich beantragten Beweise
annehmen kann, seine Überzeugung werde auch durch diese
nicht mehr geändert (BGE 122 V 157 E. 1d; 119 Ib 492 E. 5b/bb
S. 505 f., zu Art. 4 aBV).

     3.- a) Die Verurteilung des Beschwerdeführers beruht in
erster Linie auf den Aussagen der Beschwerdegegnerin. Diese
sind nach der Auffassung des Obergerichts überzeugend, weil
sie im Kern immer gleich geblieben seien und die Beschwerde-
gegnerin die geschilderten Vorfälle unmöglich erfunden haben
könne. Ausserdem sei kein Motiv zu erkennen, weshalb sie
ihren Stiefvater zu Unrecht hätte beschuldigen sollen; das
Strafverfahren sei denn auch keineswegs auf ihre Initiative
hin eingeleitet worden.

        Das Obergericht stützt sich bei dieser Einschätzung
auf das Glaubwürdigkeitsgutachten von Dr. Gerhard der Psy-
chiatrischen Universitätsklinik Basel, der zum Schluss
kommt, dass die Belastungen der Beschwerdegegnerin "derart
persönlich gezeichnet, derart gut in ihren Lebens- und Er-

fahrungsraum eingebettet" und "emotional kongruent" seien,
dass die "Wahrhaftigkeit ausser Frage stehe". Ausserdem sei
die "Mehrzahl der übrigen aussagepsychologischen Realitäts-
kriterien" erfüllt, so die "innere Stimmigkeit der Handlun-
gen, die Originalität, delikttypische Details, Widerspruchs-
freiheit der Aussage in sich, Widerspruchslosigkeit der Aus-
sagen zu Sachgesetzen, Konstanz der Aussagen über alle Be-
fragungszeitpunkte über zwei Jahre hinweg".

        b) Für die Glaubhaftigkeit der Belastungen der Be-
schwerdegegnerin spricht nach der Auffassung des Oberge-
richts auch die Aussage ihrer Schwester S.V.________, wonach
sie im Alter von 11 oder 12 Jahren vom Beschwerdeführer
ebenfalls während rund zweier Jahre sexuell missbraucht
worden sei.

     4.- a) Der Beschwerdeführer rügt einerseits, das Ober-
gericht habe bei seiner Beweiswürdigung nicht berücksich-
tigt, dass die Beschwerdegegnerin unglaubwürdig sei, weshalb
auch ihre ihn belastenden Aussagen nicht glaubhaft seien.
Dies werde vom Gutachten der Psychiatrischen Klinik Königs-
felden vom 24. Juni 1996 bestätigt, welches ihr einen "etwas
gestörten Realitätsbezug" bescheinige. Das Obergericht sei
in Willkür verfallen, indem es allein auf das tendenziöse
Gutachten Gerhard abgestellt und das zu einem gegenteiligen
Schluss kommende Gutachten der Klinik Königsfelden unberück-
sichtigt gelassen habe.

        b) Im Kurzgutachten von Dr. Sachs der Klinik
Königsfelden, das sich nach der ausdrücklichen Erklärung von
Dr. Sachs nicht auf die Glaubwürdigkeit, sondern den Gesund-
heitszustand der Beschwerdegegnerin bezieht, wird dieser
tatsächlich ein etwas gestörter Realitätsbezug bescheinigt.
Dr. Ramseier, der leitende Arzt der Aufnahmeabteilung der

Klinik Königsfelden, in welche die Beschwerdegegnerin am
6. April 1994 vom Bezirksarzt wegen latenter Suizidalität
und Verwahrlosungsgefahr eingewiesen wurde, erklärt diese
Formulierung damit, dass sie "immer wieder mit falschen An-
gaben versuchte, Vorteile, insbesondere Urlaube, zu erwir-
ken." Gutachter Sachs hält in seiner Beurteilung indessen
unmissverständlich fest, dass es nicht zulässig sei, "daraus
direkt psychiatrisch begründete Schlussfolgerungen auf den
Wahrheitsgehalt ihrer Anschuldigungen gegenüber dem Stief-
vater zu ziehen".

        Das Kurzgutachten Sachs ist somit - entgegen der
Auffassung des Beschwerdeführers - schon nach seiner eigenen
Schlussfolgerung nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der
Beschwerdegegnerin generell in Frage zu stellen. Das Oberge-
richt begründet zudem einlässlich, weshalb es diese Qualifi-
kation der Beschwerdegegnerin ohnehin für verfehlt hält:
Diese wurde, nachdem ihre Vorwürfe gegen den Stiefvater pub-
lik wurden, von ihrer Mutter verstossen und im Anschluss
daran von den Behörden offensichtlich gegen ihren Willen in
einer psychiatrischen Klinik untergebracht; dass sie in die-
ser Situation versuchte, sich durch Notlügen Urlaube zu ver-
schaffen, ist für das Obergericht eine nachvollziehbare,
normale Reaktion und bildet keinen Hinweis darauf, dass die
Beschwerdegegnerin als generell lügenhaft und unglaubwürdig
eingestuft werden müsste. Diese Auffassung ist ohne weiteres
vertretbar. Das Obergericht ist daher keineswegs in Willkür
verfallen, indem es das Kurzgutachten Sachs nicht als die
Glaubwürdigkeit der Beschwerdegegnerin in Frage stellendes
Beweismittel würdigte.

        c) Der Beschwerdeführer rügt sinngemäss, das Ober-
gericht sei in Willkür verfallen, indem es auf das Gutachten
Gerhard abgestellt habe, obwohl dieses einseitig zu seinen
Lasten ausgefallen sei. So habe ihm der Gutachter sogar die

Möglichkeit nehmen wollen, sich an der Hauptverhandlung zu
verteidigen, und er habe sogar ausdrücklich erklärt, der Be-
schwerdegegnerin helfen zu wollen.

        Bei der vom Beschwerdeführer angegebenen Aktenstel-
le handelt es sich um den Begleitbrief von Dr. Gerhard zu
seinem Gutachten. Darin erklärt er dem Untersuchungsrichter,
dass er sich im Namen der Beschwerdegegnerin dafür einsetze,
dass diese an einer allfälligen Hauptverhandlung nicht noch-
mals in den Zeugenstand treten müsse. Die Indizien gegen den
Beschwerdeführer seien erdrückend und die Beschwerdegegnerin
habe bereits genügend oft ausgesagt, sodass ihr eine neue
belastende Aussage erspart werden solle.

        Mit diesem Schreiben setzte sich somit der Gutach-
ter, nachdem er aufgrund seiner Untersuchung zum Schluss
gekommen war, dass die Beschwerdegegnerin tatsächlich das
Opfer eines Missbrauchs durch ihren Stiefvater geworden ist,
dafür ein, ihr eine weitere, naturgemäss belastende Aussage
an der gerichtlichen Hauptverhandlung zu ersparen. Dass der
Gutachter seiner Explorandin zu diesem Zeitpunkt insoweit
helfen wollte, beweist aber - zumal dem Opfer dieser Schutz
bereits nach Art. 5 Abs. 4 und 5 OHG zukommt - keineswegs,
dass er nicht unvoreingenommen an seine Aufgabe herangegan-
gen sei und das Gutachten mit der notwendigen Objektivität
verfasst habe. Der Beschwerdeführer setzt sich denn auch
nicht näher mit dem Gutachten auseinander und bleibt jeden
Nachweis dafür schuldig, dass der Gutachter bei der Erfül-
lung seines Auftrags parteilich zu seinen Lasten vorgegangen
ist. Die Rüge ist daher, soweit sie überhaupt den Anforde-
rungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügt, unbegründet.

     5.- a) Die geltend gemachte Gehörsverweigerung begrün-
det der Beschwerdeführer damit, dass das Obergericht entge-
gen seinem Antrag auf eine erneute Befragung von S.V.________

verzichtet habe, obwohl diese in der Zwischenzeit ihre
bisherigen Aussagen zurückgenommen habe. Dies gehe aus dem
von ihm am 20. Juli 1998 ins Recht gelegten Schreiben
S.V.________s vom 15. Juni 1998 hervor, wonach sie einen
"Totalrückzug meiner Aussagen im Verfahren gegen meinen
Stiefvater Hr. R.V.________" mache. Sie habe diesen bisher
zu Unrecht belastet, weil sie von ihrer Schwester
L.V.________ durch eine Morddrohung dazu gezwungen worden
sei.

        b) Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid
(S. 12) ausführlich begründet, weshalb es einen Rückzug der
den Beschwerdeführer belastenden Aussagen, die S.V.________
gegenüber der Polizei, dem Bezirksamt und dem Bezirksgericht
gemacht hat, von vornherein für unglaubhaft hält und deshalb
auf eine erneute Einvernahme S.V.________s verzichtet werden
könne. Diese Ausführungen, mit denen sich der Beschwerdefüh-
rer nicht in einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1
lit. b OG genügenden Weise auseinander setzt, sind ohne wei-
teres nachvollziehbar; darauf ist zu verweisen (Art. 36a
Abs. 3 OG).

        Der Beschwerdeführer bringt zwar vor, S.V.________
habe schon viel früher davon berichtet, dass ihre Belastun-
gen unter Todesdrohungen zustande gekommen seien. Die von
ihm als Beweis dafür angeführte Aussage ihres leiblichen
Vaters H.________ belegt dies jedoch keineswegs. Dieser
sagte damals nur aus, dass L.V.________ ihm gegenüber gesagt
habe, dass sie S.V.________ als Verräterin sehen würde und
diese umbringen werde. Davon, dass L.V.________ S.V.________
unter Todesdrohung zu einer Falschaussage bewegt habe, ist
in dieser Aussage nirgends die Rede. Aber selbst wenn
L.V.________ gegenüber ihrer Schwester effektiv einmal der-
artige Drohungen ausgestossen haben sollte, wäre immer noch
nicht einsichtig, wieso S.V.________ auch noch dann jahre-
lang an einer erzwungenen Falschaussage hätte festhalten

sollen, als sie schon nicht mehr mit ihrer Schwester zusam-
men lebte und sich somit nicht mehr in deren Einflussbereich
befand. Und völlig unerklärlich wäre auch, weshalb
S.V.________ sich in eine psychotherapeutische Behandlung
hätte begeben sollen, um die sexuellen Übergriffe ihres
Stiefvaters auf sie besser verarbeiten zu können, wenn sol-
che gar nicht stattgefunden hätten.

        Unter diesen Umständen konnte das Obergericht in
antizipierter Beweiswürdigung auf eine erneute Einvernahme
S.V.________s verzichten, ohne in Willkür zu verfallen und
das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers zu verletzen.

     6.- Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der
Beschwerdeführer dessen Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG). Er hat
zwar ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt;
dieses ist indessen abzuweisen, da die Beschwerde aussichts-
los war (Art. 152 Abs. 1 OG). Zudem hat er der Beschwerde-
gegnerin eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen
(Art. 159 Abs. 1 und 2 OG), wobei diese, da die Vorausset-
zungen der unentgeltlichen Rechtspflege bei der Beschwerde-
gegnerin erfüllt sind, im Falle der Uneinbringlichkeit auf
die Kasse des Bundesgerichts zu nehmen ist (Art. 152 Abs. 2
OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche
Rechtspflege wird abgewiesen.

     3.- Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     4.- Der Beschwerdeführer hat der Beschwerdegegnerin für
das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung
von Fr. 1'200.-- zu bezahlen. Im Falle der Uneinbringlich-
keit der Parteientschädigung wird Rechtsanwalt Jakob Trümpy,
Rheinfelden, aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von
Fr. 1'000.-- ausgerichtet.

     5.- Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwalt-
schaft und dem Obergericht des Kantons Aargau, 1. Straf-
kammer, schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 13. Januar 2000

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: