Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.73/1999
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1A.73/1999/hzg

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                  Sitzung vom 7. Juni 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Nay,
Féraud, Catenazzi, Ersatzrichter Ludwig und Gerichts-
schreiber Haag.

                         ---------

                         In Sachen

X.________, Beschwerdeführerin,

                           gegen

- Reformierte Kirchgemeinde  B u b i k o n,
- Gemeinderat  B u b i k o n,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Müller, Mühle-
bachstrasse 65, Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons  Z ü r i c h, 1. Abteilung,

                         betreffend
                  Immissionen, Frühgeläut,

hat sich ergeben:

     A.- Nachdem der Gemeinderat Bubikon am 1. Oktober
1997 auf einen Antrag von X.________, das Frühgeläut der
reformierten Kirche Bubikon von 05.00 Uhr auf 07.00 Uhr zu
verschieben, nicht eingetreten war, zog er am 18. Februar
1998 seinen Entscheid in Wiedererwägung und ordnete an, dass
dieses Frühgeläut nicht vor 06.00 Uhr stattfinden dürfe und
auf durchschnittlich 50 Schläge zu beschränken sei.

        Gegen diesen Entscheid führte X.________ erfolglos
Rekurs bei der Baurekurskommission III und Beschwerde beim
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.

     B.- Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts
vom 29. Januar 1999 hat X.________ beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Die
Beschwerdeführerin beantragt, der Entscheid des
Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und es sei anzuordnen,
dass das Frühgeläut der reformierten Kirche Bubikon
ausnahmslos nicht vor 07.00 Uhr ertönen dürfe.

     C.- Die Reformierte Kirchgemeinde Bubikon und der Ge-
meinderat Bubikon beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen.
Den gleichen Antrag stellt das Verwaltungsgericht.

        Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft
(BUWAL) liess sich vernehmen, ohne einen Antrag zum Ver-
fahrensausgang zu stellen. Es würde eine Verschiebung des
Frühgeläuts auf 07.00 Uhr als verhältnismässig erachten.

        Die Parteien erhielten Gelegenheit, zum Bericht
des BUWAL Stellung zu nehmen.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Der angefochtene Entscheid stützt sich auf
eidgenössisches Umweltschutzrecht und ist kantonal letzt-
instanzlich (Art. 98 lit. g OG). Da kein Ausschlussgrund
im Sinne der Art. 99 ff. OG vorliegt, ist die Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde zulässig (Art. 97 f. OG i.V.m. Art. 5
VwVG). Die Beschwerdeführerin, die im kantonalen Verfahren
unterlegen ist, wohnt rund 50 Meter vom Kirchturm der refor-
mierten Kirche Bubikon entfernt. Sie ist vom Frühgeläut in
besonderem Masse, d.h. stärker als die Allgemeinheit betrof-
fen und hat damit ein schutzwürdiges Interesse an der Auf-
hebung und Änderung des angefochtenen Entscheids (Art. 103
lit. a OG; BGE 124 II 293 E. 3a S. 303; 120 Ib 379 E. 4b
S. 386). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen er-
füllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

        b) Das Bundesgericht prüft, ob das Verwaltungs-
gericht Bundesrecht verletzt hat (Art. 104 lit. a OG). Da-
bei ist es an die Feststellung des Sachverhalts durch die
Vorinstanz gebunden, sofern die Feststellungen nicht offen-
sichtlich unrichtig oder unvollständig sind oder unter Ver-
letzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen getroffen worden
sind (Art. 105 Abs. 2 OG).

     2.- a) Es ist unbestritten, dass kirchliches Glockenge-
läut, auch soweit es Teil der Religionsausübung darstellt und
unter dem Schutz der Glaubens- und Gewissensfreiheit steht
(Art. 15 Abs. 2 BV bzw. Art. 50 Abs. 1 aBV), zum Schutz der
öffentlichen Ruhe gewissen Einschränkungen unterworfen werden
darf (Art. 36 BV; BGE 36 I 374 E. 3 S. 378; Ulrich Häfelin,
Kommentar BV 1874, Art. 50 Rz. 24 f. und dortige Hinweise;

Peter Karlen, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der
Schweiz, Zürich 1988, S. 230, 308 und 318). Auch steht aus-
ser Frage, dass die Umweltschutzgesetzgebung grundsätzlich
auf Kirchengeläut anwendbar ist.

        b) Das Glockenspiel der reformierten Kirche Bubikon
ist eine mit einer Baute dauerhaft verbundene ortsfeste Ein-
richtung und damit eine Anlage im Sinne von Art. 7 Abs. 7 des
Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG;
SR 814.01) und Art. 2 Abs. 1 der Lärmschutz-Verordnung vom
15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41). Da die Kirche samt ihrem
Läutwerk bereits vor dem Inkrafttreten des Umweltschutzge-
setzes am 1. Januar 1985 bestanden hat und keine Erweiterung
der Anlage beabsichtigt ist, untersteht sie nicht den Vor-
schriften für Neuanlagen (Art. 25 USG, Art. 7 LSV). Indes-
sen ist die Sanierung der ortsfesten Anlage anzuordnen, wenn
sie den Vorschriften des Umweltschutzgesetzes nicht genügt
(Art. 16 Abs. 1 USG). Zu diesen Vorschriften zählen auch die
in Art. 11 Abs. 2 und 3 USG enthaltenen Bestimmungen. Danach
sind Emissionen im Rahmen der Vorsorge unabhängig von der
bestehenden Umweltbelastung so weit zu begrenzen, als dies
technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar
ist (Abs. 2). Wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die
Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umwelt-
belastung schädlich oder lästig werden, sind die Emissions-
begrenzungen zu verschärfen (Abs. 3). Solche Begrenzungen
werden gemäss Art. 12 Abs. 2 USG durch Verordnungen oder,
soweit diese nichts vorsehen, durch unmittelbar auf das
Umweltschutzgesetz abgestützte Verfügungen vorgeschrieben.
Daran ändert nichts, ob bekannt ist, dass die Immissions-
grenzwerte überschritten werden, oder dass Art. 13 der LSV
die Sanierungspflicht nur für jene bestehenden ortsfesten
Anlagen vorsieht, welche wesentlich zur Überschreitung
der Immissionsgrenzwerte beitragen. Schutzmassnahmen nach

Art. 12 Abs. 2 USG sind nicht erst zu ergreifen, wenn die
Umweltbelastung schädlich oder lästig wird, sondern es
müssen gestützt auf das Vorsorgeprinzip schon sämtliche un-
nötigen Emissionen vermieden werden (BGE 113 Ib 393 E. 3
S. 400; 115 Ib 446 E. 3d S. 453 f.; 119 Ib 179 E. 2e S. 190).
Dies ist allerdings nicht so zu verstehen, dass jeder im
strengen Sinne nicht nötige Lärm völlig untersagt werden
müsste. Es gibt keinen absoluten Anspruch auf Ruhe; vielmehr
sind geringfügige, nicht erhebliche Störungen hinzunehmen
(Art. 15 USG; BGE 123 II 325 E. 4d/bb S. 334 f.; Urteil des
Bundesgerichts vom 18. März 1998 in: URP 1998 S. 529 E.
5b/c; Christoph Zäch, Kommentar USG, N. 13 zu Art. 15).

        c) Die Lärmimmissionen ortsfester Anlagen sind
grundsätzlich anhand der vom Bundesrat festgelegten Belas-
tungsgrenzwerte (Anhänge 3-8 LSV) zu beurteilen (Art. 40
Abs. 1 LSV). Für die Lärmbelastung durch Glockenspiele hat
der Bundesrat keine Grenzwerte festgelegt. Fehlen solche
Werte, so müssen die Lärmimmissionen im Einzelfall nach
den Kriterien der Art. 15, 19 und 23 USG bewertet werden
(Art. 40 Abs. 3 LSV; BGE 126 II 300 E. 4c/aa S. 307; 123
II 74 E. 4a und b S. 82 f.; 118 Ib 590 E. 3b S. 596). Im
Rahmen dieser Einzelfallbeurteilung sind der Charakter des
Lärms, Zeitpunkt und Häufigkeit seines Auftretens sowie die
Lärmempfindlichkeit bzw. Lärmvorbelastung zu berücksichtigen
(BGE 123 II 74 E. 5a S. 86, 325 E. 4d/bb S. 335; 118 Ib 590
E. 4a S. 598). Dabei ist nicht auf das subjektive Lärmemp-
finden einzelner Personen abzustellen, sondern eine objekti-
vierte Betrachtung unter Berücksichtigung von Personen mit
erhöhter Empfindlichkeit (Art. 13 Abs. 2 USG) vorzunehmen
(BGE 126 II 300 E. 4c/aa S. 307; 123 II 74 E. 5a S. 86, 325
E. 4d/bb S. 334; Urteil des Bundesgerichts vom 1. Dezember
1994 in URP 1995 S. 31, E. 4c; Christoph Zäch, a.a.O., N. 14
zu Art. 15).

        d) Die Lärmschutzvorschriften des Umweltschutz-
gesetzes sind in erster Linie zugeschnitten auf Geräusche,
die als unerwünschte Nebenwirkungen einer bestimmten Tätig-
keit auftreten. Diese können grundsätzlich mit geeigneten
Massnahmen an der Quelle reduziert werden, ohne dass dadurch
die entsprechenden Tätigkeiten als solche in Frage gestellt
werden. Daneben gibt es jedoch auch Geräusche, welche den
eigentlichen Zweck einer bestimmten Aktivität ausmachen.
Dazu gehören beispielsweise das Läuten von Kirchen- oder
Kuhglocken, das Musizieren sowie das Halten von Reden mit
Lautverstärkern an Anlässen in der Öffentlichkeit. Solche
Lärmemissionen können nicht völlig vermieden und in der
Regel auch nicht in der Lautstärke wesentlich reduziert
werden, ohne dass zugleich der Zweck der sie verursachenden
Tätigkeit vereitelt würde. Derartige Lärmemissionen als
unnötig und unzulässig zu qualifizieren, würde implizieren,
die betreffende Tätigkeit generell als unnötig zu betrach-
ten. Die Rechtsprechung hat im Allgemeinen solche Emissionen
zwar aufgrund des Umweltschutzgesetzes beurteilt, aber zu-
gleich unter Berücksichtigung des Interesses an der Lärm
verursachenden Tätigkeit diese nicht völlig verboten, son-
dern bloss einschränkenden Massnahmen unterworfen (Urteil
des Bundesgerichts vom 18. März 1998 in Pra 87/1998 Nr. 170
S. 904 und in URP 1998 S. 529 betr. Schussanlage zur Abwehr
von Vögeln in Rebbergen; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts
vom 2. August 1995 i.S. R., RDAT 1996 I 62 183, betr. Frei-
luftmusikveranstaltungen; aus der kantonalen Praxis: URP 1996
S. 668 [Verwaltungsgericht Zürich] betr. Kirchenglocken; RDAF
1995 S. 75 [Verwaltungsgericht Waadt] betr. Freiluftkonzerte).
Da eine Reduktion der Schallintensität meist den mit der be-
treffenden Tätigkeit verfolgten Zweck vereiteln würde, be-
stehen die emissionsbeschränkenden Massnahmen in der Regel
nicht in einer Reduktion des Schallpegels, sondern in einer
Einschränkung der Betriebszeiten (BGE 119 Ib 463 E. 4-6;

118 Ib 234 E. 2b S. 239 f.; Schrade/Loretan, Kommentar USG,
N. 29 zu Art. 12). Dabei ist eine Interessenabwägung vor-
zunehmen zwischen dem Ruhebedürfnis der Bevölkerung und dem
Interesse an der lärmverursachenden Tätigkeit. Zu beachten
sind insbesondere der Charakter des Lärms, Zeitpunkt, Dauer
und Häufigkeit seines Auftretens sowie die Lärmempfindlich-
keit bzw. die Lärmvorbelastung der betroffenen Zone (BGE 126
II 300 E. 4c/cc S. 307 f.; 123 II 325 E. 4d/bb S. 334 f., 123
II 74 E. 5a S. 86; Pra 87/1998 Nr. 170 S. 908). Den örtlichen
Behörden ist ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzugestehen,
soweit es sich um Anlässe mit lokaler Ausprägung oder Tradi-
tion handelt (BGE 126 II 300 E. 4c/dd S. 309).

     3.- a) Die Baurekurskommission hat anlässlich eines
Lokaltermins festgestellt, das Geläut der reformierten Kir-
che Bubikon weise eine eher dunkle Klangfarbe, aber einen
relativ harten Anschlag sowie eine beachtliche Intensität
auf. Der davon ausgehende Schall sei zumindest in den un-
mittelbar dem Kirchturm zugewandten Zimmern der Rekurrentin
offensichtlich laut vernehmbar. Das Verwaltungsgericht hat
sich zur Intensität des Geläuts nicht geäussert bzw. auf die
Feststellungen der Baurekurskommission abgestellt. Das BUWAL
führt aus, Untersuchungen der SUVA hätten ergeben, dass in
50 Meter Distanz von einem mittelhohen Kirchturm bei mittel-
grossen Kirchenglocken am Ohr der Betroffenen im Innern ei-
nes Gebäudes (bei gekipptem Fenster zur Belüftung des Zim-
mers) ein Schalldruckpegel von mehr als 60 dB(A) entstehe.
Bei einem solchen Schalldruckpegel sei nachts mit Aufwach-
reaktionen zu rechnen. Das bedeute, dass von einer erhebli-
chen Störung im Sinne von Art. 15 USG gesprochen werden
müsse.

        b) Diese tatsächlichen Feststellungen der Bau-
rekurskommission und des BUWAL werden von keiner Seite
bestritten. Der beantragte Augenschein erübrigt sich des-
halb. Die Beschwerdeführerin verlangt auch nicht, dass das
Glockengeläut etwa durch Schallschutzmassnahmen in der Glo-
ckenstube eingedämmt werde. Eine solche Massnahme müsste
denn auch wohl bedacht werden, da das Erzielen einer breiten
Aussenwirkung gerade der Zweck des kirchlichen Läutens und
nicht (unerwünschtes) Nebenprodukt irgendeiner Tätigkeit
ist: Kirchengeläut soll möglichst vielen Menschen feierlich
den neuen Tag ankündigen und sie zur Besinnung mahnen oder
auch je nach Tageszeit zum Gebet, zum Gottesdienst oder zu
einer kirchlichen Feier rufen (zum kirchlichen und weltli-
chen Glockenbrauchtum vgl. Hartwig Niemann, Das Liturgische
Läuten, Seine Geschichte und die Rechtsgrundlagen, in: Glo-
cken in Geschichte und Gegenwart, Band 2, Karlsruhe 1998,
S. 26). Diesem Zweck würden Schallschutzmassnahmen zuwider-
laufen (vgl. dazu immerhin einen Entscheid des Verwaltungs-
gerichts Aargau, ZBl 90/1989 S. 499 ff., inbes. S. 506 ff.;
ferner zur Problematik des Selbstzwecks des Kirchengeläuts
Monika Kölz, Die Anwendbarkeit der bundesrechtlichen Lärm-
schutzvorschriften auf menschlichen Alltagslärm und ver-
wandte Lärmarten, in URP 1993 S. 398). Hingegen fordert
die Beschwerdeführerin eine Einschränkung der Betriebszeit
beim morgendlichen Frühgeläut, was ebenfalls eine mögliche
Massnahme zur Emissionsbegrenzung sein kann (Art. 12 Abs. 1
lit. c und Abs. 2 USG). Umstritten ist, ob bei einem Früh-
geläut um 06.00 Uhr morgens noch von einer Nachtruhestörung
gesprochen werden kann und ob Kirchengeläut überhaupt von
einem wesentlichen Teil der Bevölkerung als erheblich stö-
rend empfunden wird.

        c) Glockengeläut wird - jedenfalls tags und ab
einer gewissen Distanz zu den Glocken - von den meisten Men-
schen nicht als störend empfunden. Es kann - wie die Musik -
nicht mit Verkehrs- oder Industrielärm gleichgesetzt werden.

Kirchenglocken haben für viele Leute einen Wohlklang, und
ihr regelmässiges Ertönen - auch frühmorgens - entspricht
weit verbreiteter alter Tradition. Kirchengeläut hat sich
weit über den Kreis der Gläubigen hinaus im Bewusstsein
der Menschen eingeprägt, vermag auch religiös gleichgültige
Leute zu bewegen und gehört für weite Teile der Bevölkerung
zum festen Tagesablauf.

        Das Gefühl der Störung hängt ähnlich wie bei Musik
stark davon ab, zu welcher Tages- oder Nachtzeit die Glocken
ertönen und wie nahe bei der Lärmquelle sich die Betroffenen
befinden. Mehrheitsmeinungen in einer Gemeinde können nicht
ohne weiteres als Massstab für die Befindlichkeit der "Be-
völkerung" im Sinne von Art. 15 USG dienen, da in der Regel
nicht eine Mehrheit nahe bei der Lärmquelle wohnt. "Bevölke-
rung" ist vielmehr im Sinn einer objektiven, durchschnitt-
lichen Lärmempfindlichkeit zu verstehen. Da aber auch auf
Personengruppen mit erhöhter Lärmempfindlichkeit (Kranke,
Betagte usw.) Rücksicht zu nehmen ist (Art. 13 Abs. 2 USG),
muss tendenziell von einer eher über dem Durchschnitt lie-
genden Lärmempfindlichkeit ausgegangen werden (Christoph
Zäch, Kommentar USG, Art. 15 N. 15). Indessen ist auch die
Ortsüblichkeit (Vorbelastung des Gebiets, Zonenlage, Tradi-
tion) in die Beurteilung miteinzubeziehen (Urteile des Bun-
desgerichts vom 1. Dezember 1994 i.S. T., E. 3c, in URP 1995
S. 31 ff., und vom 13. Juni 1997 i.S. X., E. 2b/bb, in Pra
86/1997 Nr. 138 S. 743). Diesbezüglich ist zu beachten, dass
sich die Wohnung der Beschwerdeführerin in der Kernzone be-
findet, die der Lärmempfindlichkeitsstufe III zugewiesen
ist, d.h. wo mässig störender Lärm hingenommen werden muss
(Art. 43 Abs. 1 lit. c LSV).

        Das Frühgeläut entspricht zudem einer örtlichen
Tradition. Einer Aufstellung im Anhang zum Beschluss des Ge-
meinderates vom 18. Februar 1998 ist zu entnehmen, dass im

Bezirk Hinwil bzw. in angrenzenden Gemeinden sieben Gemeinden
ein Frühgeläut um 05.00 Uhr, drei Gemeinden um 06.00 Uhr und
eine Gemeinde um 07.00 Uhr kennen. In Dürnten wurde das Früh-
geläut mit Rücksicht auf ausländische Hotelgäste abgeschafft.

     4.- a) Das Verwaltungsgericht hat massgeblich auf
die Polizeiverordnung der Gemeinde Bubikon vom 1. April
1998 (PolV) abgestellt. Dieses Vorgehen ist zulässig, so-
weit es darum geht, die Handhabung des den lokalen Behörden
zustehenden Beurteilungsspielraums bei der Auslegung und
Anwendung des Umweltschutzgesetzes, insbesondere die zu
ergreifenden Emissionsbegrenzungsmassnahmen, zu überprüfen
(vgl. BGE 118 Ib 590 E. 3c S. 596 f.).

        Nach Art. 19 PolV gilt von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr
Nachtruhe, während welcher "jeder störende Lärm verboten"
ist. An öffentlichen Ruhetagen sowie von 06.00 bis 07.00,
von 12.00 bis 13.00 und von 20.00 bis 22.00 Uhr ist "die
Vermeidung von Lärm besonders zu beachten". Lärmige Haus-
und Gartenarbeiten (Klopfen von Teppichen, Arbeiten mit
motorbetriebenen Geräten usw.) dürfen werktags ab 07.00
Uhr ausgeführt werden (Art. 21 Abs. 1 PolV). Lärmige Arbei-
ten in Industrie, Gewerbe und andern Unternehmen sind von
19.00 bis 07.00 Uhr sowie von 12.00 bis 13.00 Uhr untersagt
(Art. 22 Abs. 2 PolV). Für die Landwirtschaft gelten nach
Art. 28 Abs. 2 PolV grundsätzlich die Ruhezeiten gemäss
Art. 19 PolV. Das Verwaltungsgericht hält es für vertret-
bar, dass der Gemeinderat auf Art. 19 PolV abstellt und
das Morgengeläut nicht gleich behandelt wie Arbeiten in
Haus, Garten, Gewerbe und Industrie (Art. 21 und 22 PolV).
Das in der Polizeiverordnung festgelegte Ende der Nacht-
ruhe könne als Ausdruck des "ortsüblichen Mittelmasses"
angesehen werden, bei dem auch auf Personengruppen mit
erhöhter Empfindlichkeit im Sinne von Art. 13 Abs. 2 USG
Rücksicht genommen werde.

        b) Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, eine
Notwendigkeit, das Frühgeläut vor 07.00 Uhr ertönen zu las-
sen, bestehe nicht. Seit es in jedem Haushalt Wecker gebe,
habe das Frühgeläut seine Weckfunktion verloren. Ein grosser
Teil der Bevölkerung stehe morgens nicht (mehr) vor 07.00
Uhr auf. Diese Leute würden durch das Geläut um 06.00 Uhr
in ihrem Wohlbefinden erheblich gestört. Das gelte erst
recht an Samstagen und Sonntagen. Die Bauern, die einen
frühen Tagesbeginn hätten, machten heute nur noch den klei-
neren Teil der Bevölkerung aus. Art. 19 PolV sei nicht mass-
gebend und verletze Bundesrecht. Nach diesem gelte nur für
den unvermeidbaren Strassenverkehrs- und Eisenbahnlärm die
Zeit zwischen 22.00 und 06.00 Uhr als Nacht (Ziff. 32 Abs. 1
Anhänge 3 und 4 LSV). Für den (vermeidbaren) Industrie- und
Gewerbelärm gelte als Nacht die Zeit von 19.00 bis 07.00 Uhr
(Ziff. 31 Abs. 1 Anhang 6 LSV). Daraus könne abgeleitet wer-
den, dass vermeidbarer Lärm wie Glockengeläut vor 07.00 Uhr
vermieden werden müsse. Die Polizeiverordnung sei im Übri-
gen vom Gemeinderat in eigener Kompetenz erlassen worden,
ohne dass darüber eine Volksabstimmung stattgefunden habe;
Art. 19 Abs. 1 PolV könne deshalb nicht als Massstab für
das Empfinden der Bevölkerung herangezogen werden. Zudem
sei auch nach Art. 19 Abs. 2 PolV jeglicher vermeidbare
Lärm zwischen 06.00 und 07.00 Uhr zu unterlassen, und öf-
fentlichen Unternehmen, wie die reformierte Kirche Bubikon
eines sei, seien lärmige Arbeiten vor 07.00 Uhr überhaupt
untersagt (Art. 22 PolV). Es sei willkürlich, die Emissionen
des Kirchengeläuts anders zu behandeln als Emissionen aus
Gewerbe, Industrie und Haus (Art. 21 und 22 PolV), und es
gebe keinen sachlichen Grund, Art. 19 Abs. 2 PolV, der vor-
schreibe, dass zwischen 06.00 und 07.00 Uhr auf die Vermei-
dung jeglichen Lärms besonders zu achten sei, für Kirchen-
geläut nicht gelten zu lassen. Es sei auch rechtsungleich,
wenn das Verwaltungsgericht in der Gemeinde Buchs ein Früh-

geläut vor 07.00 Uhr verboten und die Baurekurskommission
III in der Gemeinde Dürnten ein solches erst um 06.30 Uhr
bzw. an Wochenenden um 07.30 Uhr zugelassen habe (vgl. den
Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 30. August 1995, publ.
in URP 1996 S. 668 ff.), in Bubikon aber das Geläut schon um
06.00 Uhr zugelassen werde. Das Verwaltungsgericht verletze
auch das Verhältnismässigkeitsprinzip, wenn es das Interesse
eines Teils der Bevölkerung an einem Frühgeläut um 06.00 Uhr
stärker gewichte als das Interesse grosser Teile der Bevöl-
kerung am ungestörten Schlaf bis 07.00 Uhr.

     5.- a) Es ist der Beschwerdeführerin darin beizu-
pflichten, dass die kommunale Polizeiverordnung die Nacht-
ruhezeit nicht anders definieren kann, als die Lärmschutz-
Verordnung es tut. Letztere enthält indessen für Glocken-
geläut keine Vorschrift. Auch ist es keineswegs zwingend,
auf die Regeln für Industrie- und Gewerbelärm (Nachtruhe
von 19.00 bis 07.00 Uhr) abzustellen. Industrie- und Ge-
werbelärm sind Emissionen aus Berufsarbeit und hängen des-
halb von den üblichen Arbeitszeiten ab. Strassen- und Bahn-
verkehr fällt hingegen zu einem grossen Teil vor und nach
den üblichen Arbeitszeiten und auch in der Freizeit an, wes-
halb für ihn andere Nachtruhezeiten gelten (22.00 bis 06.00
Uhr). Es ist weder willkürlich noch unsachlich und verletzt
Bundesrecht nicht, wenn Glockengeläut nicht dem Arbeitslärm
gleichgestellt und morgens früher zugelassen wird als die-
ser. Soweit das Frühgeläut den Zweck hat, den Tag einzuläu-
ten und zur Besinnung oder zum Gebet zu rufen, könnte es
diesen Zweck teilweise gar nicht erfüllen, wenn es erst
erklingen dürfte, wenn viele Leute bereits unterwegs zur
Arbeit oder am Arbeitsort sind. Betriebseinschränkungen
dürfen grundsätzlich nicht so weit gehen, dass sie den
Zweck des Betriebs geradezu vereiteln, es sei denn, die

Alarmwerte würden überschritten, was hier aber nicht ange-
nommen werden kann (Art. 14 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 LSV).
Wie zudem bereits erwähnt worden ist (E. 3c), ist der Klang
der Glocken von seiner Art her nicht mit Industrie- und
Gewerbelärm oder mit Lärm von Geräten in Haus und Garten
vergleichbar.

        b) Schliesslich ist zu beachten, dass das Früh-
geläut der reformierten Kirche Bubikon Tradition hat. Wie
eine Eingabe von 300 Personen an den Gemeinderat zeigt,
dürfte dieses einem gewissen öffentlichen Interesse ent-
sprechen, selbst wenn nicht alle Einwohner und Einwohner-
innen der Gemeinde diese Einschätzung teilen mögen. Der
Gemeinderat spricht in Ziff. 5 seiner Verfügung vom 1. Ok-
tober 1997 von Brauchtum, das Teil des Zusammengehörigkeits-
empfindens dieser ländlichen Gemeinde schlechthin sei. Eine
solche Tradition rechtfertigt es, Einschränkungen nur mit
Zurückhaltung anzuordnen. Obschon die Polizeiverordnung nur
vom Gemeinderat und nicht vom Stimmvolk beschlossen worden
ist, ist sie doch Ausdruck der in der Gemeinde vorherrschen-
den Meinung, dass es genügt, eine allgemeine Nachtruhe nur
bis um 06.00 Uhr morgens vorzuschreiben (Art. 19 Abs. 1
PolV). Wohl ist an öffentlichen Ruhetagen und von 06.00 bis
07.00 Uhr der Vermeidung von Lärm besondere Beachtung zu
schenken (Art. 19 Abs. 2 PolV). Wenn aber die örtlichen Be-
hörden und mit ihnen die kantonalen Rechtsmittelinstanzen
davon ausgehen, dass in der Gemeinde Bubikon ein Frühgeläut
der reformierten Kirche um 06.00 Uhr (noch) allgemein akzep-
tiert werde und dass an der Aufrechterhaltung dieser Tradi-
tion ein öffentliches Interesse bestehe, so hat das Bundes-
gericht keinen Anlass, von dieser Beurteilung durch die mit
den örtlichen Verhältnissen besser vertrauten Behörden abzu-
weichen (vgl. Pra 86/1997 Nr. 138 S. 743, ferner BGE 119 Ib
254 E. 2b S. 265). Es kann davon ausgegangen werden, dass
sich in Bubikon nicht ein wesentlicher Teil der Bevölkerung

durch das Frühgeläut im Wohlbefinden erheblich gestört fühlt
(vorne E. 2d), ansonst der Gemeinderat kaum darum herumkäme,
bei den Kirchbehörden vorstellig zu werden oder sogar die
Polizeiverordnung entsprechend anzupassen.

        c) Es ist nicht unverhältnismässig, wenn die
Vorinstanzen dem Interesse an der Beibehaltung der erwähn-
ten Tradition grösseres Gewicht beimessen als dem Ruhebe-
dürfnis der Beschwerdeführerin. Auch verletzt es die Rechts-
gleichheit nicht, wenn die Gemeinden in Bereichen, wo das
Bundesumweltrecht Spielraum lässt, die Ruhezeiten verschie-
den regeln und wenn die kantonalen Rechtsmittelinstanzen
im Zusammenhang mit der Beurteilung von Frühgeläut diesen
unterschiedlichen kommunalen Regelungen Rechnung tragen
(vgl. BGE 125 I 173 E. 6d S. 179; s. auch BGE 126 II 300
E. 4d/ee S. 311).

        d) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der angefoch-
tene Entscheid Bundesrecht nicht verletzt. Die Beschwerde
ist daher abzuweisen.

     6.- Bei diesem Ergebnis hat die Beschwerdeführerin
die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen
(Art. 156 Abs. 1 OG). Praxisgemäss ist keine Parteient-
schädigung zuzusprechen (Art. 159 Abs. 2 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Be-
schwerdeführerin auferlegt.

     3.- Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

     4.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der
Reformierten Kirchgemeinde Bubikon, dem Gemeinderat Bubikon
sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abtei-
lung, und dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft
schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 7. Juni 2000

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: