Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.327/1999
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1A.327-339-340-341/1999/err

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                      10. Januar 2001

Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundes-
richter Aeschlimann, Bundesrichter Catenazzi und Gerichts-
schreiberin Schilling.

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                         In Sachen

1A.327/1999
Irene  M a a g, Kaiserstuhlstrasse 88, Oberglatt,
Beschwerdeführerin,

1A.339/1999
Roland  A l l e n s p a c h, Haldenstrasse 2, Glattfelden,
Beschwerdeführer,

1A.340/1999
Alphons  M ü l l e r, Feinmechanik Prototypenbau, Bahnhof-
strasse 30, Oberglatt, Beschwerdeführer,

1A.341/1999
Paul und M.  B u r r i, Vrenikerstrasse 27, Opfikon,
Beschwerdeführer,
                           gegen

Kanton  Z ü r i c h, vertreten durch die Volkswirtschafts-
direktion, diese vertreten durch Rechtsanwalt Roland
Gfeller, Florastrasse 44, Postfach 1709, Zürich,
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation (UVEK),

                         betreffend
             5. Bauetappe des Flughafens Zürich
    (Baukonzession Dock Midfield, Schallschutzkonzept),

hat sich ergeben:

     A.- Mit Verfügung vom 5. November 1999 erteilte das
Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation (UVEK) dem Kanton Zürich als Halter des Flug-
hafens Zürich-Kloten die Baukonzession für ein neues Abfer-
tigungsgebäude, das sog. Dock Midfield, welches das Haupt-
projekt der 5. Ausbauetappe bildet. Die Baukonzession wurde
mit zahlreichen Auflagen - so auch umweltschutzrechtlicher
Natur - verbunden. Im Zusammenhang mit den für die künftige
Lärmbelastung gewährten Erleichterungen ordnete das UVEK an,
dass mit der Umsetzung des vom Kanton Zürich erarbeiteten
Schallschutzkonzepts nach Eintritt der Rechtskraft des Ent-
scheides zu beginnen sei. Das Konzept sei nach der Festset-
zung der definitiven Lärmbelastungsgrenzwerte für Landes-
flughäfen allenfalls noch anzupassen.

     B.- Gegen die Baukonzession für das Dock Midfield und
das dazugehörende Schallschutzkonzept haben unter anderem
Irene Maag, Oberglatt, Roland Allenspach, Glattfelden, Al-
phons Müller, Oberglatt, sowie Paul und M. Burri, Opfikon,
beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben.

        a) Irene Maag beantragt, dass das Schallschutzkon-
zept mit flankierenden Massnahmen zu ergänzen sei und nament-
lich die Eigenmiet- und die Vermögenssteuerwerte der stark
immissionsbelasteten Liegenschaften massgeblich zu reduzie-
ren seien. Die Entwertung dieser Grundstücke durch Lärm- und
Geruchseinwirkungen müsse steuerlich ausgeglichen werden.
Weiter ist nach Auffassung der Beschwerdeführerin der Fach-
bericht Lärm in dem Sinne zu ergänzen, dass auch vorsorgli-
che Massnahmen zur Vermeidung von Immissionen aufzuzeigen

seien. Ebenfalls zurückzuweisen sei das Schallschutzkonzept,
da dieses auf Lärmkarten beruhe, die weder die Topographie
noch die Windverhältnisse und die Luftfeuchtigkeit berück-
sichtigten; zudem könne dieses Konzept nicht vor der Fest-
legung der definitiven Grenzwerte rechtsgültig erarbeitet
werden. Schliesslich seien auch die vor Inkrafttreten der
zur Zeit gültigen Bauzonen erstellten Gebäude - insbesondere
die Liegenschaft der Beschwerdeführerin selbst - in den
Schallschutzperimeter einzubeziehen.

        b) Roland Allenspach weist in seiner Beschwerde auf
die Entwertung seiner Liegenschaft durch die flugverkehrs-
bedingten Immissionen hin und verlangt, dass in der Baukon-
zession "der Umgang mit Ansprüchen von Grundeigentümern be-
treffend Realleistungen und Entschädigungen klar geregelt"
werde.

        c) Alphons Müller stellt in seiner Eingabe Entschä-
digungsforderungen einerseits für den Einbau von Schall-
schutzfenstern und für die Schallisolation des Daches und
andererseits für die Wertverminderung seiner Liegenschaft in
Oberglatt.

        d) Paul und M. Burri beanstanden in ihrer Beschwer-
de, dass ihr Wohngrundstück - obwohl im Schallschutzperi-
meter liegend - nicht in das Schallschutzkonzept einbezogen
worden und keine Rückerstattung der Schallschutzkosten vor-
gesehen sei.

     C.- Der Kanton Zürich stellt in seiner Beschwerdeant-
wort vom 29. März 2000 Antrag auf Einbezug der Liegenschaft
von Irene Maag in das Schallschutzkonzept; im Übrigen sei
die Beschwerde abzuweisen. Auf die Beschwerde von Roland

Allenspach sei nicht einzutreten, da dessen Liegenschaft im
Schallschutzkonzept berücksichtigt sei und Entschädigungs-
forderungen für Enteignung nachbarlicher Abwehrrechte nicht
im Baukonzessionsverfahren zu behandeln seien. Das Gleiche
gelte für die Begehren von Alphons Müller. Die Beschwerde
von Paul und M. Burri sei abzuweisen, da deren Grundstück
zur Fluglärmzone C gehöre und ihr Wohnhaus im Jahre 1984 mit
Schallschutzauflagen erbaut worden sei. Es bestehe daher
kein Anspruch auf Kostenrückerstattung.

        Das UVEK hat in seiner Vernehmlassung vom 31. Ja-
nuar 2000 um Abweisung sämtlicher Beschwerden ersucht.

     D.- Im Laufe des bundesgerichtlichen Verfahrens - am
12. April 2000 - hat der Bundesrat die Belastungsgrenzwerte
für den Lärm der zivilen Flugplätze in Anhang 5 der Lärm-
schutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV, SR 814.41)
festgelegt (AS 2000 S. 1388 ff.). Die gemäss diesem Anhang
für die Landesflughäfen geltenden Immissionsgrenzwerte wei-
chen von den Werten ab, welche dem für den Flughafen Zürich
erarbeiteten Schallschutzkonzept zu Grunde liegen.

     E.- Das Bundesgericht hat am 8. Dezember 2000 über eine
Reihe von Verwaltungsgerichtsbeschwerden entschieden, die
sich gegen die Baukonzession Dock Midfield und gegen weitere
für den Flughafenausbau erteilte Baukonzessionen richteten.
In diesem Urteil sind die in der Lärmschutz-Verordnung für
die Landesflughäfen festgelegten Lärmbelastungsgrenzwerte
als nicht anwendbar erklärt worden, da sie mit den Zielen
des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (USG, SR 814.01)
nicht vereinbar seien. Anstelle der vom Bundesrat festge-
setzten Grenzwerte bleiben weiterhin die Belastungsgrenz-

werte massgebend, die von der Eidgenössischen Kommission für
die Beurteilung von Lärm-Immissionsgrenzwerten in ihrem
6. Teilbericht vom September 1997 vorgeschlagen worden sind.
Demzufolge ist das Schallschutzkonzept neu zu erarbeiten. Da
das neue Konzept nicht nur auf die Grenzwerte der Eidgenös-
sischen Kommission, sondern auch auf das künftige Betriebs-
reglement abzustützen ist, hat das Bundesgericht die Fest-
setzung der Schallschutzmassnahmen in ein nachlaufendes
gesondertes Bewilligungsverfahren verwiesen (Dispositiv Zif-
fer 2 des Urteils vom 8. Dezember 2000 i.S. Politische Ge-
meinde Bachs und Mitbeteiligte).

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die vier Beschwerden richten sich alle gegen die
Baukonzession für das Projekt Dock Midfield bzw. gegen das
die Baukonzession begleitende Schallschutzkonzept. Die Be-
schwerdeführer erheben teilweise gleiche oder ähnliche Rü-
gen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerden können daher ge-
meinsam behandelt und beurteilt werden.

     2.- Nach Auffassung der Beschwerdeführerin Irene Maag
ist im Baukonzessionsverfahren die Frage, ob und inwieweit
die vom Flughafen ausgehenden Immissionen - vor allem die
Lärmeinwirkungen - vorsorglich vermindert werden könnten, zu
wenig geprüft worden; der Fachbericht Lärm sei deshalb zur
Ergänzung zurückzuweisen. Wie jedoch im bundesgerichtlichen
Entscheid vom 8. Dezember 2000 im Einzelnen dargelegt worden
ist (E. 18, 19, 34 und 35), sind die Möglichkeiten vorsorg-
licher Emmissionsbegrenzung im Fachbericht Luft, im Fach-
bericht Lärm sowie auch im ergänzenden Bericht "Vergleich

alternativer Betriebsszenarien" dargestellt und von den Um-
weltschutzfachstellen untersucht worden. Auch das UVEK hat
die Frage der vorsorglichen Begrenzung des Lärms und des
Schadstoffausstosses eingehend geprüft. Es hat in diesem
Zusammenhang schliesslich einen Emissionsplafond für NOx-
Emissionen festgesetzt und die Nachtflugsperre um eine halbe
Stunde verlängert. Der Vorwurf, dem Vorsorgegedanken sei
keine Beachtung geschenkt worden, geht daher fehl.

     3.- Soweit von den Beschwerdeführern beantragt wird,
das Schallschutzkonzept sei zu ergänzen bzw. zur Verbesse-
rung zurückzuweisen, sind die Beschwerden aufgrund des bun-
desgerichtlichen Urteils vom 8. Dezember 2000 i.S. Politi-
sche Gemeinde Bachs und Mitbeteiligte gegenstandslos gewor-
den. Nach diesem Entscheid ist das Konzept zu überarbeiten
und wird anschliessend unter Wahrung des Rechtsschutzes neu
aufgelegt werden müssen. Auf die gegenstandslos gewordenen
Anträge ist nicht mehr einzugehen. Aus prozessökonomischen
Gründen können allerdings noch folgende Bemerkungen ange-
bracht werden:

        a) Wie sich dem Synthesebericht zum Schallschutz-
konzept entnehmen lässt (S. 12), beruht dieses auf dem an
der EMPA entwickelten Fluglärmsimulationsprogramm FLULA 2,
das sich auf eine Grosszahl von Fluglärmmessungen in Zürich-
Kloten stützt. Die Simulationsrechnung berücksichtigt die
Topographie, die Bodendämpfung, die Luftdämpfung, die Flug-
verkehrszahlen, die operationellen Verfahren (Flugprofile
und -wege), das Abstrahlverhalten sowie die Schallleistung
der Quellen. Unerfasst bleiben einzig abschirmende Wirkungen
von Hindernissen und Reflexionen in bebauten Gebieten. Die

Einwendungen von Irene Maag gegen die dem Schallschutzkon-
zept zu Grunde liegenden Modellberechnungen sind somit unbe-
gründet.

        b) Die Frage, ob die Rückerstattung von Schall-
schutzkosten auch für Wohnbauten gewährt werden müsse, die
ab 1978 in der Lärmzone C erstellt oder umgebaut wurden, ist
im zitierten Urteil vom 8. Dezember 2000 (E. 48d) verneint
worden. Das Bundesgericht hat hierzu ausgeführt, Art. 25
Abs. 3 USG statuiere nur die Pflicht, die durch übermässigen
Lärm betroffenen Gebäude auf Kosten des Inhabers der lärmi-
gen Anlage durch Schallschutzfenster oder ähnliche bauliche
Massnahmen zu schützen. Das Gesetz spreche sich dagegen über
die Rückerstattung von Kosten für - freiwillig oder gezwun-
genermassen - bereits ergriffene Schutzmassnahmen nicht aus.
Die Kosten-Rückerstattung, zu der sich der Flughafenhalter
bereit erklärt habe, könnte mithin nur dann beanstandet wer-
den, wenn sie gegen das Gleichbehandlungsgebot oder das
Willkürverbot verstiesse. Nun sei die Verpflichtung zum Ein-
bau von Schallschutzfenstern für neue oder umzubauende Ge-
bäude in den Lärmzonen B und C bereits mit dem Erlass bzw.
der Auflage der Lärmzonenpläne begründet worden und sei
nicht erst - wie für die übrigen Bauten - im Zusammenhang
mit dem heutigen Flughafen-Erweiterungsprojekt entstanden.
Diese unterschiedliche Rechtslage lasse eine differenzierte
Regelung bei der Kosten-Rückerstattung zu. Eine generelle
Rückerstattungs-Pflicht bestehe daher nicht. - Nach diesen
Ausführungen wird das Rückerstattungs-Begehren von P. und M.
Burri für ihre Liegenschaft, die offenbar der Lärmzone C zu-
gewiesen und 1984 überbaut worden ist, auch im künftigen
Verfahren wenig Aussicht auf Erfolg haben.

     4.- Alphons Müller stellt neben seinem Begehren um
Rückerstattung der Schallschutzkosten auch eine enteignungs-
rechtliche Entschädigungsforderung für die immissionsbe-
dingte Entwertung seiner Liegenschaft. Roland Allenspach
verlangt ebenfalls, dass die enteignungsrechtlichen Ent-
schädigungsansprüche bereits im Baukonzessionsverfahren be-
handelt würden.

        Zu der auch von anderer Seite erhobenen Forderung
auf Eröffnung eines Enteignungsverfahrens und Behandlung der
Entschädigungsbegehren hat das Bundesgericht im Urteil vom
8. Dezember 2000 (E. 50) festgestellt, dass diesem Begehren
aufgrund des einschlägigen Verfahrensrechts nicht stattge-
geben werden könne. Beim vorliegenden Baukonzessionsverfah-
ren handle es sich - im Gegensatz zum neuen luftfahrtrecht-
lichen Plangenehmigungsverfahren (Art. 37 ff. des Bundes-
gesetzes über die Luftfahrt in der Fassung vom 18. Juni
1999, AS 1999 S. 3112 ff.) - nicht um ein sog. kombiniertes
Verfahren, in dem neben den bau-, planungs- und luftfahrt-
rechtlichen Fragen gleichzeitig auch die enteignungsrecht-
lichen Ansprüche behandelt werden müssten. Vielmehr sei im
Rahmen des Baukonzessionsverfahrens bzw. des nachlaufenden
Bewilligungsverfahrens allein über die umweltschutzrecht-
liche Verpflichtung zur Ergreifung von Schallschutzmass-
nahmen und die Übernahme der entsprechenden Kosten zu be-
finden. Das schliesse allerdings nicht aus, dass in einem
getrennt vom vorliegenden Verfahren geführten Enteignungs-
verfahren Entschädigungsansprüche bejaht werden könnten.
Diese Ansprüche könnten aber nicht Gegenstand des Baukon-
zessionsverfahrens sein. Gemäss diesen Erwägungen können
auch die von den Beschwerdeführern Müller und Allenspach
gestellten Entschädigungsforderungen nicht im vorliegenden
Verfahren behandelt werden.

     5.- Ebenfalls nicht zu behandeln ist das Begehren von
Irene Maag um flankierende Massnahmen in Form von steuerli-
chen Erleichterungen. Dieser Antrag sprengt offensichtlich
den Rahmen des vorliegenden Verfahrens. Die Frage, wie die
Eigenmiet- und Vermögenssteuerwerte der immissionsbelasteten
Liegenschaften festzusetzen seien, kann weder von der Sache,
noch von der Zuständigkeitsordnung her von der luftfahrt-
rechtlichen Konzessionsbehörde im Baukonzessionsverfahren
beurteilt werden. Auf die Beschwerde ist insofern nicht ein-
zutreten.

     6.- Auf eine Kostenerhebung ist zu verzichten. Partei-
oder Umtriebsentschädigungen sind angesichts des Verfahrens-
ausgangs nicht zuzusprechen.

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Irene Maag
wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten und sie nicht
gegenstandslos geworden ist.

        Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Roland
Allenspach wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

        Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Alphons
Müller wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten und sie
nicht gegenstandslos geworden ist.

        Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Paul und
M. Burri wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben und keine Partei-
entschädigungen zugesprochen.

     3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Eidgenössi-
schen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommuni-
kation (für sich und zuhanden des Bundesamtes für Zivilluft-
fahrt, des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft und
des Bundesamtes für Raumentwicklung) schriftlich mitgeteilt
sowie zur Kenntnisnahme dem Bundesamt für Betriebe der Luft-
waffe zugestellt.

                       ______________

Lausanne, 10. Januar 2001

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                  Die Gerichtsschreiberin: