Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.513/1999
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1999
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1999


1P.513/1999/sch

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                        3. Juli 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Aeschli-
mann, Bundesrichter Favre und Gerichtsschreiberin Leuthold.

                         ---------

                         In Sachen

A.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ivo
Zellweger, Cordulaplatz 1, Baden,

                           gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons  A a r g a u,
Obergericht des Kantons  A a r g a u, Beschwerdekammer in
Strafsachen,

                         betreffend
     Kostenauflage bei Einstellung des Strafverfahrens,

hat sich ergeben:

     A.- Die Stiftung X.________ (im Folgenden abgekürzt:
die Stiftung) mit Sitz in E.________ wurde im Jahre 1984 von
B.________ gegründet. A.________ gehörte dem Stiftungsrat
als Präsident, B.________ als Mitglied und Aktuar an, beide
mit Einzelunterschrift. Die Stiftung verfügte zunächst über
keine eigenen Grundstücke und führte ihren Therapiebetrieb
in drei Liegenschaften in W.________, E.________ und
O.________, die im Eigentum der von B.________ beherrschten
Y.________ AG standen. In den Jahren 1991, 1992 und 1994
erwarb die Stiftung von der Y.________ AG die drei bisher
gemieteten Liegenschaften in E.________, W.________ und
O.________. Nachdem gegen die Leitung der Stiftung der Vor-
wurf finanzieller Unregelmässigkeiten erhoben worden war,
setzte die kantonale Behörde einen kommissarischen Stif-
tungsrat ein, der am 28. Februar und 31. März 1995 Bericht
erstattete. Aufgrund dieser Berichte wurde im August 1995
gegen B.________ und A.________ eine Strafuntersuchung wegen
Verdachts ungetreuer Geschäftsbesorgung und Veruntreuung
eröffnet. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau stellte
das Strafverfahren mit Verfügung vom 4. März 1999 ein. Hin-
sichtlich der Kosten verfügte sie Folgendes:

        "2. Die Kosten im Betrage von Fr. 313'192.-- werden
            gestützt auf § 139 Abs. 1 bis 3 StPO wie folgt
            verteilt:

            a) Die Kosten der Gutachten KPMG betr. Kauf-
               preise und Mietzinsgestaltung der Liegen-
               schaften E.________, W.________ und O.________
               von Fr. 265'260.15 gehen je zur Hälfte zu
               Lasten der Beschuldigten unter solidarischer
               Haftbarkeit (je Fr. 132'630.10 bzw.
               Fr. 132'630.05).

            b) Die Kosten der Abklärungen KPMG betr. Lohn
               bezüge D.________/R.________ von Fr. 7'211.10
               gehen je  zur Hälfte zu Lasten der Beschul-
               digten unter  solidarischer Haftbarkeit (je
               Fr. 3'605.55).

            c) Die Kosten KPMG betr. Bezüge und Projekt-
               honorare B.________ von Fr. 24'319.25
               gehen zur Hälfte mit Fr. 12'159.60 zu Lasten
               von B.________; die andere Hälfte trägt der
               Kanton.

            d) Die übrigen Verfahrenskosten von Fr. 15'840.--
               gehen zur Hälfte mit Fr. 7'920.-- zu Lasten
               B.________, zu 1/4 mit Fr. 3'960.-- zu Lasten
               A.________; das restliche Viertel trägt der
               Kanton.

            e) Die Gefangenschaftskosten von Fr. 141.50
               gehen zu Lasten von B.________.

            f) Die Kosten KTD für Unterschriftenprüfung von
               Fr. 420.-- gehen zu Lasten des Staates."

     B.- Mit einer an das Obergericht des Kantons Aargau ge-
richteten Beschwerde stellte A.________ das Begehren, es
seien die Ziffern 2a, 2b und 2d der Einstellungsverfügung
vom 4. März 1999 aufzuheben und die gesamten, ihm überbun-
denen Kosten der Strafuntersuchung auf die Staatskasse zu
nehmen. Das Obergericht entschied am 1. Juni 1999 wie folgt:

        "1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde werden
            Dispositiv Ziff. 2. a und b der angefochtenen
            Einstellungsverfügung vom 4. März 1999 aufge-
            hoben.

            Soweit mit der Beschwerde mehr oder anderes
            verlangt wird, ist sie abgewiesen.

         2. Die obergerichtlichen Verfahrenskosten, be-
            stehend aus einer Staatsgebühr von Fr. 1'000.--
            sowie der Kanzleigebühr und den Auslagen von
            Fr. 145.--, zusammen Fr. 1'145.--, werden zu 1/5
            mit Fr. 229.-- dem Beschwerdeführer auferlegt
            und im Übrigen auf die Staatskasse genommen.

         3. Dem Beschwerdeführer werden die richterlich ge-
            nehmigten Parteikosten für das Beschwerdever-
            fahren  zu 4/5 mit Fr. 6'484.40 ersetzt."

     C.- A.________ reichte gegen diesen Entscheid staats-
rechtliche Beschwerde beim Bundesgericht ein. Er beantragt,

der Entscheid des Aargauer Obergerichts vom 1. Juni 1999 sei
mit Bezug auf die Ziffern 1 (2. Absatz), 2 und 3 aufzuheben
und die Sache sei zur neuen Entscheidung an das Obergericht
zurückzuweisen.

     D.- Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht stellen
den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Seit 1. Januar 2000 ist nicht mehr die alte Bundes-
verfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai
1874 (aBV), sondern die neue Bundesverfassung vom 18. April
1999 (BV) in Kraft (AS 1999 2555).

     2.- Gemäss § 139 Abs. 2 der Strafprozessordnung des
Kantons Aargau (StPO) trägt in der Regel der Staat die Kos-
ten der eingestellten Untersuchung. Die Staatsanwaltschaft
kann sie jedoch ganz oder teilweise dem Beschuldigten auf-
erlegen, wenn er durch ein verwerfliches oder leichtfertiges
Benehmen die Untersuchung verschuldet oder ihre Durchführung
erschwert hat (§ 139 Abs. 3 StPO). Der Beschwerdeführer macht
geltend, es verstosse gegen Art. 6 Ziff. 2 EMRK (Grundsatz
der Unschuldsvermutung) und gegen Art. 4 aBV (Willkürverbot),
dass ihm Kosten des eingestellten Strafverfahrens überbunden
worden seien.

        Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ver-
stösst eine Kostenauflage bei Einstellung des Strafverfah-
rens gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung, wenn dem
Angeschuldigten in der Begründung des Entscheids direkt oder

indirekt vorgeworfen wird, er habe sich strafbar gemacht
bzw. es treffe ihn ein strafrechtliches Verschulden. Dagegen
ist es mit Verfassung und Konvention vereinbar, einem nicht
verurteilten Angeschuldigten die Kosten zu überbinden, wenn
er in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise, d.h. im Sinne einer
analogen Anwendung der sich aus Art. 41 OR ergebenden Grund-
sätze, gegen eine geschriebene oder ungeschriebene Verhal-
tensnorm klar verstossen und dadurch das Strafverfahren ver-
anlasst oder dessen Durchführung erschwert hat (BGE 119 Ia
332 E. 1b; 116 Ia 162 ff.).

        Wird eine Kostenauflage wegen Verletzung des Grund-
satzes der Unschuldsvermutung mit staatsrechtlicher Be-
schwerde angefochten, so prüft das Bundesgericht frei, ob
der Text des Kostenentscheids direkt oder indirekt den Vor-
wurf einer strafrechtlichen Schuld enthält. Nur auf Willkür
hin untersucht es dagegen, ob der Angeschuldigte in zivil-
rechtlich vorwerfbarer Weise gegen eine geschriebene oder
ungeschriebene Verhaltensnorm klar verstossen und durch
dieses Benehmen das Strafverfahren veranlasst oder dessen
Durchführung erschwert hat. Es geht insoweit nicht mehr um
den Schutzbereich von Art. 6 Ziff. 2 EMRK, welche Bestimmung
den guten Ruf des Angeschuldigten gegen den direkten oder
indirekten Vorwurf schützen will, ihn treffe trotz Frei-
spruch oder Einstellung des Verfahrens eine strafrechtlich
relevante Schuld. Die Voraussetzungen der Kostenauflage
werden demgegenüber durch die kantonalen Strafprozessord-
nungen umschrieben, und in diesem Bereich greift ausschliess-
lich Art. 9 BV Platz, wonach die betreffenden Gesetzesbestim-
mungen nicht willkürlich angewendet werden dürfen (BGE 116 Ia
162 E. 2f, zu Art. 4 aBV, mit Hinweisen).

     3.- a) Die dem Beschwerdeführer in der Einstellungsver-
fügung vom 4. März 1999 auferlegten Kosten entstanden in
einem Verfahren, das gegen den Beschwerdeführer und

B.________ wegen Verdachts ungetreuer Geschäftsbesorgung und
Veruntreuung eingeleitet worden war. Die Staatsanwaltschaft
führte in der Einstellungsverfügung aus, es habe sich ge-
zeigt, dass insbesondere B.________ sowohl bei den Liegen-
schaftskäufen der Stiftung als auch bei diversen anderen
Geschäften in mannigfacher Form die eigenen Interessen den-
jenigen der Stiftung vorgezogen habe. Der Beschwerdeführer
habe dies in seiner Funktion als Stiftungsratspräsident, vor
allem im Bereich Liegenschaften, nicht unterbunden, sondern
er habe mitgewirkt, die Eigeninteressen von B.________ zu
fördern, zu Ungunsten der Interessen der Stiftung.

        b) Hinsichtlich der einzelnen Kostenpositionen ist
der Einstellungsverfügung Folgendes zu entnehmen:

        aa) Die Kosten im Betrag von Fr. 265'260.15 für die
Gutachten betreffend Kaufpreise und Mietzinsgestaltung in
Bezug auf die Liegenschaften E.________, W.________ und
O.________ wurden B.________ und dem Beschwerdeführer je zur
Hälfte auferlegt.

        bb) Die Kosten von Fr. 7'211.10 für den Bericht zur
Frage, ob sich R.________ und D.________ selber Lohnerhöhun-
gen verschafft hätten, wurden B.________ und dem Beschwerde-
führer ebenfalls je zur Hälfte überbunden.

        cc) Die Kosten in der Höhe von Fr. 24'319.25 für
die Abklärungen über die Bezüge und Projekthonorare
B.________ wurden dem Beschuldigten B.________ zur Hälfte
auferlegt; die andere Hälfte übernahm der Kanton.

        dd) Die übrigen Verfahrenskosten im Betrag von
Fr. 15'840.-- wurden zur Hälfte (Fr. 7'920.--) B.________
und zu einem Viertel (Fr. 3'960.--) dem Beschwerdeführer
auferlegt; der Rest wurde vom Staat übernommen.

     4.- Das Obergericht stützte sich bei der Auslegung des
§ 139 Abs. 3 StPO auf seine in AGVE 1990 Nrn. 29 und 30
S. 102 und S. 107 publizierte Rechtsprechung. Es hielt fest,
ein verwerfliches oder leichtfertiges Benehmen im Sinne
dieser Vorschrift sei "ein für das Strafverfahren ursächli-
ches, in einer pflichtwidrigen Unvorsichtigkeit bestehendes
haftpflichtrechtlich qualifiziertes Fehlverhalten des Be-
schuldigten, das für diesen voraussehbarermassen das einge-
leitete Strafverfahren nach sich ziehen konnte". Ein solches
Verhalten liege jedenfalls dann vor, wenn es die Grenzen
strafrechtlicher Belanglosigkeit überschreite und ohne
Rechtfertigungsgrund (Art. 52 OR) einen Straftatbestand oder
einzelne seiner Merkmale objektiv erfülle, auch wenn nament-
lich mangels Vollständigkeit der objektiven Tatbestandser-
füllung oder einer subjektiven Tatbestandsvoraussetzung oder
wegen eingetretener Verjährung keine Anklage erhoben werde.

        Bei der Anwendung des § 139 Abs. 3 StPO auf den
vorliegenden Fall gelangte das Obergericht - im Gegensatz
zur Staatsanwaltschaft - zum Schluss, die Kosten der Gut-
achten über die Liegenschaften (E. 3b/aa) und über die
Lohnbezüge D.________/R.________ (E. 3b/bb) könnten den
Beschuldigten nicht auferlegt werden. Es hob deshalb die
Ziffern 2a und 2b des Dispositivs der Einstellungsverfügung
auf. In den anderen Punkten schützte es den Kostenentscheid
der Staatsanwaltschaft.

     5.- Hinsichtlich der Kosten für die Abklärungen be-
treffend Bezüge und Projekthonorare B.________ (E. 3b/cc)
wird in der staatsrechtlichen Beschwerde mit Recht darauf
hingewiesen, das Obergericht habe übersehen, dass dem Be-
schwerdeführer diesbezüglich gemäss Ziff. 2c der Einstel-
lungsverfügung keine Kosten auferlegt worden seien. Der
Beschwerdeführer war durch diese Dispositiv-Ziffer nicht

betroffen und hatte daher insoweit die Verfügung der Staats-
anwaltschaft nicht angefochten. Gleichwohl führte das Ober-
gericht im angefochtenen Entscheid (S. 9, Abs. 1) aus, für
diese Kosten sei "auch der Beschwerdeführer wegen seiner
Funktion als Stiftungsratspräsident und Revisor der für die
Projekthonorare Rechnung stellenden Z.________ Consulting AG
haftbar zu erklären". Diese Feststellung widerspricht der im
gleichen Absatz enthaltenen Folgerung, mit Bezug auf diese
Kosten sei die Einstellungsverfügung zu bestätigen. Der
Widerspruch in den obergerichtlichen Erwägungen hat für den
Beschwerdeführer indes keinen Nachteil zur Folge, da es nach
dem Dispositiv des angefochtenen Entscheids in diesem Punkt
bei der Kostenverlegung gemäss Ziff. 2c der Einstellungsver-
fügung bleibt.

     6.- Bei den "übrigen Verfahrenskosten" von Fr. 15'840.--,
die dem Beschwerdeführer in Ziff. 2d der Einstellungsverfü-
gung zu einem Viertel mit Fr. 3'960.-- überbunden wurden,
handelt es sich nach den Angaben in der genannten Verfügung
um Kosten für Telefonkontrollen sowie um Zeugengelder und
Auslagen. Die Staatsanwaltschaft führte in diesem Punkt aus,
dem Beschwerdeführer sei mangelnde Aufsicht über den Ge-
schäftsführer B.________ vorzuwerfen. Er hätte sich nicht
damit begnügen dürfen, in den Stiftungsratssitzungen von
1985 und 1986 je einmal am Rande auf Ungereimtheiten in der
Spesenpraxis hinzuweisen. Zudem habe er die Protokolle der
Stiftungsratssitzungen mangelhaft geführt. In einem aufwen-
digen Beweisverfahren habe geklärt werden müssen, welche
Beschlüsse zum Beispiel über die Projekthonorare gefällt
worden seien. Ferner habe der Beschwerdeführer der Aargauer
Kantonalbank (AKB) ein Zinszahlungsversprechen für
B.________ offeriert. Die Offerte sei von der AKB abgelehnt
worden, da diese Sicherheit einerseits als nicht zwingend
erachtet worden sei, anderseits die AKB dies als zweckwi-

drige Verwendung des Stiftungsvermögens betrachtet habe.
Mit diesem Vorgehen habe der Beschwerdeführer den Verdacht
erregt, dass er auch bei anderen Geschäften die Interessen
der Stiftung nicht oder nur ungenügend gewahrt haben könnte.
Die Staatsanwaltschaft betonte, das Verschulden von
B.________, der die Strafuntersuchung veranlasst habe,
sei eindeutig grösser und intensiver als dasjenige des Be-
schwerdeführers. Es sei stets zu untersuchen gewesen, ob
B.________ nicht unrechtmässig in seine Tasche gewirtschaf-
tet habe, während der Vorwurf an den Beschwerdeführer dahin
gehe, dass er die Interessen von B.________ gefördert bzw.
gedeckt habe und diejenigen der Stiftung vernachlässigt bzw.
durch mangelhafte Geschäftsführung Verdachtsmomente erregt
oder umfangreichere Abklärungen verursacht habe.

        Das Obergericht hat die Verfügung der Staatsanwalt-
schaft in diesem Punkt bestätigt.

     7.- Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, es
habe bei der Auslegung und Anwendung des § 139 Abs. 3 StPO
gegen die Unschuldsvermutung und gegen das Willkürverbot
verstossen.

        a) Nach der erwähnten Rechtsprechung des Bundes-
gerichts setzt die Kostenauflage bei Einstellung des Straf-
verfahrens voraus, dass der Angeschuldigte in zivilrechtlich
vorwerfbarer Weise gegen eine geschriebene oder ungeschrie-
bene Verhaltensnorm klar verstossen hat (BGE 116 Ia 162 ff.).
Das Obergericht ging auf diese Voraussetzungen nicht ein.
Es stützte sich auf seine eigene Praxis (AGVE 1990 Nrn. 29
und 30 S. 102 und S. 107), die mit der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung nicht im Einklang steht. Wie im Urteil BGE
116 Ia 162 betont wird, muss der Angeschuldigte in zivil-
rechtlich vorwerfbarer Weise eine Verhaltensnorm verletzt

haben; es geht um ein Verschulden im Sinne des Zivilrechts,
d.h. um ein Verhalten, das von dem unter den gegebenen Ver-
hältnissen als angebracht geltenden Durchschnittsverhalten
abweicht (BGE 116 Ia 162 E. 2c S. 169/170). Demgegenüber
scheint das Obergericht vom Verschuldensbegriff im Sinne des
Strafrechts auszugehen, indem es von "pflichtwidriger Unvor-
sichtigkeit" spricht und damit die in Art. 18 Abs. 3 StGB
enthaltene Definition des Begriffs der Fahrlässigkeit ver-
wendet. Dies ist mit der Garantie der Unschuldsvermutung
nicht vereinbar, schützt diese doch den Angeschuldigten
gegen den direkten oder indirekten Vorwurf, ihn treffe trotz
Einstellung des Verfahrens eine strafrechtlich relevante
Schuld. Im Weiteren ist nach der Auffassung des Obergerichts
ein Verhalten dann verwerflich oder leichtfertig im Sinne
von § 139 Abs. 3 StPO, wenn es "ohne Rechtfertigungsgrund
(Art. 52 OR)" einen Straftatbestand oder einzelne seiner
Merkmale objektiv erfülle; ausserdem müsse das Verhalten
"für den Beschuldigten voraussehbarermassen" das eingelei-
tete Strafverfahren nach sich ziehen. Diese Umschreibung
entspricht den im Urteil BGE 116 Ia 162 ff. aufgestellten
Kriterien nicht und ist sachlich nicht vertretbar.

        Die Auslegung der Vorschrift von § 139 Abs. 3 StPO,
wie sie vom Obergericht vorgenommen wird, verletzt demnach
sowohl den Grundsatz der Unschuldsvermutung als auch das
Willkürverbot.

        b) Was die Anwendung der genannten Vorschrift auf
den vorliegenden Fall angeht, so macht der Beschwerdeführer
mit Recht geltend, im angefochtenen Entscheid werde nicht
gesagt, gegen welche Normen er mit seinen Handlungen ver-
stossen haben solle.

        Im angefochtenen Entscheid hielt das Obergericht
mit Bezug auf die hier in Frage stehenden "übrigen Verfah-
renskosten" lediglich fest, in diesem Punkt sei die Ein-

stellungsverfügung zu bestätigen, "da die Geschäftsführung
des Beschwerdeführers mit unübersichtlicher Interessen- und
Aktenlage voraussehbarermassen die Eröffnung eines Strafver-
fahrens" nach sich gezogen habe, was auch aus den Berichten
des kommissarischen Stiftungsrates deutlich werde. Es wird
nicht ausgeführt, inwiefern der Beschwerdeführer in zivil-
rechtlich vorwerfbarer Weise gegen eine Verhaltensnorm klar
verstossen habe. Dies gilt sowohl für die Erwägungen des
Obergerichts, die sich auf die Ziffern 2c und 2d der Ein-
stellungsverfügung beziehen (E. 2c, S. 8/9), als auch für
die allgemeinen Erwägungen über das vorwerfbare Verhalten
des Beschwerdeführers (E. 2a, S. 6-8).

        Die Begründung, mit der das Obergericht Ziff. 2d
der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft geschützt
hat, hält demnach vor dem Willkürverbot und vor dem Grund-
satz der Unschuldsvermutung nicht stand.

     8.- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist ein
mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochtener Entscheid
erst dann aufzuheben, wenn er im Ergebnis gegen die Verfas-
sung oder gegen die EMRK verstösst, nicht schon dann, wenn
sich die Begründung als verfassungs- oder konventionswidrig
erweist. Das Bundesgericht hat somit die Möglichkeit, die
Motive des umstrittenen Entscheids zu ersetzen (BGE 124 I
208 E. 4a; 122 I 257 E. 5). Von dieser Möglichkeit ist in-
dessen nur dann Gebrauch zu machen, wenn der massgebliche
Sachverhalt aus den Akten hinreichend ersichtlich ist und
die rechtliche Situation als klar erscheint (BGE 112 Ia 129
E. 3c; 106 Ia 310 E. 1b).

        a) In der staatsrechtlichen Beschwerde wird ausge-
führt, im angefochtenen Entscheid werde die "Geschäftsfüh-
rung" des Beschwerdeführers als für die Einleitung des
Strafverfahrens kausal bezeichnet. Der Beschwerdeführer sei
jedoch nie Geschäftsführer der Stiftung gewesen.

        Wie es sich damit verhält, ist aus den Akten nicht
hinreichend ersichtlich.

        b) Sodann wird in der staatsrechtlichen Beschwerde
vorgebracht, das Obergericht werfe dem Beschwerdeführer in
"aktenwidriger Tatsachenfeststellung bzw. in falscher Be-
weiswürdigung" vor, er habe gegen das Verbot der Doppelver-
tretung verstossen. In den Strafuntersuchungsakten gebe es
jedoch keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer im Zusam-
menhang mit seiner Tätigkeit für die Stiftung als Doppel-
vertreter gehandelt oder allenfalls mit sich selbst kontra-
hiert hätte.

        Die im angefochtenen Entscheid enthaltenen Ausfüh-
rungen zum Verbot der Doppelvertretung beziehen sich prak-
tisch ausschliesslich auf den Mitbeschuldigten B.________.
Der Beschwerdeführer wird in diesem Zusammenhang nur inso-
weit erwähnt, als gesagt wird, charakteristisch für das in
Frage stehende Untersuchungsverfahren sei die Stellung des
B.________ als Stifter und Geschäftsleiter der Stiftung und
als Eigentümer oder Eigentümervertreter der von der Stiftung
gemieteten und später käuflich erworbenen Liegenschaften
"sowie die enge Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Be-
schwerdeführer". Mit Bezug auf den Beschwerdeführer fällt
somit eine Verletzung des Verbots der Doppelvertretung
ausser Betracht.

        Im vorliegenden Fall ist der massgebliche Sachver-
halt aus den Akten nicht hinreichend ersichtlich, und auch
die rechtliche Situation erscheint nicht als klar. Unter
diesen Umständen muss der angefochtene Entscheid aufgehoben
werden, soweit er die Abweisung der Beschwerde betrifft
(Ziff. 1 Abs. 2 des Dispositivs). Das Obergericht wird abzu-
klären haben, ob der Beschwerdeführer mit den Handlungen,
die es ihm zur Last legt, in zivilrechtlich vorwerfbarer
Weise gegen eine geschriebene oder ungeschriebene Verhal-

tensnorm klar verstossen und dadurch das Strafverfahren
veranlasst habe. Dabei ist auch der in der Beschwerde vom
24. März 1999 erhobene Einwand zu prüfen, es fehle am er-
forderlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des
Beschwerdeführers und den die "übrigen Verfahrenskosten"
ausmachenden Untersuchungshandlungen bzw. es seien diesbe-
züglich unnötige Aufwendungen betrieben und entsprechend
unnötige Kosten verursacht worden.

     9.- Die Aufhebung des Sachentscheids mit Bezug auf
Ziff. 1 Abs. 2 des Dispositivs hat zur Folge, dass auch der
Entscheid über die Gerichts- und Parteikosten (Ziff. 2 und
3 des Dispositivs) aufzuheben ist. Es erübrigt sich daher
grundsätzlich, die gegen die Kostenregelung erhobenen Rügen
zu prüfen. Eine Ausnahme gilt für den Vorwurf des Beschwer-
deführers, das Obergericht habe § 9 des aargauischen De-
kretes über die Entschädigung der Anwälte vom 10. November
1987 (Anwaltstarif; im Folgenden abgekürzt: AnwT) willkür-
lich ausgelegt. Diese Rüge ist aus prozessökonomischen
Gründen bereits jetzt zu behandeln.

        Gemäss § 9 AnwT bemisst sich das Honorar des An-
waltes in Strafsachen nach dem angemessenen Zeitaufwand,
wobei der Stundenansatz nach Bedeutung und Schwierigkeit des
Falles Fr. 170.-- bis Fr. 225.-- beträgt. Im angefochtenen
Entscheid wird ausgeführt, nach der Rechtsprechung der Be-
schwerdekammer in Strafsachen werde "ein Stundenansatz von
Fr. 200.-- gewährt und im Quervergleich für Beschwerdefälle
ein durchschnittlicher Zeitaufwand zwischen drei und sechs
Stunden, d.h. ein Honorar von Fr. 600.-- bis Fr. 1'200.--
als angemessen erachtet"; dies werde deshalb so gehandhabt,
weil im Beschwerdeverfahren nicht der Straffall in seiner
Schwierigkeit und Bedeutung als solcher, sondern stets nur
eine einzelne Verfügung einer Strafverfolgungsbehörde an-
fechtbar und zu überprüfen sei. Ein höheres Honorar sei

nur dann gerechtfertigt und zuzulassen, wenn der Fall wegen
besonderer Schwierigkeit oder eines überdurchschnittlich
grossen Aktenumfangs für den Anwalt ausserordentlich zeit-
aufwendig gewesen sei.

        Der Anwaltstarif sieht, wie der Beschwerdeführer
mit Grund festhält, in Strafsachen keine Differenzierung
zwischen dem Aufwand der Verteidigung im erstinstanzlichen
Verfahren und demjenigen im Rechtsmittelverfahren vor. Im
Gegensatz zur Bemessung des Honorars in Zivil- und Verwal-
tungssachen, wo der Anwaltstarif zwischen dem erstinstanz-
lichen Verfahren (§§ 3-7) und dem Rechtsmittelverfahren
(§ 8) unterscheidet, wird bei der Bemessung des Honorars in
Strafsachen eine solche Unterscheidung nicht gemacht. Dies
bedeutet, dass in Strafsachen das Honorar des Anwalts für
alle Verfahren, mithin auch für jene vor der Beschwerde-
kammer des Obergerichts, nach den Regeln von § 9 AnwT zu
bemessen ist. Die vom Obergericht vorgenommene Differen-
zierung lässt sich daher nicht vertreten. Ob sich dies bei
der Bemessung der Anwaltsentschädigung im vorliegenden Fall
ausgewirkt hat und der dem Beschwerdeführer zugesprochene
Betrag vor dem Willkürverbot standhält, ist hier nicht zu
prüfen, da der angefochtene Entscheid in diesem Punkt auf-
gehoben wird und das Obergericht über die Kosten- und Ent-
schädigungsfolgen erneut zu befinden hat.

     10.- Nach dem Gesagten ist die staatsrechtliche Be-
schwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid mit
Bezug auf Ziff. 1 Abs. 2, Ziff. 2 und Ziff. 3 des Dispo-
sitivs aufzuheben.

        Gemäss Art. 156 Abs. 2 OG sind keine Kosten zu
erheben. Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführer für
das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159
Abs. 2 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen
und der Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom
1. Juni 1999 mit Bezug auf Ziff. 1 Abs. 2, Ziff. 2 und
Ziff. 3 des Dispositivs aufgehoben.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführer für
das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu ent-
schädigen.

     4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der
Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 3. Juli 2000

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                  Die Gerichtsschreiberin: